Volume 7 (2016) Issue 1
Modell
zur Entwicklung eines Aufsatzmodifizierungssystems am Beispiel des
Deutschen
Shing-lung
Chen
陳欣蓉 (Kaohsiung,
Taiwan
(R.O.C.))
Abstract
(English)
Currently,
when marking their students' essays, teachers mark each of them
individually.
Occurring errors must be detected and corrected repeatedly. In the
present article, an essay modification system with an Internet
platform is designed, on which the native speaker corrects the
foreign learners’ essays. The learners’ original essays and their
corrected versions are saved so that a correction
system is
set up. An individual error and its correction model
are connected to form a relationship group. If an error is detected
in a new article, the corresponding
relationship group will be activated and the error will be corrected
by the corresponding correction model. The correction work of the
essays is thus facilitated.
Keywords: Foreign
language essays, recognition of language mistakes in essays, essay
correction, essay modification, essay
modification
system,
correction model
Abstract (Deutsch)
Zur
Zeit korrigieren Deutschlehrer einen Aufsatz
ihrer Studierenden separat. Wiederholt
vorkommende Fehler müssen jedes Mal erneut erkannt und korrigiert
werden. Im vorliegenden Artikel wird ein Aufsatzmodifizierungssystem
mittels einer Internetplattform entwickelt, auf der Muttersprachler
Aufsätze ausländischer Lerner korrigieren können. Die
Originalaufsätze der Lerner sowie die Korrekturversionen werden vom
System gespeichert, so dass nach und nach ein Korrektursystem
aufgebaut werden kann. Einzelne Fehler und deren Korrekturmodell
werden jeweils zu einer Verhältnisgruppe vereinigt. Sobald ein
Fehler in einem neuen Aufsatz erkannt wird, wird die entsprechende
Verhältnisgruppe aktiviert und der Fehler durch das entsprechende
Korrekturmodell korrigiert. Dadurch wird die Korrekturarbeit
erleichtert.
Stichwörter: Fremdsprachliche
Aufsätze, Fehlererkennung in Aufsätzen, Aufsatzkorrektur,
Aufsatzmodifizierungssystem, Korrekturmodell
1
Einleitung
In
dem vorliegenden Artikel wird das erste deutsche
Aufsatzmodifizierungssystem entwickelt, das aus einzelnen Fehlern,
die aus korrigierten Deutschaufsätzen stammen, jeweils ein passendes
Korrekturmodell erstellt, um so wiederholt vorkommende Fehler in
neuen Aufsätzen von Deutschlernern automatisch zu korrigieren.
Anlass
zur Entwicklung eines Aufsatzmodifizierungssystems ist das Phänomen,
dass Deutschlehrer bei Aufsatzkorrekturen alte Fehler wiederholt
finden müssen und die durch die Aufsatzkorrektur gewonnenen
Erkenntnisse nicht gesammelt werden können. Wenn Deutschlehrer also
einen Aufsatz nach dem anderen korrigieren, müssen sie erneut
vorkommende Fehler nochmals verbessern – also dasselbe Verb
beispielsweise dreimal korrigieren -, obwohl sie diese Fehler bereits
mehrere Male korrigiert haben. In diesem Zusammenhang stellt sich die
Frage, wie ein System Korrekturmodelle der Fehler erfassen und mit
Hilfe dieser Korrekturmodelle wiederholt auftretende Fehler
automatisch korrigieren kann, um die Arbeit der Aufsatzkorrektur
zu
erleichtern (Kapitel 4).
Im Folgenden wird
zunächst auf den Forschungsstand eingegangen und anschließend auf
die Probleme, die bei der Entwicklung eines
Aufsatzmodifizierungssystems auftreten können.
Bei
der folgenden Darlegung des Forschungsstandes wird auf Fachliteratur
zur Fehleranalyse, zu Systemen für
die Erstellung und
die Korrektur von Aufsätzen sowie auf entsprechende Patente
verwiesen (Kap. 2 und 3).
2 Forschungsstand
In
dem vorliegenden Artikel wird ein Aufsatzmodifizierungssystem
vorgestellt. Vor der Behandlung der bei der Entwicklung eines solchen
Aufsatzmodifizierungssystems entstehenden Probleme (Kap. 3) ist es
zunächst notwendig, auf den Forschungsstand einzugehen.
Im
Folgenden wird thematisiert, wie ohne die Verwendung der
Informationstechnologie und auf traditionelle Weise versucht wird,
Korrektur-Erkenntnisse über die einzelnen Fehler zu erlangen.
Daraufhin wird behandelt, wie mit Hilfe der Technologie die
Korrekturkenntnisse erfassen und anschließend anhand
eines Datenkorpus Fehler im Aufsatz automatisch erkannt werden
können.
Nach
der Korrektur der Aufsätze dokumentiert der Lehrer häufig die
Fehler der Lerner und sortiert sie nach verschiedenen Typen. Chen
(1999) und Jahr (2010) dokumentierten bei der Aufsatzkorrektur Fehler
taiwanischer Deutschlerner und ordneten sie verschiedenen Fehlertypen
zu. In Europa wurden ähnliche Analysen durchgeführt. Die meisten
Forscher und Linguisten analysieren dabei die Fehlertypen der Lerner
(z.B.
Putzer
1994, Wotjak 1994, Mayr 1985,
Rieder 2001,
Kleppin
2010, und Gülbeyaz 2012).
Solche Analysen dienen ausschließlich der Ermittlung der Typen der
von den Lernern gemachten Fehler. Trotzdem müssen die Lehrer
weiterhin jeden Aufsatz separat korrigieren, wodurch ihre
Korrekturarbeit mit Hilfe einer solchen Analyse nicht reduziert
werden kann.
Lai
(1994) geht in diesem Zusammenhang einen Schritt weiter und
demonstriert, wie Fehler in Deutschaufsätzen korrigiert werden
können. Dabei wird ein korrigierter Aufsatz gezeigt, in dem die
Fehler rot markiert und die entsprechenden Korrekturvorschläge
angezeigt werden. Da Sammlungen korrigierter Aufsätze oft in
Buchform erscheinen, ist es bei der Aufsatzkorrektur schwierig,
Korrekturbeispiele zu finden, auf die bei der Korrektur neuer
Aufsätze zurückgegriffen werden kann. Außerdem können gesammelte
Fehler und deren Korrekturmodelle nicht als Grundlage für die
Korrektur neuer Aufsätze zu dienen: in diesen müssen die gemachten
Fehler immer wieder neu identifiziert werden, und für
jeden Fehler muss sich der Lehrer erneut eine optimale Korrektur
einfallen lassen.
Lu
untersuchte im Rahmen einer Langzeitstudie, inwieweit ein
Sprachdatenkorpus taiwanischer Spanischlerner bei der
Aufsatzkorrektur helfen kann (Lu 2007, Lu,
Lin & Bei 2007).
Dabei ließ sie die Lerner ihre Aufsätze mit Hilfe eines
einsprachigen Sprachdatenkorpus, in dem verschiedene Aufsätze und
Sprachproduktionen spanischer Muttersprachler zusammengetragen worden
waren, selbst korrigieren. Die Lerner sollten in dem
Sprachendatenkorpus nach Korrekturvorschlägen für ihre Fehler
suchen, indem sie ihre eigenen Fehler als Stichwort nachschlugen,
ihre Ausdrücke mit denen im Sprachendatenkorpus verglichen und ihre
Fehler anhand korrekter Ausdrücke korrigierten (Lu 2007: 14). Lu kam
dabei zu dem Ergebnis, dass ein Sprachdatenkorpus Lernern besonders
dabei helfen kann, Rechtschreibfehler zu korrigieren:
Bezüglich der Fragestellung, ob [die Benutzung] des Sprachendatenkorpus bei der Fehlerkorrektur hilft, zeigen die Ergebnisse der Analyse, dass […] zwischen [der Benutzung] des Datenkorpus und der richtigen Fehlerkorrektur ein klares und positives Korrelationsverhältnis besteht (P-Wert=0.035). (Lu 2007, 14)1
Diese
Methode (Korrektur der Sprachfehler mittels eines Datenkorpus) ist
allerdings nicht für Studierende der Grundstufe (A1 und A2 des
Gemeinsamnen europäischen Referenzrahmens (GeR)) bzw. der unteren
Mittelstufe (B1 des GeR) geeignet:
…das Sprachdatenkorpus der spanischen Muttersprachler ist für Studierende in der Anfangsphase der Mittelstufe sehr kompliziert und schwer, weil [darin] viele Fremdwörter und komplizierte Satzstrukturen vorkommen. Es ist nicht einfach, [diese] ohne ein weiteres Hilfsmittel zu verstehen. Der Inhalt des Sprachdatenkorpus der Muttersprachler ist umfangreich sowie vielfältig und stellt für die Anfänger der Mittelstufe eine große Belastung dar. Deswegen verwenden wenige Lerner statt des Datenkorpus die Wörterbücher wieder. 2 (Lu, Lin & Bei 2007: 53)
Ein
Sprachdatenkorpus kann per
se
mehr Materialien aufnehmen als ein traditionelles Wörterbuch oder
ein Nachschlagewerk. Außerdem sammelt es im Gegensatz zu den meisten
Nachschlagewerken, deren Beispielsätze oft von dem jeweiligen Autor
stammen, den realen Sprachgebrauch der Muttersprachler. Der Nachteil
eines solchen Sprachdatenkorpus besteht jedoch darin, dass der
Sprachgebrauch der Muttersprachler komplizierter als ist derjenige
der Lerner. Außerdem muss der Lerner in der Lage sein, seine Fehler
beim Vergleich der Ausdrücke des Muttersprachlers mit seinen eigenen
selbst zu identifizieren und zu korrigieren.
In dem vorliegenden Artikel werden im
Datenkorpus anstelle von Musteraufsätzen von Muttersprachlern, die
oft nicht dem Sprachniveau der Lerner entsprechen, die Aufsätze der
Lerner selbst gesammelt, die dem inhaltlichen Bedarf und dem
Sprachgebrauch der Lerner entsprechen. Außerdem korrigiert das
entwickelte Aufsatzmodifizierungssystem die Fehler der Lerner
automatisch, um so die Korrekturarbeit zu reduzieren (Kap. 4).
Im
Folgenden wird auf die Frage eingegangen, auf welche Weise die aus
den fremdsprachlichen Aufsätzen ermittelten und für die Korrektur
relevanten Erkenntnisse dank der Informationstechnologie
dokumentiert und wiederverwendet werden können.
Liou (2006: 87) sammelte die in den
englischsprachigen Aufsätzen der Lerner vorkommenden Grammatikfehler
in einem Datenkorpus, in dem die Fehler nach verschiedenen Typen
sortiert (z.B. Fehler bei Verben, Adjektiven, Substantiven) und
Übungen zu jedem Fehlertyp gespeichert wurden, und hat auf diese
Weise ein "intelligentes" Tutorsystem entwickelt. Sobald
das System in einem neuen Aufsatz denselben Fehler wie im Datenkorpus
entdeckt, kann es die Grammatikfehler in den Aufsätzen der Lerner
anzeigen, die jeweiligen Fehlertypen angeben und die entsprechenden
Grammatikübungen zur Verfügung stellen. Wenn ein Lerner zur
Vermeidung künftiger Fehler also die jeweiligen Grammatikkapitel
lernen möchte, kann er dies tun, da das System entsprechende Übungen
anbietet. Zur Funktionsweise dieses Systems schreibt Liou:
The Tutor. In the Checker, an ATN top-down parser and multiple word category disambiguator were built. Three techniques were used to diagnose errors in a text: (1) match of error pattern (2) relaxation of expected error types and feature testing while parsing, and (3) use of erroneous PS rules. (Liou 2006, 88)
Durch
die Angabe des Fehlertyps erkennt der Lerner, welchen Fehler er
gemacht hat. Ein
möglicher Beleg lautet wie folgt:
Human became more happy to lived in a more comfortable way. [Incorrect verb form] (Liou 2006: 89)
Dieses
System zeigt die Fehler nur an und kann sie nicht korrigieren.
Außerdem beschränkt es sich auf Grammatikfehler. Das von Lee,
Wong, Cheung & Lee (2009)
entwickelte
System erkennt hingegen auch inhaltliche Fehler. Dabei handelt es
sich ein Bewertungssystem für englischsprachige Aufsätze (essay
critiquing
system).
Das System bewertet nach dem Kriterium, welche Unterthemen dem
jeweiligen Aufsatz fehlen. Es basiert auf einem Datenkorpus, das
beispielsweise Aufsätze von Lernern, Musteraufsätze zu den
entsprechenden Themen oder Register der Unterthemen verschiedener
Aufsatzthemen gespeichert hat. Das System setzt voraus, dass sich der
Inhalt eines Aufsatzes in verschiedene Unterthemen untergliedern
lässt und jedes Unterthema einen bestimmten Hauptinhalt hat, dessen
inhaltliche Stichwörter gleich oder ähnlich sind. Zunächst werden
die Aufsätze der Lerner und die Musteraufsätze derselben Themen
analysiert, und es wird festgestellt, welche Unterthemen ein Aufsatz
desselben Themas behandeln soll und welche inhaltlichen Stichwörter
zu jedem Unterthema vorkommen können. Diese Daten werden im
Datenkorpus gespeichert. Ein neuer Aufsatz wird dann mit den im
Korpus vorhandenen Daten verglichen, und das System kann anschließend
prüfen, welche Unterthemen in dem neuen Aufsatz behandelt und welche
Ausdrücke eines bestimmten Unterthemas verwendet wurden. Wenn das
System Ausdrücke bzw. Stichwörter eines bestimmten Unterthemas in
dem neuen Aufsatz nicht finden kann, kann es feststellen, welches
Unterthema in diesem Aufsatz fehlt (Lee, Wong, Cheung & Lee 2009:
59f). Die Hauptfunktion dieses Systems beschreiben die Autoren wie
folgt:
When the process is completed, the sub-themes on the list that are missing in the student’s essay will be identified. The missing sub-themes will be reported to the student (…). The system is also able to identify text segments in the student’s essay that match with the sub-themes in the sub-theme list (Lee, Wong, Cheung & Lee 2009: 61)
Dieses
System korrigiert keine Fehler, sondern zeigt lediglich an, welche
Unterthemen der jeweilige Aufsatz nicht behandelt hat. Der Lerner
soll dann selbst etwas über das fehlende Unterthema schreiben, damit
der Aufsatz inhaltlich abgerundet wird.
Anhand der obigen Literaturanalyse
wird ersichtlich, dass bis dato die meisten
Aufsatzmodifizierungssysteme Grammatikfehler identifizieren, sie
jedoch nicht korrigieren. Das von uns hier vorgelegte
Aufsatzmodifizierungssystem kann sowohl Grammatik- als auch
semantische und stilistische Fehler korrigieren (Kap. 3).
3 Probleme
bei der Entwicklung eines Aufsatzmodifizierungssystems
In
Bezug auf die Aufsatzmodifizierung gibt es grundsätzlich drei
Hauptprobleme:
- Viele Lerner wollen ihre Aufsätze korrigieren lassen und können sich die hohen Korrekturkosten nicht leisten. Die Frage ist also, wie fremdsprachliche Aufsätze kostenlos korrigiert werden können?
- Die meisten Benutzer wollen nicht für die Verwendung des Aufsatzbewertungssystems zahlen. Wer soll dieses System also pflegen und aufrechterhalten?
- Der Deutschlehrer korrigiert einen Aufsatz separat - also in jedem Aufsatz jeden einzelnen (wiederholt) vorkommenden Fehler. Selbst wenn er bemerkt, dass er den gleichen Fehler bereits zuvor korrigiert hat, ist es nicht leicht, herauszufinden, wie er ihn korrigiert hat. Wie kann also vermieden werden dass, bereits korrigierte Fehler wiederholt korrigiert werden müssen, damit so die Korrekturarbeit erleichtert werde kann?
Im
Folgenden werden nun die oben genannten Probleme und die
entsprechenden Patente, die auf innovativen Denkmodellen basieren,
behandelt.
Hinsichtlich des ersten Problems, wie
ein fremdsprachlicher Aufsatz kostenlos korrigiert werden kann,
besteht eine beliebte Vorgehensweise darin, muttersprachliche Freunde
um die Korrektur des Aufsatzes zu bitten. Diese Vorgehensweise kann
jedoch durchaus darin resultieren, dass man letztendlich doch für
die Korrektur zahlen muss. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist der
Gegenstand dieses Artikels derjenige, eine Internetplattform
aufzubauen. Auf dieser Plattform können die Benutzer - wie bei einem
Tandem - mit einem muttersprachlichen Partner per Internet in Kontakt
gebracht werden und einander kostenlos ihre fremdsprachlichen
Aufsätze korrigieren.
Zudem
bieten viele Patente Internetplattformen zur Erstellung von Aufsätzen
an, auf denen die Nutzer ihre Aufsätze schreiben und speichern
(Amerikanisches Patent: Morse
2008).
Dieses
Plattformen bieten beinhalten jedoch nicht die Möglichkeit, die
Aufsätze auf der Plattform von anderen korrigieren zu lassen.
Das
Patent „On-line essay evaluation system” bietet Nutzern die
Möglichkeit, die Aufsätze anderer Nutzer aus der Ferne zu
korrigieren und den Partner eventuell darüber zu informieren, wie
der Aufsatz besser formuliert werden kann (Amerikanisches Patent:
Driscoll, Hatfield, Johnson at al..
1999).
Diese Plattform ermöglicht zwar die Kontaktaufnahme mit einem
Partner hinsichtlich einer möglichen Korrektur, jedoch wird dabei
die Frage vernachlässigt, wie die Korrekturarbeit durch ein
Aufsatzmodifizierungssystem erleichtert werden kann.
Die sich in diesem Zusammenhang
ergebende, zweite Fragestellung lautet: „Wie kann das
Aufsatzmodifizierungssystem aufrechterhalten werden, wenn die Nutzer
nicht für die Verwendung der Plattform zahlen möchten?“ Hierzu
soll ein Geschäftsmodell entwickelt werden, auf dessen Basis das das
Aufsatzmodifizierungssystem betreibende Unternehmen einen Profit
erzielen kann, obwohl sein Angebot kostenlos ist. Über ein
Geschäftsmodell für ein Aufsatzmodifizierungssystem, bei dem sowohl
die Nutzer als auch das jeweilige Unternehmen durch die Verwendung
des Systems Geld verdienen können, findet sich kaum entsprechende
Literatur. In dem vorliegenden Artikel wird ein solches
Geschäftsmodell entwickelt: Das Unternehmen baut die Plattform für
die Aufsatzmodifizierung auf, und die Nutzer können diese kostenos
verwenden. Das die Plattform pflegende Unternehmen kann jedoch die
anhand der Aufsätze der Lerner aufgebauten Datenkorpora verkaufen
und auf diese Weise Einnahmen erzielen (Kap. 4.1).
Die dritte Fragestellung thematisiert
das Problem, wie die Korrekturarbeit erleichtert werden kann. Als
Hilfsmittel zur Aufsatzkorrektur werden häufig das deutsche
Korrekturprogramm von Microsoft und / oder das deutsche
Rechtschreibprogramm des Duden verwendet. Diese Korrekturprogramme
können anhand von Wörterbüchern, von Rechtschreib- und
Grammatikregeln Fehler erkennen und die entsprechenden Stellen
markieren. Der Korrektor muss die markierten Fehler danach selbst
überprüfen und gegebenenfalls korrigieren. Da die grammatischen
Regeln bei der Verwendung vielfältig variieren, können solche auf
Regeln basierenden Programme nur einen Teil der Grammatikfehler
identifizieren. Die Kasusfehler in Sätzen wie
*Bevor wir behandeln, welchen Probleme man dabei lösen soll…
oder
*Der Tisch gefällt mich.“
kann
das Programm beispielsweise nicht erkennen. Der Fehler in der
Pluralbildung „*die Kenntnissen“
kann im Vergleich zum Ausdruck „die Kenntnisse“ nicht erkannt
werden. Außerdem kann es bei dem Programm zu Fehlkorrekturen kommen.
Ein Beispiel ist die Interpretation der korrekten Komposita
Chinesischlerner,
Lernersprache
oder
auch
Fachtext
als
Fehler.
Einfache
semantische Fehler wie „Ich
gefalle dem Tisch“,
„Ich
gebe dir einen Telefonanruf.“, „Ich trinke
Suppe“ können auf der Grammatik
basierende Korrekturprogramme
nicht entdecken.
D. h. die derzeit verwendeten Korrekturprogramme unterliegen
bestimmten Einschränkungen und können einige Fehler nicht erkennen.
Da ein Korrekturprogramm nur einen Teil der Fehler erkennen kann und
bisweilen Fehlkorrekturen erzeugt, muss der Nutzer Zeit dafür
investieren, festzustellen, ob es sich um eine Fehlkorrektur handelt.
Aus diesem Grunde kann ein solches System bei der Aufsatzkorrektur
nur recht beschränkt von Nutzen sein.
Das
amerikanische Patent „System
and method for computer-based automatic essay scoring” versucht,
Aufsätzen Noten zuzuordnen. Zunächst wird ein Bewertungsstandard
erarbeitet, und es wird festgelegt, welche Merkmale ein Aufsatz
erfüllen muss, um einer jeweiligen Notenstufe zu entsprechen. Es
werden beispielsweise grammatische, syntaktische und rhetorische
Merkmale differenziert. Dann wird ein neuer Aufsatz überprüft,
dessen grammatische, syntaktische und rhetorischen Merkmale einer
gegebenen Stufe entspricht und somit eine entsprechende Note bekommt
(Amerikanisches Patent: MacClay, Maguire & Hang 2006). Dieses
System berechnet hauptsächlich die Bewertungsnoten der Aufsätze, um
diese einer entsprechenden Stufe zuzuordnen. Dabei wird die Frage
vernachlässigt, wie die Korrekturmodelle eines Aufsatzes analysiert
und dokumentiert werden können.
Nur
Menschen (wie z.B. Deutschlehrer oder Muttersprachler im Allgemeinen)
können sprachliche Fehler besser erkennen und mehr Fehler als
lediglich Grammatikfehler entdecken. Aus diesem
Grunde werden in dem vorliegenden
Artikel statt - eines auf Grammatik basierenden Modells - die
einzelnen Korrekturmodelle der Lehrer gesammelt, um daraus
ein Aufsatzmodifizierungssystem zu entwickeln, das Fehler ebenso gut
wie ein Deutschlehrer korrigieren kann (Kap. 4).
In dem vorliegenden Artikel werden die
korrigierten Aufsätze der Lerner in einem Sprachdatenkorpus
gesammelt, woraus dann Korrekturmodelle ermittelt werden, um - darauf
aufbauend - ein Aufsatzmodifizierungssystem zu entwickeln, das die
Fehler der Lerner selbstständig entdeckt und sie anhand
gespeicherter Korrekturmodelle automatisch korrigiert. Dabei werden
alle Fehlertypen, d.h. nicht nur Grammatikfehler, sondern auch
semantische und stilistische Fehler berücksichtigt. Ein Beleg dafür
ist die folgende Äußerung eines Deutschlerners:
Wir haben fünf Personen in unserer Familie.
Ein Rechtschreibprogramm, das auf
Grammatik- und Rechtschreibregeln basiert, kann hier keinen Fehler
entdecken, weil dieser Satz sowohl grammatisch als auch
orthographisch korrekt ist. Der stilistische Fehler lässt sich
jedoch anhand des in diesem Artikel entwickelten
Aufsatzmodifizierungssystems korrigieren. Dieses entdeckt den
stilistischen Fehler und korrigiert ihn anhand des Korrekturmodells:
*Wir haben fünf Personen in unserer Familie.
wird
wie folgt korrigiert:
Wir sind in unserer Familie zu fünft.
Wie
kann das Aufsatzmodifizierungssystem nun die Fehler der Lerner
automatisch korrigieren? Sobald ein Lehrer im
Aufsatzmodifizierungssystem den Satz Wir
haben fünf Personen in unserer Familie
in Wir
sind in unserer Familie zu fünft
umändert, speichert dieses von Menschen entwickelte Korrekturmodell
ihn im Datenkorpus. Wenn dieser stilistisch falsch formulierte Satz
erneut erscheint und das System ihn im Datenkorpus findet, aktiviert
es das entsprechende Korrekturmodell und korrigiert ihn gemäß dem
Korrekturmodell automatisch. Da das Aufsatzmodifizierungssystem die
Korrekturmethode des Lerners nachahmt, auf von Menschen geschaffenen
Korrekturmodellen basiert und die Aufsätze anhand dieser korrigiert,
kann es fast alle Fehlertypen, die die Lerner korrigieren können,
modifizieren. Außerdem werden im Datenkorpus keine Aufsätze von
Muttersprachlern, sondern nur Aufsätze der Lerner gesammelt, so dass
sowohl deren Sprachniveau als auch der jeweilige Inhalt den
Bedürfnissender Lerner entsprechen (Kap. 4.1).
Aus der obigen Analyse lässt sich
schließen, dass es zwar recht unproblematisch ist, eine Plattform
für die Anfertigung von Aufsätzen aufzubauen, dass diese jedoch
nicht auf Dauer bestehen kann, wenn sie nicht von einem Unternehmen
gepflegt wird. Es gilt also, ein Geschäftsmodell zu entwickeln, bei
dem das Unternehmen von dem Aufsatzsystem profitieren kann und dieses
pflegt (Kap. 4.1). Die derzeit verwendeten Korrekturprogramme können
meist lediglich Rechtschreib- und Grammatikfehler entdecken. Manche
Aufsatzsysteme können den Aufsätzen je nach sprachlichen Merkmalen
sogar Notenstufen zuordnen. Allerdings werden bis dato noch keine
einzelnen Korrekturmodelle von Korrektoren gesammelt und zu einem
Korrektursystem entwickelt. In dem vorliegenden Artikel wird nun das
erste Aufsatzmodifizierungssystem entwickelt, das die realen
Korrekturmodelle zahlreicher muttersprachlicher Korrektoren
analysiert und anhand dieser realen Kenntnisse der Korrekturmodelle
die Fehler im Aufsatz identifiziert und korrigiert, wodurch der
Arbeitsaufwand bei der Korrektur verringert wird.
4 Aufbau
des Aufsatzmodifizierungssystems
Im Folgenden wird thematisiert, wie
ein Aufsatzmodifizierungssystem entwickelt werden kann, um Probleme
bei der Aufsatzkorrektur zu lösen. Dabei wird zunächst auf die zu
behandelnden Probleme bei der Aufsatzkorrektur eingegangen, und
danach werden die notwendigen Systemfunktionen entwickelt.
Schließlich wird die Funktionsweise des gesamten
Aufsatzmodifizierungssystems demonstriert.
4.1 Funktionen
zur Problemlösung bei der Entwicklung eines
Aufsatzmodifizierungssystems
Im Folgenden wird zunächst dargelegt,
mit welchen Problemen sich ein Aufsatzmodifizierungssystem
konfrontiert sieht und wie diese durch den Aufbau der Teilsysteme
gelöst werden können. Im Anschluss daran wird auf die
Funktionsweise des gesamten Aufsatzmodifizierungssystems eingegangen
(Kap. 4.2).
Die
Probleme, die sich im Zusammenhang mit einem
Aufsatzmodifizierungssystem ergeben, wurden bereits in
Kapitel 3 dargelegt
und beziehen sich auf:
- die Findung möglicher Aufsatzkorrektoren,
- die lediglich ein einziges Mal erfolgende Korrektur identifizierter Fehler und
- Möglichkeiten der Gewinnerzielung durch das die Plattform anbietende Unternehmen.
Für
diese drei Probleme sollen hier die folgenden Lösungen angeboten
werden: der Aufbau einer Plattform der Aufsatzmodifizierung, ein
Korrektursystem und ein passendes Geschäftsmodell:
Abb.
1: Teilsysteme des Aufsatzmodifizierungssystems
Im Hinblick auf die Lösung des ersten
Problems muss eine Internetplattform aufgebaut werden. Auf diese
Weise können ausländische Lerner mit Muttersprachlern dieser
Fremdsprache in Verbindung treten, die die Aufsätze kostenlos
korrigieren. Wenn Lerner und Muttersprachler gleichzeitig online
sind, können sie auf der Plattform über den Aufsatz diskutieren (zu
den Einzelheiten, Kap. 4.2).
Zum
zweiten Problem soll ein System aufgebaut werden, das mit Hilfe eines
Datenkorpus die Korrekturmodelle bzw. die Kenntnisse der
Aufsatzmodifizierungen der Korrektoren sammelt und diese wieder
verwenden kann. Auf diese Weise lassen sich wiederholt vorkommende
Fehler automatisch korrigieren.
Gegenwärtig existieren zahlreiche
Aufsatzschreibsysteme, die möglichen Nutzern auf Internetplattformen
angeboten werden. Bei manchen dieser Systeme ist es zusätzlich
möglich, Nutzer mit Muttersprachlern in Verbindung zu bringen, die
die Aufsätze korrigieren (Einzelheiten, Kap. 3). Bis dato sammelt
jedoch kein System die korrigierten Aufsätze zum Zwecke einer
Wiederverwendung der erhaltenen Erkenntnisse zum Zwecke der
Korrektur. In den vorliegenden Artikel wird nun das erste System
entwickelt, das die Erkenntnisse aus den deutschen
Aufsatzmodifizierungen sammelt und innerhalb des
Aufsatzmodifizierungssystems ein Korrektursystem entwickelt. Bereits
gemachte Fehler werden unter Einsatz des Systems automatisch
korrigiert, wodurch die Aufsatzkorrektur erheblich erleichtert wird.
Die Vorgehensweise besteht darin, die Originalaufsätze der Lerner
mit den jeweiligen korrigierten Versionen der Muttersprachler zu
einer Verhältnisgruppe zu kombinieren. Mit diesem Datenkorpus der
Korrekturmodelle wird ein Korrektursystem aufgebaut (Einzelheiten,
Kap. 4.2). Wenn ein neuer Aufsatz korrigiert werden soll, wird dieser
mit den mit Fehlermarkierungen versehenen Originalaufsätzen im
Datenkorpus verglichen. Da die Fehler im Korrektursystem mit deren
Korrekturmodell eine Verhältnisgruppe bilden, wird beim Vergleich
eines neuen Aufsatzes mit den Aufsätzen des Datenkorpus überprüft,
ob in dem neuen Aufsatz dieselben Fehler vorkommen wie im
Datenkorpus. Wenn ein Fehler gefunden wird, wird das entsprechende
Modifizierungsmodell dieses Fehlers im Datenkorpus aktiviert, um
diesen Fehler mit dessen Korrekturmodell zu korrigieren. Dadurch
müssen wiederholt vorkommende Fehler nicht mehr separat korrigiert
werden, wodurch bei der Aufsatzmodifizierung ein erhebliches Maß an
Zeit und Energie gespart wird:
Abb. 2: Aufbau eines Korrektursystems
Das
dritte Problem – das Geschäftsmodell bezieht sich auf das Faktum,
dass die Nutzer diese Plattformkostelos verwenden möchten. Aufbau
und Wartung solcher Systeme erfordern Mühe und Energie. Wenn die
Unternehmen mit der Plattform also keine Gewinne erzielen können,
haben sie kein Interesse daran, diese aufrechtzuerhalten. In diesem
Artikel wird deswegen ein in das Aufsatzmodifizierungssystem
eingebautes Geschäftsmodell entwickelt, das sowohl die
kostenlose Nutzung der Plattform als auch eine Gewinnerzielung durch
das Unternehmen ermöglicht. Die Lösung dieses Dilemmasbesteht
darin, dass die Nutzer dem Unternehmen ihre Aufsätze kostenlos zur
Verfügung stellen. Aus den Aufsätzen und ihren Korrekturversionen
wird also eine Verhältnisgruppe gebildet, wodurch ein
Modifizierungsmodell-Datenkorpus
als Korrektursystem aufgebaut wird, das das Unternehmen nun an
Sprachwissenschaftler verkaufen kann, die die sprachlichen Fehler der
Lerner und die Besonderheiten der Lernersprache analysieren möchten.
Da die Nutzer der Plattform dieses System verwenden, neue Aufsätze
schreiben und diese weiterhin korrigiert werden, werden die Daten des
Korpus stetig erweitert und erneuert,
wodurch es nach und nach für die Forschung immer interessanter wird.
Das die Plattform betreibende
Unternehmen kann das System somit durch den Verkauf der Daten
langfristig aufrechterhalten.
4.2 Gesamtablaufstrukturen
des Aufsatzmodifizierungssystems
Zur Skizzierung eines konkreten Bildes dessen, wie das gesamte Aufsatzmodifizierungssystem mit seinem Korrektursystem und ebenso mit seinem Geschäftsmodell funktioniert, wird im Folgenden auf die Ablaufstruktur eingegangen.
4.2.1 Anmeldung
Es wird zunächst eine Internetplattform aufgebaut, auf der ein Lerner einen geeigneten Korrektor für seinen Aufsatz auswählen kann. Dabei kann jeder Lerner seinen Aufsatz kostenlos korrigieren lassen. Sowohl die Lerner als auch die Korrektoren müssen sich anmelden und ihre Daten angeben.
Die erste Internetseite des
Aufsatzmodifizierungssystems sieht wie folgt aus:
Abb.
3: Webseite des Aufsatzmodifizierungssystems
Die anzugebenden persönlichen Daten
umfassen beispielsweise den Namen des Nutzers, seine Nationalität
und seine fachliche Qualifikation. Die Angaben der persönlichen
Daten fungieren als Stichworte, um einen passenden Korrektor zu
finden. Dies bedeutet, dass man die möglichen Korrektoren
beispielsweise anhand ihrer Nationalität und / oder ihrer fachlichen
Qualifikation sortieren lassen:
Die Angabe der Nationalität ermöglicht es dem Nutzer zu erkennen, ob der mögliche Korrektor Muttersprachler ist. Aus den Kenntnissen oder dem Fremdsprachenniveau des Korrektors kann der Nutzer schließen, ob er mit dem Korrektor in seiner eigenen Muttersprache kommunizieren kann. Anhand der Angabe des Fachgebiets des Korrektors erkennt der Nutzer, ob dieser die entsprechenden Kenntnisse für seinen Aufsatz bzw. Fachartikel hat, um ihn kompetent korrigieren zu können. Das System akzeptiert Aufsätze in mehreren Sprachen:
4.2.2 Auswahl des Korrektors und
Korrektur des Aufsatzes
Sobald der Nutzer einen geeigneten Korrektor gefunden hat, kann er einen Teil seines Aufsatzes einreichen und den gewünschten Abgabetermin angeben, damit der Korrektor entscheiden kann, ob er die Aufgabe übernehmen möchte. Wenn er keine Zeit hat oder den Aufsatz aus irgendeinem Grund nicht korrigieren möchte, erhält der Nutzer eine negative Meldung. In diesem Falle muss er einen anderen Korrektor ausfindig machen. Im anderen Fall erhält er eine positive Meldung. Nachdem der Aufsatz korrigiert worden ist, kann der Nutzer mit dem Korrektor vereinbaren, auf der Plattform über den korrigierten Aufsatz zu sprechen, damit er im Detail erfährt, welche Fehler er gemacht hat und wie er seinen Aufsatz entsprechend modifizieren kann.
4.2.3 Eröffnung eines Accounts
Wenn das System darauf beschränkt wird, dass zwei Partner die eigenen Aufsätze ausschließlich gegenseitig korrigieren, kann diese Einschränkung die vielfältigen Bedürfnisse der Nutzer nicht befriedigen. Wenn ein Chinese den chinesischsprachigen Aufsatz eines Ausländers korrigiert und dieser Ausländer kein deutscher Muttersprachler ist, kann dieser den deutschsprachigen Aufsatz dieses Chinesen nicht korrigieren. In diesem Fall soll ein chinesischer Deutschlerner nur die chinesischsprachigen Aufsätze der deutschen Muttersprachler korrigieren, damit sie gegenseitig ihre fremdsprachlichen Aufsätze korrigieren können.
Ein
weiteres Problem besteht darin, dass der Partner selbst dann, wenn er
deutscher Muttersprachler ist, das in dem deutschsprachigen Aufsatzes
des Chinesen behandelte Fachgebiet nicht kennt. Auch in diesem Fall
kann er den den Aufsatz nicht korrigieren. Aufgrund solcher Probleme
beschränkt sich das System nicht darauf, dass die Partner ihre
Aufsätze ausschließlich gegenseitig korrigieren. Um Aufsätzes
allgemein, also nicht nur diejenigen eines gegebenen, einmal
festgelegten Partners korrigieren zu können, erhält
jeder Korrektor - und ebenso jeder Nutzer - einen
eigenständigen Account. Wenn jeder Korrektor einen eigenen Account
besitzt, kann er alle Aufsätze in der eigener Muttersprache
korrigieren und nicht nur die Aufsätze seines Partners.
Wenn ein Nutzer einen Aufsatz
korrigieren lässt, wird ein Betrag von seinem Guthabenkonto
abgezogen. Wenn er nicht für die Korrektur seines Aufsatzes zahlen
möchte, muss er seinerseits Aufsätze anderer Nutzer korrigieren.
Derjenige hingegen, der seinen Aufsatz korrigieren lässt, aber
seinerseits keinen Aufsatz korrigiert, muss diese Korrektur bezahlen.
Wenn man dagegen nur Aufsätze korrigiert, aber selbst keinen Aufsatz
korrigieren lässt, erhöht sich das Guthaben auf dem eigenen Konto.
Über diese Summe erhält der Nutzer dann am Jahresende eine
Auszahlung. Die Korrektur von Aufsätzen, wie sie hier beschrieben
wird, kann somit als eine Art Berufstätigkeit angesehen werden.
4.2.4
Aktualisierung der Qualifikationsstufe des Korrektors
Jedem Korrektor wird eine Qualifikationsstufe zugeordnet, die nach jeder Korrektur eines Aufsatzes aktualisiert wird: Sobald der Korrektor einen Aufsatz korrigiert hat und der Partner mit der Korrektur einverstanden ist, kann dieser dem Korrektor eine Note über die Korrekturqualifikation erteilen. Wenn er dies möchte, kann er neben der Bewertungsnote zusätzlich einen schriftlichen Kommentar über den Korrektor und die Qualität seiner Arbeit verfassen.
Die
Qualifikationsstufe des Korrektors wird anhand verschiedener
Kriterien ausgerechnet. Bei diesen handelt es sich beispielsweise um:
- die von dem jeweiligen Partner vergebene Note
- die geleistete Arbeit, gemessen anhand der Anzahl der korrigierten Fehler in einem gegebenen Aufsatz
- die Korrekturerfahrung, gemessen anhand der bisherigen Gesamtzahl korrigierter Aufsätze
Solche Kriterien kann der Besitzer des
Systems in Abhängigkeit von dem Bedarf der Nutzer ändern. Anhand
der einzelnen Bewertungskriterien kann man sich als Nutzer die Daten
der Korrektoren sortieren lassen und den gewünschten Korrektor
aussuchen. So kann beispielsweise die Note kann als Stichwort für
die Suche nach einem Korrektor angegeben werden. Dann werden die
Korrektoren gemäß der dieser Note aufgelistet. Nach jeder Korrektur
eines Aufsatzes wird die Qualifikationsstufe der des Korrektors
aktualisiert.
4.2.5 Aufbau des Datenkorpus der
Lernersprache
Das Aufsatzmodifizierungssystem wird auf Kosten des die Platttform betreibenden Unternehmens aufgebaut. Weil Nutzer jedoch nicht für diesen Service zahlen möchten, muss das Unternehmen einen anderen Weg finden, um Gewinne zu erzielen. In diesem Zusammenhang ist das Faktum von Bedeutung, dass Linguisten sich ja für die Besonderheiten der Lernersprache interessieren und dieselbe Lernersprache möglicherweise in verschiedenen asiatischen Ländern miteinander vergleichen möchten - wie z.B. die deutsche Lernersprache der Festlandchinesen, der Taiwaner, der Koreaner oder der Japaner. Es ist allerdings sehr mühsam und aufwendig, ein solches Datenkorpus aufzubauen. Besonders problematisch ist es, Aufsätze von Deutschlernern aus anderen asiatischen Ländern zu erhalten (wie z.B. aus Korea, Japan oder auch Thailand). Auf die Plattform kann jedermann weltweit zugreifen. Das Unternehmen kann die Aufsätze der Nutzer speichern, daraus automatisch ein Datenkorpus der Lernersprache bilden und es entsprechend verkaufen. Je nach dem jeweiligen linguistischen Bedarf können die Aufsätze etwa nach der Fremdsprache, der Nationalität der Lerner, dem Sprachniveau des Lerners sortiert werden, damit z.B. die Lernersprache auf einem vergleichbaren Sprachniveau oder auch die Lernersprache von Nutzern verschiedener Nationalitäten miteinander verglichen werden können. Die Aufsätze können sowohl nach den persönlichen Daten der Lerner (wie z.B. Nationalität, Sprachniveau, Alter, Fachgebiet, Geschlecht) als auch nach dem Inhalt der Aufsätze sortiert werden (wie z.B. nach den Aufsatzthemen, nach den Textsorten (Briefe, Berichte, Gebrauchsanleitungen) oder dem Schwerpunkt jedes Abschnittes). In Abhängigkeit von dem Bedarf des Linguisten können die Aufsätze leicht umsortiert werden. So können Aufsätze derselben Thematik von Lernern aus verschiedenen Ländern miteinander verglichen werden, um herauszufinden, ob zu demselben Thema je nach Nationalität andere textuelle Strukturmodelle vorkommen und / oder ob Lerner aus verschiedenen Ländern bei demselben Aufsatzthema andere Beschreibungsschwerpunkte behandeln, d.h. ob Deutschlerner Aufsätze zu demselben Thema anders strukturieren bzw. andere Schwerpunkte behandeln.
4.2.6 Aufbau von Datenkorpus und
Korrektursystem
Der Hauptzweck des Aufsatzmodifizierungssystems besteht darin, Korrekturmodelle zu sammeln und wiederholt vorkommende Fehler automatisch zu korrigieren, um dadurch die Fehlerkorrektur zu erleichtern. Zur Zeit basieren die meisten deutschen Rechtschreibprogramme auf Wörterbüchern sowie grammatischen Regeln und können Rechtschreib- und Grammatikfehler erkennen. Solche Fehler, die über diese hinaus gehen, bleiben jedoch unberücksichtigt. Nur der menschliche Korrektor kann mehr als nur Grammatikfehler korrigieren. Aus diesem Grunde werden in unserem Ansatz Korrekturmodelle realer Menschen gesammelt.
Der
Aufbau eines Datenkorpus von Aufsatzmodifizierungsmodellen geht dabei
wie folgt vonstatten. Die Nutzer schreiben ihre Aufsätze auf der
Plattform; diese werden anschließend korrigiert. Sobald sie
korrigiert worden sind, werden die Originalaufsätze mit der
Korrekturversion zu einer Verhältnisgruppe verbunden (Abb. 2).
Falls der Nutzer
(Deutschlehrer) mit
dem vorhandenen Korrekturmodell nicht zufrieden ist, kann er es sich
anzeigen lassen und es verbessern. Auf diese Weise werden die
Korrekturmodelle im Datenkorpus stetig erweitert und verbessert:
Auf der linken Seite werden die Fehler markiert, auf der rechten Seite erscheint die Korrektur. Fehler und Korrekturversion bilden somit eine Verhältnisgruppe. Der neue Aufsatz wird im Datenkorpus mit den fehlerhaften Originalaufsätzen verglichen. Sobald derselbe oder ein ähnlicher Fehler entdeckt wird, wird das entsprechende Korrekturmodell aktiviert und der neue Fehler, wie in der folgenden Abbildung demonstriert, korrigiert:
Im
Datenkorpus befindet sich jeder Fehler mit seinem Korrekturmodell als
eine Verhältnisgruppe. Sobald derselbe Fehler im Datenkorpus in
einem neuen Aufsatz gefunden wird, wird er durch das entsprechende
Korrekturmodell automatisch korrigiert. Zum Beispiel ist im
Datenkorpus der Fehler *Jetzt
studiere ich bei der Universität
mit dem Korrekturmodell Jetzt
studiere ich an der Universität
als Verhältnisgruppe verbunden. Sobald in einem neuen Aufsatz
derselbe Fehler *Jetzt
studiere ich bei der Universität erkannt
wird, wird diese Verhältnisgruppe sowie deren Korrekturmodell
aktiviert, um den Fehler zu korrigieren (also: Jetzt
studiere ich an der Universität).
Dem Korrektor ist es erlaubt, die
Korrekturmodelle im Datenkorpus zu verbessern, wenn er mit dem
jeweiligen Korrekturmodell nicht zufrieden ist. Dadurch werden die
Korrekturmodelle stetig erneuert. Somit muss der Korrektor keinen
Fehler ein zweites Mal korrigieren. Das Aufsatzmodifizierungssystem
sammelt alle Korrekturmodelle der Korrektoren, so dass das
Datenkorpus des Aufsatzmodifizierungsmodells stetig erweitert und
aktualisiert wird (Abb. 8).
Im Folgenden sei der besseren Verständlichkeit halber zunächst eine Zusammenfassung der Funktionsweise des gesamten Systems vorgenommen. Im Rahmen unseres Ansatzes bietet das Aufsatzmodifizierungssystem eine Internetplattform an, die es Nutzern ermöglicht, sich ihre fremdsprachlichen Aufsätze von Muttersprachlern korrigieren zu lassen. Sowohl der Nutzer als auch der Korrektor haben dabei für den Zugang jeweils einen eigenen Account und zudem ein eigenes Guthabenkonto. Nachdem ein Korrektor einen Aufsatz korrigiert hat, bekommt er für seine Arbeit einen gegebenen Betrag auf seinem Konto gutgeschrieben. Auf der Basis dieses Betrags kann er sich nun seine eigenen Aufsätze kostenlos korrigieren lassen. Alternativ kann er sich den Betrag am Jahresende auszahlen lassen. Nach der Korrektur jedes Aufsatzes bewertet der Lerner die Leistung seines Korrektors. Dadurch wird die Qualifikationsstufe des Korrektors erneut berechnet. Die Originalaufsätze der Nutzer und ihre Korrekturversionen werden im Datenkorpus automatisch als Verhältnisgruppe gespeichert. Auf diese Weise wird das Korrektursystem aufgebaut. Nach dem Aufbau des Korrektursystems kann der Korrektor bei der Korrektur von Aufsätzen im Internet auf dieses zurückgreifen.
Sobald das Korrektursystem im neuen
Aufsatz denselben Fehler wie im Datenkorpus entdeckt, wird das
entsprechende Korrekturmodell aktiviert, um diesen Fehler im neuen
Aufsatz automatisch zu korrigieren. Auf diese Weise wird die Arbeit
der Korrektoren erheblich erleichtert. Die Originalaufsätze der
Lerner werden nach verschiedenen Kriterien (wie z.B. Nationalität,
Sprachniveau, Sprache der Aufsätze, Fachgebiet) sortiert und nach
und nach zu einem Lernersprachenkorpus aufgebaut.
Sowohl das Korrektursystem als auch
die Lernersprachen-Datenkorpora gelten als Produkte des
Aufsatzmodifizierungssystems, von denen das die Plattform betreibende
Unternehmen finanziell profitieren kann.
Zur
Zeit korrigieren Lehrer Deutschaufsätze in separater Form. Fehler,
die wiederholt vorkommen, müssen jedes Mal erneut korrigiert werden.
In dem vorliegenden Artikel ist ein Aufsatzmodifizierungssystem
entwickelt worden, innerhalb dessen Aufsatzkorrektur-Modelle in einem
Datenkorpus gesammelt werden. Sobald ein Lerner einen Aufsatz
geschrieben hat und dieser korrigiert
worden ist, verbindet das System den Fehler im Aufsatz automatisch
mit dem jeweiligen Korrekturmodell zu einer Verhältnisgruppe. Wird
derselbe Fehler im neuen Aufsatz entdeckt, wird das entsprechende
Korrekturmodell aktiviert, und der Fehler wird korrigiert. Im Laufe
der Zeit sammelt das System so die Korrekturmodelle aller
Korrektoren. Wenn ein Korrektor einen bestimmten Fehler korrigiert
hat, wird dieser Fehler nicht erneut korrigiert werden müssen. Somit
werden Korrekturmodelle und damit verbundene Erkenntnisse gesammelt,
und die Korrekturarbeit wird erleichtert.Die folgenden Personen
nutzen das System:
- Der Nutzer:
Für den Nutzer ist die Verwendung des
Systems kostenlos. Außerdem kann er seinen Aufsatz unter der
Bedingung kostenlos korrigieren lassen, dass er Aufsätze anderer
Nutzer korrigiert. Darüber hinaus kann er mit seinen
Aufsatzkorrekturen unter bestimmten Bedingungen Einnahmen erzielen.
- Der Aufsatzkorrektor:
Der
Aufsatzkorrektor kann das Korrektursystem verwenden, das die
wiederholt vorkommenden Fehler im Aufsatz zu korrigieren imstande
ist. Dann muss er lediglich die Fehler korrigieren, die nicht im
Datenkorpus des Korrektursystems enthalten sind. Somit wird seine
Korrekturarbeit erleichtert. Das System sammelt die Korrekturmodelle
aller Korrektoren (Lehrer und Muttersprachler) auf der Plattform.
Dadurch wird das Datenkorpus des Korrektursystems stetig vergrößert
und aktualisiert. Der Korrektor muss die Fehler, die bereits vorher
korrigiert worden sind, nicht erneut korrigieren. Nachdem
die Lehrer die Korrekturmodelle geändert haben, werden diese an die
Prüfgruppe
geschickt. Diese kontrolliert die Korrekturen der Lehrer und
speichert im Datenkorpus ausschießlich die korrekten Lösungen.
- Das Unternehmen:
Das System baut mittels der
Originalaufsätze der Lerner ein Lernersprachenkorpus auf. Aus den
Fehlern und denihnen unterliegenden Korrekturmodellen wird dann ein
Korrektursystem aufgebaut. Das die Plattform betreibende Unternehmen
erzielt durch den Verkauf der Lernersprachen-Datenkorpora und des
Korrektursystems einen Gewinn.
- Die Linguisten:
Es ist für Linguisten sehr aufwendig,
einzelne Aufsätze von Lernern zu sammeln. Das hier vorgestellte
System ermöglicht es, Aufsätze mit ihren jeweiligen
Korrekturversionen automatisch und systematisch zu sammeln.
Linguisten können die Datenkorpora käuflich erwerben, um die
gewünschte Lernersprache sowie die Korrekturmodelle der gewünschten
Sprache zu analysieren.
Das hier vorgestellte System
beschränkt sich nicht auf eine einzelne Sprache, sondern ist
prinzipiell auf alle Sprachen anwendbar.
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1
Übersetzung:
S.-L. C.; das
Originalzitatlautet:“結果顯示使用語料庫法與否在錯誤訂正的效果上,語料庫法的應用與否和詞彙錯誤的訂正效果間有顯著差異性存在(P=0.035)“
(Lu Lu 2007, 14)
2
Übersetzung:
S.-L. C.; das
Originalzitat lautet:「…在語言程度上:(a)以西語母語者為語料來源的語料庫對於初中階的學習者而言,其內容包含了為數不少的生字與複雜結構,沒有適當的輔助工具,要完整瞭解語意和語法結構,並不是一件容易的事。(b)豐富且多樣的語料量對於初中階的學習者而言,反而造成不知如何從眾多範例中選擇的壓力,因此有少數學習者甚至選擇回歸紙本工具書之傳統查詢方式。」(Lu,
Lin, Bei 2007, 53)
Autorin:
Prof. Dr. Shing-Lung Chen
National Kaohsiung First University of Science and Technology (NKFUST)
Seminar für deutsche Sprache und Literatur
2, Jhuoyue Rd.
Nanzih District
Kaohsiung City 811
Taiwan, R.O.C.
E-Mail: chensl@nkfust.edu.tw