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edited by Thomas Tinnefeld

Journal of Linguistics and Language Teaching

Volume 16 (2025) Issue 1


Schriftliche Sprachmittlung in Zeiten Künstlicher Intelligenz – eine empirische Erhebung mit Spanischlernenden der Sekundarstufe I

Johanna Lea Korell, Maximilian Irion & Roland Ißler1 (Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland)


Abstract (Deutsch)

Der Einsatz von KI-Anwendungen im Rahmen von Sprachmittlungsaktivitäten im Fremdsprachenunterricht ist mit neuen Chancen und Herausforderungen verbunden, die die Notwendigkeit von KI-spezifischen Kompetenzen auf Seiten der Lernenden hervorheben. Inwieweit Lernende KI-Anwendungen zur Bewältigung von Sprachmittlungsaufgaben einsetzen, ist bislang jedoch mehr oder minder unerforscht. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, anhand empirischen Datenmaterials konkrete Bearbeitungs- und Reflexionsprozesse von Spanischlernenden im Rahmen schriftlicher Sprachmittlungsaktivitäten zu analysieren und diesbezügliche Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen abzuleiten. Hierzu wurden videographische Unterrichtsbeobachtungen durchgeführt, in Verbindung mit Bildschirmaufnahmen und unterrichtsbezogenen Produkten aufbereitet und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Befunde verdeutlichen, dass der Einsatz von KI-Anwendungen mehr Herausforderungen als Chancen mit sich bringen kann, wenn Lernende nicht in der Lage sind, zielgerichtete Prompts einzugeben. Dies betrifft vor allem die Berücksichtigung von Kriterien einer schriftlichen Sprachmittlung. Implikationen für die Unterrichtspraxis sowie für weiterführende fremdsprachendidaktische Untersuchungen werden diskutiert.

Stichwörter: Sprachmittlung, Künstliche Intelligenz, Spanischunterricht und -lernen, KI-Kompetenzen, Sekundarstufe I


Resumen (Español)

El uso de aplicaciones de IA en el contexto de la mediación lingüística en la enseñanza de lenguas extranjeras ofrece tanto nuevas oportunidades como desafíos, lo que subraya la necesidad de que el alumnado desarrolle competencias específicas en IA. Sin embargo, aún no se ha investigado en qué medida, en mayor o menor grado, los estudiantes utilizan estas aplicaciones para completar tareas de mediación lingüística. El objetivo de este artículo es analizar los procesos de tratamiento y reflexión de los aprendices de español en actividades de mediación lingüística escrita, a partir de datos empíricos, y deducir posibles usos de aplicaciones de IA en este ámbito. Para ello, se llevaron a cabo observaciones videográficas en el aula, que se complementaron con grabaciones de pantalla y productos generados en clase. Los datos fueron analizados basado en el análisis de contenido. Los resultados ponen de manifiesto que el uso de aplicaciones de IA puede presentar más desafíos que beneficios si el alumnado no es capaz de introducir indicaciones precisas. Esto es especialmente relevante en relación con los criterios de mediación en la lengua escrita. Finalmente, se discuten las implicaciones para la práctica docente y para futuras investigaciones en didáctica de lenguas extranjeras.

Palabras clave: mediación lingüística, inteligencia artificial, ensenañza-aprendizaje del español, competencias en IA, educación secundaria inferior


Abstract (English)

The integration of AI applications into written mediation activities in foreign language education presents both new opportunities and challenges, underlining the need for AI-specific competences among learners. However, the extent to which learners employ AI tools to complete mediation tasks remains more or less unexplored. This article aims to analyse the concrete processing and reflection practices of secondary-level learners of Spanish in the context of written mediation tasks, drawing on empirical data to identify potential applications of AI in this domain. To this end, classroom video observations were conducted, complemented by screen recordings and learner-generated instructional materials, and analysed using qualitative content analysis. The findings indicate that the use of AI applications may pose more challenges than benefits if learners are not capable of formulating effective, goal-oriented prompts. This is particularly evident with regard to criteria relevant to written mediation. Implications for teaching practice and further research in foreign language methodology are discussed.

Keywords: Mediation, artificial intelligence, Spanish language education, AI competences, lower secondary education




1 Einleitung

Sprachmittlung stellt eine funktionale kommunikative Teilkompetenz fremdsprachlichen Unterrichts dar (Kultusministerkonferenz 2023: 9). Als sinngemäße Übertragung von Inhalten einer Ausgangs- in eine Zielsprache (Rössler & Reimann 2013: 12) und damit kulturmittelnde Tätigkeit (ibid.: 15) steht sie nicht nur in enger Verbindung mit weiteren Teilkompetenzen, auf die fremdsprachlicher Unterricht abzielt (Reimann 2016: 12), sondern weist auch einen hohen Bezug zur Lebenswelt von Lernenden auf (ibid.: 10-11). Aus diesem Grund überrascht es nicht, dass bereits vielfältige Anregungen und Beispiele für mündliche und schriftliche Sprachmittlungsaufgaben im Fremdsprachenunterricht vorliegen (z.B. Krogmeier & Panzer 2018; Otto 2024).

Infolge der technologischen Entwicklungen der vergangenen Jahre steht der Fremdsprachenunterricht – und damit auch die Prozesse, die mit der Bearbeitung von Sprachmittlungsaufgaben verbunden sind – zunehmend unter dem Einfluss von Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) (Klimova et al 2023: 664; Rössler & Schädlich 2019: 10f). Dies betrifft zum einen Lehrende, die mit Hilfe von KI-Anwendungen z.B. Unterrichtsvorbereitungen treffen oder Material für Sprachmittlungsaufgaben aufbereiten können (Hartmann 2024: 52). Zum anderen können auch Lernende von KI-Anwendungen Gebrauch machen, um z.B. Feedback zu ihren Sprachmittlungstexten (Strasser 2020: 3) oder unterstützende Ideen (Hartmann 2024: 53) zu erhalten. Trotz dieser augenscheinlichen Potenziale von KI-Anwendungen sind mit dem Einsatz im Rahmen von Sprachmittlungsaktivitäten gleichwohl Grenzen und Risiken verbunden, die kritisch reflektiert werden sollten (Arriagada 2024).

Bisher liegen zum Themenfeld KI und Sprachmittlung vorrangig Beiträge vor, die sich auf theoretischer Ebene mit Chancen und Grenzen befassen (z.B. Hartmann 2024; Muñoz-Basols et al. 2023). Empirische Beiträge hingegen basieren stark auf unterrichtspraktischer Evidenz (z.B. Wengler 2024) oder beziehen sich auf klassische Formen der Übersetzung, jedoch nicht dezidiert auf Sprachmittlungsaktivitäten (z.B. Maimone & Jolley 2023). Anknüpfend an diese Forschungslücke ist das Ziel des vorliegenden Beitrags, Chancen, Grenzen und Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen im Kontext von Sprachmittlungsaufgaben im spanischen Fremdsprachenunterricht anhand empirischen Datenmaterials in Form von Unterrichtsvideos, Bildschirmaufnahmen und unterrichtsbezogenen Produkten2 zu untersuchen. Im Fokus stehen konkrete Bearbeitungs- und Reflexionsprozesse von Lernenden.

Hierzu wird einführend der theoretische Rahmen zum Konzept der Sprachmittlung (Kap. 2.1 und 2.2) und zu KI-bedingten Auswirkungen auf den Fremdsprachenunterricht (Kap. 2.3) skizziert, woraufhin der Forschungsstand zu Chancen und Grenzen von KI-Anwendungen bei Sprachmittlungsaktivitäten anhand theoretischer und empirischer Arbeiten beschrieben wird (Kap. 2.4). Daran anknüpfend, werden die Forschungsfragen der vorliegenden Untersuchung abgeleitet (Kap. 2.5) und das methodische Design beschrieben (Kap. 3). Auf die Darstellung und Diskussion der Ergebnisse (Kap. 4) folgt schließlich ein Fazit, in welchem Implikationen für die Weiterarbeit in Wissenschaft und Praxis erörtert werden (Kap. 5).


2 Theoretischer Rahmen und Stand der Forschung

2.1 Sprachmittlung als funktionale kommunikative und integrative Kompetenz – Begriffsklärung und Relevanz für den Fremdsprachenunterricht

Der Begriff Sprachmittlung stellt aus translationswissenschaftlicher Perspektive einen Oberbegriff dar, der sich grundsätzlich auf die Übertragung eines Textes von einer Sprache in eine andere bezieht (Reimann 2016: 8; Rössler & Reimann 2013: 11). Die Auffassung, welche konkreten Formen der Übertragung darunter zu verstehen sind, unterscheidet sich zwischen den fremdsprachendidaktischen Bezugsdisziplinen: Im ursprünglich translationswissenschaftlichen Verständnis fallen unter Sprachmittlung etwa auch das Dolmetschen und Übersetzen (Sinner & Wieland 2013: 94), wohingegen Sprachmittlung in der Kommunikationsforschung als Unterbegriff fungiert und dem Dolmetschen und Übersetzen nebengeordnet wird (Rössler & Reimann 2013: 11). Spricht man im heutigen fremdsprachendidaktischen Kontext von Sprachmittlung, so sind vor allem deren freie Formen, wie z.B. die Textzusammenfassung bzw. Paraphrase, schriftliche Textsortenumformung oder das mündliche Dolmetschen, gemeint (Reimann 2016: 8f), die international auch als Mediation bezeichnet werden (Rössler & Reimann 2013: 11). In Abgrenzung zum klassischen Dolmetschen und Übersetzen wird unter Sprachmittlung somit eine

informelle, alltägliche und nicht-professionelle Aktivität in mündlichen und schriftlichen Kommunikationssituationen verstanden, in denen eine sinngemäße interlinguale Vermittlung von Inhalten einer Ausgangssprache in eine Zielsprache und gegebenenfalls viceversa notwendig wird. (ibid: 11-12)

An diese Definition schließt sich das Begriffsverständnis des vorliegenden Beitrags an, wenngleich neuere Konzeptualisierungen des Begriffs u.a. auch intralinguale und bedeutungsherstellende Formen der Sprachmittlung aufgreifen (Council of Europe 2020: 90).

Die Relevanz von Sprachmittlungsaktivitäten für den Fremdsprachenunterricht wird insofern deutlich, als Sprachmittlung neben dem Hörverstehen bzw. audiovisuellen Verstehen, dem Leseverstehen, Sprechen und Schreiben als fünfte Teilkompetenz der funktionalen kommunikativen Kompetenz aufgefasst wird (Kultusministerkonferenz 2023: 9). Zugleich handelt es sich um eine transversale Kompetenz (Reimann 2016: 12), die in Wechselwirkung zu weiteren Kompetenzen und Fähigkeiten steht: So werden bei Sprachmittlungsaktivitäten z.B. auch das Leseverstehen, das Schreiben sowie die Text- und Medienkompetenz sprachübergreifend integriert (ibid.: 12-14) bzw. gefördert (Krombach 2022: 33), zugleich stellen diese auch eine Voraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung einer Sprachmittlungsaufgabe dar (Caspari & Schinschke 2012: 40f).

Weitere wechselseitige Abhängigkeiten bestehen mit dem kulturellen Lernen. Da im Rahmen von Sprachmittlungsaktivitäten nicht nur die eigene und die fremde Sprache im Mittelpunkt stehen, sondern zugleich die Auseinandersetzung mit der eigenen und einer fremden Kultur, agiert die sprachmittelnde Person auch stets als kulturmittelnd (Rössler & Reimann 2013: 15-16). In diesem Zusammenhang benötigt sie kulturelle Kompetenz, die sich beispielsweise auf ihr Wissen über die eigene und die fremde Kultur, eine weltoffene Einstellung (Krogmeier 2019: 41), Empathievermögen (Krombach 2022: 18) sowie auf die Bereitschaft zum Perspektivenwechsel (König & Müller 2019: 4f) bezieht. Gerade in Anbetracht der zunehmend mehrsprachigen bzw. diversen Zusammensetzung von Schulklassen (Council of Europe 2020: 36) wie auch einer zunehmenden Globalisierung ergeben sich vermehrt Situationen, in denen sprachmittelnde Tätigkeiten erforderlich sind – und dies vielfach auch außerhalb des Schulalltags.

Ferner lassen sich Verknüpfungen der Sprachmittlung mit der Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz erkennen, die sich z.B. darin manifestieren können, dass Lernende durch Sprachmittlungsaktivitäten den eigenen Wortschatz im Hinblick auf sprachliche, textsortenspezifische und/oder kulturelle Besonderheiten kontrastiv reflektieren oder die Funktion von Texten für den Erwerb von themenspezifischem Wortschatz kritisch beurteilen (Caspari & Schinschke 2012: 46). Diese Ausführungen verdeutlichen, dass Sprachmittlung eine höchst komplexe und anspruchsvolle Aktivität des fremdsprachlichen Unterrichts darstellt (Reimann 2016: 13) und zugleich hohes didaktisches Potenzial aufweist (ibid.: 10).


2.2 Charakteristika schriftlicher Sprachmittlung und Kriterien für gelungene Sprachmittlungsaufgaben

Um Inhalte erfolgreich von einer Ausgangs- in eine Zielsprache zu übertragen, sollte eine schriftliche Sprachmittlung bestimmte Kriterien berücksichtigen. Lehrende müssen gleichwohl darauf achten, dass Sprachmittlungsaufgaben die Berücksichtigung dieser Merkmale ermöglichen (Koch 2020: 102). Nachfolgend werden zentrale Charakteristika von gelungenen Sprachmittlungstexten erläutert.

  • Adressaten3- und Situationsorientierung (Krombach 2022: 72):

Die schriftliche Sprachmittlung sollte die in der Aufgabenstellung skizzierte Situation, in welche die Sprachmittlung eingebettet ist, aufgreifen und sich an. einen konkreten Adressaten richten (Reimann 2016, 49). Dabei sind insbesondere spezifische Informationsbedürfnisse, das Vorwissen des Adressaten (Koch 2020: 104) sowie das entsprechende Sprachregister (Krogmeier 2017: 3) zu berücksichtigen.

  • Einhaltung formaler Anforderungen der Textsorte (Krombach 2022: 72):

Textsortenspezifische Charakteristika wie Überschrift, Anrede, Datum oder Grußformel müssen in Abhängigkeit der geforderten Textsorte (z.B. E-Mail oder Brief) beachtet werden (ibid.).

  • Auswahl und Strukturierung relevanter Informationen (Reimann 2016: 47):

Durch die Abkehr von wörtlicher Übersetzung und dem sogenannten „Postulat der Äquivalenz“ (ibid.: 9) kommt der zusammenfassenden, sinngemäßen bzw. neu strukturierten Wiedergabe der für die Sprachmittlungs-Situation wichtigsten Inhalte hohe Bedeutung zu (Krombach 2022: 72). In diesem Zusammenhang stehen vor allem Strategien der Informationsverdichtung im Mittelpunkt, jedoch können auch für das Verständnis notwendige Erläuterungen hinzugefügt werden (Reimann 2016: 52) – beispielsweise dann, wenn kulturspezifische Phänomene im Fokus der Sprachmittlungs-Situation stehen, die dem Adressaten nicht geläufig sind. Die Bestimmung der relevanten Informationen hängt somit maßgeblich von der zugrundeliegenden Situation und dem Adressaten ab (Krogmeier 2017: 8).

  • Einsatz sprachlicher Kompensationsstrategien (Reimann 2016: 40):

Gibt es für einen bestimmten Begriff kein Äquivalent in der Zielsprache oder ist dieses der sprachmittelnden Person nicht bekannt, so müssen Umschreibungen genutzt werden (Koch 2020: 103). Zugleich können sprachliche Kompensationsstrategien dann erforderlich sein, wenn stilistische Transformationen durchgeführt oder erläuternde Kommentare und Beispiele dargeboten werden (Krombach 2022: 35).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die schriftliche Sprachmittlung hohe kognitive, soziokulturelle und interaktionale Anforderungen an die sprachmittelnde Person stellt (Reimann 2016: 15). Sie folgt einem „Postulat der Adäquatheit“ (ibid.: 9), indem sie sich konsistent am Ziel wie auch am Adressaten der Sprachmittlungssituation ausrichtet und auf die sinngemäße Übertragung der relevantesten Informationen abzielt.

In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen KI-basierter Übersetzungstools und generativer KI-Anwendungen wird diskutiert, ob die Förderung von Sprachmittlungskompetenz möglicherweise ein zunehmend überflüssiges Ziel des modernen Fremdsprachenunterrichts darstellt (Rössler & Schädlich 2019: 10). Hintergrund dieser Diskussion ist die Tatsache, dass KI-Anwendungen grundlegende Elemente fremdsprachlicher Lernprozesse wie auch das Aufgabenformat der Sprachmittlung fundamental beeinflussen (ibid., 10f). Um deren Chancen und Grenzen im Rahmen schriftlicher Sprachmittlungsaufgaben zu erörtern, soll daher zunächst aufgezeigt werden, welche spezifischen lernerseitigen Kompetenzen der Einsatz von KI-Anwendungen im Fremdsprachenunterricht erfordert.


2.3 KI-Anwendungen und deren Implikationen für den Fremdsprachenunterricht

Durch die rasanten technologischen Entwicklungen der vergangenen Jahre stellen KI-Anwendungen seit einiger Zeit ein allgegenwärtiges Phänomen des Fremdsprachenunterrichts dar (Strasser 2020: 2). Das Fremdsprachenlehren und -lernen wird dadurch insofern beeinflusst, dass KI-Anwendungen auf der Grundlage vorhandener Daten Aufgaben ausführen, die im eigentlichen Sinne menschliche Intelligenz erfordern (Engelke & Engelke 2023). Hierzu ist im fremdsprachlichen Kontext etwa auf die Verwendung menschlicher Sprache durch Chatbots (z.B. ChatGPT), Übersetzungsdienste (z.B. DeepL) und Sprachassistenten zu verweisen, was als natürliche Sprachverarbeitung bzw. Natural Language Processing (NLP) bezeichnet wird (ibid.; Grünewald 2023: 16).

Aus der tiefgreifenden Beeinflussung des Fremdsprachenunterrichts durch KI-Anwendungen resultiert zugleich ein Bedarf an spezifischen lernerseitigen Kompetenzen. Welche Kompetenzen besondere Bedeutung gewinnen, veranschaulichen KI-Kompetenzmodelle wie die Critical Digital Literacy nach Hinrichsen & Coombs (2013) oder das Konzept AI Literacy nach Ng et al. (2021) und Wienrich et al. (2022). Die Gemeinsamkeit dieser Modelle besteht in der Notwendigkeit einer kritisch-reflexiven Haltung im Umgang mit KI-Anwendungen: Lernende sollten KI-generierte Inhalte nicht unhinterfragt übernehmen, sondern diese vielmehr kritisch analysieren und auf deren Sinngehalt hin überprüfen (Hinrichsen & Coombs 2013: 7), ethische Aspekte berücksichtigen (Ng et al. 2021: 4) und mögliche Grenzen ihrer Anwendungen erkennen (Wienrich et al. 2022: 14). Darüber hinaus unterstreicht das Konzept der sogenannten Prompt Literacy nach Gatupalli et al. (2023) und Hwang et al. (2023) die Relevanz einer effektiven und zielgerichteten Mensch-Maschine-Interaktion, z.B. durch die Formulierung und Optimierung präziser Eingaben, sogenannter Prompts. Diese Kompetenz ist insbesondere deshalb elementar, weil KI-Anwendungen wie auch die Qualität ihrer Antworten bzw. ihres Outputs hochgradig „prompt-dependent“ (Gatupalli et al. 2023: 3) sind, also maßgeblich von der Qualität der getätigten Prompts abhängen.


2.4 Schriftliche Sprachmittlung mit KI – Chancen und Grenzen

2.4.1 Theoretische Überlegungen

Aus theoretischer Perspektive werden in der fremdsprachendidaktischen Literatur vielfältige Chancen und Grenzen diskutiert, die mit dem Einsatz von KI-Anwendungen im Fremdsprachenunterricht verbunden sind. Im Kontext der lernerseitigen Bearbeitung von Sprachmittlungsaufgaben lassen sich u.a. folgende Potenziale ableiten, die jedoch zielgerichtete Prompts voraussetzen (Gatupalli et al 2023: 3):

  • Effiziente Verarbeitung:

KI-Anwendungen sind in der Lage, eine für Menschen unüberschaubare Menge an Daten in kürzester Zeit zu analysieren und zu verarbeiten, weshalb eine schriftliche Sprachmittlung innerhalb weniger Momente produziert werden kann (Rössler & Schädlich 2019: 11). Das so entstehende Textprodukt kann als erste Grundlage dienen und lernerseitigen Revisionen unterzogen werden (ibid.), z.B. im Hinblick auf die Adressaten- und Situationsorientierung.

  • Sprachliche Qualität:

Durch die jüngsten Entwicklungen in dem Bereich Künstliche Intelligenz entsteht das Potenzial, mit Hilfe entsprechender Anwendungen sprachlich hochwertige Sprachmittlungstexte zu produzieren, die in der Regel nahezu keine grammatischen Fehler aufweisen und für die konkrete Sprachmittlungssituation relevante Schlüsselbegriffe sowie idiomatische Wendungen beinhalten (Klimova et al. 2023: 665-666). Dies könnte die Notwendigkeit sprachlicher Kompensationsstrategien auf Seiten der Lernenden verringern, obwohl dadurch die individuelle Förderung dieser Strategien vernachlässigt werden könnte.

  • Förderung kulturellen Lernens:

KI-Anwendungen können Lernende dabei unterstützen, das kulturabhängige Verständnis bestimmter Konzepte und Phänomene zu vertiefen (Hartmann 2024: 52). Dies bietet Lernenden im Rahmen von Sprachmittlungsaktivitäten die Möglichkeit, soziokulturelles Wissen zu erwerben, welches zur Bewältigung von Sprachmittlungsaufgaben notwendig ist. Darüber hinaus können KI-Anwendungen z.B. als fiktive Interviewpartner fungieren und kulturelle Begegnungssituationen simulieren, damit potenziell existierende Stereotype aufgebrochen werden können. Dennoch sollte berücksichtigt werden, dass KI-Anwendungen keine zwischenmenschlichen Begegnungen ersetzen.

  • Einsatz als Feedback-Geber:

Nicht zuletzt können KI-Anwendungen Feedback zu einem vorliegenden Sprachmittlungstext liefern (Strasser 2020: 3). Wie erörtert, könnte dies insbesondere auf sprachlicher Ebene einen Mehrwert haben, z.B. durch die KI-seitige Ergänzung von Schlüsselbegriffen.

Mit dem Einsatz von KI-Anwendungen gehen jedoch auch Grenzen einher, die darauf basieren, dass der Einsatz von KI nicht automatisch zu effektivem Lernen führt, sondern bei unreflektierter Nutzung gar das individuelle Potenzial der Lernenden beeinträchtigen kann (Irion et al. 2025: 109f). Mit der KI-basierten lernenreitigen Bearbeitung von Sprachmittlungsaufgaben sind u.a. folgende Herausforderungen verbunden:

  • Mangelnde Berücksichtigung kontextueller und kultureller Gegebenheiten:

Klimova et al. (2023: 666) argumentieren, dass KI-Anwendungen kontextuelle und kulturelle Aspekte von Aufgaben und Schreibanlässen nur eingeschränkt berücksichtigen können. Für Sprachmittlungsaktivitäten stellt dies eine große Herausforderung dar, da die erfolgreiche Bewältigung dieser Aktivitäten ein hohes Maß an situationalem und soziokulturellem Bewusstsein erfordert (Koch 2020: 102), insbesondere durch die gebotene Adressaten- und Situationsorientierung (Krombach 2022: 72; Rössler & Schädlich 2019: 11). Gezielte Prompts, die auf das konkrete Ziel der Sprachmittlungsaktivität abzielen und den situationalen Rahmen präzise beschreiben, könnten eine effektive Strategie darstellen, um dieser Herausforderung zu begegnen (Pérez-Núñez 2023: 361). Nichtsdestotrotz ist es insbesondere für typisch menschliche sprachmittlungsrelevante Eigenschaften wie etwa das Empathievermögen (Krombach 2022: 18) fraglich, inwieweit KI-Anwendungen die individuelle Sprachmittlungsleistung unterstützen oder gar ersetzen können.

  • Mangelnde Zuverlässigkeit von Informationen:

KI-Anwendungen bergen das Risiko, inhaltliche Fehler zu produzieren (Pérez-Núñez 2023: 360). Im Kontext von Sprachmittlungsaktivitäten ist dies dahingehend kritisch zu betrachten, dass die Adressaten einen spezifischen Informationsbedarf haben (Koch 2020: 104) und damit auf die Korrektheit der gemittelten Informationen angewiesen sind. Für eine inhaltliche Absicherung ist es daher unerlässlich, dass Lernende KI-generierte Informationen anhand weiterer Quellen gegenprüfen (Pérez-Núñez 2023: 361).

  • Potenzielle sprachliche Fehler:

Wenngleich KI-generierte Texte in der Regel eine hohe sprachliche Qualität aufweisen, kann nicht garantiert werden, dass diese gänzlich fehlerfrei sind (Klimova et al. 2023: 666). So können durchaus Fehler u.a. in der Übersetzung von sprachmittlungsrelevanten Begriffen entstehen (Arriagada 2024: 3). Der individuellen fremdsprachlichen Kompetenz von Lernenden kommt in diesem Zusammenhang hohe Bedeutung zu, wobei vor allem fortgeschrittene Lernende eher in der Lage sein dürften, potenzielle sprachliche Fehler zu identifizieren und zu verbessern (Klimova et al. 2023: 676).

  • Eingeschränktes Selektionsvermögen:

In Bezug auf die situations- und adressatengerechte Auswahl relevanter Informationen kann begründet angenommen werden, dass KI-Anwendungen (noch) nicht an menschliche Fähigkeiten heranreichen (Rössler & Schädlich 2019: 11), wenngleich sich dies aufgrund der dynamischen Entwicklungen bereits in kürzester Zeit ändern könnte. Gleiches gilt für die gegebenenfalls notwendige Hinzunahme von Erläuterungen und interpretierenden Bewertungen (ibid.). Diese Grenze verdeutlicht die Notwendigkeit, KI-generierte Textprodukte „mehrperspektivischen Betrachtungen und Bewertungen, Reorganisationen und Detailanalysen zu unterziehen“ (ibid.).

  • Urheberrechtliche und ethische Aspekte:

Da Sprachmittlungsaufgaben meist auf Inhalten wie etwa Texten basieren, muss kritisch geprüft werden, inwieweit diese Inhalte KI-Anwendungen zum Zweck der Anfertigung von Sprachmittlungstexten zur Verfügung gestellt werden dürfen (Muñoz-Basols et al. 2023: 182). In diesem Zusammenhang sind vor allem Fragen des Urheberrechts und des Datenschutzes zu berücksichtigen (ibid.). Unabhängig davon stellt sich die ethische Frage, in welchem Maße die Bearbeitung von Sprachmittlungsaufgaben in die Verantwortung von KI-Anwendungen übergeben werden kann und sollte (ibid.).

Auch wenn der Einsatz von KI-Anwendungen mit erheblichem Potenzial verbunden ist, verdeutlichen die erläuterten Grenzen die Notwendigkeit einer kritisch-reflexiven Haltung und Nutzung. Dies unterstreicht zusätzlich die Bedeutung von lernerseitigen KI-bezogenen Kompetenzen (Muñoz-Basols et al. 2023: 180-182), wie sie auch in 2.3 dargestellt wurden.


2.4.2 Empirische Befunde

Um Studien zu identifizieren, die die dargestellten Chancen und Grenzen von KI-Anwendungen im Rahmen von Sprachmittlungsaktivitäten im Fremdsprachenunterricht empirisch belegen, wurde eine systematische Literaturrecherche anhand der PRISMA-Methode (Page et al. 2021) durchgeführt.4 Hierzu wurde anhand der Schlagwörter Künstliche Intelligenz, Sprachmittlung bzw. Mediation und Fremdsprachenlernen in deutscher, spanischer, französischer und englischer Sprache nach empirischen Studien in den Datenbanken Google Scholar und ERIC gesucht. Die Suche lieferte zunächst 489 Treffer. Nach einer ersten Durchsicht der Titel wurden elf Beiträge weiter berücksichtigt und einem inhaltlichen Screening unterzogen5. Es stellte sich heraus, dass nur einer dieser Beiträge eine empirische Studie darstellt. Neben dieser Studie wurde eine weitere unterrichtspraktische Untersuchung berücksichtigt, die mittels einer manuellen Suche in einschlägigen fremdsprachendidaktischen Fachzeitschriften identifiziert wurde. Die Befunde dieser beiden Untersuchungen werden nachfolgend skizziert.

Maimone & Jolley (2023) untersuchen, inwieweit Spanischlehrende in der Lage sind, maschinell übersetzte von lernerseitig angefertigten Textprodukten zu unterscheiden. Hierzu wurde eine empirische Studie mit 26 Spanisch lernenden Bachelorstudierenden durchgeführt, die kurze Texte zu zwei Fragestellungen anfertigten. Während die Studierenden der Kontrollgruppe die Texte direkt auf Spanisch verfassten, schrieben die Studierenden der Experimentalgruppe ihre Texte in ihrer Erstsprache und ließen diese anschließend durch Google Translate übersetzen, woraufhin individuelle Überarbeitungen möglich waren. Anschließend schätzten Lehrende ein, ob die ihnen dargebotenen Texte maschinell übersetzt oder individuell angefertigt wurden, und begründeten ihre Einschätzung. Die Lehrenden waren in der Lage, den Ursprung der Texte in knapp drei Viertel der Fälle korrekt einzuschätzen. Als Indikatoren der maschinell übersetzten Texte nannten sie einerseits Vokabular, Stil und sprachliche Strukturen, die auf einem hohen Niveau angesiedelt waren, sowie die akkurate Auswahl von Zeitformen. Andererseits verwiesen die Lehrenden auf die teils inadäquate Verwendung von Begriffen, wörtliche Übersetzungen von idiomatischen Wendungen sowie Diskrepanzen im Vergleich zu den mündlichen Sprachfähigkeiten ihrer Lernenden.

Da die Studie auf das klassische Übersetzen und nicht dezidiert auf Sprachmittlung fokussiert, sind die Befunde nur bedingt auf das Untersuchungsfeld von Sprachmittlung und KI übertragbar. Ebenfalls liefern sie keinen Aufschluss darüber, welche Chancen und Grenzen der Einsatz von KI-basierten Chatbots (z.B. ChatGPT), mit denen Lernende in einem höheren Umfang interagieren können, im Kontext von Übersetzungs- oder Sprachmittlungsaufgaben mit sich bringt. Nichtsdestotrotz stützen die Befunde dieser Studie einige der in 2.4.1 erörterten Chancen und Grenzen.

Im Vergleich zu der Studie von Maimone & Jolley (2023) konzentriert sich Wengler (2024) stärker auf das Konzept der Sprachmittlung. Im Fokus ihres unterrichtspraktischen Beitrags steht die Frage, wie gut ChatGPT Sprachmittlungsaufgaben bearbeiten kann. Zu diesem Zweck sollte der Chatbot, ausgehend von einem Online-Zeitungsartikel und einem Lehrwerkstext zu den Sprachen Lateinamerikas, eine mündliche Sprachmittlung in Form eines Vortrags über indigene Sprachen anfertigen. Hierzu entwickelte die Autorin Prompts, die sich in ihrem Informationsgehalt unterschieden. Die Ergebnisse deuten auf einige der bereits beschriebenen Grenzen hin: So beinhaltete die KI-generierte Sprachmittlung beispielsweise falsche Informationen. Ebenso tendierte ChatGPT dazu, ganze Textteile wortwörtlich zu übersetzen, was dem Postulat der Adäquatheit widerspricht. Allerdings wurde auch deutlich, dass einige dieser Grenzen mittels gezielter Prompts überwunden werden können.

Wenngleich die Befunde an die Notwendigkeit anschließen, präzise Prompts zu formulieren und weiterzuentwickeln (Kap. 2.3), ist deren Aussagekraft begrenzt. Einerseits handelt es sich um einen unterrichtspraktischen Beitrag, die keine weiteren empirischen Erhebungsmethoden – wie z.B. systematische Beobachtung – umfasst. Da die Prompts von der Autorin selbst konzipiert wurden, bleibt andererseits unklar, inwieweit Lernende selbst in der Lage sein könnten, zielführende Prompts zu entwickeln. Auch weitere Bearbeitungs- und Reflexionsprozesse von Lernenden, die sich etwa auf die Bewertung und Überarbeitung der KI-generierten Textprodukte beziehen könnten, werden nicht untersucht.


2.5 Die vorliegende Untersuchung

Die zunehmende Verfügbarkeit von KI-Anwendungen verändert den Fremdsprachenunterricht wie auch die Art und Weise, wie Sprachmittlungsaufgaben bearbeitet werden können (Rössler & Schädlich 2019: 10f). Bisherige Untersuchungen liefern allerdings noch keine empirische Evidenz darüber, inwieweit Lernende KI-Anwendungen gezielt bei der Bearbeitung von Sprachmittlungsaufgaben einsetzen. Diesbezügliche Erkenntnisse sind sowohl für die Forschung als auch für die Unterrichtspraxis von großer Bedeutung, da KI-Anwendungen bereits im Alltag einer großen Mehrheit von Lernenden angekommen sind (Klimova et al. 2023: 667).

Diese Forschungslücke versucht der vorliegende Beitrag zu schließen. Ziel ist es, konkrete Bearbeitungs- und Reflexionsprozesse von Spanischlernenden im Rahmen von Sprachmittlungsaktivitäten zu untersuchen und diesbezügliche Chancen, Grenzen und Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen abzuleiten. Konkret stehen die folgenden Forschungsfragen im Fokus des Beitrags:

  1. Auf welche Art und Weise prompten Lernende, um schriftliche Sprachmittlungstexte von ChatGPT produzieren zu lassen?

  2. Wie analysieren Lernende von ChatGPT produzierte schriftliche Sprachmittlungen?

  3. Wie bewerten Lernende von ChatGPT produzierte schriftliche Sprachmittlungen im Vergleich zu ihren eigenen?

  4. Wie gehen Lernende mit Feedback von ChatGPT zu von ihnen selbst verfassten Sprachmittlungen um?


3 Methode

3.1 Forschungsansatz

Der vorliegenden Untersuchung liegt ein qualitativer Forschungsansatz zugrunde. Dieser Ansatz wurde einerseits gewählt, um das bislang kaum erforschte Untersuchungsfeld zu Chancen, Grenzen und Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen im Rahmen schriftlicher Sprachmittlungsaufgaben auf explorative Weise zu erkunden (Schramm 2022: 50). Andererseits ermöglicht ein qualitativer Forschungsansatz es, Lernende bei der Bewältigung von Aufgaben im Unterricht zu beobachten und deren Bearbeitungs- und Reflexionsprozesse in den Mittelpunkt der Untersuchung zu rücken (Irion et al. 2025: 101f).

Darüber hinaus findet in der vorliegenden Untersuchung die Strategie der Methodentriangulation Anwendung (Knorr & Schramm 2022: 99). Konkret werden videographische Unterrichtsbeobachtungen, Bildschirmaufnahmen, Chatverläufe und unterrichtsbezogene Produkte als Datenquellen herangezogen und methodenübergreifend kombiniert.


3.2 Samplingstrategien und Untersuchungsteilnehmer

Anknüpfend an die Forschungsfragen des Beitrags sowie an weitere theoretische Gesichtspunkte fiel die Wahl der zu untersuchenden Stichprobe auf eine Spanischklasse der Sekundarstufe I, was den Kriterien eines sogenannten purposive sampling entspricht (Grum & Legutke 2022: 91). In Verbindung mit dem Prinzip der Selbstaktivierung, bei welchem die beforschten Personen ihre Bereitschaft zur Teilnahme selbst bekunden (Reinders 2016: 124), wurde schließlich eine 10. Klasse im 4. Spanischlernjahr eines Gymnasiums (G9) in einer hessischen Großstadt ausgewählt. Die untersuchte 90-minütige Unterrichtseinheit wurde im November 2023 gehalten. Die Unterrichtskonzeption, die zum Zweck der Untersuchung entwickelt und durchgeführt wurde, wird in 4.1 näher beschrieben.


3.3 Datenerhebung, -aufbereitung und -auswertung

Die Datenerhebung erfolgte durch eine offene, nicht-teilnehmende Form der Beobachtung, während der die Forscher nicht ins Unterrichtsgeschehen eingriffen und über die die Lernenden im Vorfeld informiert wurden („observer-as-participant“, Schramm & Schwab 2022: 149). Die videographischen Unterrichtsbeobachtungen wurden mit Hilfe von Kameras aus unterschiedlichen Perspektiven und Standpunkten des Klassenzimmers realisiert. Darüber hinaus wurden Bildschirmaufnahmen wie auch unterrichtsbezogene Produkte in Form von Chatverläufen und Lernertexten erfasst, um eine „komplexitätserhaltende Dokumentation“ (Schramm & Aguado 2010: 186) der Unterrichtseinheit sicherzustellen.

Im Anschluss an die Datenerhebung wurden mithilfe der mehrperspektivischen Videoaufnahmen Unterrichtsvideos angefertigt. Dabei entstanden sowohl ein Schnittvideo, welches zwischen verschiedenen Perspektiven wechselte, als auch mehrere Gruppenvideos, die sich jeweils auf die Perspektive einer Lernergruppe beschränkte. Die Bildschirmaufnahmen wurden in die Unterrichtsvideos integriert, die unterrichtsbezogenen Produkte liegen separat in digitaler Form vor.

Die Datenauswertung erfolgte schließlich nach dem Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz & Rädiker 2022), wobei alle verfügbaren Datenquellen berücksichtigt wurden. Für die qualitative Inhaltsanalyse wurde ein Kategoriensystem entwickelt, welches anhand der Unterrichtskonzeption gewonnene Oberkategorien umfasst. Die nachfolgende Darstellung der Ergebnisse orientiert sich an diesen Oberkategorien. Weiterführende Unterkategorien wurden induktiv am Datenmaterial ausdifferenziert.


4 Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Diskussion

4.1 Kontextuelle Rahmung: Unterrichtskonzeption und Arbeitsmaterialien

Die untersuchten Spanischlerner beschäftigten sich auf Basis eines deutschsprachigen verschriftlichten Interviews mit dem Projekt Selfie Harm des Fotografen Rankin, das die Auswirkungen der Selbstbild-Bearbeitung durch Teenager beleuchtet, die ihre Porträts für Social Media idealisieren. Nach einer plenaren Einführungsphase, in deren Rahmen die Lernenden sich über Themen wie Social Media, eigene Profile und Nutzungsverhalten austauschten, ging die Lehrkraft zur Bearbeitung des Interviews über. Dazu stellte sie die Kommunikationssituation vor, in der sich die Lernenden wiederfanden:

Eine spanische Austauschpartnerin, die bald nach Deutschland kommt, kommuniziert mit den deutschen Spanischlernern über Instagram, wo sie über Hobbys und Interessen schreiben. Die Lernenden in Deutschland befassen sich aktuell mit dem Themenfeld Social Media und meine Rolle, weshalb sie der Austauschpartnerin davon berichten, ihr die wichtigsten Informationen zu dem Selfie Harm-Projekt zusammenfassen und sie im Anschluss nach ihrer Meinung dazu fragen.

In einer kurzen Reaktivierungsphase wurden Charakteristika einer schriftlichen Sprachmittlung und entsprechende Strategien (Formulierung, Paraphrasierung etc.) wiederholt. Die Lernenden wurden dazu aufgefordert, notwendige Paraphrasierungen konkreter Passagen des Interviews vorzunehmen und in einer Tabelle festzuhalten. Während einer ca. 30-minütigen Arbeitsphase übertrugen die Lernenden das Interview anschließend in Form einer schriftlichen Sprachmittlung ins Spanische. Dazu konnten sie bei Bedarf ein Online-Wörterbuch verwenden. Im Anschluss an die selbstständige Verfassung der Sprachmittlung nutzten sie ChatGPT als Korrekturhilfe. Dazu erhielten die sie eine Liste mit sprachlichen Korrekturbereichen, die ihnen aus schulischen Bewertungsrastern bekannt waren (Wortschatz, Sprachrichtigkeit, Ausdruck, Stil). Ebenfalls wurden die Lernenden mit Hilfe unterstützender Prompts gezielt auf die Mensch-Maschine-Interaktion vorbereitet. Ihre Korrekturergebnisse hielten sie schriftlich fest und nahmen bei Bedarf Änderungen an ihren Texten vor. Im Anschluss reflektierten sie gemeinsam mit der Lehrkraft, welchen Nutzen die Verwendung von ChatGPT zur Korrektur des Textes hatte und inwieweit der Text dadurch verändert bzw. optimiert wurde.

Daran knüpfte eine weitere KI-basierte Arbeitsphase an, die die Erstellung einer vollständig KI-generierten schriftlichen Sprachmittlung zum Ziel hatte. Das Ergebnis wurde von den Lernenden auf die Frage hin analysiert, inwiefern die Charakteristika einer schriftlichen Sprachmittlung berücksichtigt wurden. In einer sich daran anschließenden Reflexionsphase wurden nicht nur die verschiedenen Textprodukte miteinander verglichen und auf Parallelen und Unterschiede untersucht, sondern auch die Arbeitsweisen bei der Anfertigung von Texten mit und ohne technische Hilfsmittel. Beschlossen wurde die 90-minütige Unterrichtsstunde mit einer Abschlussreflexion, in der die Lernenden gemeinsam mit der Lehrkraft über Chancen und Grenzen der Nutzung von KI-Tools zur Textkorrektur und -produktion sprachen und erörterten, welche Kompetenzen sie für einen kritisch-reflexiven Umgang mit KI-Anwendungen benötigten.


4.2 Prompting zur KI-seitigen Textproduktion und Bewertung des Outputs

Zu Beginn der Gruppenarbeitsphase wurde eine deutliche Heterogenität in den Erstprompts zur KI-gestützten Textproduktion sichtbar. In der Mehrzahl der Gruppen konzentrierten sich die Lernenden nicht systematisch auf die notwendigen Informationen, die ein Erst-Prompt enthalten sollte, um ein der Aufgabe angemessenes Textprodukt durch ChatGPT zu generieren. Stattdessen erfolgte die Formulierung der Prompts überwiegend intuitiv. In wenigen Gruppen ließen sich umfangreiche Vorüberlegungen hinsichtlich der erforderlichen Angaben für den Erst-Prompt beobachten. Exemplarisch ist im Folgenden ein Erst-Prompt abgebildet, der einige wesentliche Informationen umfasst – unter anderem auch zur Struktur und sprachlichen Umsetzung. Es fehlt jedoch an Detailtiefe hinsichtlich des Umfangs, des kommunikativen Kontexts und der zentralen Inhalte, die in der schriftlichen Sprachmittlung aufgegriffen werden sollen. Es ist anzunehmen, dass die Qualität der (Erst-)Prompts noch niedriger ausgefallen wäre, wenn die Lernenden eingangs nicht gezielt auf die Mensch-Maschine-Interaktion vorbereitet und die Charakteristika einer gelungenen schriftlichen Sprachmittlung nicht thematisiert worden wären:

Schreibe über folgenden Text eine Mediation auf dem Level von 10 Klässlern im Fach Spanisch. Hier der Ausgangstext […]. Benutze folgende Satzanfänge: La entrevista trata (de) … / El texto presenta … Rankin explica que … Expone que … Menciona que … Contesta a la pregunta si … Piensa/Opina que … Según Rankin/él … (G6)6.

Die Qualität und Tiefe der Vorüberlegungen beeinflussten die Ausgestaltung der Erst-Prompts maßgeblich. Gruppen, die umfassendere Vorüberlegungen anstellten, formulierten tendenziell detailliertere und strukturiertere Prompts, während Gruppen mit geringeren Vorüberlegungen eher einfache und wenig differenzierte Prompts generierten. Dieser Befund lässt darauf schließen, dass oberflächliche Erstprompts eine iterative Überarbeitung erfordern, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen.

Eine detaillierte Analyse zeigt, dass alle Lernenden Optimierungsbedarf im ersten KI-generierten Textprodukt erkannten, weshalb sie Folge-Prompts in ChatGPT eingaben. In einigen Gruppen führte dies zu bis zu neun weiteren Iterationen, die jedoch selten zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führten, sondern vielmehr in eine scheinbare Endlosschleife der Mensch-Maschine-Interaktion mündeten:

Prompt 2: „Schreibe diesen Text kürzer“ / Prompt 3: „schreibe es ein bisschen länger“ / Prompt 4: „kürze es um 1/69“ / Prompt 5: „schreibe es einen absatz länger“ / Prompt 6: „schreibe 500 wörter“ (G4).

Prompt 2: „verfasse eine sprachmittlung zu diesem text“ / Prompt 3: „auf spanisch“ / Prompt 4: „formuliere den text mit einfacherem spanisch“ (G9).

Dieses unreflektierte Eingeben von Prompts stellte nicht nur einen verantwortungslosen Umgang mit dem Faktor Zeit, sondern auch mit dem Faktor Energie dar, was aus ökologischer Perspektive besonders kritisch zu betrachten ist. Schließlich führt jeder Prompt, der von einer KI wie ChatGPT verarbeitet wird, zu einem zusätzlichen Energieverbrauch (Engelke & Engelke 2023).

Einige wenige Gruppen verzichteten trotz der umfassenden Einführung durch die Lehrkraft vollständig auf eine weitergehende Überarbeitung. Es kann vermutet werden, dass die entsprechenden Lernenden entweder mit der Formulierung zielgerichteter Prompts überfordert waren oder ihnen die erforderliche Motivation fehlte, um die notwendigen Überarbeitungen vorzunehmen.

Die weiteren Prompts, die von den Lernenden eingegeben wurden, dienten im Wesentlichen (a) der Erklärung von Fachbegriffen, (b) der Angabe von Quellen, (c) der Vereinfachung des Textes und (d) der Veränderung des Sprachstils. Die nachfolgende Aussage eines Lernenden veranschaulicht seine Umgangsweise mit ChatGPT und fokussiert im Besonderen die Bereiche (a) und (b):

ich machs, also wenn ichs verwenden sollte, stelle ich mich dann einfach in dem Fall wirklich dumm, blöd. Als würde ich nichts kapieren und schreibe ChatGPT direkt zurück „bitte erkläre mir alle Fachbegriffe“. […] Man muss halt auch immer […] fragen, von wo der Quellenstand ist. Weil meistens ChatGPT nur Quellenstand bis 2021 oder so hat, dann kann man auch extra nachfragen, von wo er jetzt seine Antworten bezogen hat, und dann schauen, ob das, was ChatGPT verwendet, auch wirklich Sinn macht und ob es auch eine vertrauenswürdige Quelle ist. Da muss man halt auch noch drauf achten.“ (G3)

Diese Aussage lässt auf eine differenzierte Sichtweise des Lernenden schließen. Es wurde einerseits ein pragmatischer Umgang mit den Funktionen von ChatGPT beschrieben (z.B. das Vortäuschen von Unwissenheit) und andererseits wird auf die Notwendigkeit einer kritischen Überprüfung der Quellen und der Aktualität der Informationen hingewiesen. Anzumerken ist hier, dass diese Perspektive nicht zwangsläufig von der gesamten Lerngruppe und möglicherweise eher aus schulischem Pflichtgefühl als aus tiefer Überzeugung eingenommen wurde.

Das Vereinfachen des KI-Outputs (c) und die Veränderung des Sprachstils (d) stellten für viele Lernende einen wesentlichen Bestandteil ihres Promptings dar:

Was ich oft eingebe, ist dann einfach, ehm, fasse es wie eine Zehntklässlerin, auf dem Level einer Fünfzehnjährigen, also einfach direktere Anweisungen des Sprachgebrauchs geben. (G6, S1)

Diese Schülerin orientierte sich dabei an einem Sprachstil, der für sie und für die spanische Austauschpartnerin natürlich und verständlich erschien. Diese Reflexion könnte darauf hinweisen, dass sie ChatGPT in einer Weise nutzte, die ihren eigenen Bedürfnissen und ihrem bisherigen Wissensstand entsprach, um die Kommunikation mit der KI so einfach wie möglich zu gestalten. Dennoch bleibt die Anfrage der Lernenden ungenau, da hier beispielsweise weiterführende Angaben zum passenden Sprachstil für eine präzise Kommunikation sowie zu konkreten sprachlichen Merkmalen fehlen.

Insgesamt schien ein Großteil der Lernenden allerdings nicht in der Lage zu sein, ein geeignetes Textprodukt erstellen zu lassen und die Auswahl zu begründen. Exemplarisch konnten anhand ausgewählter KI-generierter Textprodukte ein erhöhtes Sprachniveau und eine fehlende Berücksichtigung der Sprachmittlungs-Situation nachgewiesen werden. Aufgrund der Länge der Texte werden hier ausgewählte Passagen zur Verdeutlichung abgebildet (vollständiges Textmaterial im Anhang).

Der folgende Auszug eines KI-generierten Textprodukts erscheint zu präzise und thematisch anspruchsvoll für einen Großteil der Lernenden. Ein realistischerer Satz für diesen Lernstand würde vermutlich eine weniger komplexe Struktur und einen einfacheren Wortschatz aufweisen:

Rankin explica que esto revela la presión que sienten los jóvenes por verse perfectos en redes sociales, lo que lleva a imágenes muy alejadas de la realidad. (G6)

Einer anderen Lerngruppe gelang die Generierung und Auswahl potenziell realistischer Textprodukte eher. Beispielhaft sieht man dies an folgendem Auszug:

Rankin piensa que no es bueno prohibir las apps de editar fotos. Es mejor enseñar a los chicos que no es necesario cambiar sus fotos. Es importante que se acepten como son, porque así se van a sentir mejor consigo mismos”. (G3)

Der Satz weist eine überschaubare Struktur, eine relativ einfache Wortwahl und den korrekten Gebrauch des subjuntivo de presente auf. Das Thema wird einfach und verständlich dargeboten.

Insgesamt lässt sich beobachten, dass die KI-generierten Sprachmittlungen lediglich eine Zusammenfassung der Inhalte darstellen und selten an den vorgegebenen kommunikativen Rahmen rückgebunden werden. Eine handlungsorientierte und funktionale Auseinandersetzung mit dem Textmaterial bleibt aus, die kommunikativen Bedürfnisse der Zielperson werden nur bedingt berücksichtigt (Anhang A1 und A2).


4.3 Prompting zur KI-basierten Revision eigener Texte und Bewertung des KI-Outputs

Neben der Generierung von vollständig KI-basierten Texten beschäftigten sich die Lernenden außerdem mit der Überarbeitung selbst verfasster Texte mit Hilfe von ChatGPT. Die Ergebnisse der Datenanalyse zeigen, dass die Lernenden mehrheitlich mit der Korrektur der individuell angefertigten Sprachmittlungen durch ChatGPT überfordert waren und starke Veränderungen an ihren Texten wahrnahmen, die sie größtenteils nicht verstanden. Oft prüften die Lernenden die vorgenommenen Änderungen nicht systematisch, sondern akzeptierten sie unreflektiert, sodass zwei Textversionen nebeneinander existierten, die nicht kritisch verglichen wurden. Analog zu den Ergebnissen in Kap. 4.2. stellt sich hier die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Mensch-Maschine-Interaktion:

Hä, das ist so viel, so unübersichtlich“ (G1). / „Dann mach ichs ohne ChatGPT, das ist viel einfacher. (G1).

Die nachfolgende Gegenüberstellung des verfassten Textes der Lerngruppe und der Korrekturversion durch ChatGPT veranschaulicht die vorangegangenen Analyseergebnisse. Fett hervorgehoben finden sich in der Korrekturversion die von ChatGPT vorgenommenen Änderungen:

Hola Maria,

La intrevista trata sobre el gran impacto que tiene Photoshop a los jovenes. El Rankin explica las consequencias de poder cambiar su aperiencia en fotos con ayuda de opciones de procesamiento en su proyecto. Los 15 intrevistadas entre los años 13 hasta 19 cambiaron sus fotos completamente y los resultados son impresionantes. Menciona que empeora el autoestima de los jovenes. Contesta a la pregunta si uno como adulto debería prohibirles a los jovenes de dejar usar Apps y el dice que jovenes de todas maneras no escuchan lo que tienen que decir. Según el Rankin los jovenes se imaginan ó proponen una versión de ellos mismos que es imposible alcanzar e irealista. Saludos … (G1, selbst verfasster Text)



Saludos …” (G1, selbst verfasster Text (Diese Angabe ist verwirrend, denn dieser TEet isst doch von ChatGPT!).

La entrevista se enfoca en el significativo efecto que Photoshop ejerce sobre los adolescentes. Rankin detalla las consecuencias de alterar su imagen en fotografías mediante herramientas de edición en su estudio. Los 15 participantes, con edades comprendidas entre los 13 y 19 años, modificaron por completo sus imágenes, obteniendo resultados sorprendentes. Destaca cómo esto afecta negativamente la autoestima de los jóvenes. Al responder si los adultos debieran restringir el uso de estas aplicaciones a los adolescentes, menciona que, a menudo, estos no atienden a las recomendaciones de los mayores. Rankin señala que los adolescentes crean o aspiran a una versión de sí mismos que es inalcanzable y poco realista” (Korrekturversion, ChatGPT).

Das Sprachniveau der Korrektur erscheint zu hoch, was die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Änderungen von Seiten der Lernenden erschwert. ChatGPT gab keine Erklärung zu den vorgenommenen Verbesserungen aus, sodass die Lernenden nicht genau verstehen konnten, warum bestimmte Änderungen realisiert wurden. Besonders auffällig ist, dass fast der gesamte Text der Lerngruppe verändert wurde, wodurch deren ursprüngliche Lernleistung kaum noch erkennbar ist. Dies zeigte sich auch in anderen Gruppen:

Warum hat der eigentlich […] der Großteil von unserem Text wurde replaced. (G7)

Dabei ist es wichtig zu betonen, dass das Ergebnis stark vom verwendeten Prompt abhing, den die Lernenden selbst steuern konnten, um die Art und Tiefe der Korrektur besser an ihre Bedürfnisse anzupassen. In der Korrekturversion eines anderen Textes (G10) wurden darüber hinaus für den entsprechenden Kontext unpassende Begriffe verwendet (z. B. jovenzuelos), die die Lernenden nicht kannten, weshalb sie auch deren Bedeutungsunterschied nicht erfassen konnten.

Anhand der Aussagen der Lernenden in der plenumsbasierten Reflexionsphase mit der Lehrkraft konnten die vorangegangenen Analyseergebnisse bekräftigt und gleichsam resümiert werden:

Ehm, ich glaub auch oft, dass KIs das zu professionell machen, also zu eh viele Informationen und zu breites Spektrum dann anzeigen und dass dann auch überfordert und eigentlich gar nicht die die eigentliche Frage richtig beantwortet. (S15 Es wäre nicht uninteressant zu wissen, bei welchen Schlern es sich um Jungen und bei welchen um Mädchen handelt. Eventuell könnten diesen auch imaginäre Vornamen gegeben werden)

Die Person schien wahrzunehmen, dass die KI-Ausgaben oft sehr detailliert und umfassend waren und sich teilweise auch zu sachlicher und technokratischer Sprache bedienten. Der Ausdruck „zu professionell“ kann hier auch andeuten, dass die Antworten weniger wie ein direkter und klarer Austausch formuliert waren, so wie man es in einer Sprachmittlung erwarten würde. Außerdem wird hier der Wunsch nach einer fokussierten Antwort auf eine spezifische Frage deutlich. Dies ist selbstverständlich nur mit entsprechenden Prompts und eigenen Nachjustierungen möglich.

In der Plenumsreflexion wurde die Textrevision durch ChatGPT zwar überwiegend als positiv dargestellt. Allerdings zeigte sich in den einzelnen Gruppenvideos ein differenzierteres Bild: ChatGPT hatte häufig ohne Begründung oder Erläuterung erhebliche Änderungen an den ursprünglichen Texten der Lernenden vorgenommen, so dass das Endprodukt sich stark vom Erstprodukt unterschied. Dabei fällt auf, dass die Lernenden die Ausgaben der KI oftmals nicht in der Tiefe beurteilen konnten. Dies führte dazu, dass sie dazu neigten, die Ergebnisse schnell positiv zu bewerten (beispielsweise aufgrund einfacher sprachlicher Korrekturen), ohne diese kritisch zu hinterfragen oder genauer zu analysieren.


4.4 Vergleich der analogen und KI-basierten Phase der schriftlichen Sprachmittlung

Zur Vorbereitung der analogen Arbeitsphase stellte die Lehrkraft den Lernenden Materialien zur Verfügung, die sie an den Text heranführen und ihr Strategienrepertoire aktivieren bzw. erweitern sollten. Der Fokus lag dabei insbesondere auf Kompensations-, Paraphrasierungs- und Reformulierungsstrategien. In der analogen Phase nahmen die Auswahl und Strukturierung relevanter Informationen (Reimann 2016: 47) den größten Zeitaufwand in Anspruch und wurden von den meisten Lernenden intensiv bearbeitet. Diese Phase wurde bewusst der KI-gestützten Bearbeitung vorgeschaltet, um die Lernenden für diesen zentralen Arbeitsschritt zu sensibilisieren.

In der analogen Arbeitsphase konzentrierten sich die Lernenden vor allem auf das Textverständnis, die Auswahl relevanter Informationen und deren Verschriftlichung. Dabei berücksichtigten sie jedoch nur eingeschränkt die Adressaten- und Situationsorientierung (Krombach 2022: 72). Überlegungen zum spezifischen Informationsbedarf, zum Vorwissen des fiktiven Austauschpartners (Koch 2020: 104) oder zur angemessenen Wahl des Sprachregisters (Krogmeier 2017: 3) blieben weitgehend unberücksichtigt. Während formale Anforderungen der Textsorte, wie etwa Anrede oder Grußformel (Krombach 2022: 72), in der analogen Phase teilweise Beachtung fanden (s. Anhang A4), spielten sie in der KI-gestützten Phase kaum eine Rolle.

In der KI-basierten Arbeitsphase verlagerten sich die Arbeitsschwerpunkte der Lernenden. Die Aufgaben aus der analogen Phase blieben bestehen, jedoch kam hinzu, dass sie nun als steuernde und kontrollierende Instanz agierten. Sie mussten in die KI-Anwendung gezielt sinnvolle Inhalte einspeisen, diese gleichzeitig kontrollieren und gegebenenfalls optimieren. Dafür benötigten sie sowohl fundiertes Wissen über den Ausgangstext und die schriftliche Sprachmittlung als Textsorte als auch ein breites Strategienrepertoire. Hinzu kamen die in Kap. 2.3 beschriebenen KI-Kompetenzen wie etwa die Prompt Literacy (Gatupalli et al. 2023; Hwang et al. 2023).

Die Ergebnisse zeigen, dass die Ergebnisse der analogen Phase stärker an der Aufgabenstellung orientiert waren und aus der Sicht der Lernenden persönlicher wirkten (Anhang A4). Diese berichteten, dass sie ihre Arbeitsvorgänge besser nachvollziehen konnten und sich mit ihren Texten vertraut fühlten. In der KI-basierten Phase hingegen neigten einige Lernende dazu, geistig „abzutauchen“ und die Mensch-Maschine-Interaktion nur von ein oder zwei Personen steuern zu lassen. Oft reichte die Konzentration der Lernenden in dieser Phase nicht aus, um präzise Prompts zu formulieren und die KI-Outputs angemessen zu verstehen und zu optimieren.

Der Einsatz von KI-Anwendungen bei der schriftlichen Sprachmittlung hat nicht entscheidend dazu beigetragen, dass die Texte stärker den Anforderungen einer Sprachmittlung gerecht wurden. Vielmehr lag der Schwerpunkt hauptsächlich auf der Verbesserung von Orthographie und Stil in den selbst verfassten Texten der Lernenden. ChatGPT unterstützte vor allem die sprachliche Feinabstimmung, ohne jedoch signifikante Fortschritte in der Erfüllung der spezifischen Kriterien der Sprachmittlung – vor allem mit Blick auf Inhalt und Struktur – zu bewirken (Anhang A1 und A2).


4.5 Reflexion über Potenziale und Herausforderungen von KI-Anwendungen bei der schriftlichen Sprachmittlung

Die vorangehende Analyse deutet auf mehr Grenzen als Potenziale des Einsatzes von KI bei der Anfertigung einer schriftlichen Sprachmittlung hin. Ein erstes Potenzial liegt in der Möglichkeit, dass KI-Anwendungen schnell ein Textprodukt liefern, das die Lernenden überarbeiten können (Kap. 2.4.1). Allerdings konnte in der Untersuchung nicht bestätigt werden, dass die Lernenden sich intensiv mit den KI-Ausgaben auseinandersetzten oder diese tatsächlich weiterbearbeiteten. Die Erwartung, dass die KI eine schnelle Textproduktion ermöglichte, die dann als Grundlage für Revisionen diente, wurde nicht erfüllt.

Ein weiteres Potenzial, die sprachliche Qualität der Texte durch KI zu verbessern, konnte nicht per se bekräftigt werden: Die KI schlug häufig Begriffe und Redewendungen vor, die weder zur Aufgabenstellung noch zu den Kompetenzen der Lernenden oder der Adressatin passten (Maimone & Jolley 2023). In vielen Fällen war zudem der Sprachstil für den konkreten Kontext nicht passend (Klimova et al. 2023). Vielmehr empfanden viele Lernende die KI-Ausgaben als zu umfassend und wenig spezifisch in Bezug auf die gestellte Aufgabe. Dies führte zu einer Überforderung und einer geringeren Bereitschaft, die KI als hilfreichen Ausgangspunkt für die eigenen Texte zu nutzen.

Dennoch konnte ein Potenzial im Bereich des Feedbacks nachgewiesen werden: ChatGPT konnte die Lernenden auf sprachliche Fehler aufmerksam machen und Verbesserungsvorschläge anbieten (Strasser 2020). Dieses Potenzial zeigte sich jedoch nur dann, wenn die Lernenden die vorgeschlagenen Änderungen und die damit verbundenen Bedeutungsunterschiede auch verstanden.

Die Analyse ergab darüber hinaus, dass die Lernenden Schwierigkeiten hatten, die Zuverlässigkeit und Auswahl der Informationen zu beurteilen. Sie verließen sich darauf, dass die KI ihre Fehler selbstständig entdeckte. Darüber hinaus wurden die Lernenden von ChatGPT nicht auf das Fehlen bestimmter Kriterien einer schriftlichen Sprachmittlung hingewiesen, obwohl die Textsorte in dem jeweiligen Prompt erwähnt wurde. Möglicherweise hätten hier konkrete Kriterien der gewünschten Textsorte im Prompt explizit genannt werden müssen, was erneut auf die Notwendigkeit von lernerseitigem Wissen über spezifische Merkmale einer schriftlichen Sprachmittlung hindeutet.


4.6 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Vielfalt in den Erst-Prompts zur KI-gestützten Textproduktion. Während einige Gruppen umfassende Vorüberlegungen anstellten, formulierten andere Lernende ihre Prompts überwiegend intuitiv, was zu ungenauen und unzureichenden Ergebnissen führte. Die iterative Bearbeitung der KI-Outputs durch Folge-Prompts erwies sich – entgegen theoretischer Annahmen (Pérez-Núñez 2023) – oft als ineffektiv und führte in einigen Fällen zu einer Endlosschleife ohne zufriedenstellendes Ergebnis. Obwohl einige Lernende kritisch mit den KI-Ausgaben umgingen, blieb der Umgang mit der KI insgesamt unreflektiert, was den Erfolg der Textproduktion und -bewertung einschränkte.

Viele Lernende schienen mit der Korrektur eigener Texte durch ChatGPT überfordert. Sie nahmen starke Änderungen wahr, verstanden jedoch die vorgenommenen Anpassungen oftmals nicht und hinterfragten diese nicht ausreichend. Dies führte dazu, dass sie die KI-Änderungen unreflektiert akzeptierten, sodass sich daraus kaum Lerneffekte ergaben. Zudem zeigte sich, dass der KI-Output häufig nicht dem Niveau der Lernenden entsprach und unpassende Begriffe verwendet wurden (Maimone & Jolley 2023).

Der Vergleich der analogen und KI-basierten Arbeitsphase zeigte deutliche Unterschiede in der Herangehensweise der Lernenden. Während in der analogen Phase die Fokussierung auf Textverständnis, Informationsauswahl und Strukturierung im Vordergrund stand, verlagerte sich der Schwerpunkt in der KI-gestützten Phase zusätzlich auf die Kontrolle und Optimierung der KI-Outputs. Trotz der Möglichkeit zur sprachlichen Verbesserung durch KI (Strasser 2020) zeigte sich, dass die Lernenden in der KI-Phase oft die Aufgabenstellung aus den Augen verloren und Schwierigkeiten bei der präzisen Formulierung von Prompts hatten. Die KI-Anwendung förderte vor allem orthographische und stilistische Verbesserungen, jedoch weder signifikante Fortschritte in der inhaltlichen und strukturellen Qualität der Sprachmittlung noch die Sprachbewusstheit.

Die Analyse der Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen im Kontext schriftlicher Sprachmittlung belegt, dass trotz einiger Potenziale, insbesondere bei der schnellen Textproduktion und dem Feedback zu sprachlichen Fehlern, die Herausforderungen überwogen. Die Lernenden konnten die KI-Outputs oft nicht angemessen weiterbearbeiten oder verstanden die Vorschläge nicht vollständig. Auch die sprachliche Qualität der KI-Textprodukte war häufig nicht auf die Aufgabenstellung und die Adressaten abgestimmt. Die mangelnde Fähigkeit der Lernenden, präzise Prompts zu formulieren, führte oft zu ungenauen Ergebnissen.

Abschließend lässt sich festhalten, dass die Qualität der KI-Outputs stets in engem Zusammenhang mit der Präzision und Klarheit des verwendeten Prompts stand. Dies setzte jedoch voraus, dass die Lernenden sowohl über die nötigen KI-Kompetenzen als auch über fundiertes inhaltliches Wissen verfügten. Bei einem Großteil der Lernenden dieser Erhebung war dies nicht der Fall, was die Nutzung solcher Tools problematisch erscheinen ließ, da falsche oder ungenaue Prompts zu unzureichenden Ergebnissen führten und den Lernprozess eher behinderten als förderten.


4.7 Limitationen der Untersuchung

Die vorangegangenen Befunde werden im Folgenden unter Berücksichtigung einiger inhaltlicher und methodischer Limitationen reflektiert. Beachtet werden muss, dass die Ergebnisse auf andere Lehr- und Lernkontexte nur eingeschränkt übertragbar sind. Dies liegt zum einen in der notwendigerweise anzuwendenden Sampling-Strategie der Selbstaktivierung und zum anderen in dem hohen Arbeitsaufwand bei der Durchführung videographischer Unterrichtsbeobachtungen begründet.

Darüber hinaus spielt die spezifische Aufgabenstellung eine entscheidende Rolle: Je nach Art der Aufgabe und dem damit jeweils verbundenen Arbeitsfokus könnten sich unterschiedliche Effekte im Einsatz von KI-Anwendungen bei der schriftlichen Sprachmittlung zeigen. Verschiedene Aufgabenstellungen – etwa solche, die andere sprachliche oder kognitive Anforderungen an die Lernenden stellen – könnten zu abweichenden Resultaten führen.

Abschließend muss berücksichtigt werden, dass die Ergebnisse durch die ausschließliche Verwendung der videographischen Unterrichtsbeobachtung als Datenerhebungsmethode eingeschränkt sind. Ergänzende Erhebungsverfahren wie Interviews hätten einen tieferen Einblick in die Perspektive der Lernenden ermöglichen und die Interpretation der Beobachtungen, vor allem mit Blick auf Unterschiede zwischen Selbsteinschätzungen und tatsächlich stattgefunden Arbeitsprozessen, weiter absichern können (Kurtz 2016, 42). Da auch Reflexionsgespräche Bestandteil der Unterrichtseinheit waren, vermag die Untersuchung dennoch erste diesbezügliche Erkenntnisse zu gewinnen.


5 Fazit, Implikationen und Desiderata

Der vorliegende Beitrag liefert grundlegende empirische Ergebnisse zu Bearbeitungs- und Reflexionsprozessen von Spanischlernenden im Rahmen schriftlicher Sprachmittlungsaktivitäten und beleuchtet dabei sowohl Chancen als auch Grenzen der Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen. Die Analyse zeigt seitens der Lernenden eine deutliche Heterogenität im Umgang mit KI-Tools, wobei die teils unreflektierte Akzeptanz von KI-seitigen Änderungen an individuell angefertigten Texten die gezielte und effektive Nutzung erschwerte. Insbesondere die Stärken der KI, vor allem hinsichtlich der sprachlichen Verbesserung, wurden nicht in vollem Umfang genutzt, da es Lernenden schwerfiel, präzise Prompts zu formulieren und die generierten Outputs kritisch zu hinterfragen. Es erweist sich in diesem Zusammenhang als unverzichtbar, dass Lernende textsortenspezifische Kriterien einer schriftlichen Sprachmittlung möglichst vor dem Einsatz von KI verinnerlicht haben, um KI-Outputs in ihrer Qualität und Passgenauigkeit gezielter einschätzen zu können.

Die Analyseergebnisse verdeutlichen, dass Lernende trotz ihrer Sozialisation in einer zunehmend digitalisierten Welt und ihrer Vertrautheit mit diversen digitalen Endgeräten erhebliche Unterstützung benötigen, um KI-Anwendungen im schulischen Kontext zielführend nutzen zu können. Der Begriff digital natives erscheint in diesem Zusammenhang fragwürdig, da die Ergebnisse zeigen, dass Lernende oftmals nicht in der Lage sind, digitale Technologien effektiv und zweckgerichtet für schulische Aufgabenstellungen einzusetzen. Insbesondere grundlegende KI-bezogene Fertigkeiten wie eine zielführende Mensch-Maschine-Interaktion stellen für viele Lernende große Herausforderungen dar.

Die bloße Existenz von KI-Tools und deren wenig reflektierte Nutzung führen besonders bei Lernenden, die weder über fundierte inhaltliche noch technische Kompetenzen im Umgang mit KI verfügen, zu erheblichen Problemen und können ihren Lernerfolg einschränken. Eine fremdsprachenspezifische digitale Kompetenz, die als transversale Kompetenz verstanden wird (Kultusministerkonferenz 2023), ist in diesem Kontext von besonderer Bedeutung. Sie kann Lernende für einen kritisch-reflexiven Umgang mit solchen Tools sensibilisieren und ihnen dabei helfen, den richtigen Einsatzzeitpunkt zu erkennen – gerade bei solchen Aufgaben, bei denen eine Konsultation von KI möglicherweise ungeeignet ist. Eine konkrete Auseinandersetzung mit einer fremdsprachenspezifischen KI-Kompetenz fehlt bislang jedoch und sollte als wichtiger Bestandteil der fremdsprachlichen Bildung stärker berücksichtigt werden. Deshalb ist es erforderlich, die Integration von KI in die schulische Bildung gezielt zu fördern und dabei die Notwendigkeit einer fremdsprachenspezifischen KI-Kompetenz als Querschnittskompetenz in den Lehr- und Bildungsplänen zu verankern.

Für Lehrkräfte ergibt sich die Aufgabe, die Lernenden schrittweise an den Einsatz von KI-Anwendungen heranzuführen und deren Funktionsweise sowie Potenziale und Limitationen anhand ausgewählter Beispiele zu verdeutlichen. Ein zentraler Bestandteil dieses Prozesses ist eine gezielte Schulung im Bereich des Prompting. Es kann dabei sinnvoll sein, den Lernenden bereits vorab konkrete, effektive Prompts bereitzustellen, um die Interaktion mit der KI gezielt zu steuern und strukturierte Ergebnisse zu fördern (Wengler 2024). Langfristig bieten auch die Entwicklung und Programmierung eigener Chatbots für spezifische Unterrichtskontexte vielversprechende Perspektiven, bei denen gezielt ausgewählte Daten integriert werden, um eine kontrollierte und zielgerichtete Mensch-Maschine-Interaktion sicherzustellen.

Es ist evident, dass die Konsultation von KI-Anwendungen das Anforderungsniveau für Lernende erheblich steigert. Werden zusätzlich Kompetenzbereiche einbezogen, bei denen insbesondere solche Aspekte im Vordergrund stehen, die menschlichen Fähigkeiten vorbehalten sind und auch künftig voraussichtlich nicht von Maschinen übernommen werden können, erhöht sich die Komplexität der Aufgabenstellung signifikant. Dies betrifft im Kontext der schriftlichen Sprachmittlung das kulturelle Verständnis und die Fähigkeit zur Kontextualisierung ebenso wie Empathie und Kreativität.

Zukünftige Forschung sollte weitere Sprachmittlungsszenarien in verschiedenen Lernjahren und Altersstufen unter Einsatz von KI-Anwendungen untersuchen. Dabei sollten die Aufgabenstellungen möglichst so gestaltet sein, dass die Adressaten und deren Informationsbedürfnisse wie auch der Zweck der Sprachmittlung stets klar bestimmt sind (Krombach 2022: 54). Außerdem wären Untersuchungen wünschenswert, die sich spezifisch auf mündliche Sprachmittlungssituationen beziehen und diesbezügliche Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen analysieren. Aus methodischer Sicht bieten sich Erhebungen an, die sich weiterer Verfahren bedienen, zum Beispiel mündlicher Befragungen oder der Strategie des lauten Denkens. Anhand dieser Verfahren könnten die Innenperspektive der Lernenden stärker beleuchtet und weiterführende Interpretationen videographischer Unterrichtsbeobachtung abgesichert werden.



Anhänge

A1: KI-generierter Text (G6)

La entrevista se enfoca en el proyecto "Selfie Harm" de Rankin, que muestra los riesgos asociados con la cultura de los selfies entre los adolescentes. Rankin, un fotógrafo británico, fotografió a jóvenes de entre 13 y 19 años y les permitió editar sus fotos hasta que se sintieran listos para las redes sociales.

Rankin explica que esto revela la presión que los jóvenes sienten por verse perfectos en las redes sociales, lo que conduce a imágenes que se alejan mucho de la realidad.

Él menciona que los filtros y la edición de fotos pueden ser dañinos, ya que crean una imagen ideal e inalcanzable de uno mismo.

Al responder a cómo enfrentar esta cultura de los selfies, Rankin sugiere la educación y la concienciación en lugar de prohibir las aplicaciones, dado que los adolescentes suelen ignorar las restricciones impuestas por los adultos.

Según Rankin, los jóvenes a menudo ven las redes sociales como un juego, pero él advierte sobre el impacto negativo que estas prácticas pueden tener en la autoestima, especialmente durante la pubertad.


A2: KI-generierter Text (G3)

Hoy en día, muchos jóvenes usan redes sociales y a veces cambian sus fotos mucho. Un fotógrafo, Rankin, hizo un proyecto para ver cómo esto afecta a los jóvenes.

Rankin tomó fotos de jóvenes entre 13 y 19 años y les dejó cambiar sus fotos para que se vean mejor en redes sociales. El proyecto mostró que los jóvenes editan mucho sus fotos para parecer perfectos en internet. Rankin piensa que esto puede ser malo porque los jóvenes intentan ser como una imagen perfecta que no es real. Las fotos muy cambiadas preocupan a Rankin.

Rankin piensa que no es bueno prohibir las apps de editar fotos. Es mejor enseñar a los chicos que no es necesario cambiar sus fotos. Es importante que se acepten como son, porque así se van a sentir mejor consigo mismos.


A3: Selbst verfasster Text (G6, S1)

El texto presenta las resultados del proyecto de Rankin llamar “Selfie Harm”. Rankin explica que los jovenes tienen problemas con sus cuerpos y la comparacion con otros en las medias sociales. Ademas el fotografo menciona que los ninos tienen diversion con la alteracion de tus fotos. Rankin expone que hay grave para la generacion de los jovenes que navegan mucho entre el internet.


A4: Selbst verfasster Text (G3, S1)

Hola Maria,

Que tal? Tengo una solucion para tu pregunta.

El texto presenta el tema de “GNTM-Germany Next Topmodel” favorito fotografo Rakin y su projecto de un programa ordenador “Fotoshop”. Los chicos tenemos la tarrea para preparar los fotos de su mismo en el programa. Rankins opinion es los jovenes vemos la red social como un jugador y no cómo la realidad.

Abrazo, Daniel <3”



Bibliographie

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Autoren:


Dr. Johanna Lea Korell

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Institut für Romanische Sprachen und Literaturen

Goethe-Universität Frankfurt

E-Mail: korell@em.uni-frankfurt.de


Maximilian Irion

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Institut für Romanische Sprachen und Literaturen

Goethe-Universität Frankfurt

E-Mail: irion@em.uni-frankfurt.de


Prof. Dr. Roland Ißler

Professor für Romanistische Didaktik und transkulturelles Lernen (Schwerpunkt Literaturdidaktik)

Institut für Romanische Sprachen und Literaturen

Goethe-Universität Frankfurt

E-Mail: issler@em.uni-frankfurt.de 


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1 Johanna Lea Korell und Maximilian Irion haben gleichermaßen zu diesem Artikel beigetragen (gemeinsame Erstautorschaft). Ihr Beitrag umfasst die gemeinsame inhaltliche und methodische Konzeptualisierung der Untersuchung, die Erhebung und Auswertung der Videodaten sowie das Verfassen und Überarbeiten des Manuskripts. Der Beitrag von Roland Ißler konzentriert sich auf das Schlusslektorat sowie die Akquise der Finanzierung des zugrundeliegenden Forschungsprojekts. Besonderer Dank gilt Sebastian Breitenbach (ViFoNet-Projektkoordinator) für seine umfangreiche technische Unterstützung bei den videographischen Aufzeichnungen und der Videodaten-Aufbereitung.

Die Daten wurden im Rahmen des ViFoNet-Projekts erhoben. ViFoNet ist ein durch die Europäische Union (NextGenerationEU) finanziertes und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Verbundprojekt von sechs Hochschulen in Deutschland. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind ausschließlich die der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der Europäischen Union, der Europäischen Kommission oder des BMBF wider. Die genannten Institutionen können für jene nicht verantwortlich gemacht werden.

In dem vorliegenden Beitrag wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Dies schließt selbstverständlich alle Geschlechteridentitäten ein. Diese Verwendung dient ausschließlich der sprachlichen Klarheit und ist in keiner Weise ausschließend oder diskriminierend gemeint.

4 Aus Platzgründen wird das Verfahren hier nicht im Detail beschrieben. Für weiterführende Erläuterungen sei auf die Publikation von Page et al. (2021) verwiesen.

5 Die hohe Reduktion ist vor allem auf die Polysemie des international gebräuchlichen Begriffs Mediation zurückzuführen, der z.B. auch im psychologischen (Rössler & Reimann 2013: 11) oder statistischen Kontext Verwendung findet.

6 Die Siglen verweisen auf die Gruppe (G) bzw. auf den Schüler (S), von dem das jeweilige Zitat stammt. Die Zitate wurden von den Autoren weder orthografisch noch grammatisch überarbeitet.