Editor

JLLT edited by Thomas Tinnefeld
Showing posts with label 91 Lüger. Show all posts
Showing posts with label 91 Lüger. Show all posts

Journal of Linguistics and Language Teaching

Volume 13 (2022) Issue 1, 131-134


Zofia Bilut-Homplewicz: Prinzip Perspektivierung. Germanistische und polonistische Textlinguistik – Entwicklungen, Probleme, Desiderata. Teil II: Polonistische Textlinguistik. Berlin: Lang 2021 (= Danziger Beiträge zur Germanistik, Bd. 61) (ISBN 978-3-631-86511-8)


Unter dem Rahmentitel Prinzip Perspektivierung versucht Zofia Bilut-Homplewicz, die Entwicklung der Textlinguistik in Deutschland und in Polen nachzuzeichnen. Entscheidend ist dabei, jeweils den Blickwinkel beider Forschungsräume mit ihren spezifischen wissenschaftlichen Schreibkulturen zu berücksichtigen sowie die unterschiedlichen Entwicklungen, Schwerpunkte und Probleme zu beschreiben. Der erste Band dieses Projekts erschien 2013, behandelte die „Germanistische Textlinguistik“ und wurde ausführlich in dieser Zeitschrift besprochen (Journal of Linguistics and Language Teaching 5 (2014) 1, 119-123). Der zweite Band ist nun ausschließlich der „Polonistischen Textlinguistik“ gewidmet. Das gesamte Projekt ist Teil langjähriger Bemühungen der Verfasserin, den grenzüberschreitenden Wissenschaftstransfer voranzubringen. (1) Hierzu gehört ebenso die zusammen mit Zofia Berdychowska initiierte Buchreihe Studien zur Text- und Diskursforschung, die inzwischen auf 27 Titel angewachsen ist, und die renommierte Fachzeitschrift tekst i dyskurs – Text und Diskurs, seit 2008 in Kooperation mit Waldemar Czachur herausgegeben. 

Der hier zu besprechende Band verfolgt das Ziel, an die genannten Aktivitäten des Wissenschaftstransfers anzuknüpfen und nun besonders die in Polen entstandenen Impulse und Fortschritte auf dem Gebiet der Textlinguistik einem germanophonen Leserkreis überblicksartig zugänglich zu machen:

Das Ziel dieser Arbeit ist es […], nicht die Forschungsfragen im Einzelnen darzustellen und zu diskutieren, sondern Meilensteine in der Entwicklung der polonistischen Textlinguistik zu markieren sowie dem deutschsprachigen Leser ihre wesentlichen Aspekte deutlich zu machen. Dies scheint deshalb wichtig zu sein, weil polonistische Arbeiten wegen der Sprachbarriere lediglich dank Übersetzungen dem deutschsprachigen Leser zugänglich gemacht werden und deshalb nur in geringem Maße bekannt sind, dies aber ohne Zweifel wegen der Wichtigkeit ihrer Erkenntnisse, aber auch wegen ihrer Spezifik verdienen. (8f)

Ein solches Anliegen leuchtet ohne Einschränkung ein, wenn man an die nach wie vor bestehende Ungleichheit im wissenschaftlichen Austausch denkt: Text- oder diskurslinguistische Arbeiten aus deutschsprachigen Ländern werden in Polen häufiger rezipiert als polnische Arbeiten z.B. in Deutschland. Ihre folgende Darstellung gliedert die Verfasserin in sechs Abschnitte:

  1. Entwicklungen der polonistischen Textlinguistik

  2. Ansätze und Positionen

  3. Textsortenforschung – zwischen Literaturwissenschaft und Linguistik

  4. Textsortenanalysen konkret

  5. Textlinguistik als Disziplin in der aktuellen Sprachforschung

  6. Polonistik und Germanistik im Dialog – Publikationen, Projekte, Initiativen

Einen allgemeinen und historisch orientierten Überblick liefert das erste Kapitel (15-38). Es zeichnet die polonistische Textforschung aus, von Beginn an eine pragmatisch orientierte Perspektive eingenommen zu haben – dies verbunden mit einer holistischen Textauffassung: Das heißt, die semiotische Komplexität war von vornherein mit im Blick, was man durchaus als erste Andeutung dessen sehen kann, was aus heutiger Sicht unter multimodalen oder multikodalen Kommunikaten verstanden wird. Insofern überrascht es auch wenig, wenn die Textforschung anfänglich „im Grenzgebiet zwischen der Stilistik, der Textsortenforschung, der Literaturtheorie und der Linguistik angesiedelt“ war (18) und von daher ein wichtiges Bindeglied zwischen Literaturwissenschaftlern und Linguisten bildete. Eine wegweisende Publikation stellte in der Anfangsphase die 1971 erschienene und von Maria Renata Mayenowa herausgegebene Schrift O spójności tekstu (,Zur Textkohärenz’) dar. Wegen der skizzierten wissenschaftsgeschichtlichen Verankerung haben sich für die polonistische Textlinguistik insgesamt andere Traditionslinien ergeben, als dies auf deutscher Seite der Fall war; verschiedene Ansätze (wie z.B. die Sprechakttheorie) wurden weniger stark rezipiert, und auch das Konzept der Transphrastik spielte in der Polonistik keine so bedeutende Rolle wie in zahlreichen Arbeiten deutscher Autoren (2).

Das zweite Kapitel „Ansätze und Positionen“ (39-70) beschäftigt sich mit der resümierenden Darstellung einer Auswahl polnischsprachiger Arbeiten zu verschiedenen Fragen der Textlinguistik. Den Auftakt bilden drei wichtige Monographien, die zwischen 2002 und 2009 erschienen sind, die jeweils ein breites Spektrum textwissenschaftlicher Aspekte (u.a. Typologie von Gattungen und Textsorten, Textualitätskriterien, Textstrukturierung, Problematik des Textzusammenhangs) erörtern und überhaupt eine große Vielfalt an Forschungsansätzen und Analysemethoden dokumentieren. In einem weiteren Abschnitt kommen zahlreiche Aufsatz-Publikationen zur Sprache, die ebenfalls von einer großen thematischen Bandbreite und einer beeindruckenden Differenziertheit zeugen. Gerade für ein deutschsprachiges Publikum, das vor allem aus sprachlichen Gründen solche Publikationen nicht direkt rezipieren kann, entsteht hier das Bild einer modernen, hochentwickelten linguistischen Teildisziplin – ein Bild, das nachdenklich stimmt und viele mit großer Entdeckerpose präsentierte Ausführungen relativieren sollte. Ganz offensichtlich hat die Sprachbarriere hier die Würdigung und sogar die Kenntnisnahme bedeutender Fortschritte bislang gründlich verhindert; um diese Feststellung eines defizitären deutsch-polnischen Wissenschaftstransfers kommt man angesichts solcher Darlegungen nicht herum. Natürlich gibt es Ausnahmen: So hat beispielsweise ein Standardwerk der polnischen Textforschung in den letzten Jahren eine Übersetzung ins Deutsche erfahren: Witosz (2015) – ein Ausgleich für die vorhandenen Defizite ist das allerdings nicht.

In der Überschrift des dritten Kapitels „Textsortenforschung – zwischen Literaturwissenschaft und Linguistik“ (71-97) kommt wiederum die spezifisch polonistische Entwicklungstendenz zum Ausdruck: Als Folge der engen Verbindung mit Literaturwissenschaft und Stilistik gibt es keine klare Trennung zwischen der Gattungs- und der Textsortenforschung. Symptomatisch ist in dem Zusammenhang der polnische Begriff gatunek (mowy), der sowohl für ,Textgattung‘ als auch für ,Textsorte‘ verwendet wird; hieran wird deutlich, wie „unterschiedliche Entwicklungen der Disziplin in beiden Forschungsräumen ihre Widerspiegelung in terminologischen Unterschieden finden“ (84). Der Analyse von Textsorten kommt also in der Polonistik eher eine interdisziplinäre Rolle zu als in deutschen Arbeiten.

Welche Konsequenzen sich im einzelnen aus dem Gesagten ergeben, ist Gegenstand des Kapitels „Textsortenanalysen konkret“ (99-123). Anhand ausgewählter Autoren skizziert die Verfasserin, welche Vorgehensweisen und welche Schwerpunkte die polonistische Textsortenforschung bestimmen bzw. bestimmt haben. Kaum überraschen dürfte dabei die Feststellung, bei der Erfassung von Textsorten werde „kein genuin linguistisch geprägtes Herangehen präferiert“ (101) – die Einbettung in literatur- und kulturwissenschaftliche Kontexte begünstigt interdisziplinäre Brücken, die über die Linguistik hinausgehen. Aus der Leserperspektive ist eines sehr zu begrüßen: Die Betrachtung polnischer Schriften zur Textlinguistik steht zwar im Vordergrund, aber die Verfasserin richtet den Blick immer auch auf Vergleiche mit deutschen Ansätzen; neben einer Reihe unterschiedlicher Ausgangspunkte gibt es nicht wenige Parallelen: die prototypische Textsortenkonzeption, eine Tendenz zur Hybridisierung, die Nähe zur Medienlinguistik und das Prinzip der Textvernetzung).

Im fünften Kapitel „Textlinguistik als Disziplin in der aktuellen Sprachforschung“ (125-140) geht es nochmals um Fragen der Standortbestimmung innerhalb einer pragmatisch orientierten Sprachwissenschaft. Ganz allgemein habe die Bedeutung von Inter- und Transdisziplinarität für textlinguistisches Arbeiten zugenommen, insbesondere sei die Textlinguistik eine wichtige Grundlage für die Diskursforschung und die Medienlinguistik. Dies schließe unterschiedliche Entwicklungen nicht aus: So gebe es auf deutscher Seite z.B. eine stärkere Diversifizierung diskurslinguistischer Forschungsrichtungen; in polonistischen Arbeiten habe man dagegen sehr viel früher den Text als komplexes, multimodales Zeichen betrachtet und damit die Textlinguistik gerade als Anknüpfungspunkt für medienlinguistische Fragestellungen gesehen. Insgesamt komme der Textlinguistik eine Rolle als „Querschnittsdisziplin“ zu, von der aus sich Einflüsse auf verschiedene linguistische Ansätze und Entwicklungen feststellen ließen.

In ihrem abschließenden Kapitel „Polonistik und Germanistik im Dialog – Publikationen, Projekte, Initiativen“ (141-152) diskutiert die Verfasserin Möglichkeiten und Probleme des deutsch-polnischen Wissenschaftstransfers. Eine wichtige Aufgabe falle hier speziell polnischen Germanisten zu: In polnischsprachigen Publikationen könnten sie Nichtgermanisten über den jeweiligen Forschungsstand informieren und mit Arbeiten in deutscher Sprache ließen sich Ergebnisse der polonistischen Forschung in deutschsprachigen Ländern bekannt machen. Eine weitere Transfermöglichkeit ergebe sich, wie bereits erwähnt, anhand von Übersetzungen aus dem Polnischen (142). Nicht zu vergessen seien schließlich bestimmte grenzüberschreitende Aktivitäten, etwa die Organisation internationaler Tagungen, die Herausgabe gemeinsamer Sammelbände oder die Initiierung deutsch-polnischer Projekte (3). Als positives Fazit könne man, so die Verfasserin, eine „zunehmende Sensibilisierung für den jeweils anderen Forschungsraum“ festhalten (151).

Insbesondere für deutsche Leser bieten die Ausführungen von Zofia Bilut-Homplewicz viele neue und interessante Einblicke in die Entwicklung der Textlinguistik auf polnischer Seite; mit der ausführlichen Kommentierung verschiedener wissenschaftlicher Arbeiten werden alternative Zugänge zur Äußerungseinheit Text oder zum multikodalen Kommunikat veranschaulicht. Insofern erfüllt das Buch – zusammen mit dem bereits 2013 erschienenen Teil I – mit Blick auf den deutsch-polnischen Wissenschaftsaustausch eine wichtige Brückenfunktion. Da sich die Verfasserin auf beiden Seiten dieser Brücke bestens auskennt, bietet die Lektüre nicht nur viele neue Einsichten in aktuelle Entwicklungen, sondern letztlich auch einen kompetenten Überblick über die Einbettung, die spezifischen Schwerpunkte und Traditionslinien der Textlinguistik in Polen und in Deutschland. Gleichzeitig ist das Buch ein nachdrückliches Plädoyer für den weiteren Ausbau des wissenschaftlichen Austausches. Ausdrücklich zuzustimmen ist Zofia Bilut-Homplewicz hinsichtlich ihrer Forderung, mit Blick auf das Fremdsprachenlernen in Schule und Hochschule nicht ausschließlich das Englische zu favorisieren, sondern generell für eine stärkere Diversifizierung zu sorgen; nur so sei langfristig ein halbwegs symmetrischer Transfer möglich – eine Lösung, von der man gegenwärtig noch weit entfernt sei. Trotz verschiedener Tagungen, gelegentlicher Übersetzungen vom Polnischen ins Deutsche und trotz der Bemühungen einzelner Wissenschaftler müsse man sich aktuell mit einer eher bescheidenen Zielsetzung begnügen:

Man kann nur der Hoffnung Ausdruck geben, dass die deutsche germanistische Forschung mit der Zeit das Interesse an den Arbeiten des polonistischen Forschungsraums gewinnen wird. (140)

Dem ist wohl nichts hinzuzufügen. 


Bibliographie

Bilut-Homplewicz, Zofia (2009): Sind Diskurs und dyskurs terminologische Tautonyme? Zu Unterschieden im Verstehen der Termini in der deutschen und polnischen Linguistik. In: Henn-Memmesheimer, B. & F. Joachim (Hrsg.): Die Ordnung des Standard und die Differenzierung der Diskurse. Akten des 41. Linguistischen Kolloquiums in Mannheim 2006. Frankfurt/Main u.a.: Lang, 49-59.

Bilut-Homplewicz, Zofia (2011): Zwei verschiedene Welten? Ausgewählte germanistische und polonistische Monographien zur Textlinguistik. Ein interlinguistischer Vergleich. In: Schäfer, Patrick & Christine Schowalter (Hrsg.): In mediam linguam. Mediensprache – Redewendungen – Sprachvermittlung. Landau: VEP, 429-439.

Czachur, Waldemar (2020): Der polonistische Weg zur Diskursforschung. In: Buk, A., A.  Hanus, A. Mac, D. Miller, M. Smykała & I. Szwed (Hrsg.): Tekst – Dyskurs – Komunikacja / Text – Diskurs – Kommunikation. Rzeszów: W.U.R., 333-343.

Lüger, Heinz-Helmut (2020): Text- und Diskursstrukturen auf der Spur. In: Buk, A., A.  Hanus, A. Mac, D. Miller, M. Smykała & I. Szwed (Hrsg.): Tekst – Dyskurs – Komunikacja / Text – Diskurs – Kommunikation. Rzeszów: W.U.R., 41-50.

Mayenowa, Maria Renata (Hrsg.) (1971): O spójności tekstu. Wrocław u.a.: Ossolineum.

Witosz, Bożena (2005 / 2015): Grundlagen der Textsortenlinguistik. Übersetzt aus dem Polnischen von Anna Hanus und Iwona Szwed. Frankfurt/Main: Lang.



Rezensent:

Prof. Dr. Heinz-Helmut Lüger

Zeppelinstraße 45

D-76887 Bad Bergzabern

E-Mail: heinz-helmut.lueger@t-online.de


________________________

(1) Vgl. diesbezüglich auch Bilut-Homplewicz (2009), (2011) sowie die Ausführungen bei Czachur (2020) und Lüger (2020).

(2) „Eine solche Monographie wie Pronomina und Textkonstitution von Roland Harweg (1968) wäre im polonistischen Forschungsraum nicht denkbar“, so die klare Aussage der Verfasserin (30).

(3) Als langjährige Leiterin der „Forschungs- und Bildungsstelle und des Wissenstransfers Text – Diskurs – Kommunikation“ an der Universität Rzeszów kann die Verfasserin,. diesbezüglich auf zahlreiche Veranstaltungen und Veröffentlichungen verweisen.


Journal of Linguistics and Language Teaching
Volume 6 (2015) Issue 1


Christine Konecny / Erla Hallsteinsdóttir & Brigita Kacjan (Hrsg.): Phraseologie im Sprachunterricht und in der Sprachendidaktik / Phraseology in language teaching and in language didactics (= ZORA 94). Maribor: Mednarodna založba Oddelka za slovanske jezike in književnosti, Filozofska fakulteta 2013. 173 Seiten (ISBN 978-961-6930-02-4)

Auch wenn in den meisten Handbüchern und Einführungen zur Phraseologie Phraseodidaktisches allenfalls am Rande vorkommt, hat in den letzten Jahren die Zahl einschlägiger Publikationen deutlich zugenommen. Stellvertretend sei hier nur verwiesen auf die ausführliche Überblicksdarstellung von Matthias Grünewald (2012 / 2013), auf das von Erla Hallsteinsdóttir et al. (2011) herausgegebene Themenheft Phraseodidaktik / Phraseodidactics, die Sammelbände Phraseodidactic Studies on German as a Foreign Language (2013) und Outils et méthodes d'apprentissage en phraséodidactique (2014) von Isabel González Rey oder die Monographie De la phraséologie à la phraséodidactique von Monika Sułkowska (2013). Nicht zu vergessen die zahlreichen Beiträge von Stefan Ettinger (z.B. 2012, 2014), wie sie auch über die Internetseite www.ettinger-phraseologie.de zugänglich sind.2 In diese Reihe ordnet sich ebenfalls der hier zu besprechende Sammelband von Christine Konecny (Innsbruck), Erla Hallsteinsdóttir (Odense) und Brigita Kacjan (Maribor) ein.
Der Band, der auf einen phraseodidaktischen Workshop anläßlich der Europhras-Tagung 2012 zurückgeht, enthält – außer einer kurzen Einleitung in deutscher und in englischer Sprache – acht Beiträge. Diese decken ein relativ breites inhaltliches Spektrum ab: Behandelt werden nicht nur Vorschläge zur konkreten unterrichtlichen Umsetzung, sondern ebenso allgemeine didaktische Reflexionen, Fragen, die die Auswahlkriterien phraseologischer Einheiten, die Funktion und Ausrichtung von Wörterbüchern und Lehrwerken oder die Rolle von Phrasemen in Fachtexten betreffen. Die einzelnen Beiträge nehmen verschiedene Sprachen in den Blick (das Deutsche, das Luxemburgische, das Italienische, das Russische) und beziehen sich, je nach Schwerpunkt, auf Vermittlungsfragen in Schule und Hochschule sowie in der Erwachsenenbildung.
Der erste Beitrag - „Phraseme im muttersprachlichen Deutschunterricht: eine exemplarische Untersuchung von Sprachbüchern der Sekundarstufe I“ (19ff) von Wenke Mückel basiert auf der allgemeinen Annahme, phraseologische Ausdrücke könnten „zentrale Bausteine eines auf die Entwicklung von Sprachhandlungskompetenz ausgerichteten Deutschunterrichts“ werden (41). In ihrer Erhebung kommt die Autorin zu dem Ergebnis, daß Phraseme in den herangezogenen Sprachbüchern durchaus verwendet werden, und zwar nach drei Grundmustern (23):
  • Spiel mit Polysemie (Aktualisierung wörtlicher und phraseologischer Bedeutung),
  • elliptischer Gebrauch (Weglassung einer oder mehrerer Ausdruckskomponenten),
  • modifizierter Gebrauch (Hinzufügung oder Austausch von Ausdruckskomponenten).
Dennoch werde ein solcher Einsatz der großen Bedeutung von Phrasemen im Sprachgebrauch nicht gerecht (37); das Angebot beschränke sich meist nur auf Redewendungen und Sprichwörter, außerdem fehle es an expliziter Thematisierung als Unterrichtsgegenstand. Insbesondere komme es nicht zu einer „umfassenderen sprachsystematischen Einbettung“ phraseologischer Einheiten. Ein so allgemeines Fazit erscheint auf den ersten Blick sehr plausibel; allerdings wären eine Präzisierung der bemängelten Defizite und eine weitere Konkretisierung des möglichen phraseodidaktischen Beitrags zur Sprachkompetenz-Förderung wünschenswert gewesen. Die ausführlich zitierten Lehrwerk-Beispiele hätten mit ihrem Phrasem-Gebrauch hierzu zahlreiche Ausgangspunkte geboten.3
Als weniger unterrichtsbezogen ist der anschließende Beitrag von Teodor Petrič – „Da liegt der Hase im Pfeffer – Über das Verstehen idiomatischer Phraseme im Deutschen als Fremdsprache“ (45ff) – einzustufen. Berichtet wird über die Ergebnisse eines psycholinguistischen Projekts, das sich u.a. mit der Bedeutungserschließung mehr oder weniger lexikalisierter Wortverbindungen beschäftigt; insbesondere geht es auch darum zu klären, wie die Vorhersagbarkeit, der Bekanntheitsgrad, die Bedeutungshaltigkeit und die wörtliche Plausibilität phraseologischer Einheiten zusammenhängen (56). Ausgehend von verschiedenen Hypothesen zur Rezeption phrasemhaltiger Testsätze gelangt der Autor zu einer differenzierten Bewertung bezüglich der Abrufbarkeit komplexer Wortverbindungen. Dabei ist generell von zwei miteinander konkurrierenden Erschließungsprozessen auszugehen: einem kompositionell orientierten Bottom-up-Prozeß und einem eher ganzheitlichen Top-down-Prozeß:
Die Verarbeitung von Phrasemen mit geringerem Lexikalisierungsgrad stützt sich stärker auf das Kompositionalitätsprinzip, die Verarbeitung von Phrasemen mit hohem Lexikalisierungsgrad ist dagegen stärker ganzheitlich orientiert, d.h. am Abruf von komplexen Einheiten aus dem mentalen Lexikon. (67)
Aus phraseodidaktischer Perspektive mag man fragen, worin letztlich der Ertrag des großen empirisch-statistischen Aufwands besteht. Doch dürften gesicherte Aussagen über die Verarbeitung von Phrasemen zweifellos die Einschätzung von Lernschwierigkeiten verbessern und auch zur Begründung der daraus abzuleitenden methodischen Schritte beitragen.
Brigita Kacjan („Sprichwörter zwischen korpusbasierter Frequenzanalyse und DaF-Wörterbüchern“ (71ff) bemängelt die große Diskrepanz zwischen der Bedeutung von Sprichwörtern im Sprachgebrauch und der starken Vernachlässigung dieses Bereichs im DaF-Unterricht:
Obwohl Sprichwörter in der aktuellen Alltags- und Mediensprache allgegenwärtig sind, wird ihnen im Rahmen des Deutschen als Fremdsprache und ihrer institutionellen Vermittlung kaum Beachtung geschenkt. (82)
Vor diesem Hintergrund geht der Beitrag zunächst der Frage nach, inwieweit Sprichwörter überhaupt in DaF-Wörterbüchern verzeichnet sind, wobei das e-Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache 4.0 als Analysebeispiel dient. Um die Relevanz von Sprichwörtern einschätzen zu können, greift die Verfasserin auf zwei Quellen zurück:
a) das SprichWort-Korpus, das im Laufe eines multilingualen Projekts am Mannheimer IdS auf der Basis publizistischer und literarischer Texte erarbeitet wurde und das im wesentlichen eine Liste der 300 häufigsten, in fünf Frequenzgruppen eingeteilten Sprichwörter umfaßt, und
b) ein zweites Korpus, das aus den Ergebnissen der Internetsuchmaschine Google besteht und das zur Überprüfung der Aktualität der Daten mit herangezogen wird.
Über mehrere minutiös durchgeführte Vergleiche der beiden Korpora mit den Einträgen des genannten DaF-Wörterbuchs gelingt der Nachweis, daß zum Teil erhebliche Differenzen bestehen; vor allem die weniger frequenten Sprichwörter sind des öfteren nicht im Wörterbuch verzeichnet (vgl. die detailierte Liste am Schluß des Artikels). Ein weiteres Problem sieht die Autorin in der Zuordnung der Sprichwörter zu den einzelnen Sprachniveaustufen, wie sie im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GeR) festgelegt sind. Mit Recht wird jedoch das Ziel einer solchen Sprachniveau-Zuordnung aufgegeben – dies nicht zuletzt wegen der pragmatischen Komplexität des Sprichwortgebrauchs (82). Und in der Tat wäre auf einer allgemeineren Ebene noch zu überlegen, welche Rolle speziell Sprichwörter in der Fremdsprachenvermittlung spielen sollten, welche Lernziele sich mit ihnen verbinden ließen und welche Relevanz sie im Vergleich zu anderen phraseologischen Einheiten für den Lerner haben.
Der Beitrag „Phraseologie in Lehrwerken für Luxemburgisch als Fremdsprache“ (89ff) von Jutta Schumacher wäre vermutlich ohne eine spezielle Gesetzesänderung nicht denkbar gewesen: Seit 2008 fordert ein neues luxemburgisches Einwanderungsgesetz auch den Nachweis von Kompetenzen in der Nationalsprache Luxemburgisch, was den Bedarf an Kursen und Materialien zum Lëtzebuergesch als Friemsprooch stark ansteigen ließ. Die Autorin nimmt nun drei ausgewählte Lehrwerke aufs Korn und kommt zu folgenden Ergebnissen:
  • Mit Ausnahme von Routineformeln und sog. festen Phrasen werden Phraseologismen eher stiefmütterlich behandelt und ohne weitere didaktische Aufbereitung eingeführt.
  • Darüber hinaus beschränke sich das phraseologische Angebot oft auf idiomatische Wendungen und Sprichwörter, deren Präsentation „kontext- und kommentarlos“ erfolge (94).
  • Phraseologischen Besonderheiten der gesprochenen Alltagssprache werde kaum Beachtung geschenkt, was gerade im Falle des Luxemburgischen ein großes Manko darstelle (102).
Insgesamt sei den Lehrwerken zwar ihre kommunikativ-pragmatische Ausrichtung zugute zu halten, es fehle jedoch durchweg eine systematische Behandlung von Phraseologismen – neuere phraseodidaktische Anregungen würden zu wenig zur Kenntnis genommen. Die vorgetragene Argumentation erscheint aus Lesersicht konsequent und überzeugend, zumal sie mit vielen Beispielen und Auszügen der besprochenen Lehrwerke belegt wird. Allein die gelegentlich geäußerte pauschale Kritik, daß „für die meisten Sprachen phraseodidaktisch aufbereitetes Lehr- und Lernmaterial nur wenig vorhanden“ sei und „überhaupt erst entwickelt werden“ müsse (90), reizt zum Widerspruch. Erinnert sei nicht nur an die eingangs erwähnten aktuellen Arbeiten, lohnend wäre hin und wieder auch ein Blick zurück. Für den Englischunterricht hat z.B. Dieter Götz bereits im Jahre 1976 weiterführende phraseodidaktische Vorschläge formuliert; zu französischen Redewendungen gibt es seit 1992 das umfangreiche, inzwischen in dritter Auflage erschienene Übungsbuch von Vilmos Bárdosi et al., zu portugiesischen Phrasemen vgl. Ettinger / Nunes (1994), und für Deutsch als Fremdsprache sei nochmals auf Hessky / Ettinger (1997) verwiesen.4
Viele phraseodidaktische Arbeiten haben immer wieder die kulturspezifische Relevanz von Phrasemen betont. Grundlegend ist dabei die Auffassung, ein angemessenes Verständnis entsprechender Wortverbindungen sei nur dann möglich, wenn bestimmte landeskundliche Kenntnisse vorhanden sind. Eine vergleichbare Position liegt auch den Ausführungen von Astrid Scharipowa und Veronika Vasileva („Linguolandeskunde und phraseologische Einheiten mit Komponenten nichtmetrischer Längenmaße“; 105ff) zugrunde. Die Autorinnen gehen aus von einer engen, gerade auch für das Erlernen einer Fremdsprache wichtigen Verbindung zwischen Sprache und Kultur und greifen so eine These wieder auf, wie sie bereits in der Linguolandeskunde der 1970er Jahre angelegt war:
Sowohl die Lexik im Allgemeinen als auch die Phraseologie im Speziellen bilden ein Reservoir der nationalen Kultur, das die Vielfalt des menschlichen Seins widerspiegelt. (106)
Übertragen auf die Phraseologie bedeutet dies: Beim Erlernen von Phraseologismen werden gleichzeitig auch spezielle historische und kulturelle Informationen vermittelt, und umgekehrt erfordert die Dekodierung solcher Ausdruckseinheiten das Verfügenkönnen über konkrete landeskundliche Wissensbestände:
Ein großer linguolandeskundlicher Wert kommt phraseologischen Einheiten mit Komponenten wie Toponymen, Ethnonymen und Anthroponymen zu, aber auch phraseologischen Einheiten, die auf bestimmte historische Ereignisse, alte Bräuche, Überzeugungen, Aberglaube und Gesten verweisen, sowie auch Einheiten literarischen Ursprungs sind diesbezüglich informativ. (106f)
Zur Illustration der Funktion außersprachlichen Wissens greifen die Autorinnen nun eine recht spezielle Gruppe von Ausdrücken auf: deutsche und russische Phraseme, die Komponenten nichtmetrischer Längenmaße aufweisen. Anhand von Beispielen wie alles mit der gleichen Elle messen, jeder Zoll ein Gentleman oder (aus dem Russischen) groß wie ein Klafter, wie ein Meilenstein von Kolomna wird demonstriert, mit Hilfe welcher Informationen die betreffenden Wortverbindungen „transparent“ bzw. nachvollziehbar erscheinen und worauf interlinguale Kontraste beruhen können. So einleuchtend die Beispiele auch sein mögen, sollten sie eines nicht vergessen lassen: Die phraseologische Bedeutungszuschreibung komplexer Wortverbindungen setzt gerade nicht das wörtliche Verständnis aller Einzelkomponenten voraus; man kann z.B. die Wendung jmdn ins Bockshorn jagen korrekt verwenden und verstehen, ohne die nähere Bedeutung der Komponente Bockshorn zu kennen. Aus Motivationsgründen mag es naheliegen, Fremdsprachenlerner über die Herkunft eines Ausdrucks aufzuklären, und die Vermittlung landeskundlicher Kenntnisse mag auch in diesem Zusammenhang umso dringlicher erscheinen, als insbesondere der allenthalben präsente Gemeinsame Europäische Referenzrahmen (GeR) diesbezüglich große Defizite aufweist. Dennoch bleibt festzuhalten: Die phraseologische Bedeutungskonstitution verläuft nicht kompositionell, sie ist – zumindest tendenziell – global, undurchsichtig und nicht motiviert. Das muß graduelle Ausprägungen, gelegentliche Remotivierungen oder Rückgriffe auf die wörtliche Bedeutung keineswegs ausschließen. Auch hinsichtlich der Übersetzung von literarischen Texten, in denen das Spiel mit unterschiedlichen Lesarten gerade den zentralen Reiz ausmachen kann, liegen die Verhältnisse natürlich anders.
Unter der Überschrift „Learning Italian phrasemes through their conceptualizations“ (117ff) beschäftigen sich Christine Konecny und Erica Autelli stärker mit Fragen der phraseodidaktischen Umsetzung. Im Vordergrund steht der Umstand, daß jede Sprache sich in einer mehr oder weniger spezifischen Weise auf Wirklichkeit bezieht, so bestimmte Aspekte hervorhebt und andere vernachlässigt oder mit unterschiedlichen Bildern zum Ausdruck bringt. Als Bindeglied zur Ebene der Versprachlichung bemühen die Autorinnen den Begriff der ,Konzeptualisierung‘:
Thus, we can say that the term “conzeptualization” denotes the particular “angle” or “perspective” a language takes when referring to a specific object with linguistic means. In this sense, word combinations can be regarded also as a sort of “mirror” of a certain way of thinking and looking at the world, which is always strongly connected to and cannot be separated from cultural aspects. (122)
Ein solcher Konzeptualisierungsunterschied liegt z.B. vor, wenn die idiomatische Wendung jmdm die Suppe versalzen wiedergegeben werden kann durch engl. to cook somebody’s goose, frz. mettre des bâtons dans les roues, sp. aguar la fiesta a alguien oder it. rompere le uova nel paniere. Für die Vermittlung im Fremdsprachenunterricht werden speziell bei bildhaften Ausdrücken häufig Visualisierungen herangezogen; trotz gewisser Bedenken – schließlich läßt sich in dieser Form die phraseologische Bedeutung meist nur schwer darstellen – kann mit diesem Mittel die Memorisierung von Phrasemen, einschließlich der abweichenden Konzeptualisierung, unterstützt werden. Konecny / Autelli beschränken sich nun auf das Sprachenpaar Italienisch-Deutsch; sie gehen von einem weiten Phrasem-Begriff aus und konzentrieren ihren Blick auf zwei Gruppen vorgeprägter Ausdrücke: auf Routineformeln und Kollokationen. Diese Wahl kann man nur begrüßen, da gerade solche Wortverbindungen für den Fremdsprachenlerner von großem Nutzen sind, und zwar für den aktiven und passiven Gebrauch. Die gegebenen methodischen Hinweise zeichnen sich aus durch eine große Vielfalt und durch ein ständiges Bemühen um Konkretheit; dies gilt ebenso für die Visualisierungsversuche – bei Routineformeln und Kollokationen – kein leichtes Unterfangen, und die Sensibilisierung für sprachkontrastive Divergenzen. Überhaupt gelingt den Autorinnen eine sehr köhärente Darstellung, in der sowohl die wissenschaftliche Fundierung als auch der didaktische Bezug nicht zu kurz kommen.5
Eine eindeutig fachsprachliche Ausrichtung hat der Beitrag von Danijela Đorović: „(Mis)understanding Italian phrasemes in Italian history texts” (137ff). Die (ebenfalls auf Englisch formulierten) Ausführungen gehen zurück auf Kurserfahrungen der Autorin mit serbischen Studenten des Fachs Geschichte, genauer: auf Schwierigkeiten im Umgang mit fachsprachlichen Phrasemen des Italienischen. Den Überlegungen wird eine dreiteilige Klassifikation zugrundegelegt (143f.):
a) referential phrasemes – lexical collocations, grammatical collocations, idioms, irreversible binomials and trinomials, compounds,
b) textual phrasemes – complex prepositions, complex conjunctions, textual sentence stems and linking adverbials and
c) communicative phrasemes – attitudinal formulae and commonplaces.
Ob diese Unterteilung bereits eine angemessene Basis darstellt, sei dahingestellt.6 Die Hauptprobleme der Lerner betreffen vor allem zwei Kategorien lexikalische Kollokationen (z.B. rompere l’equilibrio statt *disturbare l’equilibrio) und textual phrasemes, die man wohl auch als strukturelle oder textorganisierende Phraseme bzw. Formeln bezeichnen könnte (z.B. in seguito a, in quanto, dal momento que oder a causa di) (145). Mit Schwierigkeiten sei hier nicht zuletzt auch deshalb zu rechnen, weil die Vorgeprägtheit und die Polylexikalität vielfach nicht erkannt würden und Wörterbücher häufig keine zufriedenstellende Antwort lieferten. Als Lösung postuliert die Autorin eine textorientierte, korpusbasierte und lernerzentrierte Vorgehensweise (148). Was genau darunter – wie auch unter einem „integrated approach“ (149) – zu verstehen ist, bleibt jedoch weitgehend im Dunkeln. Es fehlen klare und konkrete, auf die unterrichtliche Realisierung bezogene Angaben. Dies gilt ebenso für das am Schluß angedeutete Übungsprogramm, wo u.a. von „contextualized exercises“, „register change exercises“ oder von „exercises of finding synonymous forms“ die Rede ist. All dem wird niemand widersprechen wollen, allerdings laufen solche Vorschläge leicht Gefahr, folgenlos zu bleiben, zumal dem Leser auch keinerlei veranschaulichende Textbeispiele geboten werden.
In einer abschließenden Synthese „Zum Status quo der Phraseodidaktik: Aktuelle Forschungsfragen, Desiderata und Zukunftsperspektiven (153ff)“ versuchen die Herausgeberinnen Christine Konecny, Erla Hallsteinsdóttir und Brigita Kacjan, noch einmal den phraseodidaktischen Ertrag und bisher nicht eingelöste Desiderata auf den Punkt zu bringen.7 Hervorgehoben werden zunächst verschiedene im Internet verfügbare Dokumentationen, Materialien und didaktische Konzepte, die man auch als Ergebnis einer konsequenten phraseologischen Grundlagenforschung sowie als Zeichen bestimmter phraseodidaktischer Fortschritte betrachten kann. Es folgt ein zusammenfassender Bericht über den oben bereits erwähnten Europhras-Workshop mit den Schwerpunkten Phraseologische Kompetenz, Phraseologie im DaF-Unterricht sowie Phraseodidaktik und Muttersprache (158ff). Ansatzpunkte für die phraseodidaktische Weiterentwicklung sehen die Autorinnen in den folgenden Feldern:

  • Bisher seien Möglichkeiten, mit Ergebnissen der Phraseodidaktik auch auf die phraseologische Grundlagenforschung zurückzuwirken, kaum genutzt worden.
  • Den Austausch zwischen den einzelnen Philologien und den darin angesiedelten phraseologischen und phraseodidaktischen Aktivitäten gelte es zu verstärken. Gerade mit Blick auf die kontrastive Linguistik wären Intensivierungen angebracht.
  • Bezüglich der Umsetzung phraseologischer und phraseodidaktischer Einsichten in Unterrichtsmaterialien und Schulbüchern seien weitere Initiativen sinnvoll.
  • Ebenso könne man an eine stärkere Eingliederung phraseologischer Aspekte in den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GeR) – einschließlich einer Niveauzuordnung von Phrasemen – denken.
  • Phraseologie sollte als eigener fachdidaktischer Schwerpunkt in der Lehrerausbildung etabliert werden.
  • Für besonders wichtig halten es die Autorinnen, die Möglichkeiten multimodalen Lernens nicht aus dem Auge zu verlieren und auch neue Lernmedien gezielt in die Phraseodidaktik einzubeziehen.
Insgesamt veranschaulicht der Band Phraseologie im Sprachunterricht und in der Sprachendidaktik die Vielfalt und die große Dynamik der Phraseodidaktik. Die einzelnen Beiträge liefern interessante Einblicke in neue Entwicklungen und erreichte Fortschritte, in unterschiedliche Ansätze und Fragestellungen, vor allem aber unterstreichen sie die Bedeutsamkeit phraseologischer Aspekte für die Fremdsprachenvermittlung. Als Adressaten kommen daher nicht nur Sprachwissenschaftler in Betracht, der Band wendet sich ebenso an all diejenigen Leser, die sich für die Gestaltung und Reflexion von Sprach- und Fremdsprachenunterricht im weitesten Sinne interessieren. Die hier versammelten Beiträge sind – trotz gelegentlicher Kritik im Detail – ein überzeugendes Plädoyer für eine stärkere Berücksichtigung phraseodidaktischer Themen in Forschung und Lehre. Die dokumentierten Ergebnisse und Innovationen verdienen es, einem breiten Leserkreis zugänglich gemacht zu werden.


Bibliographie
Bárdosi, Vilmos / Ettinger, Stefan & Stölting, Cécile (1992, 32003): Redewendungen Französisch / Deutsch. Thematisches Wörter- und Übungsbuch. Tübingen, Basel: Francke.
Ettinger, Stefan (2007): Phraseme im Fremdsprachenunterricht. In: Burger, Harald et al. (Hrsg.): Phraseologie. Ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung, 2. Halbband. Berlin, New York: de Gruyter, 893-908.
Ettinger, Stefan (2012): Einige phraseodidaktische Überlegungen zur Frequenz, zur Disponibilität und zur Bekanntheit französischer Idiome und Sprichwörter. In: Szavak, frazémák szótárak. Mots, phrasèmes, dictionnaires – Írások Bárdosi Vilmos 60. születésnapjára. Mélanges offerts à Vilmos Bárdosi pour ses 60 ans (= Revue d'Études Françaises, numéro spécial). Budapest: Université Eötvös Loránd, 85-104.
Ettinger, Stefan (2014): Le problème de l'emploi actif et/ou de connaissances passives des phrasèmes chez les apprenants de langues étrangères. In: González Rey, Isabel (Hrsg.): Outils et méthodes d'apprentissage en phraséodidactique. Bruxelles, Fernelmont: Eme, 17-38.
Ettinger, Stefan / Nunes, Manuela (1994): Portugiesische Redensarten. Quiz- und Übungsbuch. Stuttgart: Klett.
Götz, Dieter (1976): Stilistik und Idiomatik im Englischunterricht. Dortmund: Lensing.
González Rey, Isabel (Hrsg.) (2013): Phraseodidactic Studies on German as a Foreign Language / Phraseodidaktische Studien zu Deutsch als Fremdsprache. Hamburg: Kovač.
González Rey, Isabel (Hrsg.) (2014): Outils et méthodes d'apprentissage en phraséodidactique. Bruxelles, Fernelmont: Eme.
Grünewald, Matthias (2012/13): Phraseologie und Phraseodidaktik. In: The annual report on cultural science 137, 85-136; 139, 25-66.
Hallsteinsdóttir, Erla (2011): Aktuelle Forschungsfragen der deutschsprachigen Phraseodidaktik. In: Linguistik online 47 (http://www.linguistik-online.de/47_11/hallsteinsdottir.html; 30.6.2015).
Hallsteinsdóttir, Erla / Winzer-Kiontke, Britta & Laskowski, Marek (Hrsg.) (2011): Phraseodidaktik / Phraseodidactics (= Linguistik online 47).
Hessky, Regina / Ettinger, Stefan (1997): Deutsche Redewendungen. Ein Wörter- und Übungsbuch für Fortgeschrittene. Tübingen: Narr.
Kühn, Peter (2007): Phraseme im Muttersprachenunterricht. In: Burger, Harald et al. (Hrsg.): Phraseologie. Ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung, 2. Halbband. Berlin, New York: de Gruyter, 881-893.
Sułkowska, Monika (2013): De la phraséologie à la phraséodidactique. Études théoriques et didactiques. Katowice: Wydawnictwo Uniwersytetu Śląskiego.
Zenderowska-Korpus, Grażyna (2004): Sprachliche Schematismen des Deutschen und ihre Vermittlung im Unterricht DaF. Frankfurt/M.: Lang.


Rezensent:
Prof. Dr. Heinz-Helmut Lüger
Zeppelinstraße 45
D-76887 Bad Bergzabern
E-Mail: heinz-helmut.lueger@t-online.de

2 Unter der genannten Adresse finden sich weitere bibliographische Hinweise – neben einer umfangreichen Phrasem-Datenbank und einem didaktischen Apparat, der viele Vorschläge des vergriffenen Lehrbuchs Deutsche Redewendungen (Hessky / Ettinger 1997) in modifizierter Form wieder zugänglich macht.
3 Auch die im Beitrag zitierte Literatur – z.B. Kühn (2007) – enthält bereits entsprechende Vorschläge.
4 Zu weiteren Literaturangaben vgl. Ettinger (2007), Kühn (2007) oder Zenderowska-Korpus (2004).
5 Zur Vertiefung sei ausdrücklich ein Blick in die Internetseiten unter www.kollokation.at empfohlen, wo Konecny / Autelli detailliert über ein Kollokations-Projekt informieren; hier finden sich auch umfangreiche Bibliographien zur Phraseodidaktik und zur Phraseologie allgemein.
6 So kann man sich z.B. fragen, ob die Bezeichnungen textual und communicative eine Einteilung in disjunkte Klassen erlauben, ob Komposita in diesem Rahmen anzuführen sind, ob grammatical collocations nicht auch der Gruppe b) zuzurechnen wären und was genau unter textual sentence stems zu verstehen ist.
7 Der Vollständigkeitkeit halber sollte man hier auch den bilanzierenden phraseodidaktischen Artikel von Erla Hallsteinsdóttir (2011) mit einbeziehen.