Editor

JLLT edited by Thomas Tinnefeld
Journal of Linguistics and Language Teaching
Volume 10 (2019) Issue 2, pp. 229-248





Aktuelle deutsche Plakatwerbung in kultureller Sicht -
eine Bestandsaufnahme   

 Thomas Tinnefeld (Saarbrücken, Deutschland)


Abstract (English)

This article examines current German advertising in the form or posters and advertisements with regard to cultural aspects and text-image references. Starting from a concept of culture that is closely related to language and its use, cultural implications  are documented, which refer to relevant political aspects in Germany’s recent and most recent history, to the image of the German economy as well as to current social phenomena and attitudes. In this area, it was possible to identify relevant filters that largely contribute to the effect of the corresponding advertisements. As far as text-image references are concerned, some very original examples are analysed, in which text and image are in a relationship of complementarity, exemplification or symbolisation. As a whole, highly concrete manifestations of contemporary German culture become obvious.
Keywords: Advertising, poster, advertisement, culture, society, text-image-reference


Abstract (Deutsch)

In dem vorliegenden Artikel wird die aktuelle deutsche Plakat- und Anzeigenwerbung mit Bezug auf kulturelle Gesichtspunkte und auf Text-Bild-Bezüge untersucht. Ausgehend von einem eng an die Sprache und ihre Verwendung angelehnten Kulturbegriff, werden zunächst kulturelle Bezüge dokumentiert, die sich auf die politische Aspekte Deutschlands in seiner neueren und neuesten Geschichte beziehen, auf das Image der deutschen Wirtschaft sowie auf derzeit aktuelle gesellschaftliche Phänomene und Einstellungen. In diesem Bereich konnten einschlägige Filter herausgearbeitet werden, die zu der Wirkung der entsprechenden Werbung beitragen bzw. diese maßgeblich ermöglichen. Mit Blick auf die Text-Bild-Bezüge, werden zum Teil recht originelle Beispiele analysiert, in denen Text und Bild in einer Relation der Komplementarität, der Exemplifizierung oder der Symbolisierung stehen. Insgesamt werden dabei recht konkrete Erscheinungsformen der gegenwärtigen deutschen Kultur augenfällig.
Stichwörter: Werbung, Plakat, Anzeige, Kultur, Gesellschaft, Text-Bild-Bezug



1   Einleitung
Die deutsche Werbung - und insbesondere die deutsche Werbesprache in ihrer kulturellen Perspektive und ihren Text-Bild-Bezügen - bildet den Fokus der in dem vorliegenden Beitrag angestellten Reflexionen. In diesem Kontext wird auf Strategien eingegangen, die in  aktuelle Entwicklungen der deutschen Plakatwerbung dokumentierbar sind. Die Plakatwerbung (z.B. Fährmann 2006, Tinnefeld 2014 und Wehner 1996) wird aus dem Grunde zum Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gewählt, weil Plakate sowohl in der physischen Realität deutscher Städte - ob in zweidimensionaler Form oder dreidimensional als Litfaßsäule (Reichwein 1980, Damm 2005) - auftreten wie auch - naturgemäß in reduzierter Größe - in Form von Anzeigen im Internet. Sie sind daher von hoher Präsenz und damit von erheblicher potentieller Wahrnehmbarkeit.

In der vorliegenden, qualitativ ausgerichteten Untersuchung, in der auch die (kulturelle) Kreativität der deutschen Werbesprache herausgearbeitet wird, werden nicht zuletzt solche Themen identifiziert, die von der Werbung aufgegriffen werden und daher in der deutschen Gesellschaft unserer Tage eine besondere Rolle zu spielen scheinen.

Nach einer kurzen Beschäftigung mit begrifflichen Gegebenheiten soll auf die kulturellen Bezüge der aktuellen deutschen Werbesprache (Sowinski 1998, Stöckl 2004, Janich 22001, auch Wang 2013) eingegangen werden. Im Anschluss daran werden solche Text-Bild-Bezüge herausgearbeitet, die sich in der Werbesprache des 21. Jahrhunderts dokumentieren lassen. Die Ergebnisse werden zudem einer Systematisierung unterzogen.


2   Begriffliche Eingrenzungen

Vor der eigentlichen Arbeit der Analyse der Werbeplakate wollen wir uns zunächst mit dem zentralen Begriff - Kultur - auseinandersetzen, um eine zuverlässige Arbeit mit diesem zu ermöglichen.

Für unsere Zwecke ist es dabei nicht notwendig, diesen Begriff diachron nachzuzeichnen, also die Geschichte seiner Entwicklung nachzuvollziehen. Daher soll für sein Verständnis hier ein funktionaler Ansatz zugrunde gelegt werden, der eng an der Sprache orientiert ist, wofür sich Max Webers Verständnis dieses Begriffes eignet. Für diesen ist Kultur „ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter endlicher Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens“ (Weber 1968: 180). In einem weiteren Schritt - jedoch in gleichem Verständnis - kann Kultur nach Geertz als ein selbstgesponnenes Gedeutungsgewebe angesehen werden. Deren „Untersuchung ist daher keine experimentelle Wissenschaft, die nach Gesetzen sucht, sondern eine interpretierende, die nach Bedeutungen sucht“ (Geertz 1983: 9).

Kultur - und ebenso der Kulturbegriff - kann sich demnach im Laufe der gesamthaft oder partiell menschlichen - und, dies sei hier hinzugefügt - ebenso im Laufe der persönlichen Entwicklung eines Menschen verändern; er ist durchaus flexibel. Nicht zuletzt durch die Kultur erhält das Dasein des Menschen eine gewisse Struktur und letztendlich Sinn und Bedeutung.

Die Werbung kann im Rahmen der erwähnten selbstgesponnenen Bedeutungsgewebe mit ihrer sinn- und bedeutungsgebenden Struktur ihren Platz finden und somit als Bestandteil einer bestimmbaren Gesamtkultur angesehen werden.

Wichtig ist zudem, dass jegliche, in diesem Zusammenhang angestellte Analyse eine interpretierende zu sein hat, also nicht objektivierbar sein kann: Das Verständnis einer Kulturgemeinschaft und der in ihrem Kontext erzielten Erkenntnisse, Errungenschaften und geistigen Erzeugnisse ist nicht messbar. In diesem Zusammenhang vorgenommene Reflexionen basieren auf dem Verständnis, das in dieser Kulturgemeinschaft verankert ist, und sind letztendlich nur oder zumindest vorwiegend innerhalb dieser begreiflich.

Die innerhalb einer gegebenen Kultur verwendete Sprache steht naturgemäß in enger Verbindung zu dieser (z.B. Kramsch 1991 und 1995). Sprache und Kultur können gar als untrennbar miteinander verbunden angesehen werden: Kultur manifestiert sich in der Sprache, und Sprache ist der Ausdruck von Kultur. Dieser Zusammenhang gilt allgemein ebenso wie mit Bezug auf eine bestimmte Sprache mit einer bestimmten Kultur bzw. auf eine bestimmte Kultur mit einer bestimmten Sprache. Somit kann Sprache nicht ohne den ihr inhärenten kulturellen Kontext, in dem sie verwendet wird, verstanden oder analysiert werden.

Dieses Verständnis von Sprache und Kultur wird im Folgenden in Bezug auf die aktuelle deutsche Plakatwerbung im Blick zu behalten sein. Die Begriffe (Werbe)Plakat und (Werbe)Anzeige werden dabei weitgehend synonym verwendet, denn es werden hier solche Vertreter dieser behandelt, die sowohl in Plakatform - also großflächig an Hauswänden angebracht oder auf im Verhältnis ungleich weniger raumgreifenden Plakat-Ständern im Straßenbild - zu sehen sind als auch als Anzeigen in Zeitschriften oder im Internet präsentiert werden können. Die prinzipielle Unterschiedlichkeit des Plakates einerseits und der Anzeige andererseits beruht somit lediglich auf ihrer jeweiligen Größe, nicht jedoch auf ihrem kommunikativen Effekt. Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, dass es nicht selten vorkommt, dass ein gegebenes Plakat ebenso in Form einer Anzeige auftaucht und - umgekehrt - eine gegebene Anzeige ebenso als Plakat. Auch in dieser flexiblen Präsentierbarkeit ist ein Hinweis auf die prinzipielle qualitative Gleichwertigkeit beider zu sehen.


3.  Analyse aktueller Plakatwerbung  

Bei unserer Analyse konkreter Beispiele aktueller Plakatwerbung stehen zunächst kulturelle Bezüge im Mittelpunkt der Betrachtungen, danach werden wir uns mit Text-Bild-Bezügen beschäftigen. Dabei ist zu beachten, dass bei beiden Ausrichtungen die jeweils andere Komponente mitschwingt - also der jeweilige kulturelle Bezug vor dem Hintergrund der Text-Bild-Bezüge und die Text-Bild-Bezüge vor dem jeweiligen kulturellen Hintergrund. Es wird im Folgenden an den entsprechenden Stellen darum gehen, das jeweils andere Element in den Fokus der Betrachtungen zu rücken, wobei die kulturellen Bezüge eher die inhaltliche Seite und die Text-Bild-Bezüge eher die formale Seite betreffen.


3.1 Kultureller Bezug

Im Rahmen der kulturellen Bezüge der untersuchten Werbeanzeigen und -plakate sind sprachliche Aspekte zuweilen von Bedeutung, stehen jedoch nicht in gleicher Weise im Mittelpunkt des Interesses, wie dies in unseren bisherigen Betrachtungen der Fall war.




Im folgenden Beispiel wird ein für Deutschland wichtiger historischer Bezug evoziert: der 50. Jahrestag der Rede des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy vor dem Brandenburger Tor, in der er sich mit der Berliner Bevölkerung identifizierte und die Bürger der von der damaligen DDR eingeschlossenen Stadt auf diese Weise seines besonderen Schutzes versicherte:



Abb. 1: Lieferando

Der Satz Ich bin ein Berliner hat seitdem für Deutschland Kultstatus und wird stets mit diesem Bekenntnis John F. Kennedys assoziiert. In der vorliegenden Anzeige wird er auf einen Hamburger bezogen - also ein Frikadellenbrötchen -, was logisch durchaus folgerichtig ist: So, wie John F. Kennedy kein wirklicher Berliner war, dies jedoch symbolisch behauptete, ist ein Hamburger ebenfalls kein Berliner – also ein mit Marmelade gefüllter Pfannkuchen bzw. gefülltes Hefegebäck. Dieser Transfer ist somit als gelungen zu bezeichnen. Hinzu kommt die Erläuterung Selbst Hamburger feiern das 50. Jubiläum der John F. Kennedy Rede – bei unseren 7.500 Liefer-Services, in der das evozierte Ereignis kommentiert wird, wobei das Nomen Hamburger diesmal im Sinne der Bevölkerung der Hansestadt verwendet wird.

Diese Werbeanzeige referiert somit auf einen wichtigen Abschnitt deutscher Geschichte in der Phase des Kalten Krieges, die der deutschen Bevölkerung noch recht bewusst ist. Die Anzeige ist somit von beachtlicher kulturhistorischer Bedeutung. Durch die große Bekanntheit dieses Satzes in der deutschen Bevölkerung (Wikipedia 2019a) kann davon ausgegangen werden, dass dieses Werbeplakat von potentiellen Kunden auch memoriert wird.

Die neuere deutsche politische Kulturgeschichte wird in der folgenden Anzeige evoziert:



Abb 2: Sixt
In dieser Anzeige wird auf die Affäre um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff vom Dezember 2011 bis zum Februar 2012 abgehoben, dem vorgeworfen wurde, sich in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident der Vorteilsannahme schuldig gemacht zu haben – ein Vorwurf, der in einer Anklage mündete und zu seinem Rücktritt als Bundespräsident führte, der später jedoch in Form eines Freispruchs entkräftet wurde (Wikipedia 2019b). 

Die Autoverleihfirma Sixt nutzte den damaligen Medien-Hype um diese Affäre für ihre eigene Werbung, indem sie mit der Behauptung Spaß kann man auch ohne reiche Freunde haben das Foto Christian Wulffs verband und so auf die erwähnte Affäre anspielte. Der Verweis auf Hannover, die Landeshauptstadt Niedersachsens, in deren Nähe Wulffs Wohnort liegt, verstärkt diese Anspielung noch mehr.

Werbetechnisch macht die Autoverleihfirma sich hier - auf, nebenbei bemerkt, menschlich höchst kritikable Art und Weise - die Stimmung gegen den damaligen Bundespräsidenten und die entsprechende Medienkampagne, die hohe Wellen schlug, zunutze. Die Botschaft ist hier: Auch der normale Mensch kann sich – durch das Mieten eines (größeren, schnelleren, eleganteren...) Autos als des eigenen – aufgrund der günstigen Preise kurzfristig ein Mehr dessen leisten, was er sich aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse normalerweise gönnen könnte. Diese Botschaft stellt einen logischen Transfer von dem aus damaliger Sicht mutmaßlichen Verhalten Christian Wulffs dar, das ebenfalls durch ein kurzfristiges Erlebnis von Luxus geprägt gewesen sei. Somit kann diese Werbung unter konzeptionellen Gesichtspunkten als erfolgreich eingestuft werden.

Die Konzeption der vorhergehenden Werbeanzeigen kann mit Hilfe eines Filters veranschaulicht werden. Bei diesem Filter handelt es sich um denjenigen der interkulturellen semantischen Transformation. Es wird somit in der gleichen Kultur - hier der deutschen - verblieben, dabei erfolgt jedoch die Übertragung eines vorhandenen, ursprünglichen Konzeptes auf eine kontextuell neue, ungewöhnliche Ebene. Auf diese Weise wird dann die hier geschilderte Werbewirkung möglich. Diese Verhältnisse können graphisch wie folgt dargebracht werden:



Abb. 3: Intrakulturelle semantische Transformation

Eine Werbebotschaft, die zwar nicht auf die politische Kultur Bezug nimmt, jedoch auf die deutsche Wirtschaftskultur, stellt die folgende Anzeige derselben Firma dar:


 Abb. 4: Sixt

Vor dem Hintergrund dessen, dass Manager im Allgemeinen - und besonders wohl deutsche Manager - als sehr dynamisch, aber hier und da vielleicht auch ein wenig altbacken gelten, ist in dieser Anzeige der Slogan Sixt macht dynamische Manager aerodynamisch der gleichen Auto-Verleihfirma zu sehen: Dieser Slogan verweist darauf, dass das Image von Managern durch schnelle Autos – in diesem Falle einen sportlichen BMW – noch mehr aufgewertet werden könnte.

Dabei ist der Gesichtsausdruck des abgebildeten Herrn keinesfalls ein begeisterter. Zudem gleicht sein aerodynamisch gestyltes Haar einem Haltegriff. Soll damit darauf hingewiesen werden, dass aerodynamische” Manager zwar nach außen hin sportlicher wirken, dann jedoch marionettenartig besser zu steuern sind – was ihnen dann nicht passt (deswegen der Gesichtsausdruck)?

Hier liegt also eine Anzeige vor, deren kultureller Bezug zwar zweifelsohne gegeben ist, deren Botschaft sich jedoch nicht unmittelbar erschließt. Dennoch ist ihr ein gewisser Humor nicht abzusprechen.

Einen Geschäfts- bzw. Impliziten Managerbezug enthält auch die folgende Werbeanzeige:


Abb. 5: Deutsche Bahn

Hier wirbt die Deutsche Bahn dafür, sich um die Belange der (eigenen?) Firma zu kümmern (Endlich Zeit, Projekte anzuschieben...), statt unnötig Zeit in Verkehrsstockungen zu verbringen (statt auf der A5 zu stehen), wobei die A5 für eine für lange Staus - und somit Verzögerungen - bekannte Autobahn steht. Dabei sind die Worte Endlich Zeit“ fett gedruckt und werden sekundiert von der Überschrift des erläuternden Textes rechts unten: Deine Zeit gehört Dir. Das Bild des distinguierten Herrn – wahrscheinlich eines Managers – der nachdenkend und die Ferne blickt, dabei sehr visionär wirkt, und zudem optimistisch lächelt, unterstreicht die zu vermittelnde Botschaft wirkungsvoll.

Wenn man also den Zug statt des Autos nimmt - so die Botschaft -, gönnt man sich Zeit für sich selbst, die - wenn für die eigene Reflexion genutzt - der eigenen Firma bzw. dem eigenen Bereich innerhalb eines Unternehmens von Nutzen sein kann und letztlich dem eigenen beruflichen Erfolg dient.  

Auch in dieser Anzeige wird also auf das deutsche Managertum abgehoben - als einer wichtigen Stütze der deutschen Wirtschaft, auf dem ihr Erfolg beruht. Diesen Managern heißt es, Zeit zu geben, damit sie kreativ und innovativ wirken und die gesellschaftlich in sie gesetzten Erwartungen erfüllen können. 

Eine in der deutschen Gesellschaft wünschenswerte Erwartung bzw. Hoffnung für ein erfülltes Leben ist eine bewusste Einstellung zu diesem. Dieser Gesichtspunkt steht in der nächsten Anzeige im Mittelpunkt, wobei hier keine konkreten Produkte beworben werden, sondern vielmehr eine Supermarktkette insgesamt:





Abb. 6: REWE

Der Slogan „Bewusst leben., der im kleingedruckten Text in der Form „Bewusst einkaufen, bewusst ernähren. Nachhaltig und ausgewogen leben“ spezifiziert wird, wird optisch gestützt durch das Bild einer jungen, wie im Toten Meer auf dem Wasser liegenden jungen Frau, die sichtlich entspannt ist sich ihrer Existenz und ihrer Sinne bewusst ist. Dieses Bild symbolisiert das derzeit in der deutschen Gesellschaft immer mehr festzustellende Streben nach Achtsamkeit - man vergleiche beispielsweise den Begriff Achtsamkeitsmeditation, der heutzutage in Mode gekommen ist. Die Botschaft ist somit, dass man einen solchen Achtsamkeitsstatus erzielen kann, wenn man in dieser Supermarktkette einkauft. Bemerkenswert ist, dass diese Botschaft verständlich wird, obwohl zwischen den Bild- und Text-Elementen hier lediglich ein sehr impliziter Bezug besteht.

In der Analyse der drei vorhergehenden Plakate und Anzeigen ist somit deutlich geworden, dass in der aktuellen deutschen Werbung relevante Themen der deutschen Gegenwartskultur aufgegriffen und mit unterschiedlichen Mitteln - wie Ernsthaftigkeit oder Humor - als „Trägersubstanzen“ verknüpft werden, die sich an unterschiedliche Zielgruppen richten und diese dort abzuholen versuchen, wo sie von den Werbetreibenden vermutet werden.

Diese zuletzt behandelten Werbeplakate und -anzeigen haben einen auf sie anwendbaren Filter gemeinsam, der darin besteht, im Rahmen einer gegebenen - hier also der deutschen - Kultur indirekt auf erwartbare Verhältnisse (z.B. ‘Manager sind dynamisch’, ‘Manager schieben Projekte an’) anzuspielen und diese dann kontextuell anzupassen - zu überhöhen oder umzudefinieren - und auf diese Weise die avisierte Werbebotschaft zu kommunizieren. Dieser - auf solche kulturell existenten Konzepte anwendbare - Filter kann als konkordante Allusion bezeichnet werden:


 Abb. 7: Konkordante Allusion

Die Förderung der Familie steht im Fokus der folgenden Anzeige, die ebenfalls von der Deutschen Bahn stammt:


Abb. 8: Deutsche Bahn

Die Worte Hier dürfen Kinder alles. Außer zahlen stehen dabei für die Freiheit von Verboten, wobei das einzige „unerwünschte Verhalten“ darin bestehen würde, für die Beförderung von Kindern Geld zu verlangen. Der Verweis auf Gratiseis für Kinder im ICE links unten verstärkt diese Botschaft. Dies bedeutet nichts Anderes, als dass die Bahn für Familien die Möglichkeit bereithält, auf angenehme Weise Zeit miteinander zu verbringen: Wenn die Kinder glücklich sind, sind Vater und Mutter dies auch. Eine Reise mit der Bahn stellt für die gesamte Familie demnach also einen geschützten, weitgehend stressfreien Raum dar. 

Die Botschaft der Unterstützung der Familie repräsentiert dabei einen wichtigen kulturellen Aspekt: In einer Zeit, in der die demographische Entwicklung seit Jahrzehnten nach unten zeigt, wird hier eine Atmosphäre evoziert, in der selbst Reisen mit Kindern - also per se stressbehaftete Situationen – zu einem Quell der Harmonie werden. Wenn dies so ist, dann kann es eigentlich gar nicht so schlecht sein - so mag man weiter schließen - Kinder zu haben und - für Unentschlossene - eine Familie zu gründen. Hier wird also - gewollt oder nicht - auf einen wichtigen Aspekt deutscher (Familien)Kultur eingegangen.

Eine seit Jahrzehnten grundlegende kulturelle Entwicklung in Deutschland stellt die Öko-Bewegung dar - also das Bestreben, sich naturbelassen und gesund zu ernähren. Dieses Bestreben wird in der folgenden Anzeige zu Werbezwecken genutzt:


 Abb. 9: ALDI

Eine Supermarktkette, die in der Vergangenheit - wie die meisten anderen auch - nicht für gesunde Ernährung bekannt war, bewirbt hier die eigenen biologisch angebauten Produkte. Dabei wird kein Slogan verwendet, sondern lediglich eine Art Kommmentartext: „Einfach, weil hier Bio-Produkte kein Luxus sind, sondern Standard“. Dieser Text erweist somit auf die ‘Normalheit’ solcher Produkte - und zudem auf das ‘einfache’, also nahe im Einklang mit der Natur angesiedelte, Leben. Das hierzu gelieferte Foto zeigt eine junge - durchaus dynamisch wirkende - Frau auf dem Land, die gerade einen Strunk Möhren geerntet zu haben scheint. Nicht klar ist, ob diese Frau eine Bäuerin darstellt oder eine Privatperson, die ihr Gemüse direkt durch eigene Ernte vom Bauern bezieht. In beiden Fällen wird - wenn man bei Aldi einkauft, jedoch eine nachgerade optimale Nähe zu Natur und Naturbelassenheit insinuiert, die im Grunde nicht mehr steigerbar ist.

Mit dieser Anzeige bzw. diesem Plakat wird somit der Öko-Bewegung Rechnung getragen, die in den 1970er Jahren ihren Anfang nahm und nicht nur den Umweltschutz, sondern immer mehr auch die eigene Ernährung in den Mittelpunkt rückte. Der Umweltschutz findet somit in neuester Zeit wieder mehr Beachtung als in den Jahrzehnten davor; die naturbelassene Ernährung hat in der Zwischenzeit mehr und mehr Zulauf erhalten. Dieser Aspekt ist somit ein relevantes Kriterium deutscher Gegenwartskultur.

Ganz ähnlich geartet sind die folgenden beiden Anzeigen, die daher nur jeweils kurzer Hinweise bedürfen:


Abb. 10: REWE

In der obigen Anzeige (Abb. 10) werden die Vorteile der regionalen Landwirtschaft - „frische Luft und Leidenschaft- herausgestellt, und auf diese Weise wird auf eine gewisse Identifikation mit dieser abgezielt.
Ein anderer Vorteile der regionalen Landwirtschaft für die Verbraucher wird in der folgenden Anzeige hervorgehoben: „Gut für Dich und deine Region:


 Abb: 11: REWE

In beiden Anzeigen werde keine Gründe für die aufgestellten Behauptungen geliefert: Es wird ausschließlich an die Gefühle der Betrachter appelliert. Sie sollen dann aus dem ihnen unterstellten Wunsch nach möglichst großer Nähe zur Natur bzw. Wegen des guten Gewissens, nicht nur zugunsten der eigenen Person, sondern auch zugunsten der eigenen Region zu handeln, zum Kaufen in der beworbenen Supermarktkette motiviert werden. Hier wird also an die Haltung der angesprochenen Zielgruppe appelliert, die als Triebfeder dafür eingesetzt wird, als Kunden bei dieser Supermarktkette zu verbleiben oder solche zu werden.

Insgesamt bilden Anzeigen und Plakate dieser Art und Ausrichtung die sich in der jüngsten Vergangenheit in Deutschland wieder verstärkt zeigende Ökologie-Bewegung ab und können auf diese Weise als eine aktuelle kulturelle Tendenz der deutschen Werbung gewertet werden.

Der auf die zuvor behandelten Werbeanzeigen und -plakate anwendbare Filter bezieht sich darauf, im kulturellen Kontext indirekt nicht erwartbare oder nicht existente Verhältnisse (z.B. ‘Kinder dürfen noch lange nicht alles’ oder ‘Bio-Produke sind Luxus’) zu evozieren und diese dann kontextuell an die beabsichtigte Werbebotschaft anzupassen. Dieser werbetechnische Filter kann als diskordante Allusion bezeichnet werden:



Abb. 12: Diskordante Allusion

Eine solche diskordante Allusion tritt auch dann auf, wenn in der Werbung humorvoll agiert oder zu agieren versucht wird. Wenn mit der Öko-Bewegung und naturbelassener Ernährung im Allgemeinen wohl eher Langeweile oder Nüchernheit assoziiert werden mag, kann es durchaus auch vorkommen, dass ökologische Werbung in scherzhafter Form konzipiert wird, wie dies auf dem folgenden Plakat der Fall ist, das vor einen einschlägigen Geschäft in Südniedersachsen gefunden wurde:





Abb. 13: ECHT BIO (Quelle: eigenes Foto; 13.08.2019)

Die „Hörnersprache der Kühe mit den Bedeutungen der verschiedenen Hörnerstellungen dient hier der Aufmerksamkeits-Erheischung und soll die Passanten zum Stehenbleiben veranlassen. Die Botschaft ist hier, dass die Varianz von Bioprodukten ebenso groß ist wie diejenige der Bedeutungen der Hörnersprache der Kühe - man vergleiche den Slogan „Bio ist Vielfalt“ in der rechten unteren Ecke des Plakats. Hier wird also versucht - und dieser Versuch mag durchaus als gelungen betrachtet werden -, gesunder Ernährung eine humorvolle Note zu geben und sie bewusst nicht als langweilig oder gleichsam nur für ,verbiesterte’ Zeitgenossen geeignet hinzustellen.

Ein Ansatz, in dem ebenfalls das Glück ökologischer Ernährung propagiert wird, wird auch in dem folgenden Plakat sichtbar, das - je nach eigener Einstellung - im Hinblick auf die hier gemachte Allusion als konkordant oder auch als diskordant interpretiert werden kann:


 Abb: 14 ECHT BIO (Quelle: eigenes Foto; 13.08.2019)

Die jungen Menschen, die hier voller Energie in einen See springen und auf diese Weise ihrer Lebensfreude freien Lauf lassen, symbolisieren diese ,Leichtigkeit des Seins’. Zusammen mit dem hier gewählten Slogan „Echt bio“. Der Zusatz „Rein ins Vergnügen“ steht hier für das gute Gewissen gesunder Ernährung mit organisch angebauten Produkten, die dieses Vergnügen letztlich erst ermöglichen. Die am linken Rand aufgelisteten Produkte, die in dem entsprechenden „Frische-Markt“, vor dem das Plakat zu finden war, zu haben sind, verhelfen zu dieser Ernährung und - so wird hier suggeriert - letztlich auch zu dieser positiven Lebenseinstellung.

Wir kommen nun zu solchen Anzeigen und Plakaten, in denen die Text-Bild-Bezüge, die in der Werbung ja ohnehin - wenn zuweilen auch implizit - vorhanden sind, eine besondere Rolle spielen.


3.2 Text-Bild-Bezüge

Die Text-Bild-Bezüge, die in aktueller Plakat- und Anzeigenwerbung belegt sind, beziehen sich auf unterschiedliche Ansätze.

Ein solcher Ansatz besteht - wie in dem folgenden Fall - darin, visuelle Beispiele für eine gegebene Werbebotschaft zu präsentieren:


Abb. 15: LIDL

Die Botschaft „ekitchen - So kocht man heute“ vor dem Hintergrund von „Fairtradewird in dieser Anzeige einer großen deutschen Discounter-Kette durch Fotos solcher Produkte unterlegt, die moderne Küchenkunst darstellen. Witzigerweise sind die abgebildeten Produkte - wie Schokolade oder Kaffee und Tee - dabei mehrheitlich jedoch weniger für das Kochen als vielmehr für den Sofortverzehr geeignet. Die Bildelemente übernehmen hier die Funktion einer erläuternden Botschaft und verhelfen somit dazu, keinen unnötigen Text formulieren zu müssen, durch den die Werbebotschaft zudem eher abgeschwächt als gestärkt würde. Die Text- und Bildelemente stehen hier also in einer Komplementaritäts-Relation zueinander, ohne dass dabei jedoch eine besondere Originalität erzeugt oder Kreativität unter Beweis gestellt würde. Die Wirkung einer solchen - hier wenig originellen - Werbung, die eher unter funktionalen als unter Originalitätsspekten gesehen werden muss, ist dabei wohl eher als begrenzt anzusehen.

Unter systematischen Gesichtspunkten ist als Filter hier also eine Komplementaritäts-Relation zwischen Text und Bild festzustellen:

Abb. 16: Komplementaritäts-Relation

Das Bild bzw. die Bildelemente ergänzen den Text und illustrieren das Gesagte in möglichst prägnanter Form - mit dem Ziel, beim Betrachter einen Wahrnehmungs- und Behaltens-Effekt zu erzielen.

Im Unterschied hierzu vermitteln die folgenden Plakate, die in engem Zusammenhang miteinander gesehen werden können - weswegen sie hier zusammen behandelt werden -  einen gewissen Aha-Effekt:
  







Abb. 17, 18 und 19: LIDL

In allen drei Plakaten, die man sich in den Schaukästen oder direkt hinter dem Kassenbereich dieses Discounters vorstellen kann, wird durch die Bildelemente ein Kontrast aufgebaut, der durch die Farbwahl des Hintergrundes - Schwarz gegenüber Grau - unmittelbar ersichtlich wird. Dadurch wird ein Vergleich erstellt zwischen den allgemein bekannten Marken der jeweiligen Produkte und den Eigenmarken des Discounters. Dabei sind die allgemein bekannten Marken schwarz unterlegt und die jeweiligen Eigenmarken des Discounters grau, und stechen damit ungleich mehr ins Auge. In Ergänzung hierzu werden die rot unterlegten Preise in ihrem direkten Vergleich sehr deutlich sichtbar, was die Werbebotschaft - relativ teure Markenprodukte gegenüber sehr viel preiswerteren Produkten der Eigenmarken - unmittelbar kommuniziert.

Der die Botschaft absichernde Text ist kurz und dabei hochgradig funktional, ohne jedoch im Form von Slogans realisiert zu werden. Sehr explizit ist dies in „Du hast die Wahl - starke Marken und starke Eigenmarken“ umgesetzt. Ebenso aussagekräftig ist die Botschaft in „Viel ausgeben oder viel einpacken?“ wobei das erste Element („Viel ausgeben“) bildlich mit Hilfe eines leeren Portemonnaies unterlegt und das zweite Element („oder viel einpacken“) mit fünf vollen Einkaufstüten symbolisiert wird. Sprachlich sehr ungewöhnlich - weil grammatisch falsch - ist die Botschaft in den Worten „Viel zu lernen du noch hast“. Diese Botschaft ist nur dann verständlich, wenn Lernen mit der Wendung Lehrgeld zahlen assoziiert wird - man zahlt für die weithin bekannten Marken ja deutlich mehr - und das Verb haben in der Bedeutung übrig haben oder besitzen verstanden wird, denn dadurch, dass die jeweiligen Eigenmarken viel preiswerter sind, verbleibt am Ende ja mehr Geld bei den Kunden.

In Bezug auf alle drei Plakate kann festgestellt werden, dass diese sich durch eine hohe Kreativität auszeichnen und die anvisierte Botschaft des Preisvergleichs unmissverständlich kommunizieren. Bild- und Textelemente ergänzen sich dabei und stützen einander auf höchst funktionale Art und Weise (auch Jesko & Turner 2012). Sie antworten dabei auf die Einstellung wohl der Mehrheit der Deutschen, ihr Geld sparsam auszugeben und somit am Ende des Monats möglichst viel davon übrig zu behalten, um so nicht zuletzt ihrem Ruf, Sparweltmeister zu sein (Zerche 2019), gerecht zu werden.  Diese Art von Werbung ist somit in unmittelbarem Zusammenhang mit der kulturell in Deutschland sehr ausgeprägten Tendenz zum Sparen zu sehen.

Der werbetechnische Filter, der hier zum Einsatz kommt, ist derjenige einer Exemplifizierungs-Relation: In den verwendeten Bilder werden (komplementäre oder illustrierende) Beispiele für den im Text ausgedrückten Inhalt geliefert, was sich im Kontext der bisherigen Ausführungen graphisch so darstellen lässt:

 Abb. 20: Exemplifizierungs-Relation

Eine hochgradig kreative Werbung ist auch in dem folgenden Plakat belegt:


 Abb. 21: RAPUNZEL

Die Werbebotschaft bezieht sich hier auf naturbelassene Nahrung ohne jeglichen Eingriff in die dieser unterliegenden Pflanzen. Dafür wird sprachlich mit einer Wortvariation gearbeitet - foodprint anstelle von footprint, also dem ,Fußabdruck’, wie ein Mensch ihn in seiner Umwelt durch die von ihm verursachte Verschmutzung hinterlässt. Der Transfer hin zu foodprint kann in der Weise verstanden werden, dass der Mensch einerseits der Natur durch die Produktion seiner eigenen Nahrung so wenig Schaden wir möglich zufügen soll und andererseits der durch die Nahrung im menschlichen Körper verursachte Abdruck möglichst gering sein, dessen Gesundheit also so wenig wie möglich schaden soll. Der Zusatz „Ich stehe auf Essen ohne Gentechnik unterstützt dieses Verständnis und motiviert den erfundenen Ausdruck foodprint lexikalisch.

Eine zusätzliche Motivierung findet durch das Bildelement des Fußabdrucks statt, das die Beziehung zwischen dem Begriff foodprint - der beim Betrachter zunächst Unverständnis auslösen mag - und dem Begriff footprint, der sich dem Betrachter durch das Bild aufdrängt und somit a posteriori das Verständnis von foodprint ermöglich, sicherstellt. Der Fußabdruck hat zudem die Funktion, in dem zuvor erwähnten sprachlichen Zusatz „Ich stehe auf Essen ohne Gentechnik das Verb stehen, das hier figurativ im Sinne des umgangssprachlichen Ausdrucks auf etwas stehen (,etwas mögen’) verwendet wird, konkret auf das physische Stehen umzumünzen. Da dieses ,Stehen’ naturbelassen sein soll, erfolgt es zum einen barfuß. Zum anderen ist der Fußabdruck - im Einklang mit der restlichen Fläche des Plakats - mit Hilfe von Blüten dargestellt, um auch hierdurch die Nähe zur Natur zu symbolisieren.

Der werbetechnische Filter, der hier die Text-Bild-Vermittlung der Werbebotschaft ermöglicht, kann somit als Symbolisierungs-Relation bezeichnet werden:


 Abb. 22: Symbolisierungs-Relation

Kulturell werden hier zudem zwei Tendenzen der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft deutlich:
Die zuvor bereits mehrfach angesprochene Bewegung hin zu Umweltschutz und Ökologie und
Die Tendenz zum Denglischen bzw. Neudeutschen, dessen Verwendung in den unterschiedlichen privaten und beruflichen Kontexten zum Tragen kommt.
Vor diesem Hintergrund steht auch diese Anzeige für wichtige kulturelle Aspekte der deutschen Gegenwartskultur.


4   Abschließende Bemerkungen

In unserer Analyse aktueller deutscher Plakatwerbung konnten mit Blick auf kulturelle Bezüge wie auch auf Text-und-Bild-Bezüge funktional relevante Resultate herausgearbeitet werden.

Dabei konnten werbetechnische Filter ermittelt werden, die die Präsentation der eigentlichen Werbebotschaft entweder unterstützen oder erst möglich machen. Bei diesen Filtern handelt es sich um die intrakulturelle semantische Transformation, die konkordante Allusion und die diskordante Allusion für die kulturellen Bezüge und um die Exemplifizierungs-Relation und die Symbolisierungs-Relation für die Text-Bild-Bezüge, die eine funktionale Kombination der textuellen und visuellen Bestandteile gestatten. Diese Filter weisen - was natürlich noch empirisch zu belegen wäre - bereits aufgrund von Plausibilitätserwartungen eine erhebliche Bedeutung für die zeitgenössische deutsche Plakat- und Anzeigenwerbung auf.

Thematisch konnten die folgenden Bereiche identifiziert und hier somit dokumentiert werden:
Bezüge auf die jüngere deutsche Geschichte (z.B. den Mauerbau an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze)
die Bedeutung und den guten Ruf deutsche Manager
die Tendenz zum bewussten Leben, einschließlich des Verzehrs naturbelassener Ernährung
die Tendenz, Lieferdienste in Anspruch zu nehmen, um beispielsweise nicht mehr selbst kochen zu müssen
die Bedeutung der Familie
Preisbewusstheit bzw. die Berücksichtigung eines günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses von Waren der täglichen Gebrauchs und
die Einbeziehung eines gewissen Maßes an Humor

Auf der Basis der hier identifizierten Werbestrategien und der in der zeitgenössischen deutschen Plakat- und Anzeigenwerbung vorgefundenen Themen manifestieren sich bisweilen somit recht konkrete Ausprägungen der deutschen Kultur, die sich in künftiger Forschungsarbeit sicherlich noch weiter konkretisieren lassen werden. Werbeplakate und Werbeanzeigen wie die hier analysierten können zudem reichhaltiges Material für den (inter)kulturell orientierten Unterricht Deutsch als Fremdsprache bereitstellen (z.B. Luchtenberg 1991 und Rentel 2012) - ein Gesichtspunkt, den wir in didaktischer Perspektive als sehr wichtig erachten, auf den im gegebenen Zusammenhang jedoch leider nicht mehr eingegangen werden kann.



Bibliographie

Blumenthal, Peter (1983). Semantische Dichte. Assoziativität in Poesie und Werbesprache. Tübingen: De Gruyter.

Damm, Steffen (2005). Ernst Litfaß und sein Erbe. Eine Kulturgeschichte der Litfaßsäule. Berlin: Borstelmann & Siebenhaar.

Fährmann, Rosemarie (2006). Die historische Entwicklung der Werbesprache. Eine empirische Untersuchung von Text- und Bildwerbung im Zeitraum vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Frankfurt / Main: Lang.

Geertz, Cliffort (1983). Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt: Suhrkamp.
Janich, Nina (22001). Werbesprache. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Narr.

Kramsch, Claire J. (1991). Bausteine zu einer Kulturpädagogik des Fremdsprachenunterrichts. Überlegungen aufgrund von Erfahrungen im US-amerikanischen Bildungssystem. In: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 17, 104-120.

Kramsch, Claire J. (1995). Andere Worte - andere Werte: Zum Verhältnis von Sprache und Kultur im Fremdsprachenunterricht. In: Bredella, Lothar (Hrsg.): Verstehen und Verständigung durch Sprachenlernen? Bochum: Brockmeyer, 51-66.

Kupper, Sabine (2003). Anglizismen in deutschen und französischen Werbeanzeigen: zum Umgang von Deutschen und Franzosen mit Anglizismen. Marburg: Tectum.

Luchtenberg, S. (1991). Die Textsorte Plakatwerbung. Lernproblem und Lernanreiz für ausländische Deutschlerner und -lernerinnen. In: Zielsprache Deutsch, 22, 160-167.

Perrey Jesko & Sebastian Turner (2012). Überrasche und überzeuge: Erfolgsrezepte effektiver Werbung. In: Anda Béla et al. (Hrsg.): SignsBook - Zeichen setzen in der Kommunikation. Wiesbaden: Gabler, 163-168.

Reichwein, Sabine (1980). Die Litfaßsäule. Die 125jährige Geschichte eines Straßenmöbels aus Berlin. Presse- und Informationsamt. Berlin.

Rentel, Nadine (2012). Der Einsatz von Werbeanzeigen zur Erweiterung der interkulturellen Kompetenz im Unterricht Fremdsprachliche Wirtschaftskommunikation Französisch. In: Tinnefeld, Thomas (Hrsg.): Hochschulischer Fremdsprachenunterricht - Anforderungen, Ausrichtung, Spezifik. Saarbrücken, 297-310.

Sowinski, Bernhard (1998). Werbung. Niemeyer, Tübingen.

Stöckl, Hartmut (2004). Werbekommunikation - Linguistische Analyse und Textoptimierung. In: Knapp. Karlfried et a. (Hrsg.): Angewandte Linguistik. Ein Lehrbuch. Stuttgart: UTB 233-254.

Tinnefeld, Thomas (2014). Aktuelle Plakatwerbung in Deutschland, Frankreich und Taiwan - ein Beitrag zur kontrastiven Textologie. In: Studia Germanica Gedanensia 31, 123-139.

Zerche, Anika (2019). Deutsche bleiben Sparweltmeister. In: Deutsches Institut für Altersvorsorge. (https://www.dia-vorsorge.de/einkommen-vermoegen/deutsche-bleiben-sparwelt meister/; 30.10.2019).

Weber, Max (1968). Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis. In: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. Tübingen: Mohr.

Wang, Luyang (2013). Werbesprache im Deutschen und Chinesischen - eine kontrastiv-linguistische und interkulturell-kommunikative Analyse. Frankfurt/Main u.a.: Lang.

Wehner; Christa (1996). Überzeugungsstrategien in der Werbung. Eine Längsschnittanalyse von Zeitschriftenanzeigen im 20. Jahrhundert. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Wikipedia (2019a): Stichwort. „Liste geflügelter Worte“.                                                      (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_geflügelter_Worte/I#Ich_bin_ein_Berliner.; 31.10.2019).

Wikipedia (2019b): Stichwort. „Wulff-Affäre“.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Wulff-Affäre; 31.10.2019).


Autor:
Prof. Dr. Thomas Tinnefeld
W3-Professur für Angewandte Sprachen
Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Waldhausweg 14
66123 Saarbrücken
E-Mail: thomas.tinnefeld@htwsaar.de