Volume 9 (2018) Issue 1
pp. 131-138
Frank
Kostrzewa: Erwerb und Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache.
Empirische Studien und unterrichtliche Implikationen. Hamburg: Verlag
Dr. Kovač 2018 [PHILOLOGICA – Sprachwissenschaftliche
Forschungsergebnisse; Bd. 223] (ISBN 978-3-8300-9808-9)
Die vorliegende
Monographie erstreckt sich auf die Erforschung des Deutschen als
Fremdsprache in seiner Erlernung und unterrichtlichen Vermittlung –
vorwiegend mit Bezug auf koreanische Lerner. Auf der Basis der
empirisch ausgerichteten Sprachlehr-
und -lernforschung
wird die Beantwortung grundlegender Fragen angestrebt - wie
beispielsweise derjenigen, ob der Spracherwerbsprozess als solcher im
Wesentlichen ein kognitiver bzw. konstruktiv(istisch) ausgerichteter
ist oder eher auf Habitualisierung beruht und in welchem Maße das
Alter der Lernenden, ihre Intelligent, ihre soziale Herkunft und ihre
individuellen Unterschiede dabei eine Rolle spielen. Das hier
angestrebte Spektrum ist dabei ein recht breites, und die
aufgeworfenen Fragen sind für den Fremdsprachenerwerb und die
Fremdsprachenvermittlung im Allgemeinen – nicht nur in Bezug auf
Deutsch als Fremdsprache und nicht nur mit Blick auf koreanische
Lerner – von zentraler Bedeutung.
Der vorliegende Band
ist dabei als eine Sammlung von Aufsätzen aufgebaut – hierauf
verweisen auch Formulierungen wie „Gegenstand des vorliegenden
Beitrags“ (82) oder „Im vorliegenden Beitrag“ (103) -, an deren
Ende jeweils eine separate Bibliographie erscheint. Eine Einleitung
zur der vorliegenden Monographe im eigentlichen Sinne existiert
nicht, als solche dienen die zweiseitigen Ausführungen, die dem
Inhaltsverzeichnis vorgelagert und nicht mit Seitenzahlen bezeichnet
sind, auf die sich der erste Absatz dieser Rezension bezieht. Ein
abschließendes Kapitel, in dem die dargelegten empirischen Befunde
synthetisiert und in einen hören Zusammenhang eingeordnet werden,
existiert ebenfalls nicht. Die einzelnen Kapitel enthalten jedoch
jeweils eine Einleitung und ebenso abschließende Bemerkungen, die
beispielsweise als Fazit
(z.B. 216 und 224f), als Fazit
und Ausblick (33ff),
als Zusammenfassung
und unterrichtliche Implikationen (58f)
oder auch als Zusammenfassung
und methodische Implikationen (254f)
ausgewiesen sind.
In folgerichtiger Unterscheidung der
beiden im Titel des Buches ausgewiesenen Bereiche – des Erwerb von
Fremdsprachen einerseits und deren Vermittlung andererseits – ist
die Monographie entsprechend in zwei Teile untergliedert, deren
erster die ungesteuerte Aneignung des Deutschen als Fremdsprache zum
Thema hat (9ff) und deren zweiter dessen gesteuerte Aneignung
thematisiert (145ff). Die jeweiligen Kapitel innerhalb dieser beiden
Teile werden dabei mit römischen Ziffern belegt.
Kapitel I (11ff)
bezieht sich auf die Untersuchung vom Formeln und Routinen für den
Erwerb des Deutschen als Zweit- und Fremdsprache. Dabei wird
Formelhaftigkeit in einem umfassenden Ansatz - in mündlichen
Äußerungen von Muttersprachlern (13ff) und in der mündlichen
Lernersprache (16ff), im Grenzbereich zwischen Mündlichkeit und
Schriftlichkeit (25f) sowie in schriftlichen Äußerungen von
Muttersprachlern (26ff) und in schriftlicher Lernersprache (30ff) -
näher beleuchtet. Lerntheoretisch von Bedeutung sind in diesem
Zusammenhang sicherlich die Formelhaftigkeit von Lerneräußerungen,
die aufgrund gehörten oder gelesenen Inputs entstehen (Fremdkopie)
oder von diesen selbst geprägt werden (Selbstkopie)
(33). Sie scheint zudem sowohl für Lerner mit geringen
Fremdsprachenkenntnissen von Bedeutung zu sein als auch für
fortgeschrittene Lerner. Von erheblicher Wichtigkeit ist ebenfalls
die Feststellung, dass formelhafte Wendungen gezielt im Unterricht
vermittelt und geübt werden sollen (32) – nicht zuletzt, und dies
sei hier hinzugefügt, weil den Lernern durch ihre Aneignung,
gleichsam automatisch, korrektes und entweder in identischer Form
verwendbares oder nur unwesentlich zu modifizierendes Sprachmaterial
zur Verfügung gestellt wird.
„Kommunikationsstrategien
koreanischer Deutschlerner“ stehen im Mittelpunkt des zweiten
Kapitels (41ff). Hier werden zunächst Reduktions- bzw.
Vermeidungsstrategien (42f), bei denen die Lerner aufgrund fehlender
Sprachbeherrschung nicht die Information zu kommunizieren imstande
sind, die sie kommunizieren möchten oder deren Ausdruck von ihnen
erwartet wird. Im Anschluss stehen Kompensationsstrategien als
„aktive Problemlösungsstrategien“ (43ff) im Mittelpunkt,
worunter beispielsweise der Wechsel in die Muttersprache oder in eine
andere Fremdsprache, die Verwendung ähnlicher Ausdrücke oder eigene
Wortschöpfungen des Lerners behandelt werden. Zum Schluss werden an
Beispielen Verstehensstrategien dargestellt (46ff). Die Ausführungen
sind hier, wie zuvor auch, informativ - wünschenswert wäre jedoch
eine analytische Einschätzung und eine didaktische Einordnung dieses
Problembereichs, die die Beschreibung hier noch praxisnäher hätte
werden lassen.
Kapitel III (51ff)
beschäftigt sich mit Spracherwerbssequenzen
und den mit ihnen in Zusammenhang stehenden Forschungsimplikationen
für den Unterricht. Im Rahmen dieses Ansatzes wird postuliert, dass
alle Lerner mehr oder minder die gleichen Spracherwerbsphasen
absolvieren, dies jedoch mit unterschiedlichem Zeitaufwand tun (51),
was dann natürlich einen unmittelbaren Einfluss auf die Planung von
Unterreicht und die Behandlung und Abfolge der entsprechenden
grammatischen Konstruktionen in diesem hätte. Der sich
anschließende, kurze Forschungsüberblick, in dem – wie übrigens
im gesamten Buch – immer wieder über das Sprachenpaar
Deutsch-Koreanisch hinausgegangen und ein ungleich breiterer
Dokumentationsansatz gewählt wird - führt den Autor zu der
folgenden Einschätzung:
Es
konnte gezeigt werden, dass hinsichtlich der Erwerbsverläufe im
Erst- und Zweitspracherwerb inter-individuelle Gemeinsamkeiten zu
beobachten sind, die den Schluss einer Existenz universeller
Erwerbsverläufe nahe legen [sic!]. Insbesondere durch die Ergebnisse
von Morphemstudien und Fehleranalysen konnte aufgezeigt werden, dass
morphologisches und syntaktisches Wissen in einer spezifischen
Reihenfolge erworben werden. (58)
„Modalwörter in
der Interlanguage koreanischer Deutschlerner“ werden in Kapitel IV
(61ff) beschrieben. An eine Einführung in das Thema (61f) und eine
Beschreibung der morphosyntaktischen (61ff) und der semantischen
Merkmale (64) von Modalwörtern sowie eine Kurzdarstellung der
epistemischen Modalität (65ff) schließt sich die linguistische
Analyse derjenigen Modalwörter an, die in schriftlichen Texten
figurierten, die von Studierenden der Seouler
Fremdsprachenuniversität in deren drittem und viertem Studienjahr
verfasst wurden, wobei dieses Korpus nicht näher hinsichtlich seines
Umfangs und des Zustandekommens der einzelnen Texte erläutert wird.
Näher eingegangen wird dabei auf 13 Modalwörter, von denen wohl die
frequentesten – auch dies wird nicht vollkommen deutlich –
vielleicht,
wirklich, natürlich, tatsächlich, möglicherweise und
gewiss sind
(67ff). Eine Einschätzung hinsichtlich der (korrekten) Verwendung
dieser durch die erwähnten koreanischen Deutschlerner wird dabei
nicht vorgenommen, ebenso verbleibt die Analyse im rein
linguistischen Rahmen, ohne dass auf didaktische Implikationen
verwiesen wird.
Auf den Erwerb der
deutschen Modalpartikel mal
– einen bislang recht wenig erforschten Bereich - wird in Kapitel V
eingegangen (75ff), wobei dieses alternativ zusammen mit den Kapiteln
IV und VI als jeweilige Unterkapitel in ein übergeordnetes Kapitel
zu den Modalpartikeln hätte eingegliedert werden können, so dass in
der vorliegenden Monographie dann – zusammen mit weiteren,
ähnlichen Umsetzungsmöglichkeiten - insgesamt eine tiefere und
zugleich übersichtlichere Kapitelstufung zustandegekommen wäre.
Nach einer Einführung in das Thema (75f) und in den Forschungsstand
(76f) werden Forschungsergebnisse zur Verwendung der erwähnten
Modalpartikel einer polnischen Lernerin sowie türkischer Migranten
und finnischer Lerner des Deutschen vorgestellt (78ff). Der Autor
fordert in seinen Schlussfolgerungen eine stärkere Berücksichtigung
der einschlägigen Forschungsliteratur zu den Modalpartikeln für die
Didaktik und Methodik des Unterrichts Deutsch
als Fremdsprache
und macht recht konkrete Vorschläge zu deren Einführung und
Behandlung im Unterricht (84f). Zudem postuliert er eine eben solche
unterrichtliche Behandlung der deutschen Modalpartikeln aber,
ja
und schon
(85). Auch wenn in diesem Kapitel keinerlei Bezug zu koreanischen
Lernern hergestellt wird, sind die Ausführungen dennoch für eine
allgemeine Vermittlung dieser Modalpartikeln im Deutschunterricht
lesenswert.
Die Modalpartikel
eigentlich
steht im Mittelpunkt von Kapitel VI (89ff). Hierin wird der Erwerb
dieser Partikel in der Sprachlernbiographie der zuvor erwähnten
polnischen Deutschlernerin im Rahmen einer Longitudinalstudie
beschrieben. Nach allgemeinen Ausführungen zu den Modalpartikeln
(90) wird die Partikel eigentlich
linguistisch beschrieben (91ff), und im Anschluss daran wird der
Erwerb dieser durch die erwähnte Lernerin empirisch dokumentiert
(94ff). Im – sehr kurzen – Fazit (99) wird lediglich konstatiert,
dass die Lernerin die Partikel sicher erworben habe. Hier wäre eine
weitergehende Analyse, die DaF-Dozenten gegebenenfalls Rückschlüsse
auf ihre eigenen Erfahrungen mit Deutschlernern und deren Gebrauch
der Modalpartikeln ermöglicht hätte, durchaus interessant gewesen.
Um
„Kausalitätsmarkierungen im Deutschen und Koreanischen und deren
Erwerb“ geht es in Kapitel VII (103ff). Nach einer Einführung in
das Thema (103ff) werden die Kausalitätsmarkierungen im Deutschen
(106ff) und Koreanischen (108ff) linguistisch beschrieben, wobei der
Autor ein dringendes Desiderat zu deren gründlicher empirischer
Erforschung in beiden Sprachen für den Erst-, Zweit- und
Fremdsprachenerwerb konstatiert (113). Als die von koreanischen
Deutschlernern am vielseitigsten verwendeten kausalen Konjunktionen
konnten weil
und wenn
festgestellt werden (114). Zudem werden an Einzelbeispielen u.a. die
fehlerhafte Verwendung von weil
ohne nachfolgendes Subjekt (115) und die inkorrekte Realisierung der
wenn-dann-Struktur,
jedoch ohne das zweite Element dann
aufgezeigt (116). Eine abschließende Bewertung dieser Befunde und
eine didaktische Einschätzung hinsichtlich der Möglichkeiten einer
funktionalen Bearbeitung dieser Phänomene im Unterricht werden nicht
vorgenommen.
Konjunktionen im
Allgemeinen – also nicht nur in Bezug auf Kausalität – werden in
kontrastiver Sicht in dem folgenden Kapitel behandelt (119ff), in dem
die sprachlichen Gegebenheiten im Deutschen und Koreanischen zunächst
beschrieben werden (120ff) und danach auf mögliche Schwierigkeiten
koreanischer Deutschlerner eingegangen wird (125ff). Diese bestehen
unter anderem in der Verwechslung der finalen Konjunktion damit
mit der kausalen Konjunktion weil.
Eine andere Schwierigkeit besteht in dem Ausdruck der Semantik der
konditionalen Konjunktion wenn
durch die Konstruktion Es
(wäre besser), dass… .(127).
Keine Schwierigkeiten haben koreanische Deutschlerner hingegen mit
der korrekten Verwendung der temporalen Konjunktion dann
(127).
Kapitel IX „Adverbien
und Adverbialien im Koreanischen und Deutschen“ (131ff) bildet den
Abschluss des ersten Teils des vorliegenden Buches. Auf das
einführende Kapitel folgt eine linguistische Beschreibung des
Objektbereichs im Deutschen (133ff) - inklusive einer detaillierten
Adverbklassifikation – und Koreanischen (136ff). Ein wesentliches
Problem dieser Lernergruppe scheint in der „fehlerhaften
Bedeutungszuschreibung der Modaladverbien“ (139) zu liegen, so in
der Verwendung des Temporaladverbs zuerst
in der Bedeutung von vor
allem,
was anhand von Beispielen dargestellt wird. Hingegen scheinen
koreanische Lerner die Relativ- und Interrogativadverbien weitgehend
unproblematisch zu beherrschen (141).
In Teil 2 des Buches
„Die Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache“ (145ff) wird
zunächst die Wortschaftzvermittlung in ihren semantischen Grundlagen
behandelt (147ff). Beschrieben werden in diesem Zusammenhang die
heutzutage als weniger wichtig erachtete Merkmalsemantik (147ff) und
die Prototypensemantik (151ff), wobei ein Prototyp
die „hypothetische Konstruktion des typischst möglichen Beispiels
einer Kategorie“ (151) darstellt. In den „Implikationen für die
Wortschatzvermittlung“ (155f) wird auf in der einschlägigen
Literatur diskutierte, mögliche Defizite der Wortschatzerlernung auf
der Basis von Prototypen eingegangen, es wird hingegen hier keine
abschließende Bewertung vorgenommen, was jedoch für Dozenten des
Deutschen als Fremdsprache durchaus hätte hilfreich sein können.
Die
„Wortschatzvermittlung im Daf- und DaZ-Unterricht“ steht im
Mittelpunkt des zweiten Kapitels (159ff). Auch hier hätte sich eine
Gliederung, in der die ersten beiden Kapitel in einem Großkapitel
zusammengefasst worden wären, angeboten. Eingegangen wird hier
insbesondere auf Verfahren (160ff) und Strategien (162ff) der
Wortschatzvermittlung. Im Rahmen Ersterer wird u.a. auf die enge
Wechselwirkung zwischen enzyklopädischem und lexikalischem Wissen
verwiesen und auf die unbedingte Notwendigkeit dazu, neu zu
erlernendes Wortmaterial zu kontextualisieren, da (ausführliche)
kontextorientierte Erklärungsverfahren sich empirisch als überlegen
gegenüber solchen Verfahren erwiesen haben, in denen der Kontext
außer Acht gelassen wird. Im Rahmen Letzterer wird u.a. auf soziale
Strategien des Wortschatzerwerbs - der Lehrkraft oder den
Kommilitonen gestellte Fragen - und Determinationsstrategien -
Affixanalyse, Suche nach Entsprechungen im muttersprachlichen
Wortschatz, kontextuelles Inferieren - eingegangen. Dabei ist der
Einsatz bewusster Worterschließungsstrategien als besonders
vielversprechend anzusehen. Hilfreich ist dabei auch ein breiteres
Verständnis von Kontext
– einschließlich von Bildern und Symbolen. Ebenso sollten Lernende
mehr als bisher zu der Verwendung einsprachiger Wörterbücher –
und dies sei hier hinzugefügt, auch in elektronischer Form –
angehalten werden. Die Berücksichtigung von Wortfeldern für die
Verortung des Wortschatzes im mentalen Lexikon wird ebenfalls als
sehr wichtig referiert. Auch die Berücksichtigung von Kollokationen
- so wird hier implizit deutlich – ist für das Wortschatzlernen
hochgradig wertvoll.
Das nachfolgende
Kapitel steht im Zeichen der Idiomatik des Deutschen (169ff). Dabei
werden idiomatische Ausdrücke zunächst typisiert (170ff), wobei
beispielsweise auf idiomatische
Wortverbindungen, (komparative) Phraseologismen
und Kinegramme
(z.B. die
Achseln zucken),
geflügelte
Worte, Sprichwörter
und Kollokationen
eingegangen
wird. In Widerspiegelung der gegenwärtigen Entwicklungen wird die
große Bedeutung von Phraseologismen für die und in der Vermittlung
auch des Deutschen als Fremdsprache betont (174ff), wobei sich bei
deren Auswahl an ihrem kommunikativen Wert zu orientieren sei. Aktiv
sollten Lerner zunächst vordringlich solche Phraseologismen
beherrschen, für die keine Einwort-Alternativen existieren.
Angesichts der Aktualität der wissenschaftlichen Diskussion – dies
sei hier hinzugefügt - wäre es gerade in diesem Unterkapitel
wertvoll gewesen, wenn auch die Literatur nach dem Jahre 2001
berücksichtigt worden wäre.
„Medien- und medieneffektabhängiges
Vokabellernen“ steht im Mittelpunkt von Kapitel IV (179ff).
Dargestellt werden hier die möglichen Chancen – aber auch Grenzen
– multimedialer Lernformen. Ausführlich behandelt wird eine im
Jahre 2011 an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe durchgeführte
Untersuchung (182ff), in deren Rahmen die Frage gestellt wurde, ob
Vokabeln in einer Fremdsprache, die den Probanden ganz sicher nicht –
auch nicht partiell – bekannt war, dem Ungarischen, besser vom
Blatt, am Computer mit Animation oder am Computer ohne Animation der
zu dargebotenen Lexeme erlernen könnten. Dabei erwies sich die in
Papierform dargebotene Vokabelliste insgesamt als am besten hierfür
geeignet. Die computeranimierte Darstellungsweise führte zu den im
Vergleich schlechtesten Ergebnissen. Die Tiefe der
Informationsverarbeitung am Computer kann demnach in Bezug auf das
Vokabellernen insgesamt als ein wenig niedriger als in traditioneller
Papierpräsentation angenommen werden.
Das in Kapitel V des
zweiten Teils behandelte Thema ist die „Interkulturelle
Kommunikation als Schlüsselqualifikation in heterogenen
Gesellschaften (193ff). Nach einer terminologischen Klärung der
Begriffe interkulturelle
Kommunikation
und interkulturelle
Kompetenz
(193f) wird auf die interkulturelle
Kommunikationsfähigkeit
eingegangen (194ff). Dabei folgt die Darstellung der
wissenschaftlichen Diskussion in diesem Bereich mit einer
Berücksichtigung von Untersuchungen der Jahre 1988 bis 1998, in
deren Rahmen gefordert wird, interkulturelle Kommunikation zum
(übergeordneten) Lernziel des Fremdsprachenunterrichts zu machen,
und auf kollektivistische und individualistische Gesellschaften Bezug
genommen wird. Im Anschluss daran werden Überlegungen zur
Überwindung kultureller Differenzen angestellt (198ff), wobei nicht
zuletzt auf zwischen Deutschland und Asien (China, Korea)
herrschenden Unterschiede eingegangen wird. Zudem werden ansatzweise
Möglichkeiten zur Erlernung interkultureller Kommunikation
aufgezeigt (201f).
Fehlerkorrekturen im
Daf- bzw. Fremdsprachenunterricht werden in Kapitel VI behandelt
(209ff). Nach einem kurzen Abriss der Einstellung der Forschung
gegenüber dem Phänomen Fehler
(209f) werden Fehler und die Fehlerkorrektur in aller Kürze im
Rahmen der Monitor- und Interlanguage-Hypothese, der
Output-Hypothese, der Negotiation of Meaning- und der
Noticing-Hypothese behandelt. Mit Blick auf die ihnen eigenen
Korrekturroutinen lassen sich Lehrende als fehlertolerante-,
fehlerintolerante und gemäßigte Korrekturtypen einordnen. Von
Lehrenden bevorzugter Korrekturtyp ist die Rückfrage an die
Lernenden mit dem Ziel von deren Selbstkorrektur. Die eigentlichen
Korrekturen können direkt (explizit) oder indirekt (implizit) sein.
Das im Unterricht wohl an häufigsten eingesetzte Feedback ist der
(eher implizite) recast,
also die korrigierende Wiederholung der Lerneräußerung durch den
Lehrer. Dabei soll die Korrektur sich auf ein eng begrenztes
Sprachphänomen beziehen, um wirkungsvoll sein zu können. Mit Blick
auf das Vorwissen des Lerners wird auf die Kontrastivhypothese
verwiesen, also auf das Phänomen, dass der Lerner vor einer
gegebenen Fremdsprache bereits seine Muttersprache erlernt hat, auf
die er im Fremdsprachenlernprozess bewusst oder unbewusst
zurückgreift. Die Erforschung korrektiven Feedbacks und seiner
Wirkung im Unterricht bedarf – als hochkomplexer Prozess – nach
Einschätzung des Autors noch weiterer intensiver Forschung (212ff),
worin ihm uneingeschränkt zugestimmt werden kann.
Implizites und
explizites Wissen und seine Bedeutung für den Fremdsprachenerwerb
werden im Anschluss an die Fehlerkorrekturen
behandelt (219ff). In diesem Zusammenhang wird im Rahmen der
Non-Interface-Position
davon ausgegangen, dass keine Beziehung zwischen dem expliziten –
also durch den Lerner verbalisierbaren - Wissen und dem impliziten –
also latent vorhandenen, jedoch nicht verbalisierbaren - Wissen
besteht und eine Überführbarkeit von explizitem in automatisiertes,
implizites Wissen unmöglich ist. Im Rahmen der Interface-Position
wird hingegen postuliert, dass eine solche Beziehung - und auch eine
solche Überführbarkeit - besteht. In der starken Version der
Interface-Position
wird dabei von einer generellen Überführbarkeit ausgegangen, in
deren schwacher Version lediglich von einer bedingten und individuell
unterschiedlichen Überführbarkeit (219). Im Rahmen Letzterer werden
hier die Variability-Hypothese
(wechselseitige Durchlässigkeit zwischen beiden Wissenstypen, die
durch Übung trainiert werden könne), die Teachability Hypothese
(festgelegte Reihenfolge von Erwerbssequenzen und Entwicklungsstufen)
und die Noticing-Hypothese
(Aufmerksamkeit des Lerners als notwendige Bedingung für das Lernen)
behandelt (220ff). Im Hinblick auf die Anteile zwischen impliziten
und expliziten Korrekturhandlungen im Fremdsprachenunterricht besteht
generell keine Einigkeit in der Forschung, sie sollten jedoch
ausgewogen verwendet werden. Bei impliziten Korrekturen ist – so
kann man hier folgern – darauf zu achten, dass diese vom Lerner
auch tatsächlich wahrgenommen werden.
In Kapitel VIII werden „Aspekte
erfolgreichen (Sprach)unterrichts“ dargestellt (227ff).
Erfolgreiche Lehrpersonen seien entsprechend dann erfolgreich (228f),
wenn sie fachwissenschaftlich, erziehungswissenschaftlich und
lernwissenschaftlich qualifiziert, zudem affektiv-emotional kompetent
seien, den Unterrichtsstoff in strukturierter Form präsentieren
könnten, eine persönliche Unterrichtsatmosphäre und ein
lernförderliches Klima kreierten und im Unterricht eine erhebliche
mentale Präsenz zeigen könnten. Guter (Fremdsprachen)Unterricht
finde entsprechend vor allem dann statt, wenn er in Koordination mit
demjenigen anderer Fächer erfolge und den Lerner auf ein
Weiterlernen außerhalb der Schule vorbereite (230). Für diesen
Bereich konstatiert der Autor einen Mangel an empirischer, unter
streng wissenschaftlichen Prinzipen erfolgter Unterrichtsforschung
(230ff).
„Kognitions- und
gedächtnispsychologische Aspekte der Sprachverarbeitung“ bilden
den vorletzten der behandelten Themenkomplexe, in dem die
physiologischen Evidenzen (236ff) sowie die kognitionspsychologischen
(238ff) und die gedächtnispsychologischen Grundlagen (241ff) der
Sprachverarbeitung dargelegt werden. In physiologischer Hinsicht
werden u.a. die Broca-Aphasie, die Verarbeitung von Witzen und Humor
im Gehirn, wie auch die – nur schwer nachweisbare – Problematik
der Verarbeitung von Syntax und Semantik in der linken Hirnhemisphäre
und diejenige der Prosodie in der rechten Hemisphäre behandelt
(235ff). Kognitionspsychologisch werden das Wahrnehmen, das Verstehen
und das Lernen als konstruktivistische Prozesse beschrieben (238ff).
Als gedächtnispsychologische Grundlagen werden im Wesentlichen die
Verfügbarkeit von Informationen im Kurz- und Langzeitgedächtnis und
die Folgen von Lernprozessen als Modifikation der neuronalen Synapsen
dargestellt wie auch das Phänomen, dass Erinnerungen auf der Basis
sensorischer und motorischer Abläufe entstehen und in engem
Zusammenhang mit der persönlichen Vorgeschichte und den zu einem
früheren Zeitpunkt erworbenen Kenntnissen und Erfahrungen zu sehen
sind (238ff). Eine Zusammenfassung der hier dargestellten Phänomene
bzw. eine analysierende Stellungnahme am Ende dieses Kapitels wird
nicht vorgenommen.
Das letzte Kapitel
des Buches widmet sich der Unterrichtssprache bzw. dem sogenannten
teacher
talk
(247ff). Merkmale der Unterrichtssprache seien eine gewisse
Hyperaktivität der Unterrichtenden mit Redeanteilen von 60 %
bis 80 %, einer hochgradigen Abstraktion unter Vernachlässigung
holistischer Lernkontexte und die Reduktion der Lernenden im
fragend-entwickelnden Unterricht auf die Rolle der Antwortenden. Als
Abhilfen in einer solchen Situation werden die Stellung realer Fragen
im Unterschied zu Scheinfragen und diejenige offener im Unterschied
zu geschlossenen Fragen, die immer auch verständlich, deutlich
artikuliert und – nicht zuletzt durch die Verwendung von Pausen -
gut strukturiert sein sollten, angeführt (247ff).
Mit diesem Kapitel endet die
vorliegende Publikation. Ein zusammenfassendes Kapitel, in dem die
übergreifende Thematik in generalisierender und gegebenenfalls auch
überhöhter Form dargestellt würde, ist nicht vorhanden.
Aufgrund des Buchtitels „Erwerb und
Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache“ würde sich der
interessierte Leser sicher noch mehr methodisch-didaktische
Reflexionen wünschen – und dafür an anderer Stelle vielleicht ein
bisschen weniger linguistische Analysen, so notwendig diese auch sein
mögen – und zudem noch mehr Passagen, die im weitesten Sinne als
Handreichungen für Lehrer und Dozenten gelten könnten. Eine
Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte in der nächsten Auflage
würde mit Sicherheit sehr positiv angenommen.
Dass dies in der geschilderten Weise
nicht geschah, ist jedoch wohl auch dem Grundansatzes des Buches
geschuldet, das – wie im Untertitel ausgedrückt – auf der
Darstellung empirischer Studien basiert. Und in dieser Darstellung
empirischer Befunde liegt die große Stärke der vorliegenden
Monographie.
Wenn bei Publikationen dieser Art und
Ausrichtung immer auch selektiert werden muss, da in diese nicht die
gesamte Forschung Eingang finden kann, so sind doch durchweg wichtige
Untersuchungen berücksichtigt und zentrale Fragestellungen behandelt
worden. Als allgemeine Tendenz kann hier somit festgehalten werden,
dass - wohingegen dem informierten Leser und Wissenschaftler die hier
dargestellten Forschungsergebnisse mehrheitlich bekannt sein dürften
- dem Deutschlehrer und Dozenten die Darstellung durchaus
weiterhelfen und ihm wichtige Informationen und Kenntnisse vermitteln
kann. Hierfür muss er jedoch dazu bereit sein, sich auf die im Buch
verwendete wissenschaftliche Fachsprache einzulassen, bei der für
die Darstellung kaum lesepädagogische Abstriche gemacht werden.
Die vorliegende
Monographie stellt einen wissenschaftlichen Statusbericht aus der
Zeit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute dar und ist
in diesem Sinne ressourcenreich. Der allgemeine, weitgehend überall
durchgehaltene Kapitelaufbau in Einleitung -
linguistische Analyse - Zusammenfassung und / oder unterrichtliche
Implikationen
– Letztere können dabei durchaus im Sinne einer komprimierten
Lektüre als Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen des Buches
gelesen werden – ist dabei der Orientierung des Lesers zuträglich.
Jedoch wäre es schön gewesen, wenn nicht nur eine ausführlichere
Einleitung, sondern auch Überleitungen zwischen den verschiedenen
Kapiteln und ebenso – wie zuvor erwähnt – eine orientierende
Darstellung im Sinne eines zusammenschauenden Schlusskapitels im Buch
vorhanden wären. Diese Teile könnten für eine noch höhere
Lesefreundlichkeit in der nächsten Auflage gegebenenfalls ergänzt
werden. Dies gilt ebenso für eine noch stringentere Gliederung des
Buches allgemein wie auch für die Ergänzung von Querverweisen
zwischen den einzelnen Kapiteln, die bisher nicht vorgenommen worden
sind. So fehlt beispielsweise bei dem Hinweis auf Formeln und
Routinen im Kapitel zur interkulturellen
Kommunikation
(199f) ein Querverweis auf das entsprechende Kapitel 1 des ersten
Teils (1ff). Ebenso erfolgt kein Verweis bei der Darstellung von
Korrekturhandlungen
im Kapitel VII des zweiten Teils (223f) auf das einschlägige Kapitel
VI des gleichen Teils.
Mit Blick auf den Verlag sei zudem
noch ein technischer Hinweis gestattet: Das Layout des vorliegenden
Buches erscheint weniger modern, als es dies sein könnte – ein
Eindruck der maßgeblich durch die Verwendung der gleichen
Schriftgröße auch in den Kapitelüberschriften und durch die
Unterstreichung der Kapitelüberschriften jeglicher Ordnung entsteht.
Hier würde man dem Buch durch die Verwendung eines dynamischeren
Layouts ungleich gerechter.
Insgesamt stellt die
vorliegende Monographie jedoch ein lesenswertes, informatives und ein
breites Lesepublikum ansprechendes Buch dar, das sowohl
über den Bereich des Deutschen als Fremdsprache hinausgeht und auf
den Fremdsprachenunterricht allgemein verweist als
auch nicht nur
auf koreanische Deutschlerner, sondern auf Deutschlerner im
Allgemeinen beziehbar
ist.
In
diesem Sinne sei schließlich auf eine weitere aktuelle Monographie
des Autors mit dem Titel „Koreanisch im Spiegel des Deutschen“1
verwiesen, die als eine Parallelpublikation in entgegengesetzter
Blickrichtung angesehen werden kann und auf die im Wesentlichen die
gleichen Feststellungen zutreffen wie auf die vorliegende
Monographie. Im Anschluss an Geleitworte von vier Wissenschaftlern
aus Erfurt, Budapest, Tomsk und Woronesh und einer kurzen Einführung,
die mit derjenigen zu der vorliegenden Monographie vergleichbar ist,
werden in
entsprechenden Kapiteln
die folgenden 13 Beiträge des Autors
präsentiert:
- Kausalitätsmarkierungen im Deutschen und Koreanischen (19ff)
- Funktionsverbgefüge im Deutschen und im Koreanischen (35ff)
- Konjunktionen im deutsch-koreanischen Sprachvergleich (55ff)
- Präpositionen und Postpositionen im deutsch-koreanischen Sprachvergleich (67ff)
- Adverbien und Adverbialien im Deutschen und Koreanischen – Schwierigkeiten des Erwerbs der deutschen Adverbien und Adverbialien durch koreanische Lerner des Deutschen (97ff)
- Der Quotativ – die indirekte Rede im Deutschen und Koreanischen (109ff)
- Onomatopöie am Beispiel des Koreanischen (123ff)
- Sprichwörter im Deutsch-Koreanischen Sprachvergleich (141ff)
- Lehnwörter und Fremdwörter im Kontext ihrer Etymologie (155ff)
- Der Satz im Koreanischen (175ff)
- Die Kategorie 'Aspekt' im kontrastiven Sprachvergleich (189ff)
- Deixis – Formen und Funktionen im Sprachkontrast (205ff)
- Der Relativsatz im Sprachkontrast (219ff)
Aus
der Sicht des Referenten ist hier
positiv hervorzuheben, dass der Autor sich in dieser Monographie der
Kontrastiven Linguistik angenommen hat, da diese eine
in jüngerer Zeit
zu Unrecht vernachlässigte linguistische Disziplin darstellt, die
unbedingt weiterer Forschungsaktivität bedarf, um ihr volles
Potential für die Analyse und Vermittlung von Fremdsprachen
entwickeln zu können,
wie dies im vorliegenden Heft bereits an anderer Stelle – in dem Beitrag von Tinnefeld & Grim -
angemerkt
worden ist.
Beide
Publikationen des Autors
können
insgesamt somit als eine funktionale Einheit angesehen werden, in der
das Deutsche und das Koreanische im ihrem Zusammenspiel
forschungstechnisch herausgestellt werden und im
einen Fall (2017) eher die Linguistik, im anderen (2018) eher die
Fremdsprachendidaktik im Mittelpunkt der Betrachtungen steht.
Rezensent:
Prof. Dr. Thomas Tinnefeld
Professur für Angewandte Sprachen
Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) des Saarlandes
Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) des Saarlandes
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Waldhausweg 14
66123 Saarbrücken
Deutschland
E-Mail: thomas.tinnefeld@htw-saarland.de
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Frank Kostrzewa: Koreanisch im Spiegel des Deutschen.
Kontrastivlinguistische Analysen. Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2017
[PHILOLOGICA – Sprachwissenschaftliche Forschungsergebnisse;
Bd. 219]. (ISBN 978-3-8300-9576-7).