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JLLT edited by Thomas Tinnefeld
Journal of Linguistics and Language Teaching
Volume 7 (2016) Issue 2

Vom effektiven Lehren zum erfolgreichen Fremdsprachenlernen – Grundlagen eines wissenschaftsorientierten Unterrichts

Inez De Florio-Hansen (Kassel, Deutschland)                                            

Abstract (English)
The overall aim of the present article is to inform teachers, educationalists and psychologists about newer findings in educational research and the challenges resulting from meta-analytic studies in the field of foreign language teaching and learning. Starting from general implications of science and research for effective teaching and successful learning, a brief overview is given of the differences between qualitative and quantitative research, especially experimental studies in the form of Randomized Control Trials (RCTs). Subsequently, the impact of meta- and mega-analytic studies on foreign language pedagogy, known worldwide, is analysed. Taking teacher and learner individuality as well as different learning contexts into account, a practice-oriented integration of older and newer findings of scientific endeavor is proposed. The differences between teaching based on conventional methods and direct instruction in the form of interactive whole-class teaching are identified on the basis of the necessary interplay of backward design, curriculum design, instructional systems development and lesson-plan design. The main results of the above reflections are concretized in the Model ofEffective Teaching (MET) that comprises thirty steps. In Section 5, examples of teaching English and French as foreign languages illustrate and describe how to put the most relevant research findings into everyday practice. These teaching units differ from proposals given in textbooks and foreign language journals, by their science-oriented approach. They can be more or less directly applied to the teaching and learning of any foreign language. Furthermore, they serve as models of effective teaching and successful learning in order to help teachers and other practitioners to transfer important scientific findings to their own practice.
Key words: Integration of different research types, meta-analytic studies, evidence-based teaching of foreign languages, scaffolding, science-oriented teaching units (English, French)

Abstract (Deutsch)
Der vorliegende Beitrag informiert Lehrende, Erziehungswissenschaftler sowie Fremdsprachenforscherinnen und -forscher über neuere Ergebnisse der pädagogischen Psychologie. Besonders herausgestellt und erläutert werden die Resultate meta-analytischer Studien, die für das Lehren und Lernen von Fremdsprachen von besonderer Bedeutung sind. Auf der Grundlage allgemeiner Implikationen von Wissenschaft und Forschung für das effektive Lehren und das erfolgreiche Lernen von Fremdsprachen folgt ein Überblick über die Unterschiede zwischen qualitativer und quantitativer Forschung, insbesondere über wissenschaftliche Experimente in Form randomisierter kontrollierter Untersuchungen (RCTs). Der Einfluss von weltweit durchgeführten meta- und mega-analytischen Untersuchungen wird mit Blick auf die praktische Umsetzung im Fremdsprachenunterricht analysiert. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Persönlichkeiten der Lehrenden und Lernenden und der spezielle Lernkontext. Im Anschluss wird eine praxisorientierte Integration älterer und neuerer Forschungsergebnisse vorgenommen. Die direkte Instruktion in Form des interaktiven Klassenunterrichts wird dem Frontalunterricht gegenübergestellt. Als Planungshilfe für den Unterricht dient das MET (Model of Effective Teaching and Successful Learning), welches in 30 Schritten die wesentlichen Erkenntnisse evidenzbasierter Forschung für die Praxis des Fremdsprachenunterrichts nutzbar macht. Das Zusammenspiel von Lehrplanvorgaben, Zielen und Inhalten sowie Lehr- und Lernstrategien wird schliießlich anhand zweier wissenschaftsorientierter Unterrichtsbeispiele konkretisiert.
Stichwörter: Integration unterschiedlicher Forschungsrichtungen, meta-analytische Stud­ien, evidenzbasierte Forschung, wissenschaftsorientierte Unterrichts­eispiele (Englisch, Französisch)

1     Wissenschaftliche Untersuchungen zum Lehren und Lernen von Fremdsprachen
1.1 Effektivität und Effizienz durch neuere Forschungsergebnisse
Mit seiner Studie zum visible learning hat John Hattie (2009) eine weltweite Diskussion über mehr und weniger erfolgreiche Lehr- und Lernstrategien in Gang gesetzt. Obgleich der neuseeländische Forscher das Lehren und Lernen von Fremdsprachen nicht in seine umfangreichen Untersuchungen einbezieht, sind die Ergebnisse der Hattie-Studie auch für den schulischen (und außerschulischen) Fremdsprachenunterricht von großer Bedeutung. Man mag darüber spekulieren, warum Hattie und ähnlich arbeitende Forscher vor ihm, wie z. B. Robert Marzano (1998), das Lehren und Lernen von Fremdsprachen aussparen. Es wäre sicher falsch, anzunehmen, die Faktorenkomplexion habe sie abgeschreckt. Dazu sind sie in der Vereinfachung viel zu geübt (Kap. 3). Vermutlich liegen einfach keine entsprechenden englischsprachigen Studien vor, da Fremdsprachenunterricht bis zum Ende des 20. Jahrhunderts insbesondere in den USA und vielen anderen englischsprachigen Ländern ein Schattendasein führte (zu neueren Entwicklungen u. a. The New York Times Learning Network).[1]    
Das Hauptverdienst von Hattie, der seit dem Jahr 2011 in Australien an der Universität Melbourne forscht und lehrt, besteht u. E. weniger in den großenteils unzureichend durchgeführten Messungen und deren Ergebnissen (Kap. 3.3) als vielmehr in der Botschaft, dass quantitative, evidenzbasierte Forschung für das unterrichtliche Lernen einen hohen Stellenwert hat. Dabei erweckt Hattie freilich den Eindruck, dass Ergebnisse qualitativer Untersuchungen unerheblich seien, obgleich er selbst - wie weiter unten zu zeigen sein wird - von den Resultaten empirisch-qualitativer Studien stark beeinflusst ist: Hatties Unterrichtsmodell stellt eine gelungene Verbindung von Ergebnissen qualitativer Studien aus den 1970er Jahren und neuerer und neuester evidenzbasierter Forschung dar, bei denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine große Zahl von Belegen zusammengetragen und einer empirischen Überprüfung unterzogen haben.   
Trotz dieses Plädoyers für die Berücksichtigung qualitativer Forschungsresultate wäre es aus unserer Sicht – und diese Perspektive wird im Folgenden untermauert – dem Lehren und Lernen von Fremdsprachen abträglich, wenn wir die herausragende Bedeutung empirisch-quantitativer - insbesondere experimenteller - Forschungen für den Fremdsprachenunterricht verkennen würden. Nicht selten sind Lehrende mit den Ergebnissen ihres Unterrichts zufrieden, wenn die Mehrzahl der Lernenden die in den KMK-Bildungsstandards (KMK 2004, 2005, 2012) festgeschriebenen und / oder den Lehrplänen der Bundesländer vorgegebenen Ziele in Form von Fertigkeiten und Fähigkeiten im Großen und Ganzen erreicht. Nimmt man aber die  anzustrebenden Kompetenzen in den Blick, die zusätzlich auf Einstellungen und Haltungen abzielen (Weinert 1999), sehen die Ergebnisse weniger vielversprechend aus. Aber selbst wenn die Anbahnung übergreifender und fremdsprachenbezogener Kompetenzen gelingt, stellt sich in jedem Unterricht - also auch beim Fremdsprachenlernen - die Frage nach Effektivität und Effizienz.
Effektiv ist Unterricht dann, wenn die angestrebten Ziele erreicht werden. Diese Definition greift aber zu kurz bzw. sie ist zu vage formuliert: Effektives Lehren führt zur erfolgreichen Bewältigung von Zielen, bei denen vorab im Sinne des backward design (4.2) festgelegt wird, in welcher Form und bis zu welchem konkreten Niveau die anvisierten Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen tatsächlich ausgebildet sein müssen, damit die Ziele als erreicht gelten können. Ein Beispiel: Mit der Formulierung eine Zusammenfassung schreiben können ist es nicht getan. Vielmehr sind zahlreiche Fragen vorab zu klären, z. B. nach Art und Umfang des Ausgangstexts, seinen spezifischen Merkmalen und dem Adressatenkreis des Resümees - von sprachlichen Strukturen im engeren Sinn einmal abgesehen. Generell ist die Zufriedenheit der Lehrenden (und der Lernenden) in einem fordernden Bereich wie dem Fremdsprachenlehren und -lernen ohne Zweifel wichtig.  Das Vorgehen im Unterricht beinaltet immer Alternativen. Man kann, wie überall, Gutes noch besser machen.
Effizient ist Unterricht dann, wenn die angestrebten, mit Hilfe des backward design festgelegten kurz- und längerfristigen Ziele in angemessener Zeit erreicht werden. Gerade in diesem Zusammenhang lässt der Fremdsprachenunterricht - wie schulischer Unterricht überhaupt - durch den Hang zu einer ungenau definierten Individualisierung sehr zu wünschen übrig. Meist könnten die Schülerinnen und Schüler die Ziele durch angemessene (!) Instruktion deutlich schneller erreichen als durch eine Fülle eigenständig zu bearbeitender Arbeitsblätter. Nicht wenige Lehrende übersehen, dass Worksheets oft eine stärkere Gängelung der Lernenden beinhalten als die sogenannte direkte Instruktion (Kap. 4.1). An dieser Stelle geht es aber in erster Linie um den Zeitaufwand. Dazu ein Beispiel aus meiner Hochschulpraxis:
Als die Individualisierung in Form von Selbsttätigkeit zu Beginn des 21. Jahrhundert besonders propagiert wurde, verteilte ich Arbeitsblätter, welche die Studierenden in Dreier- bzw. Vierergruppen außerhalb des Seminars bearbeiten sollten. Das taten sie auch mit gutem Erfolg, bis mich nach etlichen Nachmittagssitzungen eine Studentin fragte: „Warum erarbeiten wir uns eigentlich in unseren mehrstündigen Treffen etwas, was Sie uns in 15 bis 20 Minuten erklären könnten?“                        
Unterricht ist dann effektiv und effizient, wenn die festgelegten Ziele in erwartetem Umfang in möglichst kurzer Zeit erreicht werden.

1.2 Wissenschaft und Forschung beim Lehren von Fremdsprachen
Trotz unseres Plädoyers für eine evidenzbasierte oder zumindest empirisch- quantitative Ausrichtung der Fremdsprachenlehr- und -lernforschung dürfen wir Ergebnisse älterer und neuerer qualitativer Studien keinesfalls außer Acht lassen. Auf diese Erkenntnisse – auch qualitative Forschung kann zu überprüfbaren Ergebnissen führen – zu verzichten, würde bedeuten wesentliche Erkenntnisse in Frage zu stellen. Freilich sollten wir diese Erkenntnisse nicht fraglos übernehmen, sondern ihnen gegenüber eine wissenschaftsorientierte Haltung einnehmen und beispielsweise folgende Fragen formulieren:
·         In welchen Kontexten und bei welchen Lernenden wurden die vorgestellten Ergebnisse erzielt?
·         Welche Alternativen gibt es, den einzelnen Lehrenden mehr Spielraum lassen?
·         Wie steht es mit den Bedürfnissen und Interessen individueller Lernender?
Um diese und ähnliche Fragen beantworten zu können und / oder entsprechende Antworten nachzuvollziehen und kritisch zu hinterfragen, sollten wir uns vor Augen halten, was Wissenschaft und Forschung bedeuten, in welcher Wechselwirkung sie stehen und wie ihre Integration zu Ergebnissen in der Erziehungswissenschaft und insbesondere in der Fremdsprachenlehr- und -lernforschung führt. Zur Veranschau­lichung der folgenden Definitionen seien in Abschnitt 1.3 die wichtigsten Forschungsergebnisse zweier Wissenschaftler vogestellt, die von empirisch-experimenteller Forschung im Sinne von Hattie weit entfernt sind, deren Theorien jedoch auch heute noch als richtungsweisend für jeden Unterricht (und darüber hinaus) anzusehen sind.

1.2.1 Das Wesen der Wissenschaft?
Wissenschaft besteht in der systematischen Bemühung, Wissen aufzubauen und zu organisieren. Dabei spielen bestimmte Kriterien eine wichtige Rolle. Von wissenschaftlichem Wissen erwarten wir, dass es zu bestimmten Phänomenen Erklärungen bietet und Vorhersagen ermöglicht, die überprüft und repliziert werden können.
Auch Lehrende bauen bei ihren Unterrichtsvorbereitungen Wissen systematisch auf und organisieren es. Sie tun es aber nicht „in a testable and replicable way“ (De Florio 2016: 10). 

1.2.2 Das Verhältnis von Wissenschaft und Forschung
Forschung ist für Wissenschaft unerlässlich, denn sie beinhaltet die systematische Untersuchung eines Sachverhalts mit dem Ziel, Wissen zu vergrößern. Dabei handelt es sich um einen schrittweisen Prozess, bei dem Daten gesammelt und analysiert werden, um Sachverhalte zu entdecken und Fakten zu interpretieren. Forschung dient auch dazu, vorhandene Theorien im Lichte neuer Erkenntnisse einer Revision zu unterziehen und die praktische Anwendung neuer und überprüfter Theorien voranzubringen (De Florio 2016: 10ff.)
Auch diese Definition weist Parallelen zur Tätigkeit von Lehrenden auf: Auch sie sammeln und systematisieren Fakten und Daten, aber nicht, „in order to discover and interpret facts“ (De Florio 2016: 11), und auch nicht in einem unabhängigen, schrittweisen Prozess, sondern um die Lernergebnisse ihrer Schülerinnen und Schüler zu optimieren und / oder um sich die Unterrichtsvorbereitung zu erleichtern. Dabei geht es in der Regel nicht um die Revision vorhandener Theorien.
Für Bildung und Erziehung bedeutet dies:
Educational science is the type of knowledge that relates to all facts of human learning. Educational psychology and educational research aim at generating scientific results for the purpose of enhancing educational activities related to instructional design, classroom management, and assessment. Educational science is in close relationship with other disciplines, especially psychology, sociology, and philosophy. (De Florio 2016: 22). 
Thomas Henry Huxley (1815-1895) formulierte dies noch prägnanter:
Science is simply common sense at its best, that is, rigidly accurate in observation, and merciless to fallacy in logic. (https://www.brainyquote.com/quotes/quotes/t/thomashuxl118633.html; 13.12.2016)
Lehrende halten der Forderung nach mehr Wissenschaftsorientierung bisweilen entgegen, dass die meisten Forscherinnen und Forscher nicht die für ihre Unterrichtspraxis relevanten Probleme untersuchen. Das trifft jedoch auf Hattie, Marzano und zahlreiche englischsprachige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht zu (Kapitel 3). Die Bereitschaft, in Zeiten der Internationalisierung und Globalisierung über den eigenen geographischen Horizont hinauszublicken und sich u. a. an den zahlreichen englischsprachigen Studien zu orientieren, ist aber offensichtlich gering ausgeprägt.
Das Aussparen relevanter Fragen des effektiven Lehrens und des erfolgreichen Lernen gilt auch nicht für Martin Wellenreuther (2004 und öfter), der bereits fünf Jahre vor Hattie ähnliche und sorgfältiger erarbeitete Ergebnisse vorgelegt hatte. Sein Werk Lehren und Lernen – aber wie?, welches im Jahre 2015 in der achten Auflage erschienen ist, trägt den Untertitel Empirisch-experimentelle Forschungen zum Lehren und Lernen im Unterricht.
Aus Gründen der recht begrenzten Leserfreundlichkeit dieses Werkes ist es trotz  hier damit einhergehender Vereinfachungen sinnvoll, in gebotener Kürze zur Klärung dessen beizutragen, was eine wissenschafts- bzw. evidenzbasierte Unterrichtspraxis ausmacht. In unseren Monographien (De Florio 2016, De Florio-Hansen 2014a, 2014b, 2015 und 2016) bieten wir einen Überblick über neuere und neueste wissenschaftliche Entwicklungen, die für das Lehren und Lernen fremder Sprachen relevant sein können. Dabei wird immer wieder betont, dass es - trotz oder gerade wegen des starken Praxisbezugs - nicht darum geht, die Individualität von Lehrenden und Lernenden einzuschränken. Um glaubwürdig zu sein – und dies ist eine wichtige Voraussetzung für erfolgreichen Unterricht –, müssen Lehrende ihrer Persönlichkeit Rechnung tragen. In Kenntnis der individuellen Lernenden und in Absprache mit ihnen entscheiden sie, ob und mit welchen Veränderungen sie die dort offerierten   Anregungen in ihrem Unterricht umsetzen wollen und können.
Wissenschaft und Forschung haben eine dienende Funktion. Ob man Vorschlägen und Anregungen ganz, teilweise oder gar nicht folgt, setzt immer deren Kenntnis voraus.

1.3 Scaffolding – ein vielschichtiges wissenschaftliches Konzept        
In der einschlägigen Literatur wird scaffolding (Aufbau eines unterstützenden Lerngerüsts) wie folgt definiert und spezifiziert:
… in social interaction a knowledgeable participant can create, by means of speech, supportive conditions in which the novice can participate in, and can extend skills and knowledge to higher levels of competence. (Donato 1994: 40)
Im Fremdsprachenunterricht spielt die „Ansprache“ durch einen MKO (more knowledgeable other) beim Scaffolding sicher die entscheidende Rolle. Weitere Hilfen basieren vor allem auf Visualisierungen und dem Modeling, d. h. der Vorgabe eines nachahmenswerten Beispiels (vgl. hierzu die Unterrichtseinheit zu Englisch in 5.1 und zu Französisch in 5.2). Das wichtigste Merkmal eines Experten ist jedoch seine Fähigkeit, die Hilfen kontinuierlich an die Lernentwicklung des Novizen anzupassen:
… the expert’s active stance toward continual revisions of the scaffold in     response to the emerging capabilities of the novice. (Donato 1994: 41)
Die fortlaufende Überprüfung des Gerüsts orientiert sich also an den wachsenden Fähigkeiten der oder des Lernenden. Der wünschenswerte sukzessive Abbau des scaffold bei erfolgreichen (Teil-)Lernprozessen wird als fading bezeichnet.
Die Bezeichnung ‚scaffolding‘ geht auf Jerome Bruner (geb. 1915), einen weltbekannten US-amerikanischen Kognitionspsychologen, zurück (Wood, Bruner & Ross 1976). Bruner reagierte mit seinem Konzept zur Überbrückung von Lernschwierigkeiten auf die Theorien des aus der Schweiz stammenden Entwicklungspsychologen Jean Piaget (1896-1980). Letzterer nahm aufgrund von Beobachtungen, die er hauptsächlich bei seinen eigenen Kindern gemacht hatte, die hinlänglich bekannten vier Stadien der kognitiven Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen an, die von der sensomotorischen und der präoperationalen Intelligenz zur konkret-operationalen und schließlich zur formal-operationalen Intelligenz führen. Nach Piagets Überzeugung sind diese Stadien genetisch festgelegt und können folglich nicht verkürzt oder übersprungen werden.
Eigene Beobachtungen zeigten Bruner jedoch, dass Kinder und Jugendliche durchaus früher, als von Piaget angenommen, eine höhere Stufe der kognitiven Entwicklung erreichen können, wenn sie durch ihre Umgebung, z. B. einen Lehrer oder einen anderen Experten, angemessen unterstützt werden. Der US-amerikanische Forscher führte seine Beobachtungen an deutlich mehr Probanden durch als Piaget, ist aber von systematischer, evidenzbasierter Forschung weit entfernt. Ihm und seinen Kollegen drängte sich die Vorstellung von einem Gerüst auf, durch das der Lehrer oder ein anderer Experte die Kluft zwischen dem bisherigen Lernstand und einem höheren Niveau überbrücken kann.
Scaffolding ist freilich, ohne dass es mit diesem Begriff belegt wurde, viel älter. Wer denkt bei der Metapher der Überbrückung eines noch nicht erreichten Lernstands mit Hilfe eines MKO (more knowlegable other) nicht an die Zone of Proximal Development (ZPD) von Wygotski? Bereits im Jahre 1930 beschrieb der russische Psychologe in Mind in Society die Differenz zwischen dem aktuellen und dem potentiellen Entwicklungsstand von Lernenden als „Zone der nächsten Entwicklung“ (Vygotksy 1978). Aufgrund seines frühen Tods und der Missachtung seiner Forschungsergebnisse durch das Regime fanden Wygotskis Theorien jedoch erst Jahrzehnte später Verbreitung. Im Jahre 1985 macht Bruner schließlich darauf aufmerksam, dass zwischen dem scaffolding und der ZPD deutliche Parallelen bestehen.
Da scaffolding auch im heutigen Fremdsprachenunterricht eine wichtige Lehr- und Lernstrategie darstellt, zeigt das kurz beschriebene Beispiel, dass Theorien Jahrhunderte oder zumindest Jahrzehnte überdauern können, wenn sie auf das gegründet sind, was Huxley im obigen Zitat als common sense bezeichnet. Es bedarf dann zunächst nicht der wünschenswerten evidenzbasierten Fundierung von Theorien, Hypothesen und Modellen.
Freilich vermutet man zu Recht, dass der Erfolg dieser Lehr- und Lernstrategie in der neueren und neuesten empirischen-experimentellen Literatur gut belegt ist. Wellenreuther (82015: 186ff., 339ff., 343f., 381f.) gibt einen detaillierten Überblick über die Ergebnisse evidenzbasierter Studien zum scaffolding, die sich nicht nur auf die Erfolgsfaktoren, sondern auch auf unterschiedliche Formen dieser Lehr- und Lernstrategie beziehen. Inzwischen unterscheidet man zwischen soft und hard scaffolding: Ersteres bezieht sich beispielsweise auf die Anleitung der Lernenden im Klassenverband, während man unter hard scaffolding die oben beschriebene Unterstützung eines individuellen Lernenden durch einen Experten versteht (u.a. Saye & Brush 2002). Auch die positiven Effekte des scaffolding durch Peers beim handlungs- und projektorientierten Arbeiten in Kleingruppen sind durch entsprechende Experimente nachgewiesen worden.

2   Evidenzbasierte Forschung zum Lehren und Lernen von Fremdsprachen
2.1 Zur Messung von Interventionen beim Fremdsprachenlernen
Betrachtet man ein Phänomen aus Sicht der Wissenschaft, lassen sich zwei grundlegende Zugänge zu diesem unterscheiden, die auch für die Fremdsprachenlehr- und -lernforschung höchst bedeutsam sind. In Untersuchungen kann darauf abgezielt werden, etwas zu beschreiben, und dann werden Antworten auf Fragen gesucht wie: Was geschieht unter bestimmten Umständen? Die daraus resultierenden Beschreibungen und Zuordnungen sind aber meist wenig praxistauglich, d. h. sie gestatten keine Intervention mit dem Ziel der Veränderung. Entscheidend sind Antworten auf die Frage nach den Gründen für das Auftreten eines Phänomens: Warum verhält sich etwas so?
Die beiden Grundtypen wissenschaftlicher Untersuchung sind folglich:
1. Beschreibung
2.   Erklärung
Beispiel:
Aufgrund eigener Beobachtungen gelangt eine Lehrperson zu der Annahme, dass die Schülerinnen und Schüler zu viel Zeit mit digitalen Medien, insbesondere in sozialen Netzwerken, vertun und darüber z. B. das häusliche Vokabellernen vernachlässigen. Um ihre Vermutung zu konkretisieren, kann die Lehrkraft zunächst durch eine Befragung herauszufinden versuchen, wie viel Zeit einzelne Lernende im Netz verbringen und ob dieses Zeitbudget Rückschlüsse auf spezielle, auf Fremdsprachen bezogene Lernaktivitäten gestattet. Einmal davon abgesehen, dass die Durchführung (mündlicher und schriftlicher) Befragungen eine große Zahl von Fallstricken bereit hält, hat die Lehrkraft noch nicht viel erreicht, wenn sie herausfindet, dass die Lernenden, die häufig online sind, bei Vokabeltests schlechter abschneiden als diejenigen mit größerer Netzabstinenz.
Beim Auftreten von Korrelationen muss in der Folge geklärt werden, welcher Zusammenhang zwischen den beteiligten Phänomenen besteht. Für unser Beispiel geht es um den Nachweis, ob eine hohe Betätigung in sozialen Netzwerken tatsächlich zu einem Abfall schulischer Leistungen im Fremdsprachenunterricht führt und / oder ob andere Gründe für die beobachteten Leistungsdefizite verantwortlich sind. Das geschieht durch entsprechende experimentelle Forschung, die diese Bezeichnung tatsächlich verdient. Im Folgenden wird dargelegt, welche grundlegenden Formen experimenteller Forschung es gibt, d. h. wie Experimente beschaffen sein müssen, damit die Ergebnisse eine Praxisintervention ermöglichen und rechtfertigen.
Im Zusammenhang mit unserem - stark vereinfachten - Beispiel halten wir zunächst fest, dass Beschreibungen keineswegs immer zu qualitativen Ergebnissen führen. In unserem Fall drückt sich die Wechselbeziehung in Zahlen aus. Andererseits sind Erklärungen, die auf Experimenten beruhen, nicht immer der quantitativen (numerischen) Forschung zuzurechnen. Auch Experimente können qualitative Ergebnissen generieren.
Wenn wir den möglichen Einfluss wissenschaftlicher Resultate auf das Lehren und Lernen von Fremdsprachen beurteilen und unsere Unterrichtspraxis zumindest teilweise daran ausrichten wollen, müssen wir Folgendes berücksichtigen:
Scientific studies can be descriptive and/or explanatory.
The findings of descriptive research show what is happening or what is going on in the context of inquiry.
The results of explanatory research, which often starts from descriptive findings, answers questions of causal relationship such as: Does x cause y? Is there a systematic effect of x on y? How and why does x affect y?
The results of descriptive as well as explanatory research can assume qualitative and/or quantitative formats. (De Florio 2016: 28)   
Wenn Lehrende stichhaltige Erklärungen benötigen bzw. sich Rechenschaft darüber ablegen wollen, ob und in welcher Form sie die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung für ihre Unterrichtspraxis nutzbar machen können, ist es nicht damit getan, die entsprechenden Studien lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Vielmehr müssen Lehrende eine Vorstellung von der Aussagekraft evidenzbasierter Forschung entwickeln. Worin besteht diese unmittelbare Einsichtigkeit oder faktische Gegebenheit? In der Regel wird sie am empirisch erbrachten Nachweis der Wirksamkeit einer Intervention festgemacht.
Soll das, was in der evidenzbasierten Medizin leicht nachweisbar scheint, auch für Bildung und Erziehung im Allgemeinen sowie für das Lehren und Lernen von Fremdsprachen im Besonderen gelten? Diese Frage ist prinzipiell zu bejahen, obgleich es selbstverständlich deutliche Unterschiede zwischen der Fremdsprachenforschung und der Medizin oder der Landwirtschaft gibt. Wer sich jedoch einzig und allein auf die Besonderheiten des Fremdsprachenlernens beruft, unterschätzt die vielfältig ausgeprägten Faktoren in anderen menschlichen Tätigkeits- und Forschungsbereichen.
Seit solchen Untersuchungen wie TIMMS, PISA und DESI hat experimentelle Forschung auch in der Erziehungswissenschaft und der Fremdsprachenlehr- und -lernforschung kontinuierlich an Bedeutung gewonnen (De Florio-Hansen 2015). Im Groben lassen sich – ausgehend von den bereits beschriebenen Korrelationsstudien – zwei Formen experimenteller Untersuchungen unterscheiden:
1. Experimente in Form von Randomized Control Trials (RCTs)
2. Quasi-Experimente
Gültige Experimente zeichnen sich bekanntlich durch Validität und Reliabilität aus. Valide ist ein Experiment dann, wenn es das misst, was es zu messen vorgibt, ohne dass die Resultate durch andere Variablen verfälscht werden. Reliabel ist eine experimentelle Untersuchung dann, wenn die gemessenen Effekte auch bei wiederholten Messungen unter gleichen Bedingungen unverändert bleiben. In jedem Fall müssen wissenschaftliche Experimente so angelegt sein, dass die daraus resultierenden Ergebnisse bzw. Theorien einer Revision unterzogen werden können, d. h. sie müssen falsifizierbar sein.
Beispiel:
Nehmen wir an, ein Fremdsprachenforscher möchte den Effekt einer bestimmten Art von advance organizer im 5. Lernjahr Englisch untersuchen. Nach dem Studium der relevanten Literatur und der Prüfung der bereits vorliegenden Daten wählt er eine Stichprobe von ca. 700 Schülerinnen und Schülern aus acht verschiedenen Schulen aus und teilt diese Probanden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen von je 350 Lernenden ein. Die Experimentalgruppe lernt mit Hilfe des sorgfältig ausgewählten advance organizer, während die Kontrollgruppe den üblichen Unterricht erhält. Die  Ergebnisse beider Gruppen werden mit dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Vor- und Nachtest gemessen und zueinander in Beziehung gesetzt.
Oft aber ist gerade im Bereich der Fremdsprachenlehr- und -lernforschung ein strenges Experiment – RCTs gelten inzwischen als Goldstandard der Wissenschaft – nicht durchführbar, weil eine hinreichende Zahl tatsächlich vergleichbarer Probanden nicht zur Verfügung steht. Es existieren unbekannte bzw. ungemessene Unterschiede, wodurch die Ergebnisse verfälscht werden. Dann bietet sich das sogenannte Quasi-Experiment an:
In some settings, well controlled quasi-experiments may have greater “external validity” – generalizability to other people, time, and settings – than experiments with completely random assignment. […] It may be useful to take advantage of the experience and investment of a school with a particular program and try to design a quasi-experiment that compares the school that has a good implementation of the program to a similar school without the program (or with a different program). (Shavelson & Towne 2002: 114)
John Hattie, einem Verfechter des evidenzbasierten Lehrens und Lernens, kann man -  abgesehen von zahlreichen anderen Mängeln - zu Recht vorwerfen, dass viele der hinzugezogenen Untersuchungen keine Experimente oder Quasi-Experimente, sondern allenfalls Korrelationsstudien beinhalten (vgl. 3.3).         

2.2 Der Nutzen von Meta- und Mega-Analysen für die Fremdsprachenforschung
Auch Experimente, die den in Kap. 2.1 angeführten Gütekriterien entsprechen, sind für einzelne Lehrende im Fremdsprachenunterricht oft nur bedingt hilfreich. Nehmen wir an, der Forscher in obigem Beispiel hätte eindeutige Beweise für die Wirksamkeit des von ihm eingesetzten advance organizer gefunden. Was nützen seine Ergebnisse einer Lehrerin, die im 2. Lernjahr Französisch eine ganz andere Form von advance organizerverwenden möchte? Sie kann die Ergebnisse des Forschers als Tendenz werten; die Wirksamkeit des von ihr gewählten advance organizer hängt jedoch von zahlreichen Faktoren ab, die im Experiment des Forschers möglicherweise keine Rolle gespielt haben.
Aus diesen und leicht nachvollziehbaren anderen Gründen fasst man daher schon seit Jahrzehnten mehrere Untersuchungen zu derselben Intervention, z. B. zum Einsatz von advance organizers, zu sogenannten systematic reviews zusammen. Da diese systematischen Zusammenfassungen jedoch stark von den Vorlieben der einzelnen Wissenschaftler bestimmt sind und meist keinen direkten Vergleich gestatten, ist man dazu übergegangen, die Ergebnisse von Primärstudien zu Meta-Analysen zusammenzufassen. Dabei werden nach Möglichkeit alle zu einem Aspekt vorliegenden Primärstudien erfasst.
Mithilfe statistischer Methoden (s. unten) wird die durchschnittliche Effektstärke in einem Bereich untersucht, d. h. die Forscherinnen und Forscher versuchen herauszufinden, ob eine bestimmte Lehr- / Lernstrategie tatsächlich effektiv ist, und - vor allem -, wie groß der Effekt ist. Bereits in den 1970er Jahren hat Gene W. Glass (1976) den Begriff Meta-Analyse eingeführt. Er definiert ihn als analysis of analyses. Meta-Analysen beinhalten also keine eigenständigen empirischen Untersuchungen, sondern stellen eine Sekundäranalyse von Primärstudien dar. Bei Meta-Analysen wird in der Regel folgendermaßen vorgegangen:
1.    Nachdem das Forschungsinteresse festgelegt ist –  z. B. wie lernwirksam sind advance organizers? – erfolgt eine Eingrenzung des Forschungsgegenstands, da man die Wirkung nicht für alle Schulformen, Schulstufen und Unterrichtsfächer untersuchen kann.
2.   Bei der anschließenden Literaturrecherche sind die Forscher bemüht, möglichst alle Studien ausfindig zu machen, welche die Wirksamkeit von advance organizers im festgelegten Bereich empirisch-quantitativ untersucht haben.
3.    In der eigentlichen Sekundäranalyse werden die vorhandenen Studien anhand von Qualitätskriterien – RCTs, Quasi-Experimente, Korrelationsstudien – geprüft.
4.   Diejenigen Untersuchungen, deren Ergebnisse der Qualitätskontrolle standhalten, werden kodiert und elektronisch aufbereitet.
5.    Daran schließt sich die statistische Analyse der Daten an.
6.    Im letzten Schritt werden die Ergebnisse der Datenanalyse sachgerecht aufbereitet und hinsichtlich der Forschungsfrage (Wie lernwirksam ist eine bestimmte Form von advance organizer in einem bestimmten Lernbereich?) interpretiert.
Diese summarische Darstellung der wesentlichen Schritte, die es bei Meta-Analysen zu berücksichtigen gilt, macht deutlich, dass solche zusammenfassenden Darstellungen keineswegs so objektiv sind, wie man denken könnte. Die Güte dieser Synthesen zum Zwecke der Generalisierung beruht ganz wesentlich darauf, welche Untersuchungen berücksichtigt werden und welche wegen mangelnder Qualität nicht in die Meta-Analyse einfließen (De Florio-Hansen 2014a: 22).
Damit der an Bildung, Erziehung und Unterricht interessierte Personenkreis Nutzen aus diesen Kompilationen ziehen kann, wird für die aufgetretenen Wirkungen die durchschnittliche Effektstärke berechnet. Sie ist ein standardisiertes Maß, „das die Stärke von Zusammenhängen in praktisch bedeutsamer Form benennt“ (De Florio-Hansen 2014a: 23). Durch die Angabe der Effektstärke erhält die Lehrerin oder der Lehrer Hinweise darauf, ob und wie wirksam beispielsweise advance organizers in der Experimentalgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe sind. Möglicherweise handelt es sich nur um einen geringen positiven Effekt, der den mit der Erstellung und dem Einsatz der Lehrstrategie verbundenen Aufwand nicht lohnt. Zeigt sich aber ein mittlerer oder sogar deutlicher Effekt, sollten Lehrende den Einsatz der jeweiligen Intervention im eigenen Unterricht in Betracht ziehen.
Um den Nutzen von Meta-Analysen und der benannten Effektstärken einschätzen zu können, bedarf es einer Vorstellung davon, wie Effektstärken berechnet werden. Effektstärken beziffern Unterschiede der Mittelwerte von Experimentalgruppen und Kontrollgruppen in Einheiten der Standardabweichung. Die Standardabweichung gibt die Streuung einer Variablen um den Mittelwert an.
Beispiel (De Florio-Hansen 2014a: 23f.):
Misst man die Körpergröße einer ausgewählten Stichprobe von Männern, liegen sehr viele von ihnen nahe am Mittelwert; d. h. sie weichen hinsichtlich ihrer Körpergröße nur geringfügig vom festgestellten Durchschnittswert ab. Die Zahl derer hingegen, die deutlich größer oder kleiner sind, nimmt ab, je weiter man sich vom Mittelwert entfernt. Dadurch kommt es bei der graphischen Darstellung in Form der Gaußschen Kurve zur bekannten Glockenform.
Will man nun Aussagen über die Lernwirksamkeit einer Unterrichtsstrategie machen, vergleicht man zwei Gaußsche Kurven miteinander. Dabei greift man für beide Gruppen auf die gleichen Testungen vor und nach dem Einsatz der entsprechenden Intervention zurück. Die eine Kurve gibt den Mittelwert beim Einsatz von advance organizers in der Experimentalgruppe an. Die zweite Kurve zeigt, welcher Mittelwert in der Kontrollgruppe, die den üblichen Unterricht erhielt, bei den entsprechenden Tests erreicht wurde. Setzt man beide Mittelwerte zueinander in Beziehung, erhält man die Effektstärke. Nach Wellenreuther (72014: 31) beschreibt sie Unterschiede hinsichtlich der Mittelwerte zwischen der Versuchs- und der Kontrollgruppe in Standardabweichungen. Es versteht sich von selbst, dass die Berechnung von Effektstärken gute Kenntnisse in den entsprechenden Bereichen der Statistik voraussetzt (und folglich von Laien kaum nachzuvollziehen ist).     
Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die durchaus existierenden Einschränkungen von Meta-Analysen im Detail aufzuführen. Daher wird hier eine Beschränkung auf einige auf wenige Fragen vorgenommen, die Lehrende auf mögliche Defizite von Meta-Analysen aufmerksam machen können:
l  Hat der Forscher die Primärstudien hinsichtlich der relevanten Begriffe geprüft, d. h. für unser Beispiel: Ist mit advance organizer in einzelnen Untersuchungen eine zumindest vergleichbare Intervention gemeint?
l  Wie geht der Wissenschaftler mit unterschiedlichen Stichprobengrößen um, d. h. erfolgt eine Gewichtung von kleineren Untersuchungen im Vergleich zu umfangreichen Primärstudien?
l  Bezieht er auch Primarstudien ein, die wegen geringer oder abweichender Effekte unveröffentlicht geblieben sind?
Diese und weitere Einschränkungen des bisher „objektivsten“ Verfahrens zur Darstellung der Lernwirksamkeit machen deutlich, dass Lehrende den jeweiligen Zahlenangaben nicht einfach folgen sollten. Stets gilt es zu bedenken, ob die Ergebnisse auf den eigenen Kontext übertragbar sind und dass eine direkte Umsetzung in der Regel nicht möglich ist. Zudem geben auch vertrauenswürdige Meta-Analysen nicht an, warum eine bestimmte Lehr- und Lernstrategie diese oder jene Wirkung entfaltet. 

3 Die Bedeutung ausgewählter evidenzbasierter Studien für das Fremdsprachenlernen
Im vorangegangenen Abschnitt ist deutlich geworden, welche Merkmale für die Kompilation ausgewählter Forschungsergebnisse in Form von Meta-Analysen charakteristisch sind. Nochmals seit der besondere Stellenwert von Effektstärken in diesem Zusammenhang betont.
Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse empirisch-experimenteller Forschung und deren Zusammenfassung zu Meta-Analysen vorgestellt, die für den Fremdsprachenunterricht richtungsweisend sind. Obgleich das Vorgehen bei empirisch-experimenteller Forschung und der Zusammenfassung der Ergebnisse zu Meta-Analysen weitgehend festgelegt ist (Kap. 2.2), wählen einzelne Forscher – Robert Marzano, Martin Wellenreuther, John Hattie und einige andere speziell zum Fremdsprachenlernen – unterschiedliche wissenschaftliche Zugänge.
Wie bereits mehrfach angedeutet, sind die Ergebnisse evidenzbasierter Studien und ihre Zusammenfassung zu Meta-Analysen auch für das Lehren und Lernen von Fremdsprachen wichtig. Für einen konkreten Lernkontext geben sie jedoch lediglich Tendenzen an:
Research-based results and especially evidence-based findings always have to be put to the test in particular teaching and learning contexts. They are tools to be taken into account by engaged and expert teachers. Some of these devices that (as yet) are not underpinned by strong science may reveal valuable means in practice, whereas other highly praised evidence-based results will show themselves as less useful in a specific learning context. For many reasons it cannot be the task of teachers to replicate scientific research on education. Their efforts should be concentrated on detecting those research findings that work best in their particular classrooms. (De Florio 2016: 73). 

3.1 Robert Marzano
Auf die Notwendigkeit der Überprüfung in der jeweiligen Unterrichtspraxis hat auch Robert Marzano immer wieder hingewiesen (Marzano 1998: 135f.). Der US-amerikanische Forscher war Leiter der Mid-Continent Research for Education and Learning und übernahm anschließend die Geschäftsführung des MRL (Marzano Research Laboratory) in Centennial, Colorado, an dem er bis heute tätig ist. Seine zahlreichen Publikationen hatten und haben großen Einfluss auf das amerikanische Erziehungssystem und sind über die USA hinaus bekannt (Marzano 1998;  Marzano et al. 2001).
Ein Jahrzehnt vor John Hattie (2009) hat Marzano (1998) eine umfangreiche Forschungsarbeit mit dem Titel: A theory-based meta-analysis of research on instruction vorgelegt, für die er ca. 4000 Effektstärken erhob, zusammenfasste und interpretierte. Dabei beschränkt sich er sich darauf, Lehr- und Lernstrategien, also das Instruktionsdesign, einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Sein vorrangiges Ziel ist die Verbesserung des Unterrichts in allen Fächern, wobei er und sein Team (Marzano et al. 2001) Aspekte der Klassenführung und die Erreichbarkeit der curricularen Anforderungen späteren Untersuchungen vorbehalten. Marzano kategorisiert Strategien und Techniken danach, welche Prozesse sie bei den Lernenden auslösen. Dabei stützt er sich auf eine dreiteilige Modellierung:
l  Am wichtigsten sind die Effekte auf das Selbst-System der individuellen Lernenden. Eine herausragende Rolle spielt in diesem übergeordneten Zusammenhang die Motivation: Wie gehen Schülerinnen und Schüler vor, um ihre individuellen Möglichkeiten einzuschätzen, bestimmte Kenntnisse und Skills zu meistern? Welchen Wert messen sie dem jeweiligen Inhalt bei?
l  An zweiter Stelle stehen für Marzano die Auswirkungen auf das metakognitive System der einzelnen Lernenden: Wie legen sie Ziele für sich selbst fest? Wie überwachen sie ihre Lernfortschritte? Wie gehen sie mit Lernschwierigkeiten um?
l  Erst an dritter Stelle folgen die konkreten Auswirkungen auf das kognitive System. Welche Effekte hat das vorliegende Material auf das Denken? Wie kommt es zum veränderten gedanklichen Umgang mit bestimmten Inhalten?
Auf der Basis dieser Kategorisierung (Kap. 5.1) legen Marzano und seine Mitarbeiter eine Rangfolge wirksamer Interventionen fest. Dabei ist zu bedenken, dass Marzano deutlich höhere Anforderungen an Effektstärken stellt als beispielsweise Hattie (Kap. 3.3). In Anlehnung an Jacob Cohen (1988), einen anerkannten Statistik-Experten, hält Marzano Effektstärken von 0.20 für gering; im mittleren Bereich liegen Interventionen mit einer Effektstärke von 0.50, während Strategien und Techniken mit einer Effektstärke von 0.80 als besonders lernwirksam gelten.
Marzano und sein Team bringen die untersuchten Strategien und Techniken sowie einige andere Ausprägungen des Instruktionsdesigns in die nachstehende Rangfolge (Marzano et al. 2001: 2-10, 13ff, 29ff, 49ff, 60ff, 72ff, 84ff, 92ff, 103 ff, 111ff.). Hierbei wird die von ihm gewählte Terminologie wörtlich zitiert:
1. “Identifiying Similarities and Differences” (durchschnittliche Effektstärke 1.61):
Um komplexe Probleme zu verstehen, erweist es sich als äußerst lernwirksam, wenn die Schülerinnen und Schüler ein Konzept auf ähnliche und unterschiedliche Merkmale hin untersuchen. Diese Analyse kann durch Visualisierungen entscheidend unterstützt werden.
2. Summarizing and Note Taking (durchschnittliche Effektstärke 1.00):
Lernen wird intensiviert, wenn Schülerinnen und Schüler die wesentlichen Aspekte einer Lernaktivität oder Aufgabe zusammenfassen und in Stichworten festhalten. Die Vorgabe eines ausgearbeiteten Beispiels (worked example) ist dabei hilfreich.
3. Reinforcing Effort and Providing Recognition (durchschnittliche Effektstärke 0.80):
Damit die Lernenden den Zusammenhang zwischen Lernanstrengung und Erfolg besser verstehen, können Lehrende Hinweise auf Personen geben, die auch bei größeren Schwierigkeiten nicht aufgegeben haben. Anerkennung sollte in personalisierter und spezifizierter Form erfolgen.
4. Homework and Practice (durchschnittliche Effektstärke 0.77):
Die Lernenden müssen über den Sinn von Hausaufgaben informiert sein. Praxisorientierte Unterrichtsphasen sollten sich auf schwierige Inhalte und Konzepte beziehen.
5. Nonlinguistic Representations (durchschnittliche Effektstärke 0.75):
Da Wissen nicht nur in sprachlicher Form, sondern auch visuell gespeichert wird, sind neben graphischen und bildlichen Darstellungen auch Modelle und körperliche Bewegung häufiger in den Unterricht einzubeziehen.
6. Cooperative Learning (durchschnittliche Effektstärke 0.73):
Das Lernen in Kleingruppen in variierender Zusammensetzung hat positive Effekte, wenn bestimmte Voraussetzungen berücksichtigt werden.
7. Setting Objectives and Providing Feedback (durchschnittliche Effektstärke 0.61):
Damit Lernen in der gewünschten Richtung erfolgt, müssen die Lernenden von Anfang an über die (übergeordnete) Zielsetzung einer Unterrichtseinheit  informiert werden. Dadurch sind sie in der Lage, die allgemeinen Vorgaben an ihre individuellen Lernziele anzupassen. Feedback durchzieht dabei alle Lernphasen; effektiv ist es, wenn es korrigierend, zeitnah und spezifisch erfolgt.
8. Generating and Testing Hypotheses (durchschnittliche Effektstärke 0.61):
Ein deduktives Vorgehen, bei dem die Lernenden von einer allgemeinen Feststellung oder Regel ausgehen und anschließend eine Spezifizierung vornehmen, ist effektiver als der umgekehrte (induktive) Weg.
9. Cues, Questions, and Advance Organizers (durchschnittliche Effektstärke 0.59):
Diese Werkzeuge bewähren sich besonders, wenn sie analytisch ausgerichteten Lernerfahrungen vorausgehen und auf die herausragenden Merkmale fokussieren. Lernen ist effektiver, wenn die Schülerinnen und Schülern genügend Zeit erhalten, um auf Fragen der Lehrkraft (und der Mitlernenden) zu antworten. (Marzano et al. 2001: sections 2-10)
Marzano wies bereits in seiner Meta-Analyse darauf hin, dass die genannten Interventionen zwar sehr effektiv sind, dass sich die durchschnittlichen Lerneffekte jedoch je nach Lernvoraussetzungen unterscheiden (können). Lernstarke Schülerinnen und Schülern erreichen mit denselben Strategien eine Effektstärke von 0.90. Dieselben Interventionen führen bei Lernenden im Mittelfeld zu 0.70, während der Leistungszuwachs bei lernschwächeren Schülerinnen und Schülern nur bei 0.64 liegt. Damit sich die Schere zwischen den Lernenden nicht weiter öffnet, sind bei der Anwendung einzelner Strategien zusätzliche Maßnahmen sinnvoll. 
Diese von Marzano als lernwirksam herausgearbeiteten Strategien und Techniken sowie seine weiterführenden Überlegungen, die sich größtenteils auch in anderen evidenzbasierten Forschungen und vor allem in der Hattie-Studie (Kap. 3.3) wiederfinden, werden im MET (Model of Effective Teaching) angemessen berücksichtigt (Kap. 4.3) und spielen bei der Umsetzung im Fremdsprachenunterricht eine wichtige Rolle (Kap.  5.1 und 5.2).

3.2 Martin Wellenreuther
Trotz der Akzeptanz und der Verbreitung von Marzanos Forschungen bleiben der U.S.-amerikanische Forscher und sein Team den Nachweis schuldig, ob es sich (ausschließlich) um evidenzbasierte Ergebnisse handelt. Die Forschergruppe um Marzano legt nicht dar, ob die Wirksamkeit der gewichteten Lehr- und Lernstrategien in erster Linie durch empirisch-experimentelle Untersuchungen und Quasi-Experimente ermittelt wurde. Möglicherweise basieren einzelne Resultate auf weniger validen und reliablen Forschungsdesigns und können folglich (nur) als wissenschaftsbasiert gelten. Im Gegensatz dazu unterstreicht Martin Wellenreuther bereits in einer umfangreichen Darstellung der für die Erziehungswissenschaft relevanten Forschungsmethoden, dass Verbesserungen beim unterrichtlichen Lernen in erster Linie von den Ergebnissen strenger experimenteller Untersuchungen zu erwarten sind (Wellenreuther 2000).
In seinem Hauptwerk: Lehren und Lernen – aber wie? – Empirisch-experimentelle Forschungen zum Lehren und Lernen im Unterricht konkretisiert der Lüneburger Forscher seinen Ansatz anhand zahlreicher Unterrichtsbeispiele aus dem deutschsprachigen Kontext (Wellenreuther 2004, 82015). Im Gegensatz zu Marzano führt Wellenreuther keine eigenen empirischen Untersuchungen durch, sondern zieht aufgrund seiner profunden Kenntnis vorliegender empirischer Forschung zunächst einmal die Resultate experimenteller Forschung aus dem deutschsprachigen Raum heran. Liegen zu relevanten Lehr- und Lernstrategien keine deutschen Untersuchungen vor, greift er auf englischsprachige Forschungsarbeiten zurück, wenn sich deren Resultate aus seiner Sicht auf den deutschsprachigen Kontext übertragen lassen. Dabei erläutert er alle herangezogenen Forschungsarbeiten ausführlich und weist gegebenenfalls auf entsprechende Mängel im Design hin. Zusätzlich zeigt er, in welchen speziellen Lernkontexten die jeweiligen Effekte stark oder weniger stark auftreten können.
Aufgrund seiner Recherchen befürwortet er das Unterrichtsmodell der Direkten Instruktion, das man besser, wie beispielsweise in Großbritannien, als Interaktiven Klassenunterricht (Interactive Whole-Class Teaching) bezeichnet (Wellenreuther 82015: 356-433). Der auch von Hattie (2009, 2012) verwendete Terminus Direct Instruction verleitet nämlich dazu, Direkte Instruktion mit Frontalunterricht (Didactic Teaching; Hattie 2009: passim) gleichzusetzen. Im Gegensatz dazu beinhaltet richtig verstandene und umgesetzte Direkte Instruktion jedoch ein Unterrichtsmodell, das seit den 1970er Jahren vielfach erprobt und in seiner Effektivität und Effizienz bestätigt wurde. Nach Hattie besteht es aus sieben Schritten (Hattie 2009: 204-207, 217f.), die das gesamte Unterrichtsgeschehen umfassen. Im MET (Model of Effective Teaching; De Florio-Hansen: 9f) wurde es aufgrund neuerer evidenzbasierter Forschung zu 30 Schritten ausdifferenziert (Kap. 4.3).
Zudem steht Wellenreuther mit seinem Nachweis einer höheren Lernwirksamkeit lehrergesteuerten Unterrichts keineswegs allein. Auch andere deutsche Erziehungswissenschaftler und Hirnforscher – z. B. Frank Lipowsky und Miriam Lotz (2015) und Gerhard Roth (2015) - plädieren aufgrund eigener und fremder Forschungsergebnisse dafür, an die Stelle des coaching wieder das wohldosierte Lehren treten zu lassen. Sinnvoll und einfühlsam durchgeführter, lehrergesteuerter Unterricht ist – zumindest in der Phase der Erarbeitung neuer Lerninhalte – individualisierten und offenen Lernformen überlegen. Zudem werden gerade im deutschsprachigen Raum unter Individualisierung höchst unterschiedliche Lehr- und Lernformen subsumiert, die einer differenzierten Darstellung bedürfen (Peschel 2002).      
Es steht außer Zweifel, dass Wellenreuther Hatties Untersuchungsmethoden skeptisch gegenüber steht (Kap. 3.3). Dennoch würdigt er die Forschungsleistung des neuseeländischen Wissenschaftlers:
Hattie gebührt das Verdienst, eine breite Öffentlichkeit über Ergebnisse  empirisch-pädagogischer Forschung informiert zu haben. Zu diesen Ergebnissen gehört beispielsweise, dass in vielen Lernphasen eine aktiv-informierende Rolle des Lehrers zu weit besseren Lernergebnissen führt als eine passive, beratende Rolle (vgl. Hattie 2013, S. 297). Solche auf experimentelle Forschung gestützten Empfehlungen sind insbesondere für ein Land wichtig, indem noch vor kurzem führende Vertreter der Pädagogik meinten, vor Gefahren experimenteller Forschung warnen zu müssen (vgl. Terhart 1997). (Wellenreuther 72014: 36)

3.3 John Hattie
Obgleich die Erstellung einer Meta-Analyse sehr aufwendig ist und selbst für statistisch versierte Wissenschaftler große Herausforderungen bereithält, hat John Hattie sich nicht damit zufrieden gegeben. Vielmehr kompiliert er eine große Zahl von Meta-Analysen zu einer Art Mega-Analyse. Seine Studie trägt den Titel: Visible Learning. A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement (Hattie 2009). Unter dem Begriff achievement versteht der neuseeländische Forscher kognitive Lernleistungen, die sich beziffern lassen. Der große Erfolg dieser Mega-Analyse ist zum einen auf Hatties umfassenden Anspruch zurückzuführen, alle Faktoren, welche die Lernleistung beeinflussen, zusammenzutragen, zu beziffern und zu bewerten. Die weltweite Rezeption seiner Forschung beruht zum anderen darauf, dass er seine Ergebnisse in äußerst leserfreundlicher, mitreißender Form darstellt. Zudem ist Hattie ein besonderes Talent, sich und seine Forschungsergebnisse zu vermarkten, nicht abzusprechen.
Hatties Schreibtalent zeigt sich insbesondere in den ersten drei Kapiteln der genannten Studie sowie im Lehrerhandbuch (Hattie 2012) und den zahlreichen nachfolgenden Publikationen (u. a.  Hattie & Anderman 2013; Hattie und Yates 2014). Hattie hält sich nicht mit der Beschreibung der Schwierigkeiten seines umfassenden Projekts auf, sondern nennt sogleich zu Beginn der genannten Studie sein übergeordnetes Ziel: Er möchte nachweisen, was besser bzw. am besten wirkt, d. h. welche Faktoren die größten Lerneffekte erzielen ().
Um Aussagen darüber treffen zu können, braucht man einen Schwellenwert, den Hattie als hinge pointbezeichnet (Hattie 2009: 209f.). Diesen Schwellenwert legt Hattie bei einer Effektstärke  von d = 0.40 fest. Effektstärken von d = 0 bis d = 20 beruhen seiner Ansicht nach auf Reifung, während man bis d = 0.40 von der geringen Lernwirksamkeit eines Faktors ausgehen kann. Effekte von d = 0.41 bis d = 0.60 bezeichnet er als mittelgroß, während Effektstärken über d = 0.60 eine hohe Wirksamkeit benennen. Diese Festlegung mag sinnvoll sein; sie ist aber willkürlich. Andere Forscher, z.B. Robert Marzano (1998), begnügen sich nicht mit solch niedrigen Effekten. Die ermittelten Effektstärken – von zunächst 138 Faktoren liegt Hattie in seinem Lehrerhandbuch von 2012 bereits bei 150 aus 900 Meta-Analysen – bringt er in eine Rangfolge. Zur Veranschaulichung verwendet er stilisierte  Barometer, die dazu verleiten, die detaillierteren Ausführungen zu den jeweiligen numerischen Angaben zu überlesen.
In Kapitel 3 seiner Studie erläutert der Forscher zunächst die Lerntheorien, auf die er sich stützt (Hattie 2009: 26ff.). An dieser Stelle zeigt sich besonders deutlich, dass Hattie, ohne sie explizit anzuführen, eine Fülle von Ergebnissen qualitativer Untersuchungen in sein Unterrichtsmodell einbezieht. Ob er sich dessen bewusst ist oder nicht – Hattie kann die Erfahrungen, die er vor allem als Lehrer an einer neuseeländischen High School gesammelt hat, (glücklicherweise) nicht ausblenden. Auf dieser Grundlage ordnet er die ermittelten 138 Faktoren (2012: 150 Faktoren) sechs Bereichen zu: Er unterscheidet Einflüsse des Schülers, des Elternhauses, der Schule, des Curriculums, der Lehrkraft sowie der Unterrichtsverfahren. Dabei reicht die Bandbreite vom Einfluss des Geburtsgewichts (birth weight; Hattie 2009: 51f.) bis zu Lerneffekten durch Kleingruppenarbeit (small group learning; ibid.: 94f.). 63 der 138 Faktoren liegen nach Hattie oberhalb des Schwellenwerts (d = 0.41), 75 von ihnen darunter.
In Kap 2.2 wurden hier Unzulänglichkeiten benannt, die bei Meta-Analysen häufig anzutreffen sind. Sie treffen auch auf Hattie zu: Er verwendet hauptsächlich Korrelationsstudien, trifft keine Auswahl, nimmt keinerlei Gewichtungen vor und überprüft die verwendeten Begriffe, auf die einzelne Wissenschaftler ihre Meta-Analysen stützen, nicht auf ihre Angemessenheit. Zu diesen Kritikpunkten kommen weitere Mängel hinzu, von denen in gebotener Kürze nur die wichtigsten dargestellt werden.
Höchst problematisch ist Hatties Vorgehen bei der Auswahl der Faktoren. Wie hier in Kap. 2.2 dargelegt, bemühen sich Forscher bei der Erstellung einer Meta-Analyse, herauszufinden, welche Wirkung eine bestimmte Lehr- und Lernstrategie in einem bestimmten Kontext entfaltet. Dazu werden die verfügbaren Primärstudien zusammengetragen, gesichtet, gewichtet und interpretiert. Hattie hingegen geht von der Frage aus: Was beeinflusst die kognitive Lernleistung von Schülerinnen und Schülern? Nimmt man sich die vorliegenden Studien zum achievement vor, muss man diese Untersuchungen sehr sorgfältig hinsichtlich ihrer speziellen Fragestellungen und Wirkungen prüfen, um die bezifferten Effekte bestimmten Interventionen zuzuordnen. Hattie nimmt hier somit eine höchst subjektive Ableitung einzelner Faktoren aus den einbezogenen Meta-Analysen vor.
Zu allem Überfluss unterlaufen dem neuseeländischen Forscher bei der Zuordnung gravierende Fehler. Ein Beispiel: Der Faktor mit der höchsten Effektstärke, nämlich die Einschätzung der eigenen Lernleistung (self-reported grades; Hattie 2009: 43), beruht auf einer Fehlinterpretation. Die wichtigste der sechs Meta-Analysen, die Hattie für die Festlegung dieses Faktors heranzieht, belegt nämlich nicht den Zusammenhang zwischen der Selbsteinschätzung der Lernenden und ihren tatsächlichen Leistungen. In seiner Rezension der Hattie-Studie gibt Ivo Arnold dazu folgende Erläuterungen:
A great asset of Hattie’s book is the reference list, which allows the inquisitive reader to dig a little deeper, by moving from the rankings to the underlying meta-studies. I have done this for the top-ranking influence, which is “self-reported grades” (d = 1.44). This result is dominated by the Kuncel et al. (2005) meta-analysis (d = 3.1) (Kuncel et al. 2005). This paper is about the validity of ex-post self-reported grades (due to imperfect storage and retrieval from memory or intentional deception), not about students’ expectations or their predictive power of their own study performance, as Hattie claims. The paper thus should not have been included in the analysis. My N = 1 sampling obviously has its limits, but this example does raise questions regarding the remaining average effect sizes. (Arnold 2011: 22; Hervorhebung des Autors)
Die Reihe solcher Fehleinschätzungen lässt sich beliebig fortsetzen. Da es sich aber bei diesem - wie auch bei zahlreichen anderen Faktoren - nicht um Aspekte handelt, die Lehrende beeinflussen können, mag dieses Beispiel genügen. 
Gravierender sind folgende Implikationen der Hattie-Studie: Affektive und soziale Ziele, wie z. B. Demokratiefähigkeit oder der Sinn für Ästhetik (Spiewak 2013), berücksichtigt der neuseeländische Forscher nicht, obwohl sie sich als messbar erwiesen haben. Hinzu kommt, dass gesellschaftliche Benachteiligungen für Hattie keine Rolle zu spielen scheinen:
As we shall see, social class background is indeed more important than many         of the issues discussed in this book and hence policy decisions cannot be drawn in isolation from the background variables of class, poverty, health in families and nutrition. (Snook et al. 2009: 95). 
Hatties vorrangiges Betätigungsfeld ist die Statistik. Was sich seiner Ansicht nach nicht statistisch erfassen lässt, bleibt unberücksichtigt, auch wenn er selbst einräumt, dass es möglicherweise wichtigere Aspekte gibt: „The model I will present in Chapter 3 may well be speculative … „ (Hattie 2009: 4).
Im bisherigen Verlauf der vorliegenden Ausführungen ist bereits angedeutet worden, dass wir die Ergebnisse von Hatties Mega-Analyse größtenteils für fragwürdig halten. Das von ihm propagierte Unterrichtsmodell ist jedoch - sowohl insgesamt als auch in Teilaspekten - für den deutschsprachigen Raum aus unserer Sicht richtungsweisend. Ähnlich geht es dem zuvor erwähnten Ivo Arnold, der Hatties „visible learning story“ positiv gegenübersteht, weil sie eine lange fällige Neuausrichtung des Unterrichts am effektiven Lehren ermöglicht. Er fügt hinzu: „My problem with the book is, however, that I would have been convinced even without the empirical analysis” (Arnold 2009: 220).
Für Hatties Untersuchung sprechen folgende Gründe (vgl. De Florio-Hansen 2014b: 37):
l  Kein Unterrichtsmodell ist in allen seinen Ausprägungen und Wechselwir­kungen als evidenzbasiert anzusehen.
l  Die entscheidenden Faktoren der Hattie-Studie sind durch Ergebnisse anderer Forscher, z.B. Marzano und Wellenreuther, schon lange nachgewiesen.
l  Unterrichtsverfahren, deren Lernwirksamkeit hinreichend belegt ist, haben bereits Eingang in Publikationen für die Hand von Lehrenden gefunden (z. B. Petty 22009).
l  Aufgrund der Internationalisierung und der zunehmenden Interdisziplinarität der Fremdsprachenforschung haben empirisch-quantitative Forschungsergeb­nisse an Bedeutung gewonnen. Diese Tendenz wird durch die Hattie-Studie unterstützt.
l  Hatties Ergebnisse lassen sich auch deshalb für den Fremdsprachenunterricht adaptieren, weil er sich bei der Darstellung seines Unterrichtsmodells im Lehrerhandbuch (Hattie 2012) trotz der Ausführlichkeit auf allgemein gültige Empfehlungen beschränkt.

3.4 Ausgewählte evidenzbasierte Forschungsarbeiten zum Zweit- und Fremdsprachenlernen
Im Folgenden werden in chronologischer Reihenfolge ausgewählte Primärstudien und Meta-Analysen zum Lernen von Fremd- und Zweitsprachen aufgelistet, die seit der Jahrtausendwende in den USA erarbeitet wurden. Dabei wird aus folgenden Gründen eine Beschränkung auf lediglich kurze Hinweise vorgenommen:
l  Anders als Marzano und Hattie geht es den Autoren erst in zweiter Linie um eine Verbesserung des Unterrichts durch konkrete Hilfen für Lehrende. Im Vordergrund der Untersuchungen stehen die Weiterentwicklung von Primärstudien und Meta-Analysen als Forschungsinstrument und die Verbreitung bestimmter Theorien, wie z. B. der Cognitive Load Theory (CLT) (vgl. dazu auch Wellenreuther 72014).
l  In vielen Untersuchungen geht es nicht um das Erlernen von Fremdsprachen, wie z. B. Deutsch oder Französisch, sondern um die Verbesserung der Kenntnisse im Englischen und / oder Spanischen im Rahmen des herkömmlichen Unterrichts.
l  Als Zweitsprachenlerner gelten in diesem Zusammenhang Kinder und Jugendliche, die zu Hause eine andere Sprache als Englisch sprechen - gleichgültig ob ihre Familien Muttersprachler des Englischen sind oder nicht.
l  Die untersuchten Lehr- und Lernstrategien unterscheiden sich deutlich von dem, was im Fremdsprachenunterricht im deutschsprachigen Raum als sinnvoll betrachtet wird.
Im Jahre 2003 veröffentlichte Zhao eine Übersichtsarbeit mit dem Titel Recent Developments in Technology and Language Learning: A Literature Review and Meta-Analysis. In dieser vom United States Department of Education geförderten Untersuchung geht es um den Nachweis, ob und in welchem Ausmaß Information and Communication Technology (ICT) die Lernergebnisse in verschiedenen Lehr- und Lernzusammenhängen - u. a. auch beim Lernen von Zweit- und Fremdsprachen - positiv beeinflusst. In der Zusammenfassung der Ergebnisse schreibt der Autor:
Although the number of available experimental studies is limited, a consistent pattern of positive effects is found across the studies. However, this finding should be interpreted with extreme caution for a number of reasons, in addition to the limited number of studies. (Zhao 2003: 20)
Den Ergebnissen des Forschers können wir durchaus zustimmen. Sie werden aber im Verlauf der Untersuchung nicht konkret genug dargestellt, als dass wir Handlungsempfehlungen für den Unterricht im deutschsprachigen Raum daraus ableiten könnten:
This review shows that the application of technologies can be effective in almost all areas of language education. Modern Technology can help enhance the quality of input, authenticity ofcommunication, and provide more relevant and useful feedback. (Zhao 2003: 21).
In der Forschungsarbeit von Diao, Chandler & Sweller aus dem Jahr 2007 geht es um den Einsatz geschriebener Textversionen mit dem Ziel des besseren Verständnisses von gesprochenem Englisch. In ihrer Analyse The Effect of Written Text von Comprehension of English as a Foreign Language zeigen die in den USA besonders renommierten Vertreter der cognitive load theory (vgl. die aussagekräftige Darstellung der CLT: Diao, Chandler & Sweller 2007: 237ff), dass die Vorgabe verschrifteter Fassungen in Form von Untertiteln oder Transkripten von Hörtexten das Textverständnis fördert, aber nicht zu einer Verbesserung des Hörverstehens führt. Bei diesem in unserem Fremdsprachenunterricht weniger etablierten Vorgehen handelt es sich offensichtlich um eine in den USA (und anderen englischsprachigen Ländern) gängige Lehr- und Lernstrategie:
This study demonstrated that EFL learners clearly benefit from processing written representations in attempting to understand scripted or subtitled sentences and passages. These findings are consistent with research on the value of scripts and subtitles accompanying auditory materials. However, it does not follow that written representations help people learn to listen. (Diao et al. 2007: 250f.)
Eine interessante, aber schwer lesbare und ebenso schwer umsetzbare Untersuchung aus dem Jahr 2013 stammt von Lindsey, Shrover, Pashler & Mozer. In ihrer Forschungsarbeit geht es um Improving students‘ long-term knowledge retention through personalized review. Die anvisierten Verbesserungen sollen u. a. im Fremdsprachenunterricht Spanisch durch die Praxis des verteilten vs. massierten Übens (spaced vs. massed pratice) erreicht werden. Die Resultate der Forscher zeigen, dass entsprechende Übungsformen die höchste Wirksamkeit entfalten, wenn sie auf individuelle Lernende zugeschnitten sind. Deshalb schlagen Lindsey et al. ein komplexes personalisiertes System der Wiederholung des im Unterricht Gelernten vor. In dieser wissenschaftlichen, statistisch ausgerichteten Form lässt es sich jedoch – trotz überzeugender Ergebnisse (Lindsey et al. 2013: 5ff.) – wohl nicht ohne weiteres auf den Unterricht, weder in den USA noch anderswo, übertragen.
Dieser kurze Überblick über ausgewählte evidenzbasierte Forschungsarbeiten aus den USA macht deutlich, dass der hohe Anspruch an wissenschaftliches Arbeiten häufig nicht zu praxistauglichen Resultaten führt. Obgleich sich die kurz skizzierten Untersuchungen auf das Lernen von Fremdsprachen beziehen, sind ihre Ergebnisse aus wichtigen Gründen nicht auf den europäischen und insbesondere den deutschsprachigen Kontext übertragbar.     

4   Die Integration qualitativer und quantitativer Forschung
4.1 Vom Frontalunterricht (Didactic Teaching) zum lehrergesteuerten Unterricht (Direct Instruction)
In Kap 3.2 wurde kurz auf den grundlegenden Unterschied zwischen Frontalunterricht (didactic teaching) und einem lehrergesteuerten Unterricht im Sinne der direct instruction eingegangen. Um die Unterschiede weiter zu verdeutlichen und zum MET überzuleiten, wird kurz das Unterrichtsmodell skizziert, welches Hattie in seiner Studie (2009) präsentiert und in weiteren Publikationen zur Grundlage seiner Unterrichtsvorschläge macht (vor allem Hattie 2012).
Hatties Modell der Direct Instruction ist keineswegs ausschließlich aus empirisch-quantitativer Forschung hervorgegangen, wie der neuseeländische Forscher es durch den Verweis auf die bekannten wissenschaftlichen Untersuchungen zum DISTAR- Modell (Engelmann & Carnine 1982) glauben machen will. Ähnlich wie das scaffolding stützt sich die direct instruction auf ein wissenschaftsorientiertes, aber keineswegs evidenzbasiertes Modell, nämlich das lesson plan design von Hunter aus den 1970 Jahren (Hunter 1976). Erst nach und nach ist diese Modellierung aufgrund ihrer inhärenten Logik und den zahlreichen positiven Erfahrungen einer strengen wissenschaftlichen Prüfung unterzogen worden.
Wie Hunters lesson plan design umfasst die direct instruction bei Hattie sieben Hauptschritte („seven major steps“, Hattie 2009: 205f.):
  1. Bei der Unterrichtsplanung geht es zunächst um die Konkretisierung dessen, was die Schülerinnen und Schüler lernen werden: Welches Lernergebnis sollen sie am Ende der Unterrichtsphase erreicht haben?
  2. Im Anschluss daran erarbeitet die Lehrkraft Kriterien, die ihr und - vor allem den Lernenden - zeigen, ob diese die anvisierten Ziele tatsächlich erreicht haben oder inwieweit ein Re-Teaching angezeigt ist.
  3. Der Lehrende legt die Lernaufgabe(n) so an, dass Leistungsbereitschaft und Selbstverpflichtung der Lernenden geweckt und gefördert werden. Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist der Aufhänger. Er soll die Lernenden aufnahmebereit machen, die Aufmerksamkeit auf den Lernstoff lenken und dafür sorgen, dass sie sich mit den Lernabsichten identifizieren.
  4. Die Orientierungshilfen bei der Darbietung des neuen Lernstoffs sind vielfältig: Sie  bestehen u. a. in der angemessenen Strukturierung und Präsentation des Inputs in Form eines Vortrags, eines Films, einer Audioaufzeichnung, eines Videos und sonstigen Bildmaterials. Durch ein nachahmenswertes Beispiel (modeling) verdeutlicht die Lehrkraft den Lernenden, wie das Endergebnis ihres Lernens aussehen kann. Kontinuierliches Feedback ermöglicht eine Überprüfung von (Teil-)Erfolgen im Verlauf der Lernprozesse.
  5. Auf die Phase der Darbietung folgt angeleitetes Üben, welches vielfältige Formen annehmen kann, aber stets unter direkter Aufsicht durch die Lehrerin oder den Lehrer stattfindet.
  6. Der Schlussteil soll den Lernenden deutlich machen, dass sie an einem wichtigen Punkt der Unterrichtsstunde oder Unterrichtsphase angekommen sind. Der Lehrende unterstützt die Lernenden dabei, ihr Wissen und Können zu organisieren und Zusammenhänge herzustellen.
  7. Es folgt das selbstständige Üben. Wiederholungen und Vertiefungen des Gelernten sind in angemessenen Abständen zu planen. Fehlt dieser siebte Schritt, sind viele Lernende nach Hattie nicht in der Lage, das Gelernte anzuwenden.
Im Vergleich dazu sieht das Template von Hunter folgende Aspekte vor (Hunter 1976)

  1. Anticipatory Set
  2. Objective/Purpose
  3. Instructional Input
  4. Modeling
  5. Checking for Understanding
  6. Guided Practice
  7. Independent Practice.
Die direct instruction erreicht bei Hattie eine Effektstärke von d = 0.59 (Hattie 2009: 206f.); sie nimmt unter den 138 Faktoren der Studie Rang 26 ein. Ähnlich wie von Marzano festgestellt, variieren die Lernergebnisse jedoch bei einzelnen Schülergruppen. Darüber hinaus führt Hattie zahlreiche indirekte empirische Nachweise für das von ihm propagierte Unterrichtsmodell an, die auch für das MET (Kap. 4.3) und die beiden Unterrichtsbeispiele (Kap. 5) richtungsweisend sind. In der Rangfolge der erreichten Effektstärken sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:
Wirksame Lehr- und Lernstrategien

Effektstärke

Rang

Providing formative Evaluation (formative Evaluation)    
d = 0.90
3
Teacher Clarity (Klarheit der Lehrperson)
d = 0.75
8
Feedback      
d = 0.73
10
Spaced vs. massed practice (verteiltes vs. massiertes Üben)
d = 0.71
12
Meta-cognitive strategies (meta-kognitive Strategien)
d = 0.69
13
Teaching strategies (Lehrstrategien)
d = 0.60
23
Cooperative vs. individualistic learning (kooperatives vs. individualisiertes Lernen)
d = 0.59
24
Worked examples (Beispiellösungen)
d = 0.57
30
(Challenging) goals (herausfordernde Ziele)
d = 0.56
34
Classroom management (Klassenführung)
d = 0.52
42
Questioning  (rückversichernde Fragen)
d = 0.46
53
Quality of teaching (Unterrichtsqualität)
d = 0.44
56
Cooperative learning (kooperatives Lernen)
d = 0.41
63
Tab. 1: Rangfolge effektiver Lehr- und Lernfaktoren (Hattie 2009: 297f.)
Nach Wellenreuther (2004: 339ff., 82015) können diese Ergebnisse als Bestätigung der Wirksamkeit der direct instruction gelten. Ähnlich äußern sich auch Liem & Martin (2013: 366ff.). Sie führen neuere Meta-Analysen an, die die Überlegenheit eines lehrergesteuerten Unterrichts belegen (vgl. u.a. Kirschner et al. 2006; Alfieri et al. 2011).

4.2  Das Zusammenspiel von curriculum design, instructional systems development  und backward design im Fremdsprachenunterricht
Beim effektiven Lehren vom Fremdsprachen, welches zu erfolgreichem Lernen führen kann und soll, geht es wie in jedem Unterricht um die beiden grundlegenden Fragen:
  • Was soll gelernt werden?
  • Wie sollen Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern die Inhalte des Curriculums vermitteln?
Curriculum-Design und Instruktions-Design sind eng miteinander verknüpft. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht bisweilen der Lernstoff - also das Curriculum - und in anderen Fällen das Instruktionsdesign - also methodische Aspekte - die Oberhand gewinnen.

4.2.1 Curriculum Design
Auch wenn die Ziele des Fremdsprachenunterrichts durch den Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen (Europarat 2001), die KMK-Standards und die Lehrpläne der einzelnen Bundesländer mehr oder weniger genau festgelegt sind, stellen sich bei der Auswahl der Ziele und Inhalte weiterführende Fragen:
In my view, the problem does not consist in finding an authentic detail connected to real life that may attract the attention of the majority of the learners. For me, the choice of curriculum items is also connected to the overall question: What world do we want to live in? In any case, as a teacher as well as an educator in general, you have to specify what you mean by content: That what is or that what you present to your learners? Or is it simply that what has to be learned? (Petrina 2007) Whatever the answer to these queries may be, it has to take the students’ needs and interests into account. (www.ideflorio.com, Link: related texts)

4.2.2 Instructional Systems Development
Einschlägige Vorgaben für das Instruktionsdesign bietet das ADDIE-Model der Florida State University. Es besteht in seiner bekanntesten Fassung aus fünf aufeinander aufbauenden Phasen[2]:
  • Analyze:
The analysis refers to all parameters that are relevant for the planned teaching unit or lesson, i.e. the objectives, the content, the prior knowledge of the students, the learning activities as well as the evaluation tasks. It is within the responsibility of the teacher to connect the gathered information in order to create the best learning experiences for all students.
  • Design:
The second phase of the model aims at creating the pedagogical design of the whole teaching unit. Based on important research results and models of ID, the teacher plans the learning activities taking the special teaching and learning context into account.
  • Develop:
What follows is the planning of the concrete learning activities and their sequence considering the particular learners.
  • Implement:
The whole instructional design, i.e. the integration of all steps and materials gathered during the phases 1 to 3, is put to the test of effectiveness and efficiency.
  • Evaluate:
This last phase ensures that the targeted objectives are really reached. The evaluation consists of forms of formative and summative feedback.

4.2.3 Backward Design
Hat man nun relevante, motivierende Ziele und Inhalte ausgewählt und sie nach sorgfältiger Abwägung mit bestimmten Instruktionsmethoden verbunden, fehlt noch etwas Entscheidendes. Zu häufig überlassen Lehrkräfte den tatsächlichen Outcome dem Zufall. Sie überprüfen nicht, ob die Lernenden die anvisierten Fertigkeiten, Fähigkeiten und (Teil)Kompetenzen tatsächlich in der wünschenswerten Ausprägung erreicht haben. 
In diesem Zusammenhang ist das backward design relevant: Die Lehrkraft hat klare Vorstellungen davon, welche Leistungen von den Lernenden in einzelnen Phasen des Unterrichts und am Ende einer Einheit erwartet werden. Sie hat bestmöglich festgelegt, wodurch und wie die Schülerinnen und Schüler zeigen, ob und in welchem Ausmaß sie die Ziele erreicht haben. Das Erreichen der gesteckten Ziele bezieht sich dabei keineswegs nur auf die sprachlichen Ausformungen, sondern beinhaltet vielmehr auch kritisches Denken und Haltungen wie zum Beispiel Respekt vor Menschen, die ganz oder zum Teil einem anderen Kulturkreis angehören.
In einem top-down-Ansatz geht backward design von wohlüberlegten persönlichen Einstellungen und effektiven Denkstrategien aus und führt zur Automatisierung von Wissen und Können in der jeweiligen Fremdsprache. Das folgende Zitat von  Froelich (2009) macht deutlich, dass backward design nicht nur das konkrete Ergebnis vorher festlegt, sondern von höherrangigen Zielsetzungen zur Automatisierung hinabschreitet (und nicht umgekehrt):
Effective lessons focus on students' thinking as the most important goal:  High performing classrooms primarily engage students in activities where they are asked to think about concepts and essential truths, extend their thinking to new situations, practice expressing their thinking and develop the several cognitive processes required to continually interact with new materials and situations. Thus the goal of instruction is to get the students to analyze, think and extend their thinking.
A second lesson goal is one that gives students practice developing skills to automaticity: Developing skills to some level of automaticity is often important if students are to attain some level of efficiency. However, it is    important to not confuse the two goals: developing thinking skills and practicing automaticity. While they are both important, they are not     interchangeable. That is to say, practicing skills to automaticity does not necessarily lead to understanding (the ability to think coherently about a subject), nor does understanding concepts necessarily lead to automaticity. (Froelich 2009:1; emphasis added by the author).
   
4.3  Das Model of Effective Teaching and Successful Learning (MET)
Um es Fremdsprachenlehrkräften zu erleichtern, einen wissenschaftsorientierten Unterricht mit evidenz- und wissenschaftsbasierten Anteilen zu gestalten, werden im Model of Effective Teaching and Successful Learning (MET) die in den beiden vorigen Abschnitt skizzierten Designs miteinander verbunden und in 30 variablen Schritten konkretisiert. Dabei ist das MET als Vorschlag zu verstehen, der es informierten autonomen Lehrenden ermöglicht,  ihre Ziele, Inhalte sowie Lehr- und Lernstrategien mit Blick auf den jeweiligen Lernkontext zu überprüfen und für sich selbst zu entscheiden. Keiner der 30 Schritte ist vorgeschrieben, und auch die Reihenfolge einzelner Schritte kann verändert werden. Empathie, Unterrichtserfahrung und die übergreifende pädagogische Verantwortung ermöglichen es Lehrkräften, die einzelnen Schritte des MET an ihren jeweiligen Kontext anzupassen. Aber selbst dann, wenn sie das MET ganz oder in Teilen verwerfen, kann es ihnen helfen, ihr eigenes Wissen und Können zu verbessern und zur Ausbildung der vielfältigen Identitäten ihrer Lernenden beizutragen.
Das Model of Effective Teaching and Successful Learning (MET)
Planung
1.  Auswahl von curricularen Kompetenz­zielen, die an das bisher Gelernte anschließen, motivierend sind und e­inen Lebensbezug haben;
2.  Explizites Anknüpfen an das didak­tische und lebensweltliche Vorwissen der Lernenden;
3.  egebenenfalls Unterteilung der ange­strebten Teilkompetenzen in Teilkom­ponenten;
4.  Sorgfältige Planung von Darbietungs- und Übungsschritten; 
5.  Erarbeitung alternativer Präsentations­formen und Übungsformate.

Einstieg
6.  Erläuterung der Ziele, der Lerninten­tionen und der Erfolgskriterien;
7.  Darstellung des Werts der ange­strebten Kompetenz bzw. der Teilkom­petenzen;
8.  Bestärkung der Schülerinnen und Schüler hinsichtlich der Erreichbarkeit der Ziele;
9.  Förderung von Leistungsbereitschaft und Engagement durch einen motivie­renden Aufhänger oder sonstige Hin­weise.

Darbietung
10.   Verständliche Erläuterung bzw. De­monstration der Lerninhalte durch die Lehrperson;
11.   Redundante Erklärungen, d. h. mehr­malige Erklärung desselben Inhalts oder      Sachverhalts mit Hilfe variie­render Formulierungen;
12.   Erhellende, schülernahe Beispiele;
13.   Veranschaulichung der Lerninhalte durch Bilder, Graphiken, Tabellen so­wie digitale        Medien;
14.   Präsentation der einzelnen Lösungs­schritte anhand ausgearbeiteter Bei­spiele.

Fragen und Antworten
15.   Rückversichernde Fragen der Lehr­kraft zur Überprüfung, ob und was die Lernenden (bisher) verstanden haben;
16.   Eingehen auf Fragen der Schülerinnen und Schüler;
17.   positive Haltung gegenüber Fehlern;
18.   Fragen zum dargebotenen Lerninhalt, die allen Lernenden eine Beteiligung am Unterricht ermöglichen;
19.   Wiederholung der Darbietung ganz oder in Teilen bei unzureichenden Lernergebnissen.

Angeleitetes Üben
20.   Gestufte Übungsformate mit kurzen Selbsttests, die allen Lernenden eine Überprüfung der eigenen Lernergeb­nisse gestatten;
21.   Ausgearbeitete Beispiele mit Erläute­rung der Lösungsschritte;
22.   Festlegung der Sozialform (Einzel­arbeit, Partnerarbeit, Kleingruppen­arbeit);
23.   Gezieltes formatives Feedback für einzelne Schülerinnen und Schüler durch die Lehrkraft;
24.   Kurze Erläuterungen für einzelne Lernende bei unzureichenden Lern­ergebnissen.

Selbstständiges Üben
25.   Variationsreiche, wohldurchdachte Auf­gabenformate für Vertiefung und Transfer;
26.   De-Kontextualisierung: Variation der Kontexte für einen Transfer auf (neue) relevante Situationen;
27.   Festlegung der Sozialform (Einzel­arbet, Partnerarbeit, Kleingrup­penar­beit, gege­benenfalls als Haus­aufgabe);
28.   Feedback durch die Lehrperson oder durch peers;
29.   Formative Evaluation durch Tests
30.   Überleitung bzw. Zusammenfas­sung (an unterschiedlichen Stellen je nach Unterrichtsphase)

5 Möglichkeiten der Umsetzung im wissenschaftsorientierten Fremdsprachenunterricht
In den bisherigen Ausführungen ging es hauptsächlich um die Umsetzung von evidenz- und wissenschaftsbasierten Forschungsergebnissen im Fremdsprachen­unterricht.
Um evidenzbasierte Hinweise und Anregungen für den Unterricht geht es im Fall von Wellenreuther (Kap. 3.2): Der Vorschlag, bei der Einführung neuer Lerninhalte in bestimmten Lehr- und Lernzusammenhängen ein ausgearbeitetes Beispiel (worked example) zur Verdeutlichung von (Teil)Zielen zu nutzen, gründet sich auf  empirische Evidenz, d. h. die Lernwirksamkeit dieser Strategie ist durch Ergebnisse strenger experimentelle Forschungsergebnisse belegt. Bei Hattie (Hattie 2009: 172f.) erreichen worked examples eine Effektstärke von d = 0.57 (Rang 30).
Wie mehrfach angedeutet, ist es aber keineswegs möglich, alles, was Lehrende im Unterricht mit Blick auf Lernsteigerungen und Lernerfolg tun, einer strengen empirischen Prüfung zu unterziehen. Häufig muss und kann man sich mit den Ergebnissen qualitativer oder quantitativer Studien zufrieden geben, die den in Kap. 1.2 beschriebenen Anforderungen an Wissenschaft genügen. Lehren und Lernen, welches wissenschaftliche Ergebnisse berücksichtigt, die valide und reliabel sind, bezeichnet man als wissenschaftsbasiert.
Aber auch hier müssen Abstriche gemacht werden: Nicht immer ist es möglich, ausschließlich auf wissenschaftlicher Grundlage zu unterrichten. Dazu spielen im Fremdsprachenunterricht - wie in jedem Unterricht - Individualität und Persönlichkeit der am Unterricht beteiligten Personen sowie der schulische Lernkontext und das weitere Umfeld eine zu große Rolle. Nehmen wir beispielsweise die Empathie-Fähigkeit der Lehrerin oder des Lehrers: Sie stellt ohne Zweifel eine Grundvoraussetzung für erfolgreichen Unterricht dar. Zwar lässt sie sich in einzelne Komponenten zerlegen, z. B. die Fähigkeit auf „schwierige“ Schülerinnen und Schüler einzugehen oder Frustrationen bei den Lernenden abzubauen. Diese Komponenten überhaupt zu erfassen und im Anschluss tatsächlich valide und reliabel zu überprüfen, dürfte schwierig sein.
Deshalb wird in dem vorliegenden  Beitrag der Begriff wissenschaftsorientiert verwendet. Dieser trifft auf das Lehren und Lernen von Fremdsprachen dann zu, wenn vorhandene und brauchbare Resultate empirisch-experimenteller Forschung herangezogen werden und in anderen Fällen eine Orientierung an wissenschaftlichen Ergebnissen aus qualitativen und quantitativen Studien erfolgt. Der Begriff wissenschaftsorientiert trägt der Ausrichtung an Forschungsarbeiten Rechnung, ohne die Individualität der am Unterrichtsgeschehen beteiligten Lehrenden und Lernenden in Frage zu stellen.
Unterrichtsvorschläge in Fachzeitschriften oder der Ratgeberliteratur gehen oft von einer “zündenden” Idee aus und lassen sich daher gleichsam als Feuerwerk zur Unterbrechung der Unterrichtsroutine nutzen. Ein weiterer Ausgangspunkt für Unterrichtsanregungen in der didaktischen Ratgeberliteratur ist ein bestimmtes methodisches Vorgehen. Dabei bleibt häufig offen, was unter Methode zu verstehen ist: Ist damit ein umfassender Unterrichtsansatz oder eine fächerübergreifende Lehr- und Lernstrategie gemeint? Oder geht es schlicht um eine Unterrichtstechnik im engeren Sinn? In den seltensten Fällen wird angegeben, welche Fertigkeiten, Fähigkeiten oder Kompetenzen im Mittelpunkt der Idee stehen und inwiefern die Vorgehensweisen überhaupt mit wissenschaftlichen Forschungsergebnissen in Verbindung gebracht werden können.
Den folgenden Auszügen aus Unterrichtseinheiten Englisch für die Praxis (De Florio-Hansen 2016) und Unterrichtseinheiten Französisch für die Praxis (De Florio-Hansen 2017) gehen jeweils Übersichten voran, in welchen die Ziele und Vorgehensweisen detailliert benannt werden. Dort werden Allgemeine Erziehungsziele, Ziele fremdsprachlicher Bildung, Inhalte und Themen, Fertigkeiten, Fähigkeiten sowie die Anbahnung von Kompetenzen auf der Grundlage des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens (Europarat 2001) und der Bildungsstandards (KMK 2004) spezifiziert. Der Sprachfokus wird ebenso konkretisiert wie Lehr- und Lernstrategien sowie Möglichkeiten der Evaluation durch formatives und summatives Feedback. Dabei und bei der folgenden Ausgestaltung der Einheiten wird überall, wo es sich anbietet auf Erkenntnisse aus quantitativer, insbesondere experimenteller Forschung zurückgegriffen.

5.1 Ein Beispiel für den Englischunterricht[3]
Unit 5 : Why English ?   (Sek. I: 6. Lernjahr, B1 / B2)

Worksheet 3: Englishes? Yes, Englishes! (2 pages)

Task 12:
Read the dialogue between Lena, a fourteen-year old German high school student, and Ken-Shou, a Chinese exchange student, who attends the same chemistry courses at the Technical University of Berlin as Lena’s elder brother Alex.
Up to now, Ken-Shou, Alex and Lena always talked in German together because Ken-Shou came to Berlin mostly to improve his German. For some time past, Lena wanted to know if the Chinese student knew English, too. Now she profits from her brother’s being late to start a conversation about the issue with Ken-Shou.


Lena:             Hallo, Alex wird gleich da sein …
Ken-Shou:     Fein.
Lena:             Was ich dich fragen wollte … Sprichst Du außer Deutsch noch eine Fremdsprache?
Ken-Shou:     Oh yes, sure, I speak three Englishes.
Lena:             Three Englishes? What does that mean? Isn’t English always Englis,h more or less?
Ken-Shou:     I don’t think so. There is a variety of Englishes.
Lena:             Please, explain.
Ken-Shou:     I speak American English. Several years ago, I attended an American high school near L. A.
Lena:             Oh, that’s very interesting, because I, too, spent a year in California.
Ken-Shou:     And exactly where?
Lena:             In Monterey …
Ken-Shou:     I’ve been there, a very nice place. So you speak American English, too.
Lena:             Yes, I learned a lot there. But what about your other Englishes?
Ken-Shou:     I often use International English.
Lena:             You mean, you use English with people from all over the world?
Ken-Shou:     Yes, but International English is a special form that we use when we communicate with our teachers or lecturers in China.
Lena:             In China, perhaps …
Ken-Shou:     No, no, it’s the same variety that is used in the English version of Spiegel online.
Lena:             You mean the German newspaper?
Ken-Shou:     Yes, for many years, they have published an English version available on the Internet. Have a look at it!
Lena:             I never thought that someone from so far away would tell me something about German magazines. And the third variety as you call it?
Ken-Shou:     Naturally, I speak Singlish, that’s sort of a dialect, a slang if you want,  we use it in private conversation, especially among young people.
Lena:             Is that something like Denglish?
Ken-Shou:     Not really, Germans who don’t really know English often translate  word by word, for example Backshop instead of bakery. Singlish is based on British English, but it is mixed up with Asian dialects and it has its own grammar.
Lena:             Oh, I understand …
(Alex ist inzwischen in Lenas Zimmer gekommen)
Alex:              Hi, what’s up? I heard you talking in English.
Lena:             Oh, yes. Why didn’t you tell me that Ken-Shou speaks English, too?
Alex:              Because I wanted to help him to improve his German and not to improve your English
Ken-Shou:     Don’t worry, Lena and I, we had an interesting conversation.
Lena:             There was no time left to improve my English. But I learned from Ken-Shou that I speak three Englishes.
Alex:              Three Englishes? What do you mean?
Lena:             I speak British English, American English and International English.
Alex:              You mean you speak English?
Ken-Shou:     No, she is right. She speaks three Englishes.

Work together in a team of four students and summarize the conversation between Ken-Shou, Lena and Alex in five sentences at most. Try to explain to a person who has never heard about English varieties what Ken-Shou means when he talks about Englishes. Write one version on a sheet of paper and present it in class.


Task 13:
Try to find out at least two main differences between British and American English. Have a look at spelling, but also at vocabulary, e.g. nouns and verb forms  (https://en.wikipedia.org/wiki/Comparison_of_American_and_British_English; 20-04- 2016; on your right, you see the box Comparison of American and British English with several links you can consult):

Textbook:                                              Spiegel online (English Version):
…………………………………………       …………………………………………………..

Task 14:
Select a passage from the textbook you use in class. Compare the chosen passage to a descriptive text in Spiegelonline (www.spiegel.de/international/europe or www.spiegel.de/international/europe/archiv.htm; 20-04-2016). Do you notice any differences between the variety (probably British English) and International English used in the English version of the German magazine? Work together with your tandem partner and make notes. In whole-class interaction, your teacher will help you to find out the main differences.

Textbook:                                              Spiegel online (English Version):
…………………………………………       …………………………………………………..

Worksheet 3: Hinweise, Anregungen, Lösungen

Worksheet 3: Englishes? Yes, Englishes!

Task 12: Mögliche Lösung:
The varieties of English spoken all over the world (partly) differ with regards to spelling, vocabulary and grammar. Ken-Shou is right when he makes a difference between Singlish, sort of a dialect, American English used in the US and International English used in formal contacts. During their conversation, Lena discovers that she speaks three Englishes, too: British English at school, American English learned in California, and International English (even though she doesn’t know exactly what its characteristics are).

Task 13: Individuelle Lösungen:
Der Lehrer kann (zusätzlich) folgende Unterschiede vorgeben:
UK:                                                              US:
colour                                                          color
favour                                                          favor
car park                                                      parking lot
lift                                                                 elevator
lorry                                                             truck
motorway                                                   freeway or highway
to get, got, got                                           to get, got, gotten

Task 14: Individuelle Lösungen: 
Definition: International English is a global means of communication in numerous dialects, and also the movement towards an international standard for the language, that is to say, Standard English.


Diese Standardisierung ist keineswegs abgeschlossen: Beispiele:
Standard English:                                     International English:
You did it, did you?                                      You done it, did you?
I couldn’t find any anywhere.                     I couldn’t find none nowhere.
himself, themselves                                    hisself, theirselves
I saw him.                                                     I have seen him.                                        
Es kann nicht darum gehen, Schülerinnen und Schülern International English zu vermitteln. Vielmehr sollte man sie darauf hinweisen, dass es diese Sprachform gibt und dass manche zweifelhaft anmutenden Äußerungen keine Fehler darstellen, sondern den Regeln des International English folgt.
Falls es den Schülerinnen und Schülern nicht gelingt, ein passendes Beispiel aus der englischen Fassung von Spiegel online zu finden, kann man ihnen einen Text aus den auf dem Worksheet genannten Websites vorgeben, an dem sie einige Abweichungen feststellen können.

5.2 Ein Beispiel für den Französischunterricht
Unité 4: Symboles populaires de la France  (Sek. I: 4. Lernjahr, B1)

Feuille d’activités 6 : Un autre symbole encore : la haute couture

Tâche 18 :
Pourquoi, selon vous, cette feuille d’activités n’est pas intitulée : Un autre symbole encore : la mode. Quelle est la différence entre la mode et la haute couture ? Ne pensez pas seulement au chic et au style, mais aussi à la production. A deux, notez quelques différences et parlez-en en plénum.

                                                         
Tâche 19 :
Dans quelle mesure le dessin est-il symbolique de la France ?

Tâche 20: 
Connaissez-vous quelques couturiers ou couturières français ? Cherchez à comprendre leurs messages, p. ex. celui de Coco Chanel. À part le prix, leur mode vous plaît-elle ? Pourquoi ? Pourquoi pas ? Prenez des notes afin de discuter en plénum.

Hinweise, Anregungen, Lösungen

Feuille d’activités 6 : Un autre symbole encore : la haute couture

Tâche 18 : Mögliche Lösung:
Le terme la mode s’utilise pour les habitudes collectives de s’habiller. Une mode peut être durable ; dans la plupart des cas, elle est passagère.
On parle de couture ou, plus exactement, de haute couture quand un ou plusieurs stylistes dirigent une maison de couture. Les couturiers créent des modèles exclusifs, les font présenter aux défilés de mode et ensuite les font produire dans leurs ateliers sur la commande des clients. Depuis quelque temps, il y a aussi le Prêt-à-Porter, c’est-à-dire des vêtements tout faits (et non confectionnés sur mesure). En général, la collection d’un couturier ou d’une couturière est un ensemble de vêtements et d’accessoires, inspiré d’une même idée. La plupart des couturiers – les couturières sont encore assez rares en France –  renouvellent leurs collections chaque saison.  

Tâche 19 : Mögliche Lösung:
Le dessin montre un défilé de mode. Le mannequin porte probablement des vêtements de haute couture. Le caractère exclusif de l’événement est souligné par la présence de la presse.

Tâche 20: Individuelle Lösungen
Les couturiers les plus connus sont Pierre Cardin, Christian Dior, Yves Saint-Laurent et aussi Karl Lagerfeld.
Coco Chanel, une des premières couturières et, sans doute, la plus connue, commence par confectionner pour elle-même des chapeaux originaux qu’elle tire très bas sur son front. Peu après, elle commence à créer et à confectionner des vêtements qui sont tout à fait le contraire des créations élégantes des couturiers de son époque : style écolière en tenue sage noire et blanc ou bien à la garçonne qui porte des polos, des cardigans et des pantalons. Avec son style, elle contribue è l’émancipation des femmes.

6   Ausblick
Obgleich wir ein wissenschaftsorientiertes Vorgehen im Fremdsprachenunterricht befürworten, welches an geeigneten Stellen Ergebnisse weitestgehend exakter Messungen einbezieht, soll die Frage, ob es sinnvoll ist, alles zu vermessen, hier selbstverständlich mit einem klaren Nein beantwortet werden. Beim Lehren und Lernen von Fremdsprachen entziehen sich – wie in jedem Unterricht – zahlreiche Aspekte der exakten Messung. Dies ist gut so, denn nicht alles darf auf nutzbare Daten, auf eine quantitative Ethik, reduziert werden. Schon heute fällt es uns zunehmend schwerer, etwas nach seinem inneren Wert, der sich nicht in Ziffern niederschlägt, zu beurteilen. Andererseits dürfen uns die Grenzen der Messbarkeit aber nicht dazu verleiten, evidenzbasierte Forschung aufgrund der damit verbundenen Anforderungen an Wissenschaftler und Lehrende außer Acht zu lassen.
Als Fazit kann somit Folgendes festgehalten werden: Messen, wo möglich und nötig; common sense beim Fremdsprachenlernen im Sinne von Huxley überall da, wo es gilt, die engen Grenzen des Messens zu sprengen und den Lernenden neue Horizonte zu eröffnen.


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Autorin:
Prof. Dr. Inez De Florio-Hansen
Universität Kassel
Fachbereich 02: Geistes- und Kulturwissenschaften
Kurt-Wolters-Str. 5
34125 Kassel
Deutschland
E-Mail: deflorio@t-online.dedeflorio@uni-kassel.de



[1]      http://learning.blogs.nytimes.com/2016/03/15/student-question-should-everyone-learn-at-least-one-other-language/?_r=0; 05.11.2016)
[2]           http://www.instructionaldesign.org/models/addie.html; 05.10.2016; www.ideflorio.com, Link: related texts.
[3]           Bei den hier vorgelegten, bereits veröffentlichten Unterrichtsbeispielen, handelt es sich, insbesondere in den Dialogen, um Texte, die - ähnlich wie in der fiktionalen Literatur – in der vorliegenden Form von Lernenden dieses Alters geäußert werden könnten. Aus dieser Perspektive sind sie von Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern auf ihre Stimmigkeit hin untersucht und im Unterricht mehrfach erprobt worden. Es geht also hier weder inhaltlich noch sprachlich um „Beispieltexte“, die an Gütekriterien gemessen werden können, die für Fachtexte zugrundezulegen sind. Für eventuelle sprachliche Unstimmigkeiten übernimmt die Redaktion des JLLT daher keine Verantwortung.