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Journal of Linguistics and Language Teaching
Volume 2 (2011) Issue 2
pp. 339 - 362


DaF-Studienangebote an norwegischen Hochschulen –
Versuch einer Bestandsaufnahme und
einer Skizzierung neuer Möglichkeiten

Beate Lindemann (Tromsø, Norway)

Abstract
The number of students studying German as a foreign language (DaF) at Norwegian universities and colleges is decreasing. The following article investigates the recent situation in the Norwegian field of DaF by analysing the programmes and courses offered at the different institutions. Almost every seminar course seems to be (unofficially) intended for teacher-training students. Courses for other types of students appear to be missing. However, there are four programmes especially meant for other learners. These have been analysed to mainly consist of the same courses. Only few students take those courses anyway. The results elaborated raise the question whether there is a demand for competence in German language and culture in Norway, at all. Still, the Norwegian industry and commerce claim a huge demand for employees with this kind of competence. The article concludes that there is a need for deeper changes of the programmes and courses offered
.

    Einleitung

Im folgenden Beitrag soll eine Problemstellung behandelt werden, die die skandinavischen Universitäten seit einigen Jahren zwangsweise beschäftigt. Während noch bis weit in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein verhältnismäßig gut gefüllte Hörsäle im Bereich der Germanistik vorherrschend waren, sind diese vor allem in den letzten Jahren merkbar leerer geworden. Vielerorts wurden Germanistik-Stellen abgebaut, aus den Germanistischen Instituten wurden Unterabteilungen für Deutsch an neugegründeten Instituten für Fremdsprachen[1]. Deutsch als Studienfach ist in den skandinavischen Ländern zunehmend unbeliebter geworden. Diese Entwicklung erweist sich somit als Parallele zu der Tendenz, die man im schulischen Bereich beobachten kann[2]:

In der Bevölkerung hatte sich wohl ein Bewusstsein durchgesetzt, dass die vorhandene Kompetenz in Englisch, die wie in allen skandinavischen Ländern auf breiter Basis gesichert war, genügen müsse, um in der internationalen Kommunikation zu bestehen. (Issel 2004: 195)

Wird überhaupt eine zweite Fremdsprache nach Englisch, der obligatorischen ersten Fremdsprache aller Skandinavier, gelernt, dann entscheidet man sich vorwiegend für das Spanische. Das Interesse an der traditionellen zweiten Fremdsprache Deutsch ging stark zurück, was ebenso für das Französisch gilt. Angesichts der geringeren Anzahl an Schülern, die Deutschkurse bis zum Abitur hin belegen, bleibt der schwächere Ansturm an die deutschen Abteilungen der Hochschulen folglich auch nicht aus. 

Die soeben beschriebene Situation an den deutschen Abteilungen der Hochschulen wurde anfänglich als Problemstellung bezeichnet. Dies verwundert aus der Sicht der Lehrenden im Bereich DaF sicherlich wenig, da dort verständlicherweise ein genuines Interesse am Vorhandensein einer höheren Anzahl Studierender im Fachbereich besteht, und man sich natürlich wünscht, dass recht viele junge Menschen die Chance nutzen, Deutsch zu studieren. Gleichzeitig darf jedoch nicht übersehen werden, dass eben diese Situation für andere Instanzen an den Hochschulen auf ganz andere Art ein Problem darstellt. In der heutigen Zeit, in der vor allem der unterrichtsbezogene Bereich der Universitäten mehr und mehr zu Betrieben wird, in denen marktwirtschaftliche Prinzipien und Gesetze gelten, ist es für die Betriebsleitung grundsätzlich gleichgültig, wie sich die Studierenden an einem Institut für Fremdsprachen zusammensetzen. Dort geht man von Sprachstudenten als einer besonderen Studierendengruppe aus, deren Mitglieder sich eben in ihrer Gesamtheit auf die am Institut angebotenen Sprachen verteilen. Entscheiden sich die Studierenden für Spanisch statt für Deutsch, ändert dies erfahrungsgemäß wenig an der Gesamtzahl der Studierenden im Fremdsprachenbereich. Für die Betriebsleitung sind stattdessen Studienangebote interessant, die Studierende außerhalb der traditionellen Gruppe Fremdsprachenstudierender ansprechen. Deshalb sind für die Betriebsleitunggerade ergänzende Angebote wie Japanisch oder Chinesisch reizvoll, da diese (meist) keine Vorkenntnisse voraussetzen und sich an eine Zielgruppe wenden, die nie ein Germanistik- oder Romanistik-Studium in Erwägung gezogen hätte. Es werden deshalb hauptsächlich solche Neuerungen erwogen, die durch neue Sprachen eventuell neue Interessenten anlocken können. Aus diesem Grund scheinen viele DaF-Lehrende in Skandinavien die Krise wohl einfach aussitzen und auf neue Mode-Trends[3] in Richtung Deutsch warten zu wollen.

Möchte man jedoch aktiv die heimische DaF-Zukunft gestalten, bietet es sich an, das eigene Studienangebot näher unter die Lupe zu nehmen, um genauer analysieren zu können,
  •       was und - vor allem - was für wen angeboten wird und
  •       ob das vorhandene Angebot erweiterbar wäre.
Dazu ist es zunächst nötig, sich Gedanken über den reellen Bedarf an DaF-Kenntnissen im Land zu machen, um einschätzen zu können, ob eine Steigerung der Studierendenzahlen im Hinblick auf die reelle Nachfrage wirklich erforderlich ist. Unter Umständen könnte sich ja herausstellen, dass die niedrigen Absolventenzahlen nur den schwachen Bedarf an Personal mit Deutschkenntnissen widerspiegeln.

Die folgenden Ausführungen beschränken sich zum Zwecke einer besseren Übersichtlichkeit auf die norwegischen Hochschulen. Dennoch sollte bei den Ausführungen im Blick behalten werden, dass die Situation in den anderen skandinavischen Ländern sehr ähnlich ist und somit viele Beobachtungen auf die skandinavischen Nachbarländer übertragbar sind.

Wir wollen uns nun zunächst den Studienangeboten im Bereich der norwegischen Germanistik zuwenden.


    Die DaF-Studienangebote in Norwegen

Das Studienfach Deutsch als Fremdsprache (DaF) wird in Norwegen an den Universitäten in Oslo, Agder, Bergen, Trondheim und Tromsø sowie an der Hochschule Østfold in Halden und an der Wirtschaftsuniversität Bergen angeboten[4]. Es soll nun zunächst eine kurze tabellarische Übersicht über exakt  die Angebote[5] dieser Institutionen gegeben werden, die nahezu identisch sind bzw. sich sehr ähneln. Diese Übersicht wird direkt anschließend kurz in Bezug auf grundsätzliche Aspekte kommentiert, bevor dann die Studienangebote vorgestellt werden, die nur an einer Institution bzw. an wenigen Institutionen existieren.


Studiengänge

  




           Hochschulen


Østfold

Oslo

Agder

Univer-sität
Bergen


Wirt-schafts-
Universi-tät Bergen

Trond-heim

Tromsø

Jahreseinheit Deutsch

X


X

X

X


X

X

Vertiefungssemester
Deutsch


X


X

X

X


X

X

Bachelorstudien-gänge mit Deutsch


X

X

X

X


X

X

Bachelor-Lehrerausbildung mit Deutsch


X

X

X

X


X

X

Fremdsprachenlehrer-/Masterstudium mit Deutsch[6]


(X)

X


X


X

(X)


Linguistisches / Literaturwissenschaft-liches Masterstudium Deutsch



X


X


X

Abb.1: Das Studienfach DaF an norwegischen Hochschulen

Die Jahreseinheit (årsenhet) stellt ein Studium über ein Jahr dar (oft dem Schuljahr folgend) und besteht aus Veranstaltungen in den Bereichen Grammatik, Literatur, Kultur / Landeskunde sowie sprachpraktischen Übungen. Insgesamt erhält der Absolvent 60 ECTS-Punkte für die gesamte Jahreseinheit. Das Vertiefungssemester (30 ECTS-Punkte) baut auf das einjährige Grundstudium auf und enthält ebenfalls Veranstaltungen im Bereich Grammatik, Literatur, Kultursowie sprachpraktische Übungen. Die Veranstaltungen der Jahreseinheit bzw. desVertiefungssemesters  finden auch in den Bachelor-Studiengängen sowie im Masterstudium für Fremdsprachenlehrer Verwendung.

Es existieren an allen Hochschulen Bachelorstudiengänge unterschiedlichster Bezeichnungen[7], in die auch ein Deutschstudium integriert werden kann. Dabei ist Deutsch eines der Fächer, die in das jeweilige Bachelorstudium integriert werden können, aber keineswegs darin integriert werden müssen. Wenn Deutsch als Fach gewählt wird, wird meist ein Studium mit 60 ECTS-Punkten empfohlen. Deutsch muss natürlich gewählt werden, wenn es sich bei den Bachelorstudiengängen um Studiengänge der Literaturwissenschaft bzw. der Sprachwissenschaft mit Spezialisierung auf Deutsch handelt.

Auch in der Lehrerausbildung (Bachelor- oder Masterstudium) ist Deutsch nur eines der möglichen Fächer, die der Studierende wählen kann. Wenn er Deutsch wählt, wird auch hier ein Studium von mindestens 60 ECTS-Punkten empfohlen.

Soll Deutsch das Hauptfach eines linguistisch oder literaturwissenschaftlich ausgerichteten Masterstudiums sein, was nur noch an den Universitäten Oslo, Bergen und Trondheim möglich ist, müssen davor im Fach Deutsch auf Bachelor-Niveau Veranstaltungen im Umfang von 80 bzw. 90 ECTS-Punkten belegt werden.

In den Studieninformationen werden für diese Studien neben dem Lehrerberuf auch andere Berufsziele genannt: Wirtschaft / Export, Tourismus, öffentliche Verwaltung, Kultur und „andere Berufe, in denen Sprach- und Kulturkenntnisse wichtig sind“ (Studieninformation Deutsch, Hochschule Østfold, www.hiof.no; 08.12.2011).

Im Folgenden sollen ergänzend die Studiengänge bzw. Studienangebote  vorgestellt werden, die  nur an einer Universität angeboten werden.

Die Universität Oslo bietet über die tabellarisch erfassten Angebote hinaus folgende Deutschstudien an:
·        Bachelor Europäische und amerikanische Studien (Fachrichtung Deutsch)[8]
·        Masterstudium Deutschlandstudien[9]

Das Masterstudium Deutschlandstudium kann u.a. einen Praxisaufenthalt im In- und Ausland (bei der Presse, in Verlagen, Museen oder Betrieben) enthalten und soll die Studierenden für Berufe in den Bereichen Medien, Diplomatie, internationale Organisationen, Tourismus, Kulturvermittlung, Betriebe, undöffentliche Verwaltung ausbilden.

An der Universität Bergen wird zusätzlich noch folgendes Studium im Bereich Deutsch angeboten:
·        Bachelor in Sprache und interkulturelle Kommunikation[10].

Der Bachelorstudiengang Sprache und interkulturelle Kommunikation dient u.a. als Vorbereitung für eine anschließende Dolmetscher- und Übersetzerausbildung.

Die Wirtschaftsuniversität Bergen bietet hauptsächlich Studiengänge im Bereich Betriebs- und Volkswirtschaft an, u.a. den:
·        Bachelor in Wirtschaft und Verwaltung mit Wirtschaftsdeutsch

Im Rahmen dieses Studiengangs können auch Sprachlehrveranstaltungen belegt werden, u.a. Deutschkurse. Auf diesen Gesichtspunkt wird im Folgenden näher eingegangen werden.
An der NTNU Trondheim wird neben den bereits aufgeführten Studien noch folgendes Studium im Bereich Deutsch angeboten:
·        Bachelor Europastudien mit Fremdsprache[11]

Für diesen Studiengang werden die öffentliche Verwaltung, die Diplomatie, internationale Organisationen, die Medien, die freie Wirtschaft und der Tourismus als mögliche Berufsfelder erwähnt.

       Tendenzen bezüglich der Studienangebote

Diese kurze Übersicht über die norwegischen Studienangebote im Bereich Deutsch hat folgende grundsätzliche Tendenzen gezeigt


3.1   Grundsätzliche Ähnlichkeit der Angebote an den untersuchten 
        Hochschulen

Angeboten werden allenthalben sehr ähnliche Veranstaltungen in den BereichenSprachwissenschaft, Literaturwissenschaft und Kulturwissenschaft/ Landeskunde. Ein Vergleich beispielsweise der Jahreseinheit, deren Veranstaltungen auch den jeweiligen Bachelorstudiengängen zugrundeliegen, macht entsprechende Übereinstimmungen deutlich. In der Sprachwissenschaft handelt es sich dabei um Einführungen in die Morphologie und Syntax der deutschen Sprache und damit verbundene sprachpraktische Übungen zur Festigung der mündlichen und schriftlichen Produktions-, aber auch Rezeptionsfertigkeiten. Im Rahmen der Veranstaltungen zur Literatur- und Kulturwissenschaft werden Einführungen in die deutsche Literatur und Kultur vor und nach dem Zweiten Weltkrieg angeboten. Dieses Standardangebot richtet sich nach dem, was in Norwegen traditionell als Grundlagenkenntnisse für kommende Deutschlehrer angesehen wird und was somit das etablierte und anerkannte norwegische Deutschlehrer-Curriculum darstellt. Nach dem einjährigen Grundstudium ist ein einsemestriges Vertiefungsstudium möglich, das ebenfalls an allen Orten ähnliche Veranstaltungen im Bereich der Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft enthält.

Die Veranstaltungsangebote an den Studienorten unterscheiden sich nur minimal, wenn z.B. in Abhängigkeit von den Interessensschwerpunkten der jeweiligen Lehrkraft unterschiedliche Autoren bzw. Werke herangezogen werden oder im Bereich der Grammatik dieses oder jenes Teilgebiet mehr oder weniger  intensiv bearbeitet wird.


3.2   Lehrerorientierung ohne eigentliche Schulorientierung

Obwohl die Veranstaltungen hauptsächlich als Ausbildungsgrundlage für spätere Lehrer gedacht sind, muss betont werden, dass der enge Zusammenhang zur Deutschlehrerausbildung nur in den wenigsten Fällen auch konkret im Unterricht vermittelt wird. Im Regelfall wird der Bezug zur Lehrerausbildung erst im so genannten pädagogischen Seminar hergestellt, wenn die Studierenden nach dem Studium ihrer späteren Unterrichtsfächer einen Einblick in die Vermittlungsperspektive erhalten. Dieses pädagogische Seminar können die Studierenden an ihr Bachelor- oder Masterstudium anschließen, um sich für eine Festanstellung an einer Schule zu qualifizieren.

In den Veranstaltungen des eigentlichen Deutschstudiums wird eher selten direkter Bezug auf die eventuelle zukünftige Tätigkeit als Deutschlehrer genommen. Dies geschieht am ehesten in speziell für kommende Deutschlehrer ausgeschriebenenJahreseinheiten, die von Zeit zu Zeit als Fernstudien bzw. E-Learning-Studien angeboten werden.

Somit lässt sich in einer Zwischenbilanz festhalten, dass die Studienangebote im Bereich Deutsch in Norwegen größtenteils als Veranstaltungen für künftige Deutschlehrer gedacht sind. Der Lehrerberuf als konkretes Berufsziel für das Studium wird auch in den Informationen zu allen Studiengängen ausdrücklich erwähnt. Informelle Nachfragen bei den Institutionen ergaben, dass 80 % bis 90 % der Absolventen eines Deutschstudiums entweder von Anfang an den Lehrerberuf ins Auge gefasst haben, nach dem Fachstudium das pädagogische Seminar besuchen oder nach dem Studium zumindest eine Weile als Lehrer an einer Schule arbeiten.

Der auf dem Lehrerberuf liegenden Fokus ist also keineswegs falsch oder änderungsbedürftig: Auch in der Zukunft wird ein Hochschulstudium im Bereich Deutsch die Voraussetzung für den Deutschlehrerberuf sein, so dass auf alle Fälle dafür gesorgt werden muss, dass Studienangebote existieren, die gut auf das Unterrichten der Fremdsprache Deutsch an norwegischen Schulen vorbereiten.


4    Studienangebote für andere Zielgruppen

4.1  Eigenpräsentation und Beliebtheit der Studiengänge

Die Universität Oslo bietet ein Masterstudium an, das sie Deutschlandstudiennennt. Es baut auf ein Bachelorstudium auf, das u.a. mindestens 60 ECTS-Punkte Deutsch enthalten muss, und sieht neben der Masterarbeit fakultativ ein internationales Projektsemester im Ausland oder Hospitationen im In- und Ausland vor. Dabei wird die Arbeit (und Hospitation) in den Medien, im Auswärtigen Dienst, in internationalen Organisationen, in den Bereichen Tourismus, Kulturvermittlung sowie öffentliche Verwaltung und im Erwerbsleben ganz allgemein besonders erwähnt. Nach den Angaben der Institutsverwaltung ist die Nachfrage nach diesem Angebot eher gering und bleibt allgemeinhinter den Erwartungen zurück.

Die NTNU Trondheim bietet ein Bachelorstudium mit dem Titel Europastudien mit Fremdsprachen an. Darin werden Veranstaltungen im Bereich Europakenntnisse,Staatswissenschaft, Geschichte und mindestens einer Fremdsprache angeboten. Das Studium soll auf eine Tätigkeit in den folgenden Bereichen vorbereiten: öffentliche Verwaltung, Diplomatie, internationale Organisationen, Medien, Tourismus, Wirtschaft und auch Lehramt, da durch die Fächerkombination von Geschichte und Fremdsprache die Grundbedingung zweier Unterrichtsfächer gewährleistet ist. Laut Angaben der Institutsverwaltung wird der Studiengang zwar insgesamt häufig gewählt, mit der Kombination Deutsch aber eher selten. Auch hier bleiben die Studierendenzahlen hinter den Erwartungen zurück.

Die Universität Bergen und die Wirtschaftsuniversität Bergen – als  kooperierende Institutionen - bieten (teilweise in Zusammenarbeit) ein Bachelorstudium Sprache und interkultureller Kommunikation bzw. Wirtschaft und Verwaltung an. Das erstgenannte Studium an der Universität muss Veranstaltungen einer Fremdsprache, aber nicht unbedingt solche zum Deutschen, enthalten, das letztere Studium an der Wirtschaftsuniversität beinhaltet die Möglichkeit zum Sprachenstudium, aber auch hier muss keine Fremdsprache und vor allem nicht Deutsch gewählt werden.

Während im Wirtschaftsstudium Berufe i der freien Wirtschaft ins Auge gefasst werden, soll das Bachelorstudium Sprache und interkulturelle Kommunikationu.a. auf die Arbeit als Dolmetscher und Übersetzer vorbereiten, was allerdings weitere Vorbereitungskurse für die staatlich anerkannten Prüfungen für Dolmetscher und Übersetzer voraussetzt.

Die jeweiligen Institutsverwaltungen[12] berichten, dass der StudiengangWirtschaft und Verwaltung der Wirtschaftsuniversität sehr beliebt ist, allerdings wählen die Studenten hauptsächlich Englisch, Französisch oder Spanisch als Fremdsprache. Auch das Bachelorstudium Sprache und interkulturelle Kommunikation der Universität Bergen ist  recht beliebt, aber ebenfalls nicht mit Deutsch als der gewählten Fremdsprache.

Diese vier Angebote sprechen ganz gezielt Studierende an, die nicht den Lehrerberuf anstreben. Dabei könnte man den Studiengang Wirtschaft und Verwaltung der Wirtschaftsuniversität Bergen als eine Möglichkeit bezeichnen, das eigentliche Wirtschaftsstudium durch die fremdsprachlichen Anteile mit einer entsprechenden Zusatzkompetenz zu versehen. Das Europastudium der NTNU Trondheim bietet durch die Kombination von staatswissenschaftlichen, geschichtlichen und fremdsprachigen Veranstaltungen die Möglichkeit, sich durch eine geschickte Wahl der eigenen Schwerpunkte auf konkrete Anforderungen in späteren Berufen vorzubereiten. Auch das Deutschlandstudium der Universität Oslo stellt sich sehr berufsbezogen vor, da Hospitationen im In- und Ausland zumindest fakultativ in das Studium einbezogen werden können. Am wenigsten berufsbezogen ist das Bachelorstudium Sprache und interkulturelle Kommunikation der Universität Bergen, in dem - außer den erwähnten Berufsbildern Dolmetscher und Übersetzer  - keine konkreten Berufe ins Auge gefasst werden.

Die untersuchten Studiengänge dürfen jedoch nicht ausschließlich bezüglich ihrer Eigenpräsentation und der Angabe möglicher Berufsbilder beurteilt werden. Deshalb sollen nunmehr auch die Inhalte der sprachbezogenen Veranstaltungen der jeweiligen Studienangebote näher untersucht werden.


4.2  Inhaltliche Zusammensetzung der Studiengänge

Der Masterstudiengang Deutschlandstudien der Universität Oslo enthält 5fünf Kurse mit je 10 ECTS-Punkten, die fremdsprachenspezifisch ausgerichtet sind. Zwei dieser Veranstaltungen sind obligatorisch, und zwar:
·      Theorie und Methode für Deutschlandstudien und
·      Sprachpraktische Übungen und Stilistik 

Hinzu kommen drei fakultative Veranstaltungen. Als Beispiele können hier angeführt werden:
·      Deutsch-norwegische Verbindungen im Laufe der Zeit
·      Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik
 ·      Was ist Deutsch? Die Symbole, Rituale, Mythen und Mentalität der Deutschen
·      Die politische Kultur in Deutschland

Während sich die erste Veranstaltung ausschließlich mit Methodenfragen des Studiengangs beschäftigt, sind die übrigen Veranstaltungen auf Aspekte der deutschen Sprache und Kultur (im weitesten Sinne) ausgerichtet. Die obligatorische Veranstaltung mit sprachpraktischen Übungen wird auch von Deutsch-Studierenden anderer Studiengänge besucht und richtet sich somit nicht speziell an Studierende des Studiengangs Deutschlandstudien.

Auch die fakultativen Veranstaltungen stehen allen Deutsch-Studierenden offen, werden aber nach Angaben der Fachdozenten nur selten von Lehramts- oder anderen Studierenden belegt. Allein die Veranstaltung Was ist Deutsch? wird ab und zu von Lehramtsstudenten gewählt. Die Veranstaltungen befassen sich mit kulturellen bzw. landeskundlichen Themen und vermitteln wichtige interkulturelle Kenntnisse.

Das Bachelorstudium Europastudien mit Deutsch der NTNU Trondheim, das auch zu einem Masterstudium Europastudien ausgebaut werden kann, enthält Veranstaltungen mit am Deutschen orientierten Inhalten im Umfang von insgesamt 60 ECTS-Punkten. Diese Veranstaltungen sind bis auf eine mit denjenigen für Lehramts- und andere Studierende identisch. Die einzige spezifische Veranstaltung heißt Deutschland und Europa und beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen Deutschland und Europa mit dem Schwerpunkt 19. Jahrhundert.

Im Bachelorstudiengang Sprache und Interkulturelle Kommunikation der Universität Bergen werden ausschließlich Veranstaltungen angeboten, die auch von Lehramts- und anderen Studierenden belegt werden, d.h. Veranstaltungen für Grammatik und Literatur sowie sprachpraktische Übungen. Der Bachelorstudiengang der Wirtschaftsuniversität Bergen bietet vor allem Veranstaltungen im Bereich Wirtschaftssprache Deutsch an, die dann mit den Veranstaltungen der Universität Bergen kombiniert werden können.

Es zeigt sich also deutlich, dass die Studiengänge, die sich nicht offiziell - bzw. inoffiziell - an zukünftige Lehrer wenden, inhaltlich hauptsächlich die gleichen Veranstaltungen anbieten wie die auf das Lehramt ausgerichteten Studiengänge. Die Besonderheit des Studiengangs besteht dann hauptsächlich in der bereits festgelegten Kombination mit solchen Fächern wie Staatswissenschaft. Als spezifisch können nur die wirtschaftssprachlichen Veranstaltungen der Wirtschaftsuniversität Bergen, die Veranstaltung Deutschland und Europa der Universität Bergen sowie die spezifischen fakultativen Masterveranstaltungen der Universität Oslo angesehen werden. Aufgrund des geringen Interesses von Seiten der Studierenden werden letztere hauptsächlich als Lesekurse angeboten, was bedeutet, dass kein Unterricht stattfindet und die Studierenden selbständig mit dem Lehrstoff arbeiten müssen.

Die gezeigte Mehrfachverwendung der traditionellen Deutsch-Veranstaltungen verwundert wenig, wenn die teilweise eher geringe personelle Ausstattung der jeweiligen Institutionen in Betracht gezogen wird. Da keine zusätzlichen Gelder und kein zusätzliches Lehrpersonal zur Verfügung stehen, werden die altbewährten Veranstaltungen in den neuen Studienangeboten unverändert übernommen.

Unsere Analyse der bestehenden Studienangebote und den Beobachtungen zeigt, dass
  • die traditionellen Studienangebote hauptsächlich zukünftige Lehrer ansprechen und
  • die Angebote mit Teilfokus auf DaF für Studierende, die nicht den Lehrerberuf anstreben, ebenfalls nur wenige Studenten für ein Deutschstudium begeistern.
Es muss nunmehr der Frage nachgegangen werden, inwieweit in Norwegen überhaupt ein Bedarf an Deutschkenntnissen bzw. Kenntnissen über die deutschsprachigen Länder besteht.


5     Bedarf an Deutschkenntnissen in Norwegen

Wir haben bereits gesehen, dass neue Angebote, die sich an andere Zielgruppen als zukünftige Lehrer wenden, nicht notwendigerweise auch von den Studierenden in einem Maße angenommen werden, das man als zufriedenstellend bezeichnen könnte. In diesem Zusammenhang stellt sich unweigerlich die Frage, inwieweit überhaupt wirklich Bedarf für DaF außerhalb des schulischen Bereichs besteht. Bestünde keinerlei Bedarf, wäre es in der Tat nicht verwunderlich, dass neue Angebote gar nicht in Anspruch genommen werden.

Zunächst soll zu diesem Zweck ein kurzer Blick auf einige Bereiche des norwegischen Wirtschaftslebens geworfen werden. Von vielen Akteuren der Wirtschaft - dem Arbeitgeberverband, den Handelskammern und auch dem Wirtschaftsminister - wird immer wieder betont, dass dringend mehr Arbeitnehmer mit Kompetenzen im Bereich der deutschen Sprache und Kultur benötigt werden, da Deutschland zweifellos einer der wichtigsten Handelspartner Norwegens sei[13]. In vielen Bereichen der norwegischen Wirtschaft werden händeringend Arbeitnehmer gesucht, die gute Deutschkenntnisse besitzen und mit der deutschen Kultur vertraut sind (Turmo 2010). Dies gilt für die meisten Bereiche der Industrie und die Fischerei.[14]  Mit dieser Problematik beschäftigt sich auch seit vielen Jahren das so genannte Europaprogramm (Europaprogrammet)[15], ein politisch unabhängiges Forschungs- und Kompetenzzentrum, das sich mit wichtigen Europafragen befasst. In einem längeren Bericht zitiert Gaarder 2003 Aussagen von Akteuren mehrerer wichtiger Branchen:

”Mange sier de greier seg med engelsk. Det kan være riktig i noen sammenhenger. Men vi har også notert oss at språkkompetanse kan være en avgjørende faktor i en konkurransesituasjon. Kan konkurrenten tysk og nordmannen ikke, har konkurrenten en konkurransefordel. Dette kan i tilfelle slå ut slik at vedkommende går av gårde med kontrakten. Så enkelt er det.” (Egil A. Hagen, Norges Eksportråd [Norwegischer Exportrat]; zitiert nach Gaarder 2003, 41)[16]

”Hvis man ikke kan tysk får man et problem.” (Jon Hanssen, Fischereiattaché, Norwegisches Generalkonsulat Hamburg; zitiert nach Gaarder 2003, 43)[17]

In den Studieninformationen werden außerdem meist die Medien und internationale Organisationen sowie der diplomatische Dienst als mögliche Arbeitsgebiete genannt. Dabei handelt es sich zweifellos um Berufslandschaften, die der heutigen Ausbildungsgeneration in Norwegen als besonders attraktiv erscheinen.

In den norwegischen Medien arbeitet man nach eigenen Angaben vor allem auf Englisch, da der Kontakt zum britischen und vor allem zum amerikanischen Kulturraum dominierend ist. Allerdings wird wiederholt darauf hingewiesen, dass Deutschland - und somit auch die deutsche Sprache und Kultur - in der EU immer wichtiger wird. Da aber deutsche Sprachkenntnisse in der Realität meist nicht vorhanden seien, müsse man die Kommunikation mit deutschen Medien oder Interviewpartnern leider fast immer auf Englisch durchführen. [18]

“I EU er Tyskland og Frankrike dei førande landa. Storbritannia er på sidelina, og USA er ein skeptisk konkurrent. Når vi ikkje meistrar tysk og fransk, overtek vi i litt for stor grad synspunkta som USA har på EU. For å få djupare forståing av tankegangen bak utviklinga i EU, må ein kunne tysk og fransk. Mange av synspunkta du høyrer i drøftingar på kontinentet, er framande i Noreg.” (Nils Morten Udgaard (langjähriger außenpolitischer Mitarbeiter der Tageszeitung Aftenposten) im Interview mit Jørgen Alnæs; Alnæs 2004)[19]

In der Diplomatie und in internationalen Organisationen sind vor allem das Englische und Französisch die Arbeitssprachen, so dass Deutschkenntnisse hier nur eine Zusatzkompetenz darstellen.

Im ebenfalls für Norwegen sehr wichtigen Tourismusbereich besteht zweifellos ein erheblicher Bedarf an Kenntnissen der deutschen Sprache und Kultur: Deutsche Touristen stellen die größte Gruppe an Touristen in Norwegen dar, sowohl als Individual- als auch als Gruppenreisende. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass vor Ort - in den Hotels, Restaurants und bei den Sehenswürdigkeiten - Personal mit Deutschkenntnissen fehlt. Auch im direkten Kontakt mit Reiseveranstaltern oder auch bei der Erstellung von Broschüren und Internetauftritten sucht man meist vergeblich nach kompetenten Akteuren.

Es zeigt sich also, dass im späteren Arbeitsleben der Studierenden in vielen Bereichen ein erheblicher Bedarf an Sprach- und Kulturkenntnissen besteht.  Dieser Bedarf besteht seit vielen Jahrzehnten, wird jährlich größer und scheint immer seltener gedeckt zu werden, denn die jeweiligen Branchen klagen von Jahr zu Jahr mehr über die fehlenden Kompetenzen bei Bewerbern bzw. Mitarbeitern.


6   Inhalte und Modelle für innovative Angebote

6.1 Inhalte

Es kann somit an dieser Stelle festgehalten werden, dass
  • Bedarf an Sprach- und Kulturkompetenz auch außerhalb des schulischen Bereichs besteht;
  • das bestehende Studienangebot traditionell ist und sich an Lehramtsstudenten wendet, obwohl die Veranstaltungen selbst keinerlei didaktische Elemente enthalten und in ihnen auch inhaltlich nicht unbedingt schulbezogen gearbeitet wird;
  • das bestehende Kursangebot unverändert in neue Studienangebote eingebaut wird, die sich spezifisch an Studierende wenden, die nicht den Beruf des Lehrers anstreben. Dieses Angebot wird bisweilen durch eine oder mehrere studiengangspezifische Veranstaltungen ergänzt, die dann zumeist als Selbststudienvariante realisiert werden;
  • diese neuen Studienangebote zwar auch von den Studierenden gewählt werden, aber bei weitem nicht so häufig wie gewünscht, so dass die erhoffte Steigerung der Studierendenzahlen nur bedingt eintrifft.
Es stellt sich daher die generelle Frage, ob überhaupt weitere Deutsch-Angebote entwickelt werden sollten und, wenn ja, wie diese aussehen sollten, um mehr Studierende als bisher dafür zu interessieren.

Die Erfahrungen der Universitäten Oslo und Trondheim mit den StudiengängenEuropastudien[20] sind grundsätzlich gut, es fällt jedoch auf, dass die Studierenden zum größten Teil das Englische als Vertiefungssprache wählen.

Auch bei den traditionellen Studienangeboten finden sich im Bereich Englisch weit mehr Studierende als im Bereich Deutsch (oder auch Französisch). Dies kommt vor allem daher, dass norwegische Abiturienten bei Schulabschluss bereits 13 Jahre lang Englisch gelernt haben und zumeist über relativ gute Englischkenntnisse verfügen. Deutsch wird frühestens ab der 8. Klasse gelernt, und die zweite Fremdsprache ist erst ab der ersten Klasse der dreijährigen gymnasialen Oberstufe obligatorisch. Die Deutschkenntnisse sind zum Zeitpunkt des Abiturs zumeist eher dürftig, so dass sich schon aus diesen Gründen nur wenige Studierende für ein Deutschstudium entscheiden.

Zumeist erkennen die jungen Leute auch erst während oder gar nach ihrem Fachstudium, dass sie im Grunde (bessere) Deutschkenntnisse bräuchten, um für die angestrebte bzw. bereits erhaltene Arbeitsstelle kompetent zu sein. Für angehende Ingenieure erscheint dann verständlicherweise eine Jahreseinheit, die sich vor allem als Angebot für zukünftige Lehrer präsentiert, nicht unbedingt als die richtige Wahl.


6.1      Modelle für innovative Angebote

6.1.1  Rein sprachorientierte weiterführende Veranstaltungen

Zum einen erscheint es, zumindest im skandinavischen Kontext, sinnvoll, reine weiterführende Veranstaltungen zum Deutschen anzubieten, in denen die Sprachkompetenz der Studierenden ausgebaut und gefestigt wird. Einschlägige Versuche mit so genannten „Sprach-Vorkursen“ z.B. in Bergen und Tromsø haben gezeigt, dass viele Studierende Interesse an solchen Veranstaltungen haben, wenn diese vor allem sprachpraktisch aufgebaut sind und in ihnen weniger Gewicht auf theoretische Kenntnisse im Bereich der Grammatik gelegt wird als in traditionellen Veranstaltungen zur Grammatik. Im Laufe dieser Veranstaltungen sollen die Studierenden ein Kompetenz-Niveau erreichen, das sie dazu befähigt, weitere Lehrveranstaltungen im erweiterten Deutsch-Angebot absolvieren zu können. Gemessen am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen entspräche dies dem Niveau B1 bzw. B2. Erst nach Erreichen dieses Sprachniveaus ist eine Spezialisierung im Bereich Deutsch wirklich sinnvoll. Da die wenigsten Studenten dieses Sprachniveau von der Schule mitbringen, können nur universitätseigene Vorkurse ein adäquates Anfangsniveau absichern.

Gleichzeitig eröffnen diese Vorkurse auch die Möglichkeit, das Interesse der Studierenden an Sprache und Kultur zu vergrößern, und hinsichtlich Sprache und Land neue, bessere Eindrücke zu vermitteln. Sie ermöglichen somit auch eine Steigrung der Lernmotivation in Bezug auf Deutsch(land).


6.1.2  Eindeutige Studienangebote für künftige Lehrer

Im Bereich der Bachelorstudien wäre zudem eine klare Aufteilung in Veranstaltungen für Lehramtsstudierende und solche für andere Zielgruppen von Vorteil. Danach könnte man in der Lehrerausbildung die Studierenden bereits im Fachstudium Deutsch in Zusammenarbeit mit dem pädagogischen Seminar ganz konkret auf die Arbeit an der Schule vorbereiten und die Einführungen in grammatische und literarische Fachgebiete an die reellen Anforderungen im Lehrerberuf anpassen.

Sprachpraktische Veranstaltungen und solche zu kulturellen Themen könnten jedoch weiterhin unterschiedlichen Interessentengruppen offen stehen. Darüber hinaus müssten jedoch gezielt Veranstaltungen für bestimmte Studierendengruppen neben den Lehramtsstudenten entwickelt werden.


6.1.3   Gezielte Angebote für bestimmte Studierendengruppen

Gerade bei der Entwicklung zuvor erwähnten Veranstaltungen ist die enge Kooperation mit Vertretern der Wirtschaft unabdingbar. Es darf nicht übersehen werden, dass das Lehrpersonal traditioneller Fremdsprachenfächer nur begrenzt Informationen über ebendiese Arbeitswelt besitzt. Erst durch eine enge Zusammenarbeit kann es gelingen, Veranstaltungen zu entwickeln, die die Studierenden auf die kommenden Anforderungen vorbereiten und sie mit der Sprach- und Kulturkompetenz ausstatten, die die Arbeitgeberverbände so dringend benötigen. Diese Zusammenarbeit wird dadurch erleichtert, dass es sich bei Norwegen um ein relativ kleines und übersichtliches Land handelt. Eine enge Kooperation z.B. mit der Tourismusbranche, dem Fischereisektor oder den norwegischen Medien würde es erlauben, maßgeschneiderte Veranstaltungen zu entwickeln, die - eingebettet in einen Studiengang - für eine qualitativ hochwertige universitäre Ausbildung stünden, die die Anforderungen der Arbeitswelt erfüllen könnte. Solche universitären Ausbildungswege, die den Studierenden Zugang zu attraktiven Arbeitsplätzen eröffnen würden, sind erfahrungsgemäß bereits nach kurzer Laufzeit recht beliebt.


6.1.4  Fernstudien und Internet-gestützte Studien

Um auch für Studierende attraktiv sein zu können, die erst nach Abschluss ihres Studiums die Bedeutung von adäquatem sprachlichen und (inter)kulturellen Wissen erkennen, sollten viele der Angebote auch in Form von Fernstudien angeboten werden. Internet-gestützte bzw. völlig Internet-basierte Kurse ermöglichen ein Studium nach Feierabend und vom Heimatort aus, ohne dass hohe Reisekosten und Fehlzeiten anfallen[21]. Positive Rückmeldungen von Seiten der Kandidaten und deren Arbeitgebern bilden danach unschätzbare Hilfestellungen bei der Rekrutierung weiterer Lernergruppen.


7   Zusammenfassung

Im Bereich DaF in Skandinavien wird seit vielen Jahren gekämpft gegen:
  • fehlendes Interesse bei Schülern an Deutsch
  • ein von der Nazi-Vergangenheit geprägtes Deutschlandbild, das weiterhin im Volk und in der norwegischen Öffentlichkeit präsent ist,
  • landläufige Vorstellungen über langweiligen Deutschunterricht  und die kaum erlernbare deutsche Grammatik,
  • die Übermacht des Englischen und die Attraktivität des Spanischen, das für Urlaub, Sonne und Spaß steht.
Auf vielen dieser Gebiete werden intensive Bemühungen angestellt, um tief verankerte Eindrücke zu verändern und dem Deutschen ein neues, positiveres Renommee zu verschaffen.[22] Dies ist erfreulich und wird mit den Jahren sicherlich erfolgreich sein.

Allerdings besteht auf dem norwegischen - und ebenso dem skandinavischen -  Arbeitsmarkt bereits jetzt ein großer Bedarf an Kenntnissen im Bereich Deutsch, während gleichzeitig immer weniger junge Menschen Deutsch an den Universitäten und Hochschulen studieren. Statt traditionelle Veranstaltungen in neuen Studiengängen unverändert zum Einsatz zu bringen, bedarf es einer gründlichen Neuorientierung.

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass neben den bestehenden Angeboten für Lehrer, die nun wirklich auch auf die zukünftige Arbeit an Schulen ausgerichtet sein sollten, auf der einen Seite reine hochschulische Sprachlehrveranstaltungen zur Erreichung eines sprachlichen Mindestniveaus (etwa das Niveau B1/B2 des GER) entwickelt und auf der anderen Seite Veranstaltungen im erweiterten Bereich DaF in enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Wirtschaft angeboten werden müssten. Die Bedeutung des engen Kontakts zum Arbeitsmarkt darf keinesfalls unterschätzt werden, da er eine Garantie für die Qualität der Sprach- und Kulturausbildung darstellt. Hochschulische Veranstaltungen ohne konkretes Profil, die angeblich als Basis für viele Berufsgruppen herangezogen werden können, erweisen sich - trotz guter Ideen und interessanter Themen - als wenig erfolgreich, weil der echte und direkte Bezug zur Arbeitswelt fehlt.

Der enge Kontakt zum Arbeitsmarkt muss zudem angestrebt werden, um Veranstaltungen entwickeln zu können, die den späteren Anforderungen im Arbeitsleben wirklich entgegenkommen. Dies ist eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance. Gerade weil der Bedarf so groß ist, kann daraus eine wichtige Investition in die gemeinsame Zukunft werden, die dafür sorgt, dass  das Deutsche wieder den Stellenwert in Skandinavien bekommt, den die Sprache eigentlich haben sollte.


Bibliographie

Alnæs, Jørgen (2004): Med engelske skylapper. In: Dag og Tid (norwegische Wochenzeitung) 14-15. 3.April 2004 (auch: www.dagogtid.no/arkiv/2004/14/engelsk.html ; 09.12.2011).

Gaarder, Godrun (2003): Ut i verden med bare engelsk? Eller trenger vi flere fremmedspråk? Tysk som eksempel. Projektbericht. Oslo: Europaprogrammet(auch:www.regjeringen.no/nb/dep/kd/dok/rapporter_planer/rapporter/2003/ut-i-verden-med-bare-engelsk.html?id=106010 ; 09.12.2011)

Hellekjær, Glenn Ole (2007): Fremmedspråk i norsk næringsliv – engelsk er ikke nok! Fokus på språk 3. Halden: Fremmedspråksenteret.

Hellekjær, Glenn Ole (2010): Språkmakt og avmakt. Bruk av og behov for fremmedspråk i statsforvaltningen. Fokus på språk 25. Halden: Fremmedspråksenteret.

Issel, Burkhard (2004): Die Mehrsprachigkeit wird sich nicht von allein sichern, in die Sprachenpolitik muss Bewegung kommen. In: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache, Band 30, 193-212.

Turmo, Are (2010): For få Tyskland-studenter. In: Dagens Næringsliv(norwegische Wirtschaftstageszeitung), 9.12.2010 (auch: www.nho.no/kompetanse-og-utdanning/for-faa-studenter-article22702-56.html ).


Internetadressen der norwegischen Hochschulen und Universitäten:
Hochschule Østfold: www.hiof.no
Universität Agder: www.hia.no
Universität Bergen: www.uib.no
Wirtschaftsuniversität Bergen: www.nhh.no
Universität Trondheim: www.ntnu.no
Universität Tromsø: www.uit.no


Autorin:
Prof. Dr. Beate Lindemann
HSL-Fakultät
Universität Tromsø
N-9037 TROMSØ
Norwegen
E-Mail: Beate.Lindemann@uit.no  




[1] So gab es an allen norwegischen Universitäten Germanistische Institute, die allesamt verschwunden sind, indem sie in Institute für Fremdsprachen u.Ä. integriert wurden. Auch die Anzahl der Mitarbeiter in den deutschen Abteilungen wurde drastisch reduziert. Stellen, die beispielsweise durch Emeritierung frei wurden, wurden in den seltensten Fällen wieder ausgeschrieben.
[2] Eine Dokumentation der Entwicklung bezüglich des Interesses norwegischer Schüler an Fremdsprachen findet sich unter www.fremmedspraksenteret.no. 
[3] Seit einigen Jahren ist in Skandinavien Spanisch die so genannte In-Sprache, die von allenSchülern gewählt wird. Dieser Trend ist derzeit wieder leicht rückläufig. Chinesisch und Japanisch sind ebenfalls momentan sehr gefragt, können aber wegen der vielerorts fehlenden Lehrkräfte nur selten angeboten werden.
[4] Bis vor kurzem wurde Deutsch auch an der Universität Stavanger angeboten, u.a. auch deswegen, weil die norwegische Hotel- und Restauranthochschule und das norwegische Gastronomische Institut an diese Universität angegliedert sind. Das Angebot für Deutsch und Französisch wurde jedoch vor einigen Jahren ersatzlos gestrichen.
[5] Die Studienangebote wurden den Internetpräsentationen der Universitäten bzw. der Hochschule entnommen und durch Ausführungen von Mitarbeitern der Institutionen informell ergänzt. Eine Übersicht über die Internetadressen wurde der Bibliographie angeschlossen. Dabei musste auf eine genauere Angabe der Quellen verzichtet werden, da sich die Informationen über die Deutschstudien auf den unterschiedlichsten Seiten, d.h. unter den unterschiedlichsten Bachelor- bzw. Masterstudiengängen, befanden.
[6] Nur noch an den Universitäten in Oslo, Bergen und Trondheim ist Deutsch als Hauptfach des Masterstudiums möglich.
[7] Z.B. Bachelor in Literaturwissenschaft oder Bachelor in GesellschaftKultur und Sprache.
[8] Das Studium enthält die Kurse der Jahreseinheit und zusätzlich mindestens 20 ECTS Spezialisierung mit entweder sprachwissenschaftlichen oder literaturwissenschaftlichen/
kulturwissenschaftlichen Kursen.
[9] Auf diesen Studiengang wird im Folgenden noch näher eingegangen werden.
[10] Dieses Studium wird im Folgenden näher vorgestellt.
[11] Auf dieses Studium wird im Folgenden näher eingegangen.
[12] Befragt wurden hierzu die Verwaltungssekretariate der jeweiligen Studiengänge.
[13] So fand am 12.10.2011 ein Deutschland-Seminar des Norwegischen Arbeitgeberverbandes in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Norwegischen Handelskammer, dem Goethe-Institut Oslo und weiteren Akteuren statt, bei dem von der norwegischen Hochschulministerin Tora Aaasland, Vertretern der Wirtschaftsverbände und den Botschaftern unterstrichen wurde, dass Norwegen dringend junge Menschen mit Deutsch(land)-Kompetenzen benötige und dies sowohl im schulischen als auch im universitären Bereich zu Änderungen führen müsse, die ein verstärktes Interesse an Deutsch herbeiführen sollten (siehe auch: www.nho.no/kompetanse-og-utdanning/spraak-er-loennsom-investering-article23875-56.html; 08.12.2011).
[14] Siehe hierzu auch die Ausführungen bei Hellekjær 2007 und 2010.
[15] Siehe auch www.europaprogrammet.no .
[16] Übersetzung: “Viele sagen, dass für sie Englisch reicht. Das kann in einigen Zusammenhängen richtig sein. Aber wir haben auch festgestellt, dass Sprachkompetenz ein entscheidender Faktor in einer Wettbewerbssituation sein kann. Kann der Konkurrent Deutsch und der Norweger nicht, hat der Konkurrent einen Wettbewerbsvorteil. Das kann dazu führen, dass er den Vertrag bekommt. So einfach ist das.”  
[17] Übersetzung: „Wenn man kein Deutsch kann, bekommt man ein Problem.“
[18] Hierzu wurden Mitarbeiter des staatlichen norwegischen Rundfunks und Fernsehens (NRK) und der Zeitungen Aftenposten, VG, Morgenbladet, Nordlys und Bergens Tidene befragt.
[19] Übersetzung „In der EU sind Deutschland und Frankreich die führenden Länder. Großbritannien steht ein wenig im Abseits und die USA sind ein skeptischer Konkurrent. Wenn wir kein Deutsch und Französisch können, übernehmen wir ein bisschen zu oft und zu sehr die Ansichten, die die USA bezüglich der EU haben. Um ein tieferes Verständnis für die Gedankengänge hinter der Entwicklung in der EU zu bekommen, muss man Deutsch und Französisch können. Viele der Argumente, die man in Diskussionen auf dem Kontinent hört, sind uns in Norwegen unbekannt.“
[20] Diese Bezeichnung wird hier zusammenfassend für die Studiengänge  Europastudien (Spezialisierung z.B. Deutschlandstudien) der Universität Oslo und Europastudien mit Fremdsprachen der NTNU Trondheim verwendet.
[21] Dies ist gerade in Norwegen ein wichtiges Argument, da die Anreise zu den Studienorten meist lang, umständlich und teuer ist.
[22] Vgl. hierzu auch die Arbeit des  Norwegischen Zentrums für Fremdsprachen in der Ausbildung(www.fremmedspraksenteret.no; 08.12.2011).