Journal of Linguistics and Language Teaching
10th Anniversary Issue (2020), pp. 71-88
Zur Konzipierung von Spielen
im Unterricht Deutsch als Fremdsprache
Shing-lung Chen (Kaohsiung, Taiwan)
Abstract (Deutsch)
Gemäß Jan & Chang (2018) sollen im Unterricht nicht nur Sprachkenntnisse vermittelt, sondern auch Fähigkeiten wie z.B. Kreativität, induktive Fähigkeiten und Problemlösungsfähigkeiten ausgebildet werden. Zur Zeit spielen die Lerner im Unterricht meist traditionelle fremdsprachlich orientierte Spiele und lernen eher passiv. In dem vorliegenden Artikel sollen die Lerner in einem ersten Versuch anhand einen gegebenen Lerninhaltes selbst ein fremdsprachliches Spiel entwickeln. Dabei können sie sowohl ihre Sprachkenntnisse zum Einsatz bringen als auch ihre Kreativität entwickeln. Die meisten fremdsprachlichen Spiele beschränken sich auf das Lernen des Wortschatzes oder auf die Satzbildung. Das Ziel des Fremdsprachenlernens besteht jedoch darin, in der Fremdsprache zu kommunizieren. In diesem Beitrag werden Spiele zu Förderung der fremdsprachlichen Kommunikation anhand des Design Thinking-Modells von Lernern selbst entwickelt. Anschließend wird mittels einer Umfrage analysiert, inwiefern das Entwickeln von Spielen die Lernmotivation, den Lernerfolg und die Problemlösungsfähigkeiten der Lerner erhöhen kann.
Stichwörter: Design Thinking, fremdsprachliche Konversation, Entwicklung von Spielen, Kreativität, Lernmotivation
Abstract (English)
According to Jan & Chang (2018), not only language skills should be imparted in class, but also skills such as creativity, inductive skills and problem-solving skills should be trained. At present, learners mostly play traditional foreign language oriented games in class and learn rather passively. In this article, learners are supposed to develop a foreign language game themselves, based on a given learning content. They can use their language skills as well as develop their creativity. Most foreign language games are limited to learning vocabulary or building sentences. However, the goal of foreign language learning is to communicate in the foreign language. In the present article, games to promote foreign language communication are developed by learners themselves, based on the Design Thinking model. Subsequently, a survey is used to analyze to what extent the designing of games can increase learners’ motivation, success and problem-solving skills.
Keywords: Design Thinking, conversation, development of games, creativity, motivation
1 Einleitung
Im Unterricht sollen sowohl Fachkenntnisse vermittelt als auch solche Fähigkeiten der Lerner – wie z.B. Kreativität – ausgebildet werden, die es ihnen erlauben, mit den komplizierten Anforderungen des 21. Jahrhunderts zurechtzukommen (Kirschner 2015, Robinson 2011 und Pendleton-Jullian & Brown 2015). Das Einsetzen von Kreativität in Lehrplänen ist ein zunehmend aktuelles Thema im Bereich Erziehungswissenschaft (z.B. Amabile 1996, Craft 2011, Cremin 2015). Nach Mishra & Mehta (2017) stellt Kreativität im 21. Jahrhundert eine der wichtigsten Fähigkeiten dar. Kreativität impliziert viele Einzelfähigkeiten, wie z.B. die Fähigkeit zur Datenanalyse, zur Problemerkennung und zum Problemlösen (1). Nach Torrance (1973) umfasst der kreative Denkprozess eine Reihe von Fähigkeiten, z.B. das Erkennen von Informationsproblemen, das Wiederherstellen von Daten und das Anbieten von Lösungen.
Nach Liao, Chen, Chen & Chang (2018) ist die Verwendung der Fremdsprache an sich ein Produkt der Kreativität, so dass Kreativität unbedingt in den Fremdsprachenunterricht integriert werden sollte. Außerdem ist es erwiesen, dass Kreativität einerseits und Leistung im fremdsprachlichen Lernen andererseits in engem Zusammenhang zueinander stehen. Dazu Liao, Chen, Chen/ & Chang:
Language, by its nature, is a product of creativity and has many dimensions that intertwine with it (...). As such, language and creativity share certain mental characteristics (...): for example, just as creative individuals connect two seemingly irrelevant elements into new creations that serve particular needs, language users recreate, refashion and re-contextualize languages when communicating. Creativity may thus be considered a metacognitive factor that substantially influences and shapes the process of learning foreign languages (Nosratinia & Zaker, 2015), and is therefore crucial to learners’ mastery of their target languages (...). Empirical studies have clearly demonstrated a positive correlation between creativity and EFL language performance (...).”(Liao, Chen, Chen & Chang 2018: 215)
Trotz der Existenz zahlreicher Modelle zur Ausbildung von Kreativität ist das Design Thinking-Modell von der Universität Standfort weithin bekannt. Dieses Modell wird häufig in den Fachbereich Wirtschaft (Yang, Asaad & Dwivedi 2017) und Architektur (Daemei & Safari 2018) angewendet, um ein Produkt zu entwickeln und dabei die Kreativität und die Problemlösungsfähigkeiten der Lerner zu trainieren. Nach Schön (1992: 48f) ist Design als ein kreativer und reflektierender Prozess zwischen Menschen, Teilnehmern und Produkten definiert. Außerdem findet Design häufig in einem „Dialog“ zwischen dem Designer und seiner Arbeit, seinen Materialien etc. statt. Entwürfe „sprechen“ mit dem Designer, wenn er seine Entwürfe weiterentwickelt. So definiert Schön das Design als
„… an epistemology of practice implicit in the artistic, intuitive processes which practitioners bring to situations of uncertainty, instability, uniqueness and value conflict.” (Schön 1992:49)
In dem vorliegenden Artikel wird dargestellt, wie Lerner Spiele zum Fremdsprachenlernen zu entwickeln versuchen, um gemäß dem Design Thinking-Modell Kreativität zu entwickeln. Laut Rouse (1960) erkannten bereits Plato und Aristoteles, dass Spiele den Lernerfolg fördern. Die Forschungsergebnisse von Jan & Chang (2018: 9ff) zeigen, dass Spiele nicht nur die Lernmotivation erhöhen, sondern auch den Lerneffekt fördern können.
Gemäß Jan (2011: 47ff) beschränkt sich das asiatische Lernmodell (Verstehen und Gedächtnis) hauptsächlich darauf, Lerninhalte zu verstehen und diese dann im Kopf zu behalten. Auf diese Weise erwerben Lerner zwar Kenntnisse, entwickeln aber keine Fähigkeiten. Mit Hilfe von Spielen, in denen jedes Mal andere Aufgaben sowie andere (Spiel)Kombinationen vorkommen können, entwickeln sich Fähigkeiten, die darauf abzielen, mit Problemen umzugehen und sie zu lösen. Durch Spiele können negative Lerngewohnheiten (Verstehen und Gedächtnis) in positive Lerngewohnheiten (Entwicklung von Problemlösungsfähigkeiten) umgewandelt werden (Jan 2011: 47ff). Laut Lameras et al. (2017: 974) stellen Lernen und Spielen denselben Prozess dar, bei dem mittels interaktiver Zusammenarbeit zwischen der Einzelperson und der Gruppe Kenntnisse erworben werden:
This argument stems from an important observation that learning is a constructive process, which encompasses aspects of collaborative learning in which knowledge creation emerges through discussion and negotiation between individuals and groups. (Lameras et al. 2017: 974)
Laut Kili (2005) bieten Spiele verschiedene Möglichkeiten, die Analysefähigkeit der Lerner zu entwickeln:
Games should provide possibilities for reflectively exploring phenomena, testing hypotheses and constructing objects. (Kili 2005: 14)
Gemäß Mullins & Sabherwal (2018) werden in den in der Forschungsliteratur beschriebenen Experimenten meist von Anderen entwickelte Spiele verwendet. Wenn Forscher die Spiele von anderen verwenden, können sie deren Zweck jedoch nicht vollkommen verstehen und daher die Auswirkungen dieser Spiele nicht vollständig und sinnvoll interpretieren. Deswegen werden wir hier eigene Spiele entwickeln.
Heutzutage verlieren die Lerner im traditionellen Unterricht mehr und mehr ihre Lernmotivation. Im Unterricht sollen sowohl Kenntnisse vermittelt als auch die Fähigkeiten für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts entwickelt werden. Außerdem soll der Lernprozess Freude machen. Laut Liao, Chen, Chen & Chang (2018) lernen die Schüler dann am besten, wenn sie das Lernen interessant finden:
Because most creative activities require learners to collaborate on tasks in pairs or small groups, creative pedagogy provides a supportive environment that engages them in the learning process and boosts their learning motivation (...); and language learners’ motivation is closely linked to their performance (...), as when people take pleasure in an activity, they are likely to be driven by personal interest to complete any tasks that the activity requires them to perform (...). Consequently, it is reasonable to expect that creative pedagogy can not only provide learners with the primary impetus to learn a language, but also sustain the language-learning process. (Liao, Chen/, Chen & Chang 2018: 215)
Deswegen wird von Lernern oft erwartet, eine Fremdsprache durch Spielen zu erlernen. Bisher werden Spiele konzipiert, die inhaltlich mit dem Lerninhalt nichts zu tun haben, wie z.B. PaGamO (https://www.pagamo.org; 10.08.2019). Es ist durchaus eine Herausforderung, Lerninhalte so in ein Spiel zu integrieren, dass während des Spielens Kenntnisse vermittelt und erworben werden.
Außerdem gibt es bis jetzt fast nur fremdsprachliche Wortschatzspiele (Rawendya, Yingb, Arifinc & Rosalind 2017), nur selten existieren zu Satzbildung, kaum welche jedoch zur Entwicklung fremdsprachlicher Konversation. In der vorliegenden Analyse sollten Deutschlerner auf dem Niveau A1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GeR) im Unterricht fremdsprachliche Konversationsspiele konzipieren – ein Vorgehen, das im Unterricht bislang kaum eingesetzt wird. Dabei entwickelten die Lerner anhand deutscher Lehrwerk-Dialoge ein Kartenspiel, das ihnen dabei helfen sollte, fremdsprachliche Dialoge zu lernen und später zu verwenden. Danach wurde getestet, ob Lernmotivation, Lerneffekt und Design-Fähigkeit bei den Lernern zunahmen. Dabei werden die folgenden Fragestellungen untersucht:
1. Wie lassen sich Spiele für das Lernen fremdsprachlicher Dialoge entwickeln?
2. Wie kann ein Spiel Lernmotivation, Lerneffekt und Design-Fähigkeit erhöhen?
3. Inwiefern hilft das an der Universität Stanford entwickelte Modell Design Thinking-Modell bei der Konzeption fremdsprachlicher Spiele?
Im Folgenden wird zunächst darauf eingegangen, mit welchen Lernschwierigkeiten die Lerner im Konversationsunterricht konfrontiert werden und welche Funktionen das Spiel im Fremdsprachenunterricht hat. Daraufhin wird diskutiert, wie die Erlernung fremdsprachlicher Konversation in das Spiel integriert wird. Schließlich wird analysiert, inwiefern das genannte Design Thinking-Modell im gegebenen Kontext hilfreich ist.
2 Forschungsstand
Im Folgenden gehen wir zunächst auf Lücken im jetzigen Unterricht ein, um zu zeigen, dass reine Kenntnisvermittlung heutzutage nicht mehr hinreicht. Im Anschluss daran gehen wir auf die Forschungsliteratur zu Spielen im Unterricht ein, um nachzuweisen, dass mittels Spielen nicht nur Kenntnisse vermittelt, sondern hauptsächlich Fähigkeiten für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts entwickelt werden können.
2.1 Im heutigen Konversationsunterricht bestehende Lücken
Die vier grundlegenden sprachlichen Fertigkeiten sind das Hören, das Sprechen, das Lesen und das Schreiben. Dabei sind im Konversationsunterricht die folgenden Lücken feststellbar:
1. Es fehlen oft Verwendungsmöglichkeiten zur Übung fremdsprachlicher Konversation: Bei den vorhandenen Konversationslernsystemen können die Lerner meist nicht frei kommunizieren, sondern die jeweiligen Dialoge nur mehrmals hören und auf gegebene Fragen nur vorher festgelegte Antworten geben. Beispiel für solche Systeme sind Sprich mit mir (1999), Ruf doch mal an (1995), Live ABC’s 3-D (2006), System Chinese Online Learning Advise (http://www.cola.itri.org.tw; 20.06.2019).
2. Im Unterricht fehlt die Vermittlung des zugrundeliegenden Kommunikationsmodells, so dass die Lerner trotz guter Sprachkenntnisse nicht effektiv kommunizieren können: Da die Lerner kein Kommunikationsmodell kennen, lernen sie meist beliebig die ihnen präsentierten Sätze auswendig, so dass sie mehrere Sätze desselben Kommunikationsschrittes gelernt haben, aber ihnen die Sätze der anderen Kommunikationsschritte fehlen. Auf dieser Weise sind ihre Dialoge nicht vollständig und können somit oft nicht den gewünschten Kommunikationszweck realisieren. Beispielsweise kennen die Lerner gemäß Chen (2010: 50f) oft viele Sätze über die Feststellung eines zu zahlenden Preises, aber kaum Sätze zum Aushandeln des Preises oder zum Vergleich ähnliche Angebote.
3. Der Konversationsunterricht konzentriert sich meist auf die Vermittlung von Sprachkenntnissen, wobei die Entwicklung der für Kommunikation notwendigen Fähigkeiten fehlt. Gemäß Deterding (2012) und Hayes (2008) soll mittels Design Thinking im Unterricht die Fähigkeiten zum Problemlösen und zur Kreativität entwickelt werden. Hier sollen die Lerner Kartenspiele für die fremdsprachliche Konversation konzipieren, damit sie bereits bei der Konzeption des Spiels ihre fremdsprachlichen Kenntnisse anwenden und dabei auch die Problemlösungsfähigkeiten und Kreativität entwickeln (Kap. 2.2).
2.2 Funktionen von Spielen beim Fremdsprachenlernen
Nach Liao, Chen, Chen & Chang (2018: 214) konzentriert sich der jetzige Fremdsprachenunterricht meist auf gedächtnisbasiertes Lernen . Dabei wird die Anwendung der jeweiligen Fremdsprache oft vernachlässigt. Gemäß den Analyseergebnissen von Liao, Chen, Chen & Chang soll Kreativität in den Unterricht eingebaut werden, um die Motivation der Lerner zu erhöhen:
It has been argued that creativity can foster learners’ original thinking, increase their engagement in the learning process, and boost their motivation (...); it has also been identified as an important component of problem-solving and cognitive skills (...).” (Liao, Chen, Chen & Chang 2018: 213)
Nach Jan (2011: 47ff) können mittels Spielen negative Lerngewohnheiten (Verstehen und Gedächtnis) in positive Lerngewohnheiten (Problemlösen) umgewandelt werden. Gemäß Deterding (2012) aktiviert das Spiel selbst die Lernmotivation, bildet verschiedene reale Erfahrungen in der Interaktion der Spiele ab, und somit können die Spiele sowohl die Lernmotivation als auch induktive Fähigkeiten fördern:
Instead of creating full games, gamification’s guiding idea is to use elements of game design in non-game contexts, products, and services to motivate desired behaviors (Deterding 2012: 14)
Laut Kirschner (2015), Robinson (2011), Pendleton-Jullian & Brown (2015) gilt die Ausbildung der Kreativität als Hauptziel der Erziehung. Gemäß Liao, Chen, Chen & Chang (2018: 214) ist fremdsprachliche Kommunikation an sich eine Realisierung von Kreativität, weil dabei verschiedene Sprachelemente zu sinnvoller Kommunikation verbunden werden. Da die Lerner ein fremdsprachliches Spiel entwickeln, müssen sie dabei die Fremdsprache lernen oder ihre Kenntnisse festigen. Somit erwerben sie die jeweilige Fremdsprache bereits beim Designen des Spiels. Außerdem entwickeln sie das Spiel in Gruppen unter Verwendung der Brain Storming-Methode, wobei sich die verschiedenen Ideen der Lerner zum Problemlösen ergänzen und somit Problemlösungsfähigkeiten entwickelt werden. Dieser kreative Prozess bei der Spiel-Entwicklung ist somit gleichzusetzen mit dem Prozess zur Lösung neuer Probleme. Daher besteht eine enge Verbindung zwischen dem Prozess der Fähigkeitsentwicklung und dem Lernen der Fremdsprache (ibid.).
Gemäß Liao, Chen, Chen &/ Chang (2018: 214) haben die Lerner beim Spielen gute Laune und empfinden das Lernen als interessant, so dass sie motiviert weiterlernen. Amabile (1996) legte ähnliche Forschungsergebnisse vor, nach denen spielerische Lehrmethoden ein wichtiger Bestandteil für das Kreativitätslernen sind, und somit das Spielen die Emotionen der Lerner verbessert und auf diese das Lernen und das Gedächtnis positiv beeinflusst werden können.
3 Konzipierung fremdsprachlicher Konversationsspiele
Im Folgenden wird darauf eingegangen, wie Handlungsmuster fremdsprachlicher Kommunikation in das fremdsprachliche Konversationsspiel integriert werden können. Danach wird die Funktionsweise des Spiels demonstriert.
3.1 Integration des Fremdsprachenlernens in das Spiel
Es ist nicht einfach, das Fremdsprachenlernen in ein Spiel zu integrieren. Ein Beispiel hierfür ist PagamO (https://www. pagamo. org/). Dieses Spiel lässt die Lerner zunächst ungestört spielen, bricht nach einer gewissen Zeit jedoch plötzlich ab. Die Lerner müssen die erscheinenden Fragen richtig beantworten, damit sie weiterspielen können. Aber das Spiel selbst hat nichts mit dem Lerninhalt zu tun. Die Lerner müssen lediglich den Lerninhalt auswendig lernen, damit sie die Fragen beantworten und auf diese Weise weiterspielen können. Die Forschungsergebnisse von Lameras et al. (2017: 974) zeigen, dass dem Lernen und dem Spiel meist kein gemeinsames Modell zugrunde liegt, so dass es schwierig ist, das Lernen in das Spiel zu integrieren. Daher soll hier ein kompatibles Modell entwickelt werden, das den Lerninhalt mit den Spielaktivitäten kombiniert:
Spiel | Fremdsprachlicher Dialog |
Spieler-Rollen | Sprecher und Hörer als Rollenspiel |
Kämpfer und Verteidiger | Fragen und Antworten auf Karten |
Ablaufdiagramm | Handlungsmuster im Dialog |
Tab. 1: Integration der Elemente fremdsprachlicher Konversation in das Spiel
Bei dem Versuch der Integration von Elemente fremdsprachlicher Konversation in das Spiel werden die Rollen (z.B. Sprecher und Hörer) im fremdsprachlichen Dialog mit den Rollen im Spiel identifiziert wie z.B. die Sprecher als Kämpfer mit ihren Fragekarten und die Hörer als Verteidiger mit ihren Antwortkarten (Tab. 1).
Anhand der Theorie der Diskursanalyse (Ehlich & Rehbein 1979, Ehlich 1986) wird – im Sinne der Spielregeln – ein Ablaufdiagramm entwickelt, mit dessen Hilfe ein Dialog konstituiert wird. Ein Beispiel hierfür ist eine Hotelkommunikation nach dem folgenden Handlungsmuster in einzelnen Schritten, die im Spiel anhand eines Ablaufdiagramms verdeutlicht werden. Das Handlungsmuster sieht wie folgt aus:
A. Frage nach einem freien Zimmer
B. Feststellung, ob das Zimmer dem Bedarf entspricht
C. Feststellung des Preises
D. Feststellung, wo sich das Zimmer befindet
E. Erledigung der Bezahlung
Abb. 1: Deutsches Spiel für die Stufe 1 (Hotel-Kommunikation)
Im Spiel bildet ein Kämpfer mit dem Verteidiger ein Paar. Parallel bilden die Fragesteller (Sprecher) mit ihren Fragekarten die eine Gruppe und die Hörer mit ihren Antwort-Karten die andere Gruppe.
Abb. 2: Verhältnis zwischen Kommunikationsschritten und Frage- und Antwortkarten für die Hotel-Kommunikation (2)
In Abb. 2 wird aufgelistet, zu welchem Kommunikationsschritt welche Frage- und Antwortkarten passen. Beispielsweise werden für den Kommunikationsschritt Feststellung, ob das Zimmer dem Bedarf entspricht sowohl die Fragekarte Ist das Zimmer mit Bad? als auch die Antwortkarte Ja, alle Zimmer sind mit Bad. benötigt, um diesen Kommunikationsschritt zu vollenden. Die Zahlen auf der Karte 30, 35, 40 zeigen die Punkte sowie die Macht der Karte an. Je schwieriger die Fragen und die Antworten inhaltlich sind, desto höher ist die Punktzahl. Die Punkte spiegeln die Stärke des Kämpfers und diejenige der Verteidiger wider. Je stärker sie sind, desto mehr Punkte gewinnen sie.
Während des Spiels sollen die dem oben genannten Handlungsmuster entsprechenden Fragekarten mit ihren Antwortkarten gesucht bzw. gesammelt werden, um die dem Handlungsmuster entsprechende Kommunikation zu vollenden. Dabei zieht jeder Spieler der Reihenfolge nach eine Karte und muss richtig beurteilen, welchem Kommunikationsschritt sie zugehört. Beispielsweise zieht man die Karte Wieviel kostet das Zimmer? und muss sie dann auf Frage 3 legen, weil diese dem dritten Kommunikationsschritt Feststellung des Preises entspricht (Abb. 1). Auf dieser Weise komplettieren alle Teilnehmer gemeinsam die Hotelkommunikation, wenn alle Einzelschritte mit Karten belegt sind. Weitere Spielregel bestehen darin, dass außer den Karten zur Organisation der Kommunikation noch eine Glückskarte gezogen werden muss, die entscheidet, ob man weiter spielen kann. Bei der Karte Noch einmal versuchen darf ein Spieler weitermachen, um mit einer neuen Karte die Konversation zu fortzusetzen. Wenn die Pausenkarte gezogen wird, muss er eine Runde warten. Bei der Karte Aussetzen soll er zwei Runden warten, bis er wieder an die Reihe kommt (Abb. 1).
Fragekarte | Handlungsmuster | Antwortkarte |
Haben Sie ein Zimmer frei? | (A) Frage nach einem freien Zimmer | Ja. Wir haben noch Zimmer frei. |
Ist das Zimmer mit Bad. | (B) Feststellung, ob das Zimmer dem Bedarf entspricht. | Ja, alle Zimmer sind mit Bad. |
Wie viel kostet das Zimmer? | (C) Feststellung des Preises | Das Zimmer kostet 150 Euro pro Nacht. |
In welchem Stock ist das Zimmer? | (D) Feststellung, wo sich das Zimmer befindet. | Ihr Zimmer ist im 3. Stock, Zimmer 301. |
Kann ich mit der Kreditkarte bezahlen. | (E) Erledigung der Bezahlung | Ja, gern. |
Tab. 2: Konstituierung einer Konversation gemäß dem Handlungsmuster
Mit Hilfe von Frage- und Antwortkarten
In Lehrwerken werden Konversationen meist in einer festgelegten Reihenfolge angeboten und die vorhandenen Dialoge müssen in dieser festgelegten Reihenfolge auswendig gelernt werden, so dass die Lerner oft nicht in der Lage sind, im Sprachalltag auf frei gestellte Fragen korrekt zu reagieren. Dagegen können sie mittels der flexiblen Kartenkombinationen im Spiel üben, auf Fragen unmittelbar zu reagieren. Im Spiel sollen die Lerner die Sätze für einen gegebenen Kommunikationsschritt sammeln und so einen vollständigen Dialog zusammenstellen. Jedes Mal erhalten sie dabei für die Erstellung eines Dialogs unterschiedliche Sätze (Spielkarten). Das heißt, dass man nicht immer mit dem ersten Kommunikationsschritt anfängt, sondern zuerst die Satzkarten des dritten Kommunikationsschrittes und dann die Karten des ersten Schrittes erhalten kann. Das Kartenspiel ist dabei ähnlich konzipiert wie ein realer Dialog, der durchaus jedes Mal mit der anderen Frage beginnen kann. Da ein Lehrwerkdialog meist in einer festgelegten Reihenfolge vorkommt, können die Lerner dann oft nicht reagieren, wenn die Konversation anders gestaltet wird. Außerdem bietet sich im Dialog für denselben Kommunikationsschritt – wie z.B. Frage nach einem freien Zimmer – nur jeweils eine Antwortmöglichkeit. Im Spiel bieten sich jedoch mehrere Möglichkeiten für ein und dieselbe Sprechhandlung wie z.B. Haben Sie ein Zimmer frei, Ist bei Ihnen noch ein Zimmer frei?, Gibt es noch freie Zimmer etc. Diese Flexibilität lässt zahlreiche verschiedene Kombinationen der Dialogbildung zu demselben Inhalt zu. Da davon ausgegangen werden kann, dass ein solches Spiel den Lernern Freude bereitet, können sie es mehrmals spielen und somit den Lerninhalt immer besser zu beherrschen lernen. Hingegen können sie oft nicht ertragen, denselben Lehrwerk-Inhalt ein bis zwei Male zu wiederholen.
Die Gesprächsspiele wurden auf der Basis der Theorie der Diskursanalyse nach Ehlich & Rehbein (1979) und Ehlich (1986) entwickelt. Da aufgrund dieser Theorie eine Konversation einem gegebenen Handlungsmuster entsprechend verlaufen soll, um den Kommunikationszweck zu erzielen, dient dieses Handlungsmuster als Ablaufdiagramm des Spiels für die Bildung eines Dialogs:
Sprachliche Handlungsmuster, oder abkürzend gesagt, Muster, sind also die Formen von standardisierten Handlungsmöglichkeiten, die im konkreten Handeln aktualisiert und realisiert werden. Die Handelnden verwirklichen in ihrem Handeln ihre Zwecke. Die einzelnen Muster bilden Potenziale für die Realisierung von Zwecken, deren sich die Handelnden (...) bedienen. (Ehlich & Rehbein 1979 : 250)
Gemäß der Diskursanalyse besteht das Wesen der Kommunikation darin, gesellschaftliche Aufgaben zu erfüllen. Eine gegebene Konversation soll somit einen vorab definierten Zweck verwirklichen. Folglich bauen wir gemäß der Theorie der Diskursanalyse ein Ablaufdiagramm der Konversation für unser Kartenspiel auf, mit dessen Hilfe fremdsprachliche Konversationen mittels des Kartenspiels konstituiert werden. Für das Einkaufen ergeben sich dabei folgende Kommunikationsschritte:
A. Feststellung des Angebotes
B. Vergleich verschiedener, ähnlicher Angebote
C. Feststellung des Preises
D. Vergleich des Preises mit dem Wert des Angebotes (eventuell Feilschen bzw. Aushandeln des Preises)
E. Durchführung der Bezahlung
3.2 Funktionsweise des Spiels
Im Folgenden wird nun der gesamte Prozess der Spielkonzeption dargestellt:
Abb. 3: Spiel für die Stufe 2
(Millionär-Spiel zur Hotel-, Einkaufs- und Restaurant-Kommunikation) (3)
Grundlage ist das Spiel Wer wird Millionär?(4) Das Handlungsmuster (Ehlich & Rehbein 1979, Ehlich 1986) simuliert den Ablauf des Spiels. Das Spiel erfordert mindestens drei Spieler. Das Millionär-Spiel (Abb. 3) impliziert drei Kommunikationssituationen: Hotel-, Einkaufs- und Restaurant-Kommunikation(5). Die Hotel-Kommunikation ist blau, die Einkaufskommunikation grün und die Restaurant-Kommunikation gelb markiert. Auf dem Spielbrett sind die einzelnen Kommunikationsschritte aufgeführt, und die Lerner müssen die entsprechenden Satzkarten für die jeweiligen Kommunikationsschritte heraussuchen, um die Konversation nachzubilden (Abb. 1). Dieses Spielbrett stellt die Aufbaustruktur der Kommunikation dar, so dass die Lerner gemäß den Kommunikationsschritten mit ihren Satzkarten eine entsprechende Kommunikation konstituieren (Bild 3). Die Spielregeln bestehen darin, dass jeder Spieler zunächst fünf Karten mit Kommunikationssätzen bekommt. Dann würfelt der erste Spieler. Die Punkte auf dem Würfel entscheiden darüber, wie viele Schritte er vorrücken kann. Wenn er an einem bestimmten Kommunikationsschritt ankommt, kann er nachschauen, ob er die entsprechenden Satzkarten hat, um diesen Kommunikationsschritt zu vollenden. Befindet er sich beispielsweise bei dem Schritt Feststellung des Preises, muss er entsprechende Karten mit den Sätzen zur Preisfeststellung haben, um diesen Kommunikationsschritt zu besetzen. Ein weiteres Beispiel: Ein Spieler kommt beim Einkaufen zum Kommunikationsschritt Vergleich verschiedener ähnlicher Angebote. Dann muss er sehen, ob er die entsprechenden Satzkarten für diesen Kommunikationsschritt auf der Hand hat. Im positiven Fall kann er diesen Kommunikationsschritt mit der entsprechenden Frage- und deren Antwortkarte besetzen, beispielsweise mit der Fragekarte Haben Sie Äpfel aus anderen Ländern? und der Antwortkarte Ja, hier sind Äpfel aus Japan und dort Äpfel aus Spanien. Ein anderer Spieler kann diesen Schritt nun nicht mehr besetzen, sondern muss stattdessen aus seinen bisher gewonnenen Punkte eine Gebühr bezahlen. Auf jeder Karte, die ein Spieler gewinnt, ist die Punktzahl verzeichnet, mit der er eine solche Gebühr bezahlen kann (Abb. 2). Nach jedem Würfeln bekommen die Spieler eine weitere Karte mit einem Kommunikationssatz. Im negativen Fall, dass er nicht über Karten zur Besetzung des entsprechenden Kommunikationsschrittes verfügt, muss er aussetzen und kann weiterhin Karten für eine mögliche Besetzung von Kommunikationsschritten sammeln.
In die Spielkonzeption kann man – wie gesehen – also mehrere Kommunikationsthemen einbauen, deren einzelne Kommunikationsschritte dann der Reihenfolge nach auf dem Spielbrett verzeichnet sind. Wenn die Karten an alle Spieler verteilt sind, ist das Spiel zu Ende. Man gewinnt sowohl die Punkte auf eigenen Karten als auch diejenigen für die besetzten Kommunikationsschritte(6). Dieses Spiel wird hier lediglich als ein mögliches Modell veranschaulicht. Die Lerner können entweder das Modell eigenständig modifizieren oder eigene Spiele daraus entwickeln. Auf der Basis dieses Spielmodells können zudem Spiele für verschiedene Sprachen entwickelt werden.
4 Konzeption von Spielkarten
Die Lerner sollen gemäß dem von uns zugrunde gelegten Design Thinking-Modell fremdsprachliche Spiele konzipieren. Auf dieses Modell wird nun entsprechend eingegangen.
Zunächst jedoch eine kurze Vorbemerkung: Nach Jan & Chang (2018) sollen Lehrwerke in Spiele umgewandelt werden, damit die Lerner über den Erwerb von Kenntnissen hinaus zentrale Fähigkeiten entwickeln können. In Singapur beispielsweise werden in der Canberra Primary School – als einer „Grundschule der Zukunft“ anstelle von Lehrwerken ausschließlich Spiele im Unterricht eingesetzt (Jan & Chang 2018: 3). Vor einem solchen Hintergrund wird in dem vorliegenden Artikel die Entwicklung von Spielen durch die Lerner propagiert, die ihrem eigenen Fremdsprachenlernen zuträglich sein können. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Lerner bereits während des Design-Prozesses des Spiels jeweilige Fremdsprache verwenden:
Abb. 4: Interaktion zwischen Arbeitsschritten im Design Thinking-Modell (7)
Das Design Thinking-Modell dient dazu, ein Produkt – hier ein fremdsprachliches Spiel – dem Bedarf der Nutzer entsprechend zu entwickeln. Es besteht aus fünf Arbeitsschritten, die ineinander greifen und sich gegenseitig beeinflussen.
a) Empathy: Der Bedarf der Nutzer steht im Mittelpunkt, und auf diesen als Zielgruppe wird das Spiel entwickelt. Der Bedarf von Fremdsprachenlernern begründet sich in der Regel aus ihren Lernschwierigkeiten. Es müssen mögliche Gründe für die bestehenden Schwierigkeiten identifiziert werden, damit Lösungsmöglichkeiten in das Spiel eingebaut werden können. Hier besteht der Bedarf darin, Kommunikation in der Fremdsprache auf der Basis des zugrundeliegenden Modells zu konzipieren und zu realisieren.
b) Define: Es werden entsprechende Daten für die Analyse und spätere Umsetzung des Bedarfs der verschiedenen Nutzer gesammelt.
c) Ideate: Anhand des Bedarfs der Benutzer werden nun kreative Ideen die Konzipierung eines Produktes entwickelt
d) Prototype: Konkretisierung der Ideen auf der Basis des Produkt-Entwurfs
e) Test: Ausprobieren des Produkts und Sammeln von Benutzer-Feedback. Gegebenenfalls Produktverbesserung.
Aus diesen Schritten ergibt sich ein Modifizierungs- und Überprüfungs-Zyklus für das zu entwickelnde Produktes (Abb. 4):
The Stanford model has five phases or stages of design thinking, also referred to as modes, which are worked through towards problem solutions or resolutions. These five modes are: empathize, define, ideate, prototype, and test. While we describe them in linear fashion, design thinking is actually an iterative process. Designers, teachers, and others can cycle through the process or reenter modes as needed, to understand or explore problems and solutions.” (Henriksena, Richardsonb & Mehtab 2017: 142)
5 Ergänzende Umfrage
Für die Klärung der Frage, ob das Konzipieren fremdsprachlicher Spiele die Motivation der Lerner erhöht und ob das Design Thinking-Modell den Lernern hierbei hilfreich sein kann, wurde die eine die Entwicklung unseres Spieles begleitende Umfrage durchgeführt.
Die Studierenden waren bis dato fast nur mit traditionellen Lehr- und Lernmethoden konfrontiert worden. Somit dürften sie dazu in der Lage sein, den Ansatz des Design Thinking mit dem traditionellen Lernen zu vergleichen.
Insgesamt nahmen 32 Studierenden (sieben von diesen männlich und 25 weiblich) an der Umfrage teil, die über ein Deutsch-Niveau von A1 des GeR verfügten und bereits ein Semester Deutsch gelernt hatten. Für den Fragebogen wurde die Fünf-Punkte-Likert-Skala (Likert 1932) verwendet (1. überhaupt nicht einverstanden – 5. sehr einverstanden).
Zur Absicherung der Antworten der Befragten wurden Kontrollfragen gestellt, mit deren Hilfe sich feststellen ließ, ob die Lerner die Umfrage korrekt ausfüllten. Beispielsweise wurde gefragt, ob das Konzipieren fremdsprachlicher Spiele die eigene Lernmotivation erhöht (Frage 1) und beim Fremdsprachenlernen helfen kann (Frage 2). Zur Kontrolle wurden die gleichen Gesichtspunkte auch in negativer Form erfragt (Fragen 4 und 5). Diese Fragen mussten logisch beantwortet werden. Unlogisch ausgefüllte Fragebögen wurden entsprechend nicht in die Analyse einbezogen, da eine widersprüchliche Beantwortung dieser Fragen dafür sprach, dass der jeweilige Lerner die Umfrage nicht ernst genommen hatte (Tab. 3):
| Fragen | Prozentanteile |
1 | Ein fremdsprachliches Spiel zu designen steigert meine positive Laune und Lernmotivation. | 83,25 % ± 3.28(8) |
2 | Ich kann beim Designen fremdsprachlicher Spiele die Fremdsprache gut lernen und anwenden. | 81,70 % ± 1.63 |
3 | Beim Designen fremdsprachlicher Spiele kann ich meine Problemlösungsfähigkeiten entwickeln. | 78,32 % ± 2.13 |
4 | Ich finde, dass das Designen fremdsprachlicher Spiele beim Lernen nicht helfen kann. | 35,21 % ± 0.69 |
5 | Ich finde, dass das Design Thinking-Modell beim Lernen nicht helfen kann. | 35,87 % ± 0.71 |
6 | Ich werde weiterhin fremdsprachliche Spiele designen. | 70,64 % ± 1.41 |
7 | Ich werde weiterhin das Design Thinking-Modell benutzen. | 69,75 % ± 1.29 |
Tab. 3: Ergebnisse der Umfrage
Die ersten drei Fragen beziehen sich auf die Wirkung des Designens fremdsprachlicher Spiele auf die Lernmotivation (83,25 % ± 3,28), den Lerneffekt (81,75 % ± 1.63) und die Entwicklung der Fähigkeiten der Spiele-Konzipierung und des Problemlösens (78,32 % ± 2,13). An dem Durchschnittswert dieser drei Fragen von 81,09 % lässt sich erkennen, dass die Lerner den positiven Effekt des Designens fremdsprachlicher Spiele im Unterricht erkannten. Die entsprechende Gegenfrage 4 fand lediglich eine Zustimmung von 35,21 % (± 0,69) und Gegenfrage 5 nur eine Zustimmung von 35,87 % (± 0.71). Daran, dass bei den positiven Fragen (1 - 3) durchschnittlich eine Zustimmung von 81,10 % erzielt wurde, bei den entsprechenden Gegenfragen (4 und 5) hingegen durchschnittlich nur eine Zustimmung von 18,54 %, lässt sich erkennen, dass die Ergebnisse als weitgehend einheitlich und somit mehr oder weniger zuverlässig angesehen werden können. Zu der Frage, ob die Lerner weiterhin fremdsprachliche Spiele designen würden, fand sich immerhin eine Unterstützung von 70,64 % (±1,41), obwohl die Konzipierung von Spielen sehr aufwendig ist. Frage 7 hinsichtlich einer möglichen weiteren Verwendung des Design Thinking-Modells fand ebenfalls große Unterstützung (69,75 % ± 1.29).
6 Abschließende Bemerkungen
Während in Lehrwerken ein fremdsprachlicher Dialog meist aus 12 bis 20 Sätzen besteht ( (Müller et al. 1996: 12f, 26, Niebisch 2016: 74, Funk & König 1994: 22f, 53, 63)), benötigt man mindestens 36 bis 52 Sätze, um genug Karten für ein Spiel zu konstituieren, damit man beim Spielen nicht lange auf eine bestimmte Karte warten muss. Auf diese Weise werden die Lerner dazu gebracht, mehr Sätze als das Lehrwerk zu erlernen. Der Prozess der Spielkonzipierung ist somit ein genuiner Fremdsprachenlernprozess. Schon dabei wiederholen die Lerner einzelne Sätze recht intensiv. Außerdem diskutieren sie in Gruppen darüber, welchen zu lernenden Inhalt sie festlegen, welche Spielregeln sie aufstellen und welche Lernprobleme sie adressieren können. Darüber hinaus probieren sie gemäß dem Design Thinking-Modell das Spiel selbst aus und modifizieren es weiterhin auf der Basis der so gemachten Erfahrungen. Beim Ausprobieren lernen sie die fremdsprachlichen Sätze recht intensiv. Zudem entwickeln sie dabei nicht nur mehr Motivation und verbessern ihre eigenen Lernergebnisse, sondern erwerben zugleich gewisse Datenanalyse- und Problemlösungsfähigkeiten. All dies bestätigt auch unsere Umfrage. Obwohl die Konzipierung von Spielen also mehr Mühe bereitet als das traditionelle Fremdsprachenlernen, fand diese neue Lernmethode bei unseren Lernern starken Anklang. Im Hinblick auf künftige Forschung wäre es aufschlussreich zu untersuchen, für welches Sprachniveau von A1 bis B2 des GeR das Konzipieren von Spielen besonders effektiv ist und welche Arten von Spielen sich hierfür besonders anbieten.
Bibliographie
Amabile, Teresa. M. (1996). Creativity in context. Westview Press: Boulder, Colorado.
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(1) Es wird hier nicht differenziert, welche einzelnen Fähigkeiten entwickelt werden sollen. In diesem Artikel wird davon ausgegangen, dass mit Hilfe des Konzipierens von Spielen außer den Sprachkenntnissen auch die kognitiven Fähigkeiten der Lerner ausgebildet werden und somit der Unterricht noch effektiver wird. Um zu ermitteln, welche einzelnen Fähigkeiten mittels des Konzipierens von Spielen entwickelt werden, bedarf es weiterer Analysen.
(2) Das Hotelbild ist der folgenden Webseite entnommen: https://www.google.com/search?q=hotel+foto&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=WEs6wbOHlf9F8M%253A%252C2hW56bE1ZkK1iM%252C_&vet=1&u=AI4_-kTgpop0kTeJRaN8N9xZAzopeQleRg&sa=X&ved=2ahUKEwjK-LrP1YjjAhWCUrwKHRAsAj8Q9QEwAXoECAYQBg#imgrc=E9VBZKejJ8TT1M:&vet=1; 06.09.2019)
(3) Das Bild für die Reise in Deutschland ist dem Internet entnommen: (https://www.google.com/search?q=Reise+Deutschland+foto&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=GOAD9L2dNfuScM%253A%252Cbec78u28sTALmM%252C_&vet=1&usg=AI4_-kTBYl_7olL2WWOHiJnmKhsppiiQ-g&sa=X&ved=2ahUKEwjVwImL1ojjAhWKEbw KHVWYCnQQ9QEwAXoECAkQBg#imgrc=3A6CjJ5z94w2fM:&vet=1;10.07.2019)
(4) Das Hauptprinzip des Spiels Wer wird Millionär? besteht darin, durch die Beantwortung von Quiz-Fragen Punkte bzw. Spielgeld zu gewinnen, um Millionär zu werden (Spielregel : https://www.spielregeln-spielanleitungen.de/spiel/wer-wird-millionaer/; 10.07.2019). Dafür es gibt viele verschiedene Versionen. Dieses Spiel wird hier verwendet, weil fast jeder die Spielregeln kennt.
(5) Im Vergleich zum obigen Spiel für Stufe 1 mit nur einem Kommunikationsthema, werden in dem Spiel für Stufe 2 mehrere Kommunikationsthemen abgedeckt.
(6) Im Unterricht werden solche Prototypen von Kommunikationsspielen demonstriert. Die Lerner sollen dann ein eigenes Kommunikationsthema oder mehrere Kommunikationsthemen auswählen und selbst ein Spiel entwickeln.
(7) Original-Bild: https://www.interaction-design.org/literature/article/5-stages-in-the-design-thinking-process; 01.07.2019
(8) Der jeweilige Wert der Abweichung bezieht sich auf die Differenzen zwischen einer Plangröße (eventuell Sollgröße) und einer Ist-Größe. Bei einem Wert 83.25 % ± 3.28 beispielsweise ergibt sich eine Schwankungsbreite von 79,97 % bis 86,53 %.
Autorin:
Prof. Dr. Shing-Lung Chen
National Kaohsiung University of Science and Technology (NKUST)
Seminar für deutsche Sprache und Literatur
2, Jhuoyue Rd.
Nanzih District
Kaohsiung City 811
Taiwan, R.O.C.
E-Mail: chensl@nkfust.edu.tw