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Journal of Linguistics and Language Teaching
Volume 5 (2014) Issue 2
S. 245-256

Zu einer genreabhängigen kognitiven Textrezeption - 
Bericht über eine explorative Studie

Hans W. Giessen (Saarbrücken, Deutschland)


Abstract (English)
In this experimental study, identical texts were presented as poetry or prose, respectively. During the text reception process, participants displayed different reading speeds. It was found that these reading speeds were not due to the original text type the text had been published in, but to the text type these texts were in fact presented to the participants, and therefore seemed to depend on the formal conventions of the respective text type, i.e. poetry or prose, rather than on their contents. In the present article, the experiment is described, and the findings are discussed.
Key words: poetry, prose, reading speed

Abstract (Deutsch)
Im Rahmen einer explorativen Studie wurden identische Texte als Gedichte oder als Prosatexte präsentiert. Während des Rezeptionsprozesses wurden unterschiedliche Lesegeschwindigkeiten gemessen, die nicht von der ,objektiven’ Textsorte abhingen, sondern von der Textsorte, in der sie tatsächlich rezipiert wurden, und die somit eher von Textkonventionen als von den jeweiligen Textinhalten bestimmt wurden. In dem vorliegenden Beitrag erfolgt eine Beschreibung des Experiments und eine Diskussion der erzielten Ergebnisse.
Stichwörter: Gedichte, Lesegeschwindigkeit, Prosa


1   Einleitung

Es ist schon lange bekannt, dass ein Medium oder auch eine Gattung oder ein Genre - im Printbereich, um den es im Folgenden gehen wird, eine Textsorte - den jeweiligen Inhalt mit beeinflusst (dazu und zum Folgenden, Giessen 2004). Bezüglich unterschiedlicher Medien ist dies noch relativ leicht nachvollziehbar: Wenn Inhalte - beispielsweise für das Fernsehen - aufbereitet werden sollen, müssen sie visualisiert werden. Es ist relativ schwer, einen Inhalt für dieses Medium aufzubereiten, wenn keine Bilder vorhanden oder produzierbar sind. Zudem erfordert die visuelle Aufbereitung andere Vorgehensweisen und führt zu anderen inhaltlichen Schwerpunkten als die geschriebene Argumentation oder Narration. Dies nicht zu berücksichtigen, führt zu zwar nachvollziehbaren, aber letztlich unergiebigen Klagen wie derjenigen, dass eine gegebene Verfilmung ein Buch nicht in seiner argumentativen Tiefe wiedergegeben habe, auch wenn der Film als solcher überzeugend gewesen sein mag.

Ganz eindeutig liegt die Ursache - zumindest in diesem Fall - bei medienspezifischen Produktionszwängen und -bedingungen. In anderen Zusammenhängen können auch unterschiedliche Nutzersituationen die Ursache für verschiedene Rezeptionsweisen sein. So wird ein und derselbe Film höchst unterschiedlich wahrgenommen - je nachdem, ob er im Kino oder im Fernsehen angesehen wird. Er wirkt emotional anders; auch die (natürlich identischen) Inhalte werden unterschiedlich aufgenommen und sind auf jeweils spezifische Art und Weise wirksam.

Schließlich könnte fraglich sein, ob Inhalte auch deshalb unterschiedlich aufgenommen werden, weil sie möglicherweise unterschiedlich verarbeitet werden, je nachdem, über welches Medium oder Genre sie vermittelt werden. Zu dieser Frage scheinen bisher jedoch nur wenige Forschungsergebnisse zu existieren. Dass es mögliche Effekte gibt, haben Eviatar & Just (2006) oder jüngst Mueller & Oppenheimer (2014) zeigen können. Eviatar und Just haben zwar keine explizit gattungs- oder genreabhängigen Phänomene untersucht, aber immerhin Unterschiede in der mentalen Verarbeitung von Ironie und Metaphern belegen können. Mueller und Oppenheimer ließen Probanden auf dem Rechner beziehungsweise mit Stift und Papier Vorträge protokollieren und erkannten medienabhängige Verarbeitungseffekte.

Zu der unterschiedlichen Verarbeitung von Textsorten habe sich jedoch keine Studien finden lassen. Im Folgenden soll daher eine erste explorative Studie vorgestellt werden mit der untersucht werden sollte, ob es Hinweise für eine genreabhängige Verarbeitung von Inhalten gibt.


2   Fragestellung

Zweck der Studie ist es mithin zu überprüfen, ob ein Text unterschiedlich verarbeitet wird, wenn der Proband davon ausgeht, ihn als Äußerung einer jeweils spezifischen Textsorte zu lesen.

Eine Textsorte, die dem ersten Eindruck zufolge auf besondere Art und Weise verarbeitet und erlebt wird, ist das Gedicht. Fraglich wäre somit, ob sich die Verarbeitung eines Textes ändert, je nachdem, ob er den Probanden in Gedichtform präsentiert wird, oder als scheinbarer Prosatext – und auch umgekehrt, wenn ein Prosatext als Lyrik präsentiert wird.
Konkret sollen zwei miteinander verbundene Fragestellungen untersucht werden:
  • Gibt es einen messbaren Effekt der Objekteigenschaften unterschiedlicher Textsorten, auch wenn der Leser gar nicht um diese Information weiß? Dahinter steht die Frage, ob die subjektive Erwartungshaltung die ,objektiven’ Effekte determiniert.
  • Gibt es einen messbaren Effekt, wenn ein Leser subjektiv von einer spezifischen Textsorte ausgeht - insbesondere von der Textsorte Lyrik -, wenn er also einen Text aufgrund von Vorinformationen als Gedicht wahrnimmt, unabhängig davon, ob es sich tatsächlich um Lyrik handelt (die Vorinformationen also korrekt oder falsch sind).

3   Das Experiment

Bedingung an das Korpus ist, dass es sich um Texte handeln soll, die in beiden Textsorten - als Prosatext oder als Gedicht - lesbar und jeweils als Text der entsprechenden Gattung akzeptabel sind. Daher sollten sich die lyrischen Texte reimen, um diesbezüglich die klassischen Eigenschaften eines Gedichts aufzuweisen. Allerdings sollten andere objektive Gattungseigenschaften wie Satzstellung oder Rhythmisierung nicht allzu dominant sein, damit das Gedicht auch als Prosatext gelesen werden kann. Insbesondere sollte die Verbindung zwischen dem Reim- beziehungsweise Versezeilenende und dem Ende einer semantischen Einheit aufgehoben sein, damit das Reimschema in der Prosaversion nicht unmittelbar erkennbar ist (Zeilensprung). Umgekehrt mussten auch die Prosatexte als Gegenwartslyrik interpretiert werden können. Zu diesem Zweck sollten sie eine tendenziell poetisierende Sprache und eine spezifische Verdichtung von Gedanken und Gefühlen aufweisen.

Ausgehend von diesem Korpus sollte untersucht werden, wie Probanden einen Text verarbeiten, den sie als Gedicht lesen - unabhängig davon, ob es sich tatsächlich um ein Gedicht handelt, oder um einen Prosatext, der insbesondere durch überraschende Zeilensprünge in der Darstellung als zeitgenössisches Gedicht beziehungsweise als Gegenwartslyrik präsentiert wird. Die Probanden sollten die Texte unter der Prämisse betrachten, dass es sich um ein Gedicht oder - in der Kontrollgruppe -, dass es sich bei demselben Text um einen Prosatext handele. Zu diesem Zweck betonte der Versuchsleiter explizit, um welche Textsorte es sich beim jeweils folgenden Text handele - unabhängig davon, welche Textsorte es tatsächlich war. Die Mitteilung an die Probanden lautete also: "Nun folgt ein Gedicht" oder "Nun folgt ein Prosatext".

Es wurden also zwei Gruppen gebildet, die jeweils dieselben Texte erhielten, aber jeweils mit umgekehrter Attribuierung (vgl. die verwendeten Texte im Anhang). Die eine Gruppe erhielt:
  • ein zeitgenössisches Gedicht mit der (korrekten) Attribuierungzeitgenössisches Gedicht;
  • einen Prosatext mit der (falschen) Attribuierung zeitgenössisches Gedicht, typographisch als ,zeitgenössisches Gedicht’ gesetzt;
  • ein zweites zeitgenössisches Gedicht mit der (falschen) Attribuierung ,Prosatext’, typographisch als Prosatext gesetzt;
  • einen Prosatext mit der (korrekten) Attribuierung Prosatext.
Die zweite Gruppe erhielt die folgenden Texte und Informationen:
  • das zweite zeitgenössische Gedicht, hier mit der (korrekten) AttribuierungGedicht;
  • den zweiten Prosatext, hier mit der (falschen) Attribuierung Gedicht, typographisch als ,zeitgenössisches Gedicht’ gesetzt;
  • das erste zeitgenössische Gedicht, hier mit der (falschen) AttribuierungProsatext und typographisch als Prosatext gesetzt;
  • den ersten Prosatext, hier mit der (korrekten) Attribuierung Prosatext
Mit dieser Kreuzkonstruktion sollten sowohl die objektiv messbaren Eigenschaften der Textsorten als auch der Einfluss der subjektiven Erwartungshaltung seitens der Probanden erkannt werden. Die Probanden erhielten also jeweils die Information, dass es sich um ein ,zeitgenössisches Gedicht’ beziehungsweise um einen ,Prosatext’ handele. Sie sollten die Gedichte als erstes und mithin vor den Prosatexten lesen, um sich daran zu gewöhnen, dass Reime zwar existieren können, aber nicht sofort erkennbar sein mögen. Damit wären eventuelle Zweifel bei dem (tatsächlichen) Prosatext mit der Attribuierung als zeitgenössischem Gedicht beziehungsweise als zeitgenössischer Lyrik geringer. Falls Ausstrahlungseffekte auftreten sollten - die aber bereits durch die Attribuierung im Rahmen des Versuchs verhindert werden sollen, da diese Attribuierung zumindest Primingqualitäten hat -, würden sie, so die Hoffnung, durch die Ersterfahrung eines sich tatsächlich reimenden Gedichts weiter geschwächt.

Um eventuelle Irritationen zu vermeiden, wurde für das Experiment zumindest insoweit die neue Rechtschreibung genutzt, als jeweils beispielsweise die Schreibungen daß in dass und muß in muss übertragen worden sind.

Die Operationalisierung erfolgte über eine spezifische Gestaltung der Texte: Diese wurden als PowerPoint-Folien auf dem Computer präsentiert, wobei eine Textzeile jeweils monitorfüllend dargestellt wurde. Dabei wurde jeweils nur eine Zeile gezeigt; die Texte waren also nicht in ihrer Gesamtheit erkennbar. Bei den Gedichten wurden einzelne Verszeilen entsprechend der Vorgabe aus dem Original dargestellt. Bei den Prosatexten wurde in paralleler Darstellung verfahren. Ihre Länge der präsentierten Textteile ergab sich aus der Anzahl der Wörter, die bei identischem Schriftgrad automatisch eine Zeile ergaben. Die Silbentrennung blieb bewusst ausgeschaltet, so dass jeweils das letzte komplette Wort das Zeilenende definierte. Entsprechend war die Vorgehensweise bei den lyrischen Texten, die den Probanden als Prosatexte präsentiert wurden. Hier wurden die von den Autoren intendierten Verse ignoriert. Diese Texte wurden ebenfalls als Fließtext dargestellt, wobei das letzte komplette Wort das Zeilenende definierte. Die Prosatexte, die als zeitgenössische Lyrik ausgegeben wurden, wurden dagegen mit Zeilenbrüchen versehen, die in der Regel früher eingefügt wurden, als dies bei einem automatischen Zeilenumbruch bei den Prosatexten der Fall gewesen wäre. Dabei stand stets das Bemühen im Vordergrund, mit Hilfe der Zeilenumbrüche neue, poetisierende Strukturen zu evozieren. Die Texte - wie auch ihre Darstellung im Rahmen des Experiments - werden im Anhang dokumentiert.

Als Indikator für die Rezeption wurde die Lesegeschwindigkeit gewählt. Da von individuell unterschiedlichen Lesekompetenzen - und mithin Lesegeschwindigkeiten - ausgegangen werden musste, war es notwendig, eine Probandenzahl zugrundezulegen, die jenseits individueller Spezifika zu relevanten Aussagen führen würde. Insgesamt wurden 40 Probanden rekurriert, die zwei Gruppen zu je 20 Teilnehmer bildeten. Diese Teilnehmerzahl führt sicherlich schon zu belastbaren Resultaten, obwohl für eine aussagekräftige statistische Untersuchung ein größeres Sample notwendig wäre. Von daher handelt es sich hier lediglich um eine Pilotstudie. Die Probanden wurden an der der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes per Aushang gewonnen. Aus diesem Grund ist die Altersverteilung relativ einheitlich: Alle Teilnehmer waren Studierende im Alter zwischen 21 und 25 Jahren. Allerdings war die Geschlechterverteilung uneinheitlich. Am Experiment nahmen mehr weibliche (26) als männliche (14) Kandidaten teil. Da die ,Gruppen' nur statistische Größen darstellten - tatsächlich wurden die Experimente als Einzelexperimente durchgeführt und die ,Gruppenzugehörigkeit' war die Folge einer jeweils identischen Vorgehensweise im Rahmen des Experiments -, war es möglich, in beiden Gruppen zumindest eine identische Geschlechterverteilung zu erreichen (13 weibliche und 7 männliche Probanden).

Die Probanden wurden gebeten, die ’Page Down’-Taste auf ihrem Computer zu drücken, wenn sie das Gefühl hatten, die gerade sichtbare Zeile korrekt aufgenommen und verarbeitet zu haben. Die Zeit wurde gestoppt, wobei die jeweils gemessene Zeiteinheit also dem Zeitabstand zwischen dem Erscheinen einer neuen Zeile, weil die ’Page Down’-Taste gedrückt worden war, und dem jeweils erneuten Drücken der Taste entsprach.


4   Ergebnis

Die Zeilen der scheinbaren oder tatsächlichen Prosatexte waren stets länger als die Verszeilen der scheinbaren oder tatsächlichen lyrischen Texte. Dennoch benötigten die Probanden für die Rezeption der scheinbaren oder tatsächlichen Gedichten mehr Zeit:

Textsorte
Gemessene Rezeptionszeit
Gedicht
Ø 4“ 9 ms
Vorgegebenes zeitgenössisches Gedicht
(= Prosatext mit neu eingefügten Zeilen-umbrüchen)
Ø 5“ 1 ms
Prosatext
Ø 4“ 2 ms
Vorgegebener Prosatext
(= Gedicht ohne die vom Autor intendierten Zeilenumbrüche)
Ø 4“ 0 ms

Tab. 1: Lesegeschwindigkeit

Es ergibt sich aus diesen Ergebnissen bezüglich der Lesedauer die folgende Hierarchisierung von demjenigen Text, für dessen Rezeption die längste Zeitdauer in Anspruch nahm, bis zu demjenigen, dessen Rezeption die kürzeste Lesedauer beanspruchte:
1. Das vorgegebenes zeitgenössisches Gedicht, also der Prosatext mit neu eingefügten Zeilenumbrüchen;
2. Das Gedicht
3. Der Prosatext
4. Der vorgegebene Prosatext (das Gedicht ohne die vom Autor intendierten Zeilenumbrüche)

5    Diskussion

Zunächst belegt das Experiment recht eindeutig, dass Lyrik und Prosa offenbar tatsächlich unterschiedlich verarbeitet werden - anders wären die unterschiedlichen Lesegeschwindigkeiten, die offensichtlich nicht mit den objektiven’ Textsorten, sondern mit deren Attribuierung korrelieren, nicht zu erklären. Entscheidend ist demnach also die Attribuierung, nicht die Objekteigenschaft des Textes. Die Entscheidung, einen Text als ,Gedicht’ zu verarbeiten, erfolgt subjektiv beim Leser. So scheint in der Tat die subjektive Erwartungshaltung über die ,objektiven’ Effekte zu entscheiden.

Innerhalb der Textsorten Gedicht und Prosatext weist nun aber jeweils der tatsächliche Prosatext eine etwas längere Lesedauer auf. Dies kann offenbar nicht mit der Länge der Textzeilen erklärt werden, da die Probanden ja jeweils nur eine Zeile erhielten, die in den vorgegebenen Kategorien etwa gleich lang waren: Auch das reale Gedicht hatte als vorgegebener Prosatext eine Zeilenlänge, die sich an den allgemeinen Formatvorgaben orientierte. Zudem entsprachen die Zeilen, die generiert wurden, um den Prosatext als vermeintliches Gedicht zu präsentieren, weitgehend der Zeilenlänge der tatsächlichen Gedichte, waren teilweise sogar kürzer als die tatsächlichen Gedichtzeilen, so dass in der Länge der Textzeilen wohl nicht die Ursache zu suchen ist.

Eine weitere mögliche Ursache könnte in den jeweiligen Texten und ihren inhaltlichen Aussagen und damit ihrer unterschiedlichen Wirksamkeit liegen. Ein solcher inhaltlicher Effekt der Texte sollte aber durch die Kreuzkonstellation aufgefangen worden sein und kann somit ausgeschlossen werden.

Ein weiterer, die Untersuchungsergebnisse potentiell verfälschender Faktor könnte darin liegen, dass die tatsächlichen Prosatexte etwas länger sind, so dass es bei den Probanden hier eher zu Ermüdungserscheinungen kommen kann, die in der Folge die Lesegeschwindigkeit beeinflussen. Um zu überprüfen, ob dieser Effekt zur Verlangsamung der Lesegeschwindigkeit führte, wurde die Lesedauer der zweiten und dritten Zeile - also des Textanfangs, den die Probanden noch "frisch" und also nicht ermüdet lasen - und der beiden letzten Zeilen der beiden (tatsächlichen beziehungsweise scheinbaren) Prosatexte miteinander verglichen, wobei die erste Zeile nicht berücksichtigt wurde, um Effekte zu vermeiden, die darin liegen könnten, dass die Probanden sich an die besondere Lesesituation anpassen mussten. Es zeigte sich allerdings kein signifikanter Unterschied in der Lesedauer, so dass die etwas größere Länge der Prosatexte als Ursache ausgeschlossen werden kann.

Eine andere Ursache könnte theoretisch darin liegen, dass den Probanden zuerst die (tatsächlichen beziehungsweise scheinbaren) Gedichte präsentiert wurden. Sie mussten sich also mit dieser Textsorte an die neue Lesesituation gewöhnen, die ja in der Tat einige Irritationen mit sich gebracht hat - beginnend mit der lediglich zeilenweise möglichen Lektüre bis zu der für diese Textsorte eher ungewohnten Lesesituation am Computer und dies zudem unter Versuchs- und Beobachtungsbedingungen. Diese Ursache ist zweifellos nicht auszuschließen und könnte erklären, warum die Rezeption der (tatsächlichen oder vorgegebenen) Gedichte mehr Zeit in Anspruch nahm als die (tatsächlichen oder vorgegebenen) Prosatexte Allerdings widerspricht dieser Erklärung, dass der tatsächliche Prosatext - im ersten Fall als vorgegebenes zeitgenössisches Gedicht, erkennbar an den neu eingefügten Zeilenumbrüchen - eine jeweils längere Lesedauer beanspruchte als das jeweilige tatsächliche Gedicht. Dieser systematische Unterschied deutet darauf hin, dass die Positionierung im Kontext des Versuchs zumindest nicht die einzige - und vermutlich auch nicht die entscheidende - Erklärung ist. Sicherlich sollte das Experiment aber mit diesbezüglichen Variationen noch einmal wiederholt werden - wenngleich an dieser Stelle auch noch einmal darauf hingewiesen werden soll, dass es ja auch Gründe für die Positionierungen gegeben hatte.

In jedem Fall ist die Vermutung mindestens ebenso wahrscheinlich, dass die Prosatexte offenbar mehr Schwierigkeiten bei der mentalen Verarbeitung hervorriefen. Hier wäre eine Erklärung, dass die eingesetzten Prosatexte eine poetisierendere Sprache hatten als die Gedichte - die Gedichte wurden ja nicht zuletzt vor dem Hintergrund ausgewählt, dass sie zwar Reime aufweisen, ansonsten aber weder bezüglich der Wortwahl, noch bezüglich anderer Eigenschaften wie etwa einer Rhythmisierung, der Wortstellung oder auch der Wortwahl charakteristische Merkmale lyrischer Texte im Vordergrund stehen sollten. Dagegen sollten die Prosatexte poetisierende Sprachmerkmale aufweisen, um auch als Gedichte aufgenommen werden zu können. Falls diese Interpretation korrekt sein sollte, würde dies bedeuten, dass in der Tat eine poetisierende Sprache mehr Zeit zur mentalen Verarbeitung benötigt. Es gibt demnach auch objektive Texteigenschaften, die sich auf die Rezeptionsdauer auswirken. Dennoch spielen die subjektiven Eigenschaften eine größere Rolle: Sie überlagern die objektiven Eigenschaften deutlich.

Über die Gründe dieses Ergebnisses kann zur derzeitigen Forschungsstand nur spekuliert werden: Möglicherweise werden für die Verarbeitung eines Gedichts automatisch - also auch bei der visuellen Darstellung - phonetische Schleifen innerhalb des Arbeitsgedächtnisses aktiviert. Darauf deuten Studien aus dem chinesischen Sprachraum (Matthews et. al. 2003), die nahelegen, dass geschriebene Sprache auf unterschiedliche Art (und damit auch an unterschiedlichen Orten im Gehirn) verarbeitet werden kann. Folgestudien scheinen dies zu bestätigen (Bitan et. al. 2007 und 2009, Bolger et. al. 2008). Demnach wird ein ,Gedicht’ über die syllabische oder metrisch-rhythmische Anordnung phonologischer Hervorhebungen verarbeitet, so dass die Lektüre aus diesem Grunde mehr Zeit benötigt. Das Experiment legt zumindest nahe, dass eine entsprechende Verarbeitung aktiviert wird, wenn der Proband davon ausgeht, einen lyrischen Text zu lesen.

Die dargestellte explorative Studie hat also ein beobachtbares Phänomen beschrieben, wenngleich nur mittelbar und sozusagen ,von außen' durch die Messung der jeweiligen Reaktionszeiten in Abhängigkeit von der Textsorte, welche die Probanden zu lesen glaubten. In einem ersten Schritt wäre es wichtig, diese Ergebnisse zu replizieren. Immerhin ist das Sample durchaus begrenzt und die Testbedingungen inklusive des Messvorgangs selbst waren nicht exakt, auch wenn sich einzelne Messfehler, den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit zufolge, gegenseitig aufgehoben haben dürften. In jedem Fall würde eine Replizierung dem beobachteten Phänomen eine größere Belastbarkeit verleihen.

Falls sich die Ergebnisse replizieren lassen, wäre es in einem zweiten Schritt wichtig, den hier diskutierten Erklärungsansatz zu überprüfen. Wenn die beschriebene Erklärung, nach der phonetische Schleifen für die beobachteten Effekte verantwortlich sind, plausibel ist, könnte dies entsprechend untersucht werden, denn dann ließen sich die Effekte lokalisieren. Dies würde allerdings aufwändigere Versuchsbedingungen erfordern, als sie bei dieser explorativen Studie realisierbar waren.

Vom Ergebnis her würde uns ein solches Vorgehen aber begründet erscheinen, denn es ermöglicht nicht nur neue Erkenntnisse über die Gründe, warum Poesie so wirkungsmächtig ist, sondern würde auch allgemein unser Verständnis kognitiver Vorgänge verbessern.



Anhang:
Verwendete Lyrik und Prosatexte

Text 1: Gedicht 1

Hertha Kräftner: Abends
Aus: Kräftner, H. (1981), Das blaue Licht. Lyrik und Prosa. Darmstadt und Neuwied: Hermann Luchterhand Verlag.
Abends
Er schlug nach ihr. Da wurde ihr Gesicht
sehr schmal und farblos wie erstarrter Brei.
Er hätte gern ihr Hirn gesehen. – Das Licht
blieb grell. Ein Hund lief draußen laut vorbei.

Sie dachte nicht an Schuld und Schmerz und nicht
an die Verzeihung. Sie dachte keine Klage.
Sie fühlte nur den Schlag vom nächsten Tage
voraus. Und sie begriff auch diesen nicht.


Umwandlung
Abends
Er schlug nach ihr. Da wurde ihr Gesicht sehr schmal und farblos wie erstarrter Brei. Er hätte gern ihr Hirn gesehen. – Das Licht blieb grell. Ein Hund lief draußen laut vorbei. Sie dachte nicht an Schuld und Schmerz und nicht an die Verzeihung. Sie dachte keine Klage. Sie fühlte nur den Schlag vom nächsten Tage voraus. Und sie begriff auch diesen nicht.

Text 2: Gedicht 2

Konstantin Wecker: Man muß den Flüssen trauen
Aus: Wecker, K. (1980), Man muß den Flüssen trauen. Unordentliche Elegien. München: Ehrenwirth.


Man muss den Flüssen trauen
Man muss den Flüssen trauen. Sie verschwenden
sich jeden Zentimeter neu. Und weder Zeit
noch Dummheit kann das Fließen je beenden.
Und auch die Wolken sind zu neuem Flug bereit

und sterben nie. Ich will nach oben,
wo mich das Unfassbare härter streift.
Es ist ganz klug, die Götter erst zu loben,
bevor man sie sich endlich greift.

Umwandlung
Man muss den Flüssen trauen.
Man muss den Flüssen trauen. Sie verschwenden sich jeden Zentimeter neu. Und weder Zeit noch Dummheit kann das Fließen je beenden. Und auch die Wolken sind zu neuem Flug bereit und sterben nie. Ich will nach oben, wo mich das Unfassbare härter streift. Es ist ganz klug, die Götter erst zu loben, bevor man sie sich endlich greift.

Text 3: Prosatext 1

Georg Büchner: Woyzeck
Zitiert nach: Büchner, G. (vermutlich 1837, erschienen posthum 1879), Woyzeck, In: Projekt Gutenberg (http://www.gutenberg.org/cache/epub/5322/pg5322.html).


Es war einmal ein arm Kind und hatt' kein Vater und keine Mutter, war alles tot, und war niemand mehr auf der Welt. Alles tot, und es is hingangen und hat gesucht Tag und Nacht. Und weil auf der Erde niemand mehr war, wollt's in Himmel gehn, und der Mond guckt es so freundlich an; und wie es endlich zum Mond kam, war's ein Stück faul Holz. Und da is es zur Sonn gangen, und wie es zur Sonn kam, war's ein verwelkt Sonneblum. Und wie's zu den Sternen kam, waren's kleine goldne Mücken, die waren angesteckt, wie der Neuntöter sie auf die Schlehen steckt. Und wie's wieder auf die Erde wollt, war die Erde ein umgestürzter Hafen. Und es war ganz allein. Und da hat sich's hingesetzt und geweint, und da sitzt es noch und ist ganz allein.

Umwandlung
Es war einmal ein arm Kind
und hatt' kein Vater und keine Mutter,
war alles tot,
und war niemand mehr
auf der Welt.
Alles tot,
und es is hingangen
und hat gesucht
Tag und Nacht.
Und weil auf der Erde
niemand mehr war,
wollt's in Himmel gehn,
und der Mond guckt es so freundlich an;
und wie es endlich zum Mond kam,
war's ein Stück faul Holz.
Und da is es zur Sonn gangen,
und wie es zur Sonn kam,
war's ein verwelkt Sonneblum.
Und wie's zu den Sternen kam,
waren's kleine goldne Mücken,
die waren angesteckt, wie der Neuntöter sie
auf die Schlehen steckt.
Und wie's wieder auf die Erde wollt,
war die Erde ein umgestürzter Hafen.
Und es war ganz allein.
Und da hat sich's hingesetzt
und geweint,
und da sitzt
es noch
und ist ganz allein.

Text 4: Prosatext 2

Hermann Hesse: Siddhartha
Aus: Hesse, H. (1922), Siddhartha. Berlin: S. Fischer. Zitiert nach der Ausgabe Frankfurt: Suhrkamp 2007, Seite 21


Wie wenn in einem Lande die Pest herrscht, und es erhebt sich die Kunde, da und dort sei ein Mann, ein Weiser, ein Kundiger, dessen Wort und Anhauch genüge, um jeden von der Seuche Befallenen zu heilen, und wie dann diese Kunde das Land durchläuft und jedermann davon spricht, viele glauben, viele zweifeln, viele aber sich alsbald auf den Weg machen, um den Weisen, den Helfer aufzusuchen, so durchlief das Land jene Sage, jene duftende Sage von Gotama, dem Buddha, dem Weisen aus dem Geschlecht der Sakya. Ihm war, so sprachen die Gläubigen, höchste Erkenntnis zu eigen, er erinnerte sich seiner vormaligen Leben, er hatte Nirwana erreicht und kehrte nie mehr in den Kreislauf zurück, tauchte nie mehr in den trüben Strom der Gestaltungen unter. Vieles Herrliche und Unglaubliche wurde von ihm berichtet, er hatte Wunder getan, hatte den Teufel überwunden, hatte mit den Göttern gesprochen. Seine Feinde und Ungläubige aber sagten, dieser Gotama sei ein eitler Verführer, er bringe seine Tage in Wohlleben hin, verachte die Opfer, sei ohne Gelehrsamkeit und kenne weder Übung noch Kasteiung.

Süß klang die Sage von Buddha, Zauber duftete aus diesen Berichten. Krank war ja die Welt, schwer zu ertragen war das Leben - und siehe, hier schien eine Quelle zu springen, hier schien ein Botenruf zu tönen, trostvoll, mild, edler Versprechungen voll. Überall, wohin das Gerücht vom Buddha erscholl, überall in den Ländern Indiens horchten die Jünglinge auf, fühlten Sehnsucht, fühlten Hoffnung, und unter den Brahmanensöhnen der Städte und Dörfer war jeder Pilger und Fremdling willkommen, wenn er Kunde von ihm, dem Erhabenen, dem Sakyamuni, brachte.

Umwandlung
Wie wenn in einem Lande die Pest herrscht, und
es erhebt sich die Kunde, da und dort sei ein Mann,
ein Weiser, ein Kundiger, dessen Wort und Anhauch genüge,
um jeden von der Seuche Befallenen zu heilen, und
wie dann diese Kunde das Land durchläuft und jedermann
davon spricht, viele glauben, viele zweifeln, viele aber sich
alsbald auf den Weg machen, um den Weisen, den Helfer
aufzusuchen,
so durchlief das Land jene Sage, jene duftende Sage
von Gotama, dem Buddha, dem Weisen
aus dem Geschlecht der Sakya.
Ihm war, so sprachen die Gläubigen,
höchste Erkenntnis zu eigen,
er erinnerte sich seiner vormaligen Leben, er hatte
Nirwana erreicht und kehrte
nie mehr in den Kreislauf zurück,
tauchte nie mehr in den trüben
Strom der Gestaltungen unter.
Vieles Herrliche und Unglaubliche
wurde von ihm berichtet,
er hatte Wunder getan, hatte
den Teufel überwunden, hatte
mit den Göttern gesprochen. Seine
Feinde und Ungläubige aber
sagten, dieser Gotama sei ein eitler Verführer, er bringe
seine Tage in Wohlleben hin, verachte die Opfer, sei
ohne Gelehrsamkeit und kenne
weder Übung noch Kasteiung.

Süß klang die Sage von
Buddha, Zauber duftete aus
diesen Berichten. Krank
war ja die Welt, schwer
zu ertragen war das Leben – und siehe, hier schien
eine Quelle zu springen, hier schien
ein Botenruf zu tönen,
trostvoll, mild, edler Versprechungen voll.
Überall, wohin
das Gerücht vom Buddha erscholl, überall
in den Ländern Indiens horchten
die Jünglinge auf, fühlten
Sehnsucht, fühlten Hoffnung, und unter
den Brahmanensöhnen der Städte und Dörfer war
jeder Pilger und Fremdling willkommen, wenn
er Kunde von ihm,
dem Erhabenen,
dem Sakyamuni,
brachte.


Bibliographie

Bitan, Tali et al. (2007). The Interaction Between Orthographic and Phonological Information in Children: An fMRI Study. In: Human Brain Mapping 28 (2007) 9, 880 - 891. (doi:10.1002/hbm.20313).

Bitan, Tali et al. (2009). Developmental Increase in Top–Down and Bottom–Up Processing in a Phonological Task: An Effective Connectivity, fMRI Study. In: Journal of Cognitive Neuroscience 21 (2009), 1135 - 1145.

Bolger, Donald J. et al. (2008). Differential effects of orthographic and phonological consistency in cortex for children with and without reading impairment. In: Neuropsychologia 46 (2008) 14, 3210 - 3224. (doi:10.1016/j.neuropsychologia.2008.07.024).

Eviatar, Zohar & Marcel Adam Just (2006). Brain correlates of discourse processing: An fMRI investigation of irony and conventional metaphor comprehension. In: Neuropsychologia 44 (2006), 2348 - 2359.

Giessen, Hans W. (2004). Medienadäquates Publizieren. Heidelberg; Berlin: Spektrum Akademischer Verlag / Elesevier.

Matthews, Paul M. et al. (2003). Towards Understanding Language Organisation in the Brain Using fMRI. In: Human Brain Mapping 18 (2003), 239 - 247.


Mueller, Pam A. & Daniel M. Oppenheimer (2014). The Pen Is Mightier Than the Keyboard: Advantages of Longhand Over Laptop Note Taking. In: Psychological Science 25 (2014), 1 - 10. 



Autor:
Prof. Dr. Hans W. Giessen
Informationswissenschaft
Universität des Saarlandes
D-66041 Saarbrücken
E-Mail: h.giessen@gmx.net

Journal of Linguistics and Language Teaching
Volume 2 (2011) Issue 2
pp. 325 - 336



Medien- und medieneffektabhängiges
Vokabellernen

Hans W. Giessen (Saarbrücken, Germany)

Abstract (English)

In the present study, three different ways of vocabulary learning were presented to students. The first group of students was given a vocabulary list on a paper sheet. The second group learned from the very same list presented on a computer screen, while the third group learned the same lexical items from a computer screen which included morphing effects. In the third group, learning achievements were the worst. Achievements were found to be the best in the first group in which the learning material was presented on a paper sheet.  These effects may result from the degree of activation of the amygdala. 
Key words: computer-based learning, vocabulary, amygdala


Abstract (Deutsch)
Zur Untersuchung medien- und medieneffektabhängiger Effekte beim Vokabellernen sollten Probanden in drei Gruppen und unter verschiedenen Bedingungen Vokabeln lernen: eine Gruppe vom Blatt, die zweite Gruppe vom Computer, und die dritte Gruppe ebenfalls vom Computer, zudem verstärkt durch Blendeffekte. In dieser Kombination war die Lernleistung besonders schlecht. Am erfolgreichsten waren die Probanden, die vom Papierblatt lernten. – Es wird vermutet, dass, wie in der Ausgangsthese formuliert, die Aktivierung der Amygdala ausschlaggebend ist.
Stichwörter: Computergestütztes Lernen, Vokabellernen, Amygdala


1. Einleitung

Die Ergebnisse der Hirnforschung beziehungsweise der Neurowissenschaften ermöglichen neue Erkenntnisse über das Lernen (dazu jüngst: Spitzer 2010, Roth 2011) und speziell über das Sprachenlernen (Langner 2011). Verschiedene Verfahren lassen erkennen, welche Gehirnregionen unter welchen Voraussetzungen aktiv werden. Insbesondere wissen wir nun auch genauer, welche Gehirnregionen beim (Sprachen-) Lernen aktiv und notwendig sind, und welche eher hinderlich oder gar lernhemmend wirken.

Somit besteht auch die Möglichkeit, die Resultate dieser Befunde in Übereinstimmung mit Lernstrategien und -vorgängen zu bringen. Letztlich muss es unser Interesse sein, die Voraussetzungen zu schaffen, dass möglichst die Gehirnregionen aktiviert werden, die den jeweiligen Lernprozessen förderlich sind, und die Aktivität derjenigen Gehirnprozesse begrenzt wird, die dem Lernen hinderlich sind.

Dies sind jeweils sehr unterschiedliche Hirnregionen, je nach Lerninhalt und -situation. Eine erste Konkretisierung erfolgt durch die Eingrenzung auf das Sprachenlernen. Allerdings handelt es sich auch dabei um ein noch sehr weites Feld, das von der aktiven Sprachproduktion über das Hör- und Leseverstehen, die Phonetik und Grammatik bis hin zum Wortschatz (Vokabellernen) reicht (von weiteren, eng damit verbundenen und zweifellos ebenfalls notwendigen Feldern wie dem Übermitteln interkultureller Kenntnisse und Informationen zur Landeskunde einmal ganz abgesehen). Verallgemeinernd kann an dieser Stelle bereits angedeutet werden, dass diese unterschiedlichen Bereiche des Sprachenlernens auch mit unterschiedlichen Bereichen unseres Gehirns verknüpft sind. Akustische Reize werden woanders verarbeitet als visuelle Effekte; Lernen beziehungsweise Reflektion und Kreativität erfordert jeweils spezifische Gehirnaktivitäten – und wird von jeweils spezifischen Störfaktoren beeinflusst.

Ein wichtiger Aspekt in diesem Kontext ist die Konkurrenz zwischen Hippocampus (Seifert 1983, Traub/Miles 1991, Andersen 2006) und Amygdala (Eleftheriou 1972, Aggleton 1992, 2000, Phelps 2006). Lernen, Kreativität, auch das Memorieren (etwa von Vokabeln) erfolgt mit Hilfe des Hippocampus, der Cortexrinde (insbesondere des Assoziationscortex) sowie der Insula. Dagegen beeinträchtigt die Amygdala die Funktion des Hippocampus. Die Amygdala wird aktiv, wenn wir starke Emotionen empfinden (Aggleton 2002, Damasio 2003), bei Freude, aber auch bei Sorgen, Furcht und Angst. Sie schüttet dann Hormone aus und beeinflusst den Blutdruck. Dies überlagert alle mit dem Hippocampus assoziierten Prozesse beziehungsweise bringt sie zum Stillstand. Etwas überspitzt: Wird die Amygdala aktiv, blockiert sie den Hippocampus.

Die evolutionsgeschichtliche Erklärung ist, dass es in einer gefährlichen Situation – wenn beispielsweise ein Raubtier plötzlich angreift – nicht sinnvoll ist, viele Überlegungen anzustellen. In einer solchen Situation sind schnelle Reaktionen notwendig: Flucht oder Kampf. Zu diesem Zweck muss umgehend der Blutdruck erhöht werden. Dazu werden Hormone ausgeschüttet. Der Hippocampus und die mit ihm assoziierten Prozesse sind dabei nur hinderlich. Die gilt im Übrigen auch heute noch. Wenn auf der Straße ein Auto herangeschossen kommt, wäre es lebensgefährlich, darüber nachzudenken, ob wir dieses Volvo-Modell schon einmal gesehen haben und wie viel PS der Wagen wohl hat. In dieser Situation sind, erneut, schnelle Reaktionen notwendig. Wir müssen beiseite springen. Die Amygdala schafft die Voraussetzungen, dass die dafür notwendigen physiologischen Prozesse ablaufen können.

Daher sind beide Gehirnareale in der Tendenz Antagonisten. Vom Ergebnis her war dies grundsätzlich bekannt: Wir wissen, dass viele Studierende in Prüfungssituationen, wenn Angst ebenfalls die Amygdala aktiv werden lässt, einen ’Black Out’ haben können und Sachverhalte nicht mehr präsent zu sein scheinen, die sie zu wissen glaubten. Angst schränkt auch die Möglichkeiten ein, kreativ zu reagieren. Das Phänomen war mithin schon lange bekannt; anhand der neueren neurologischen Erkenntnisse wissen wir auch genauer, warum dies so ist.
Es ist naheliegend, dass der Antagonismus zwischen Hippocampus und Amygdala auch im Kontext des Sprachenlernens von Bedeutung ist. Wenn wir beispielsweise Vokabeln lernen wollen, darf die Amygdala nicht stimuliert werden.

Nun ist es so, dass die Amygdala bereits durch visuelle Reize aktiviert wird, insbesondere durch Bewegungen. Dies erklärt sich aus dem oben gesagten, denn: Eine Bedrohung war evolutionsgeschichtlich wohl überwiegend mit Bewegungen verbunden. Die Metapher bestätigt es noch immer: ,Gefahr kommt auf uns zu’ – das fremde Tier, die Lawine, das Auto. Wenn wir die Gefahr ,kommen sehen’, müssen wir schnell handeln. Andererseits hat die Tatsache, dass die Amygdala nicht nur allgemein bei Angst oder emotional einschneidenden Situationen aktiv wird, sondern tendenziell eben bereits dann, wenn wir Bewegungen sehen, Konsequenzen für die Gestaltung von Lernumgebungen. Ist das Ziel, dass beispielsweise Vokabeln gelernt werden sollen, müssen Störungen oder auch nur Irritationen vor allem visueller Art wenn möglich minimiert werden.

Fraglich ist nun, wie sehr sich diese grundsätzlichen Erkenntnisse auswirken. Heutzutage erfolgt das Sprachen- und insbesondere auch das Vokabellernen auch computergestützt, und in diesem Kontext ist es üblich (und schick), dass es viele Anwendungen gibt, in denen Programme eingesetzt werden, die mit Bewegungen arbeiten. Mitunter werden wichtige Vokabeln herausgehoben, in dem sie aufgeblendet werden und dann wieder verschwinden, um einem Eingabefeld Platz zu machen. Häufig gibt es neben dem Vokabelfeld Filmanwendungen.
Fraglich ist, ob all dies förderlich ist, oder – zumindest bezüglich des Vokabellernens – eher hinderlich. Sind die theoretischen Erkenntnisse aus der Hirnforschung mithin von Bedeutung für die Praxis, oder dominiert das informationstechnisch machbare, ohne dass dies Konsequenzen hätte (vielleicht sogar im Gegenteil, da moderne Programme die Lust am Sprachenlernen steigern)?


2. Das Experiment

Daher sollte im Rahmen eines Experiments überprüft werden, ob eine möglicherweise durch Bewegungen auf dem Computerbildschirm stimulierte Reizung der Amygdala Auswirkungen auf die Effektivität des Vokabellernens hat. Zu diesem Zweck wurden drei Gruppen gebildet. Eine Gruppe sollte Vokabeln auf traditionelle Art und Weise lernen, von einer Vokabelliste, die den Probanden auf Papier überreicht wurde; die zweite Gruppe sollte dieselbe Vokabelliste am Computer lernen, aber von einem statischen Word-Dokument aus. Fraglich ist, ob es hier bereits Unterschiede zur ersten Gruppe gibt, ob also beispielsweise der Computer selbst eine andere Art des Vokabellernens evoziert und mithin eine weitere veränderbare Variable darstellt. Im Fall der dritten Gruppe wurde ein Flash-Dokument gestaltet, in dem die deutschen und die fremdsprachigen Vokabeln einander in einem Auf- und Abblendprozess ersetzten. Hier handelte es sich also um Bewegungen, wenngleich relativ langsamer Art. Fraglich ist, ob diese Bewegungen einen Unterschied zum traditionellen Lernen und gegebenenfalls einen erneuten Unterschied zum statischen computergestützten Vokabellernen verursachen.

Die zu lernenden Vokabeln sollten natürlich erkennbar sein, mussten also - angesichts der Tatsache, dass die Probanden alle deutsche Muttersprachler sein sollten – in lateinischer Schrift gehalten sein. Alle Studierenden mit deutscher Muttersprache müssten in der Lage sein, diese lateinischen Schriftzeichen zu lesen, während dies bei anderen Schriftzeichen in unterschiedlichem Ausmaß nicht der Fall sein dürfte (etwa bei kyrillischen, erst recht beispielsweise bei chinesischen Schriftzeichen). Die Vokabeln, die die Probanden lernen mussten, sollten mithin einer Sprache entstammen, die in lateinischer Schrift geschrieben wird. Dabei sollten solche Sonderzeichen vermieden werden, die dem Deutschen unbekannt sind (etwa das polnische ,ł’).

Die Vokabeln selbst sollten, wenn möglich, allen Probanden unbekannt sein. Von daher schied eine Sprache aus, die an Schulen oder an der Universität üblicherweise unterrichtet wird (wie Englisch, Latein, Französisch, Spanisch, Italienisch). Andererseits sollte den Probanden nicht der Eindruck vermittelt werden, ihre Lernbemühungen seien völlig unsinnig. Daher sollten keine Fantasiewörter angezeigt werden, sondern durchaus Vokabeln einer existierenden Sprache. Die Wahl fiel schließlich auf Ungarisch, eine Sprache aus einer anderen Sprachfamilie (so dass vermutlich auch kein Wort zu erraten wäre). Dennoch ist das Land so groß und innerhalb der EU wie auch als Reiseland so bedeutend, dass die Relevanzfrage als unbedeutend eingeschätzt wurde.

Der Umfang wie die Thematik des Vokabulars sollte nicht allzu umfangreich sein. Im Rahmen von 45 Minuten sollten die Probanden eine Liste von 10 Vokabeln lernen. Die Vokabeln sollten aus dem Umkreis des Wortfeld zum Tourismus entstammen. Jeder Proband erhielt jeweils die selbe Vokabelliste.

Anschließend, sowie – in Form einer Paneluntersuchung – am folgenden Tag und exakt eine Woche später wurden die Vokabeln erneut abgefragt. Die Anordnung der Lernliste erfolgte alphabetisch, die Reihenfolge bei den mündlichen Abfragen erfolgte nach dem Zufallsprinzip
Die Probanden waren Studierende der Philosophischen Fakultäten an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken, die per Aushang gewonnen wurden. Sie mussten deutsche Muttersprachler sein; weitere Anforderungen wurden nicht gestellt.


3. Resultate

Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse des Experiments. Zunächst wird die durchschnittliche Zahl der korrekt memorierten Vokabeln[1] genannt Der Durchschnittswert bezieht sich auf die tatsächliche Probandenzahl in einer Gruppe (N); die Varianz zeigt an, wie viele Vokabeln jeweils vom besten und vom schlechtesten Lerner einer Gruppe korrekt wiedergegeben werden konnten.



Gruppe 1
Vokabeln in Schriftform

Gruppe 2:
Vokabeln auf Computer (statisch)

Gruppe 3:
Vokabeln auf Computer; Auf- und Abblendeffekt



unmittelbar nach dem Lernen


Ø 8 (Varianz: 9 – 5), N = 10

Ø 6 (Varianz: 8 – 3), N = 9

Ø 3 (Varianz: 5 – 1), N = 10

einen Tag später


Ø 5 (Varianz: 7 – 3), N = 10

Ø 3 (Varianz: 6 – 1), N = 7

Ø 2 (Varianz: 2 – 0), N = 9

eine Woche später


Ø 2 (Varianz: 3 – 0), N = 10

Ø 1 (Varianz: 2 – 0), N = 8

Ø 0 (Varianz: 1 – 0), N = 10
Tab. 1: Memorierte Vokabeln

Es war angestrebt, dass jeweils zehn Probanden eine Gruppe bilden. Dies konnte bei Gruppe 1 und 3 erreicht werden; am Experiment nahmen in Gruppe 2 aber nur neun Probanden teil. Da das Experiment als Panel-Untersuchung konzipiert war, sollten dieselben zehn Probanden am Folgetag und in der Folgewoche erneut befragt werden. Das Zeitkorsett führt zunächst dazu, dass der Ausfall in Gruppe 2 nicht mehr kompensiert werden konnte.

Die Probanden mussten sich anmelden; sie erhielten jeweils am Vortag sowie am Morgen der Untersuchungstage eine Erinnerungsmail.

Die Paneluntersuchung konnte in Gruppe 1 problemlos durchgeführt werden. In Gruppe 3, die ebenfalls aus zehn Probanden bestand, konnten bei der Befragung in der Folgewoche alle zehn Teilnehmer (erneut) erreicht werden, allerdings fehlte ein Proband bei der Befragung am Folgetag. Bei Gruppe 2, die bereits zu Beginn nur neun Teilnehmer aufwies, reduzierte sich die Teilnehmerzahl am Folgetag sogar auf (nur) sieben. In der Untersuchung, die exakt eine Woche nach dem Experimentaltermin stattfand, nahmen dann immerhin acht Probanden teil, also wieder ein Proband mehr. – Die jeweils guten Ergebnisse zum dritten Untersuchungszeitpunkt können damit erklärt werden, dass er zur selben Uhrzeit wie der Ersttermin stattfand. Wer also grundsätzlich zu diesem Termin Zeit hatte (und der Ersttermin war ja am zeitintensivsten), hatte damit vermutlich auch eine Woche später (erneut) Zeit. Das war offenbar am Folgetag nur etwas eingeschränkt der Fall gewesen, obwohl die Termine natürlich bereits auf dem Aushang und erneut zu Beginn des Experiments kommuniziert wurden. Die ,Ausfallquote’ bewegt sich aber im bei sozialwissenschaftlichen Experimenten üblichen, tendenziell in diesem Kontext sogar eher niedrigen Bereich.


4. Interpretation der Ergebnisse und Zusammenfassung

Es gibt in der Tat deutliche Unterschiede bezüglich der Behaltensleistung der Vokabeln in Abhängigkeit vom Medium, über das gelernt wird. Eine klassische Vokabelliste war im Kontext des Experiments am erfolgreichsten, der Einsatz des Computers scheint die Lerneffizienz bereits zu verschlechtern, und Bewegung führt zu einem noch schlechteren Ergebnis. Offensichtlich konnte also die Hypothese (Ausgangsvermutung) bestätigt werden. Demnach führt eine über den Computer präsentierte und mehr noch eine dort durch Bewegung hervorgehobene Vokabelliste nicht zu Verbesserungen, sondern umgekehrt zu einem auffällig schlechteren Ergebnis.

Allerdings könnte fraglich sein, ob sich die hier präsentierten Resultate replizieren lassen; zudem ist noch nicht bestätigt, dass die vermutete Ursache ausschlaggebend war.

Zunächst muss diskutiert werden, ob die Probandenzahl pro Gruppe zu niedrig war, so dass es vielleicht bereits durch einzelne ,Ausreißer’ zu signifikanten Verschiebungen gekommen ist. In der Tat gibt es bei vielen sozialwissenschaftlichen Experimenten eine höhere Teilnehmerzahl – allerdings vor allem dort, wo Einstellungen untersucht werden. Auch bei scheinbar ,objektiven Lernleistungen’ spielen natürlich subjektive Faktoren eine Rolle, von der Tagesform bis zur kognitiven Kompetenz. Die Varianz der Einflussfaktoren ist aber begrenzter und die Variablen einheitlich, so dass hier vermutet wird, dass die Teilnehmerzahl hinreichend groß ist und zu aussagekräftigen Ergebnisse führt. Dennoch sollte das Experiment mit einer größeren Probandenzahl wiederholt werden.

Da bereits bei der zweiten Gruppe, die die Vokabeln am statischen, als ohne Bewegungseffekte auskommenden Computermonitor lernen sollte, ein gewisser Einbruch zu beobachten war, könnte auch die konkrete Umsetzung und Durchführung des Experiments im Rahmen des computergestützten Lernens dafür verantwortlich sein, dass es zu Effekten gekommen ist, die die Ausgangshypothese zu bestätigen scheinen, obwohl sie tatsächlich andere Ursachen haben. So hatte das Medium zweifellos Auswirkungen. Insbesondere gab es bereits auf demselben Computermonitor zahlreiche Zusatzinformationen, die möglicherweise ablenkend wirkten: Die Probanden registrierten beispielsweise, mit welchen Programmen und Programmversionen die Vokabeln angezeigt wurden. Probanden veränderten gar Einstellungen im Programm. Es wurde etwa beobachtet, dass ein Proband im Word-Dokument über die Zoom-Funktion der Kommandoleiste die Größe der Seitendarstellung verändert hatte. Auch die jeweiligen Sitznachbarn konnten dies beobachten und waren dadurch möglicherweise abgelenkt. Natürlich gibt es entsprechende Möglichkeiten und Verhaltensweisen nicht nur in der Laborsituation. Vom Medium abhängige Effekte entstehen vielmehr immer dann, wenn mit Medien gearbeitet wird. Vermutlich wirken sie sich im Gruppenkontext aber stärker aus – insbesondere können sie sich gegebenenfalls nicht beim agierenden, dafür umso stärker bei den danebensitzenden Lernern als irritierend erweisen. Bereits deshalb sollte das Experiment in variierten Settings wiederholt werden, etwa, indem Probanden nicht gruppenweise, sondern allein und isoliert lernen[2].

Die diskutierten Punkte mögen mithin die Validität des Experiments - und somit diejenige des Ergebnisses - beeinflusst haben, so dass allein aus diesem Grund Folgeuntersuchungen sinnvoll sind. Gegebenenfalls wirken sich die beschriebenen Effekte in der Tat so stark aus, dass die hier ermittelten Resultate Konsequenzen nahelegen, die übertrieben erscheinen. Allerdings fiel im Verlauf des Experiments nichts auf, was als Erklärung für eine Alternativhypothese dienen könnte. Es mag mithin fraglich sein, ob das Ausmaß der in diesem Experiment beobachteten Effekte auch in anderen Laborsettings oder in realen Lernsituationen ähnlich stark ist. Wenn aber ähnliche Effekte repliziert werden sollten, liegt die Vermutung nahe, dass die hier formulierte Erklärung ursächlich ist.

Demnach wäre es in der Tat sinnvoll, im Kontext des Vokabellernens auf den Computer - und dort in jedem Fall auf sich bewegende Darstellungen der Vokabeln - zu verzichten.


Anhang

Vokabelliste


Auf wiedersehen


búcsú

Bitte


kérem

Danke


köszönöm

Entschuldigung


Bocsánat

Ferien


ünnep

Guten Tag


jó napot kívánok

die Mahlzeit


az étkezés

das Restaurant


az étterem

Tschüß


viszlát

die Übernachtung


az éjszaka


Bibliographie

Aggleton, John P. (1992), The Amygdala: Neurobiological Aspects of Emotion, Memory and Mental DysfunctionLondon: Wiley

Aggleton, John P. (2000), The Amygdala: A Functional Analysis. Oxford: Oxford University Press

Aggleton, John P.; Young, Andrew W., (2002), “The Enygma of the Amygdala. On Its Contribution to Human Emotion”. In: Lane, Richard D.; Nadel, Lynn (Eds.) (2002), Cognitive Neuroscience of Emotion. Oxford; New York: Oxford University Press. 12 – 23.

Andersen, Per; Morris, Richard; Amaral, David; Bliss, Tim; OKeefe, John (Eds.) (2006), TheHippocampus. Oxford: Oxford University Press

Damasio, Anotonio (2003). Looking for Spinoza: Joy, Sorrow and the Feeling Brain. New York, New York: Harcourt.

Eleftheriou, Basil. E. (Ed.) (1972), Neurobiology of the AmygdalaLondon: Plenum

Langner, Michael (2011), „Digitale Medien, E-Learning - und was ,sagt’ unser Gehirn dazu?“. In:1. Saarbrücker FremdsprachentagungSaarbrücken.

Phelps, Elizabeth A. (2006), “Emotion and Cognition: Insights from Studies of the Human Amygdala”. In: Annual Review of Psychology, Vol. 57, 27 – 53.

Roth, Gerhard (2011), Bildung braucht Persönlichkeit: Wie Lernen gelingt. Stuttgart: Klett-Cotta

Seifert, Wilfred (1983) Neurobiology of the HippocampusLondon: Academic Press

Spitzer, Manfred (2010), Medizin für die Bildung: Ein Weg aus der Krise. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag

Traub, Roger D.; Miles, Richard (1991), Neuronal Networks of the HippocampusCambridge: Cambridge University Press


Autor:

Prof. Dr. Hans W. Giessen
Informationswissenschaft
Universität des Saarlandes
Postfach 151150
D-66041 Saarbrücken
E-Mail: h.giessen@gmx.net




[1] Die Kategorie ,korrekt memorierte Vokabeln’ bedeutet, dass diese fehlerlos wiedergegeben werden mussten. Wurde eine Vokabel mit leichten Fehlern wiedergegeben, wäre sie möglicherweise in einer kommunikativen Situation noch verständlich gewesen, was bereits einen nicht unbedeutenden Lernerfolg darstellt. Dennoch wurden solche Angaben hier nicht gewertet, da es sich bei diesen nicht um eine exakte Replikation handelt.
[2] Andererseits widersprechen auch diese Beobachtungen nicht notwendigerweise der Ausgangshypothese, denn gerade beispielsweise die Ablenkung durch den Probanden, der die Programmeinstellungen verändert hat, wirkte sich bei den Sitznachbarn durch Bewegungseffekte auf dem Nachbarmonitor aus – wenn auch nicht durch solche, die für das Experiment kreiert worden waren.