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JLLT edited by Thomas Tinnefeld
Journal of Linguistics and Language Teaching
Volume 2 (2011) Issue 2
pp. 325 - 336



Medien- und medieneffektabhängiges
Vokabellernen

Hans W. Giessen (Saarbrücken, Germany)

Abstract (English)

In the present study, three different ways of vocabulary learning were presented to students. The first group of students was given a vocabulary list on a paper sheet. The second group learned from the very same list presented on a computer screen, while the third group learned the same lexical items from a computer screen which included morphing effects. In the third group, learning achievements were the worst. Achievements were found to be the best in the first group in which the learning material was presented on a paper sheet.  These effects may result from the degree of activation of the amygdala. 
Key words: computer-based learning, vocabulary, amygdala


Abstract (Deutsch)
Zur Untersuchung medien- und medieneffektabhängiger Effekte beim Vokabellernen sollten Probanden in drei Gruppen und unter verschiedenen Bedingungen Vokabeln lernen: eine Gruppe vom Blatt, die zweite Gruppe vom Computer, und die dritte Gruppe ebenfalls vom Computer, zudem verstärkt durch Blendeffekte. In dieser Kombination war die Lernleistung besonders schlecht. Am erfolgreichsten waren die Probanden, die vom Papierblatt lernten. – Es wird vermutet, dass, wie in der Ausgangsthese formuliert, die Aktivierung der Amygdala ausschlaggebend ist.
Stichwörter: Computergestütztes Lernen, Vokabellernen, Amygdala


1. Einleitung

Die Ergebnisse der Hirnforschung beziehungsweise der Neurowissenschaften ermöglichen neue Erkenntnisse über das Lernen (dazu jüngst: Spitzer 2010, Roth 2011) und speziell über das Sprachenlernen (Langner 2011). Verschiedene Verfahren lassen erkennen, welche Gehirnregionen unter welchen Voraussetzungen aktiv werden. Insbesondere wissen wir nun auch genauer, welche Gehirnregionen beim (Sprachen-) Lernen aktiv und notwendig sind, und welche eher hinderlich oder gar lernhemmend wirken.

Somit besteht auch die Möglichkeit, die Resultate dieser Befunde in Übereinstimmung mit Lernstrategien und -vorgängen zu bringen. Letztlich muss es unser Interesse sein, die Voraussetzungen zu schaffen, dass möglichst die Gehirnregionen aktiviert werden, die den jeweiligen Lernprozessen förderlich sind, und die Aktivität derjenigen Gehirnprozesse begrenzt wird, die dem Lernen hinderlich sind.

Dies sind jeweils sehr unterschiedliche Hirnregionen, je nach Lerninhalt und -situation. Eine erste Konkretisierung erfolgt durch die Eingrenzung auf das Sprachenlernen. Allerdings handelt es sich auch dabei um ein noch sehr weites Feld, das von der aktiven Sprachproduktion über das Hör- und Leseverstehen, die Phonetik und Grammatik bis hin zum Wortschatz (Vokabellernen) reicht (von weiteren, eng damit verbundenen und zweifellos ebenfalls notwendigen Feldern wie dem Übermitteln interkultureller Kenntnisse und Informationen zur Landeskunde einmal ganz abgesehen). Verallgemeinernd kann an dieser Stelle bereits angedeutet werden, dass diese unterschiedlichen Bereiche des Sprachenlernens auch mit unterschiedlichen Bereichen unseres Gehirns verknüpft sind. Akustische Reize werden woanders verarbeitet als visuelle Effekte; Lernen beziehungsweise Reflektion und Kreativität erfordert jeweils spezifische Gehirnaktivitäten – und wird von jeweils spezifischen Störfaktoren beeinflusst.

Ein wichtiger Aspekt in diesem Kontext ist die Konkurrenz zwischen Hippocampus (Seifert 1983, Traub/Miles 1991, Andersen 2006) und Amygdala (Eleftheriou 1972, Aggleton 1992, 2000, Phelps 2006). Lernen, Kreativität, auch das Memorieren (etwa von Vokabeln) erfolgt mit Hilfe des Hippocampus, der Cortexrinde (insbesondere des Assoziationscortex) sowie der Insula. Dagegen beeinträchtigt die Amygdala die Funktion des Hippocampus. Die Amygdala wird aktiv, wenn wir starke Emotionen empfinden (Aggleton 2002, Damasio 2003), bei Freude, aber auch bei Sorgen, Furcht und Angst. Sie schüttet dann Hormone aus und beeinflusst den Blutdruck. Dies überlagert alle mit dem Hippocampus assoziierten Prozesse beziehungsweise bringt sie zum Stillstand. Etwas überspitzt: Wird die Amygdala aktiv, blockiert sie den Hippocampus.

Die evolutionsgeschichtliche Erklärung ist, dass es in einer gefährlichen Situation – wenn beispielsweise ein Raubtier plötzlich angreift – nicht sinnvoll ist, viele Überlegungen anzustellen. In einer solchen Situation sind schnelle Reaktionen notwendig: Flucht oder Kampf. Zu diesem Zweck muss umgehend der Blutdruck erhöht werden. Dazu werden Hormone ausgeschüttet. Der Hippocampus und die mit ihm assoziierten Prozesse sind dabei nur hinderlich. Die gilt im Übrigen auch heute noch. Wenn auf der Straße ein Auto herangeschossen kommt, wäre es lebensgefährlich, darüber nachzudenken, ob wir dieses Volvo-Modell schon einmal gesehen haben und wie viel PS der Wagen wohl hat. In dieser Situation sind, erneut, schnelle Reaktionen notwendig. Wir müssen beiseite springen. Die Amygdala schafft die Voraussetzungen, dass die dafür notwendigen physiologischen Prozesse ablaufen können.

Daher sind beide Gehirnareale in der Tendenz Antagonisten. Vom Ergebnis her war dies grundsätzlich bekannt: Wir wissen, dass viele Studierende in Prüfungssituationen, wenn Angst ebenfalls die Amygdala aktiv werden lässt, einen ’Black Out’ haben können und Sachverhalte nicht mehr präsent zu sein scheinen, die sie zu wissen glaubten. Angst schränkt auch die Möglichkeiten ein, kreativ zu reagieren. Das Phänomen war mithin schon lange bekannt; anhand der neueren neurologischen Erkenntnisse wissen wir auch genauer, warum dies so ist.
Es ist naheliegend, dass der Antagonismus zwischen Hippocampus und Amygdala auch im Kontext des Sprachenlernens von Bedeutung ist. Wenn wir beispielsweise Vokabeln lernen wollen, darf die Amygdala nicht stimuliert werden.

Nun ist es so, dass die Amygdala bereits durch visuelle Reize aktiviert wird, insbesondere durch Bewegungen. Dies erklärt sich aus dem oben gesagten, denn: Eine Bedrohung war evolutionsgeschichtlich wohl überwiegend mit Bewegungen verbunden. Die Metapher bestätigt es noch immer: ,Gefahr kommt auf uns zu’ – das fremde Tier, die Lawine, das Auto. Wenn wir die Gefahr ,kommen sehen’, müssen wir schnell handeln. Andererseits hat die Tatsache, dass die Amygdala nicht nur allgemein bei Angst oder emotional einschneidenden Situationen aktiv wird, sondern tendenziell eben bereits dann, wenn wir Bewegungen sehen, Konsequenzen für die Gestaltung von Lernumgebungen. Ist das Ziel, dass beispielsweise Vokabeln gelernt werden sollen, müssen Störungen oder auch nur Irritationen vor allem visueller Art wenn möglich minimiert werden.

Fraglich ist nun, wie sehr sich diese grundsätzlichen Erkenntnisse auswirken. Heutzutage erfolgt das Sprachen- und insbesondere auch das Vokabellernen auch computergestützt, und in diesem Kontext ist es üblich (und schick), dass es viele Anwendungen gibt, in denen Programme eingesetzt werden, die mit Bewegungen arbeiten. Mitunter werden wichtige Vokabeln herausgehoben, in dem sie aufgeblendet werden und dann wieder verschwinden, um einem Eingabefeld Platz zu machen. Häufig gibt es neben dem Vokabelfeld Filmanwendungen.
Fraglich ist, ob all dies förderlich ist, oder – zumindest bezüglich des Vokabellernens – eher hinderlich. Sind die theoretischen Erkenntnisse aus der Hirnforschung mithin von Bedeutung für die Praxis, oder dominiert das informationstechnisch machbare, ohne dass dies Konsequenzen hätte (vielleicht sogar im Gegenteil, da moderne Programme die Lust am Sprachenlernen steigern)?


2. Das Experiment

Daher sollte im Rahmen eines Experiments überprüft werden, ob eine möglicherweise durch Bewegungen auf dem Computerbildschirm stimulierte Reizung der Amygdala Auswirkungen auf die Effektivität des Vokabellernens hat. Zu diesem Zweck wurden drei Gruppen gebildet. Eine Gruppe sollte Vokabeln auf traditionelle Art und Weise lernen, von einer Vokabelliste, die den Probanden auf Papier überreicht wurde; die zweite Gruppe sollte dieselbe Vokabelliste am Computer lernen, aber von einem statischen Word-Dokument aus. Fraglich ist, ob es hier bereits Unterschiede zur ersten Gruppe gibt, ob also beispielsweise der Computer selbst eine andere Art des Vokabellernens evoziert und mithin eine weitere veränderbare Variable darstellt. Im Fall der dritten Gruppe wurde ein Flash-Dokument gestaltet, in dem die deutschen und die fremdsprachigen Vokabeln einander in einem Auf- und Abblendprozess ersetzten. Hier handelte es sich also um Bewegungen, wenngleich relativ langsamer Art. Fraglich ist, ob diese Bewegungen einen Unterschied zum traditionellen Lernen und gegebenenfalls einen erneuten Unterschied zum statischen computergestützten Vokabellernen verursachen.

Die zu lernenden Vokabeln sollten natürlich erkennbar sein, mussten also - angesichts der Tatsache, dass die Probanden alle deutsche Muttersprachler sein sollten – in lateinischer Schrift gehalten sein. Alle Studierenden mit deutscher Muttersprache müssten in der Lage sein, diese lateinischen Schriftzeichen zu lesen, während dies bei anderen Schriftzeichen in unterschiedlichem Ausmaß nicht der Fall sein dürfte (etwa bei kyrillischen, erst recht beispielsweise bei chinesischen Schriftzeichen). Die Vokabeln, die die Probanden lernen mussten, sollten mithin einer Sprache entstammen, die in lateinischer Schrift geschrieben wird. Dabei sollten solche Sonderzeichen vermieden werden, die dem Deutschen unbekannt sind (etwa das polnische ,ł’).

Die Vokabeln selbst sollten, wenn möglich, allen Probanden unbekannt sein. Von daher schied eine Sprache aus, die an Schulen oder an der Universität üblicherweise unterrichtet wird (wie Englisch, Latein, Französisch, Spanisch, Italienisch). Andererseits sollte den Probanden nicht der Eindruck vermittelt werden, ihre Lernbemühungen seien völlig unsinnig. Daher sollten keine Fantasiewörter angezeigt werden, sondern durchaus Vokabeln einer existierenden Sprache. Die Wahl fiel schließlich auf Ungarisch, eine Sprache aus einer anderen Sprachfamilie (so dass vermutlich auch kein Wort zu erraten wäre). Dennoch ist das Land so groß und innerhalb der EU wie auch als Reiseland so bedeutend, dass die Relevanzfrage als unbedeutend eingeschätzt wurde.

Der Umfang wie die Thematik des Vokabulars sollte nicht allzu umfangreich sein. Im Rahmen von 45 Minuten sollten die Probanden eine Liste von 10 Vokabeln lernen. Die Vokabeln sollten aus dem Umkreis des Wortfeld zum Tourismus entstammen. Jeder Proband erhielt jeweils die selbe Vokabelliste.

Anschließend, sowie – in Form einer Paneluntersuchung – am folgenden Tag und exakt eine Woche später wurden die Vokabeln erneut abgefragt. Die Anordnung der Lernliste erfolgte alphabetisch, die Reihenfolge bei den mündlichen Abfragen erfolgte nach dem Zufallsprinzip
Die Probanden waren Studierende der Philosophischen Fakultäten an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken, die per Aushang gewonnen wurden. Sie mussten deutsche Muttersprachler sein; weitere Anforderungen wurden nicht gestellt.


3. Resultate

Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse des Experiments. Zunächst wird die durchschnittliche Zahl der korrekt memorierten Vokabeln[1] genannt Der Durchschnittswert bezieht sich auf die tatsächliche Probandenzahl in einer Gruppe (N); die Varianz zeigt an, wie viele Vokabeln jeweils vom besten und vom schlechtesten Lerner einer Gruppe korrekt wiedergegeben werden konnten.



Gruppe 1
Vokabeln in Schriftform

Gruppe 2:
Vokabeln auf Computer (statisch)

Gruppe 3:
Vokabeln auf Computer; Auf- und Abblendeffekt



unmittelbar nach dem Lernen


Ø 8 (Varianz: 9 – 5), N = 10

Ø 6 (Varianz: 8 – 3), N = 9

Ø 3 (Varianz: 5 – 1), N = 10

einen Tag später


Ø 5 (Varianz: 7 – 3), N = 10

Ø 3 (Varianz: 6 – 1), N = 7

Ø 2 (Varianz: 2 – 0), N = 9

eine Woche später


Ø 2 (Varianz: 3 – 0), N = 10

Ø 1 (Varianz: 2 – 0), N = 8

Ø 0 (Varianz: 1 – 0), N = 10
Tab. 1: Memorierte Vokabeln

Es war angestrebt, dass jeweils zehn Probanden eine Gruppe bilden. Dies konnte bei Gruppe 1 und 3 erreicht werden; am Experiment nahmen in Gruppe 2 aber nur neun Probanden teil. Da das Experiment als Panel-Untersuchung konzipiert war, sollten dieselben zehn Probanden am Folgetag und in der Folgewoche erneut befragt werden. Das Zeitkorsett führt zunächst dazu, dass der Ausfall in Gruppe 2 nicht mehr kompensiert werden konnte.

Die Probanden mussten sich anmelden; sie erhielten jeweils am Vortag sowie am Morgen der Untersuchungstage eine Erinnerungsmail.

Die Paneluntersuchung konnte in Gruppe 1 problemlos durchgeführt werden. In Gruppe 3, die ebenfalls aus zehn Probanden bestand, konnten bei der Befragung in der Folgewoche alle zehn Teilnehmer (erneut) erreicht werden, allerdings fehlte ein Proband bei der Befragung am Folgetag. Bei Gruppe 2, die bereits zu Beginn nur neun Teilnehmer aufwies, reduzierte sich die Teilnehmerzahl am Folgetag sogar auf (nur) sieben. In der Untersuchung, die exakt eine Woche nach dem Experimentaltermin stattfand, nahmen dann immerhin acht Probanden teil, also wieder ein Proband mehr. – Die jeweils guten Ergebnisse zum dritten Untersuchungszeitpunkt können damit erklärt werden, dass er zur selben Uhrzeit wie der Ersttermin stattfand. Wer also grundsätzlich zu diesem Termin Zeit hatte (und der Ersttermin war ja am zeitintensivsten), hatte damit vermutlich auch eine Woche später (erneut) Zeit. Das war offenbar am Folgetag nur etwas eingeschränkt der Fall gewesen, obwohl die Termine natürlich bereits auf dem Aushang und erneut zu Beginn des Experiments kommuniziert wurden. Die ,Ausfallquote’ bewegt sich aber im bei sozialwissenschaftlichen Experimenten üblichen, tendenziell in diesem Kontext sogar eher niedrigen Bereich.


4. Interpretation der Ergebnisse und Zusammenfassung

Es gibt in der Tat deutliche Unterschiede bezüglich der Behaltensleistung der Vokabeln in Abhängigkeit vom Medium, über das gelernt wird. Eine klassische Vokabelliste war im Kontext des Experiments am erfolgreichsten, der Einsatz des Computers scheint die Lerneffizienz bereits zu verschlechtern, und Bewegung führt zu einem noch schlechteren Ergebnis. Offensichtlich konnte also die Hypothese (Ausgangsvermutung) bestätigt werden. Demnach führt eine über den Computer präsentierte und mehr noch eine dort durch Bewegung hervorgehobene Vokabelliste nicht zu Verbesserungen, sondern umgekehrt zu einem auffällig schlechteren Ergebnis.

Allerdings könnte fraglich sein, ob sich die hier präsentierten Resultate replizieren lassen; zudem ist noch nicht bestätigt, dass die vermutete Ursache ausschlaggebend war.

Zunächst muss diskutiert werden, ob die Probandenzahl pro Gruppe zu niedrig war, so dass es vielleicht bereits durch einzelne ,Ausreißer’ zu signifikanten Verschiebungen gekommen ist. In der Tat gibt es bei vielen sozialwissenschaftlichen Experimenten eine höhere Teilnehmerzahl – allerdings vor allem dort, wo Einstellungen untersucht werden. Auch bei scheinbar ,objektiven Lernleistungen’ spielen natürlich subjektive Faktoren eine Rolle, von der Tagesform bis zur kognitiven Kompetenz. Die Varianz der Einflussfaktoren ist aber begrenzter und die Variablen einheitlich, so dass hier vermutet wird, dass die Teilnehmerzahl hinreichend groß ist und zu aussagekräftigen Ergebnisse führt. Dennoch sollte das Experiment mit einer größeren Probandenzahl wiederholt werden.

Da bereits bei der zweiten Gruppe, die die Vokabeln am statischen, als ohne Bewegungseffekte auskommenden Computermonitor lernen sollte, ein gewisser Einbruch zu beobachten war, könnte auch die konkrete Umsetzung und Durchführung des Experiments im Rahmen des computergestützten Lernens dafür verantwortlich sein, dass es zu Effekten gekommen ist, die die Ausgangshypothese zu bestätigen scheinen, obwohl sie tatsächlich andere Ursachen haben. So hatte das Medium zweifellos Auswirkungen. Insbesondere gab es bereits auf demselben Computermonitor zahlreiche Zusatzinformationen, die möglicherweise ablenkend wirkten: Die Probanden registrierten beispielsweise, mit welchen Programmen und Programmversionen die Vokabeln angezeigt wurden. Probanden veränderten gar Einstellungen im Programm. Es wurde etwa beobachtet, dass ein Proband im Word-Dokument über die Zoom-Funktion der Kommandoleiste die Größe der Seitendarstellung verändert hatte. Auch die jeweiligen Sitznachbarn konnten dies beobachten und waren dadurch möglicherweise abgelenkt. Natürlich gibt es entsprechende Möglichkeiten und Verhaltensweisen nicht nur in der Laborsituation. Vom Medium abhängige Effekte entstehen vielmehr immer dann, wenn mit Medien gearbeitet wird. Vermutlich wirken sie sich im Gruppenkontext aber stärker aus – insbesondere können sie sich gegebenenfalls nicht beim agierenden, dafür umso stärker bei den danebensitzenden Lernern als irritierend erweisen. Bereits deshalb sollte das Experiment in variierten Settings wiederholt werden, etwa, indem Probanden nicht gruppenweise, sondern allein und isoliert lernen[2].

Die diskutierten Punkte mögen mithin die Validität des Experiments - und somit diejenige des Ergebnisses - beeinflusst haben, so dass allein aus diesem Grund Folgeuntersuchungen sinnvoll sind. Gegebenenfalls wirken sich die beschriebenen Effekte in der Tat so stark aus, dass die hier ermittelten Resultate Konsequenzen nahelegen, die übertrieben erscheinen. Allerdings fiel im Verlauf des Experiments nichts auf, was als Erklärung für eine Alternativhypothese dienen könnte. Es mag mithin fraglich sein, ob das Ausmaß der in diesem Experiment beobachteten Effekte auch in anderen Laborsettings oder in realen Lernsituationen ähnlich stark ist. Wenn aber ähnliche Effekte repliziert werden sollten, liegt die Vermutung nahe, dass die hier formulierte Erklärung ursächlich ist.

Demnach wäre es in der Tat sinnvoll, im Kontext des Vokabellernens auf den Computer - und dort in jedem Fall auf sich bewegende Darstellungen der Vokabeln - zu verzichten.


Anhang

Vokabelliste


Auf wiedersehen


búcsú

Bitte


kérem

Danke


köszönöm

Entschuldigung


Bocsánat

Ferien


ünnep

Guten Tag


jó napot kívánok

die Mahlzeit


az étkezés

das Restaurant


az étterem

Tschüß


viszlát

die Übernachtung


az éjszaka


Bibliographie

Aggleton, John P. (1992), The Amygdala: Neurobiological Aspects of Emotion, Memory and Mental DysfunctionLondon: Wiley

Aggleton, John P. (2000), The Amygdala: A Functional Analysis. Oxford: Oxford University Press

Aggleton, John P.; Young, Andrew W., (2002), “The Enygma of the Amygdala. On Its Contribution to Human Emotion”. In: Lane, Richard D.; Nadel, Lynn (Eds.) (2002), Cognitive Neuroscience of Emotion. Oxford; New York: Oxford University Press. 12 – 23.

Andersen, Per; Morris, Richard; Amaral, David; Bliss, Tim; OKeefe, John (Eds.) (2006), TheHippocampus. Oxford: Oxford University Press

Damasio, Anotonio (2003). Looking for Spinoza: Joy, Sorrow and the Feeling Brain. New York, New York: Harcourt.

Eleftheriou, Basil. E. (Ed.) (1972), Neurobiology of the AmygdalaLondon: Plenum

Langner, Michael (2011), „Digitale Medien, E-Learning - und was ,sagt’ unser Gehirn dazu?“. In:1. Saarbrücker FremdsprachentagungSaarbrücken.

Phelps, Elizabeth A. (2006), “Emotion and Cognition: Insights from Studies of the Human Amygdala”. In: Annual Review of Psychology, Vol. 57, 27 – 53.

Roth, Gerhard (2011), Bildung braucht Persönlichkeit: Wie Lernen gelingt. Stuttgart: Klett-Cotta

Seifert, Wilfred (1983) Neurobiology of the HippocampusLondon: Academic Press

Spitzer, Manfred (2010), Medizin für die Bildung: Ein Weg aus der Krise. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag

Traub, Roger D.; Miles, Richard (1991), Neuronal Networks of the HippocampusCambridge: Cambridge University Press


Autor:

Prof. Dr. Hans W. Giessen
Informationswissenschaft
Universität des Saarlandes
Postfach 151150
D-66041 Saarbrücken
E-Mail: h.giessen@gmx.net




[1] Die Kategorie ,korrekt memorierte Vokabeln’ bedeutet, dass diese fehlerlos wiedergegeben werden mussten. Wurde eine Vokabel mit leichten Fehlern wiedergegeben, wäre sie möglicherweise in einer kommunikativen Situation noch verständlich gewesen, was bereits einen nicht unbedeutenden Lernerfolg darstellt. Dennoch wurden solche Angaben hier nicht gewertet, da es sich bei diesen nicht um eine exakte Replikation handelt.
[2] Andererseits widersprechen auch diese Beobachtungen nicht notwendigerweise der Ausgangshypothese, denn gerade beispielsweise die Ablenkung durch den Probanden, der die Programmeinstellungen verändert hat, wirkte sich bei den Sitznachbarn durch Bewegungseffekte auf dem Nachbarmonitor aus – wenn auch nicht durch solche, die für das Experiment kreiert worden waren.